30 Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unter⸗ 1 chin 1 5 haltungsblatt Mark 1.40, frei ins Haus. den n ie Redaktion verantwortlich: Karl Molitor ſchenbir Ladenburg. Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. Anzeigen: Die einſpaltige Corpuszeile oder Raum 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen Druck und Verlag von Karl Molitor, ie deren 6 Pfg., Reklamen 20 Pfg. Ladenburg. . mehren 5 1178 g Samſtag, den 5. Februar 1898. ö f lands und Rußlands in Aſten. 80 N Der britiſche Ceopard hat vor dem ruſſiſchen Bären einen gewaltigen Reſpekt. Von Seit zu eritl. Seit aber kann er ſich nicht enthalten, mit ſeinen 5 Krallen den Bären am Fell zu zauſen, auf die 85 Gefahr hin, einen duchtgenhieb vondeſſenPranken 8 zu erhalten. Nose 8 An zwei Stellen Aſiens zugleich ſucht jetzt e Großbritanien die ruſſiſchen Pläne für die 1 Begenwart und die Zukunft zu durchkreuzen; — in China wie am perſiſchen Meerbuſen. In China hatte Kußland ſchon einen Schritt dazu gethan, um ſeine Pläne der Verwirklichung 0 entgegenzuführen, am perſiſchen Meerbuſen d unh wollte es die Entwickelung ſeiner ehrgeizigen Abſichten zukünftigen Ereigniſſen überlaſſen. A. So hingt England und China hinter Rußland — her, während es ihm am perſiſchen Solf das Drävinire ſpielt. Seit Wochen ſpielt ſich nun ſchon das Duell zwiſchen Rußland und England wegen der chineſiſchen Anleihe ab. England läßt immer mehr erkennen, daß es ihm viel weniger rel. darauf ankommt, ſelbſt Vorteile zu erlangen, * als Rußland der Früchte einer ſeit Jahren * betriebenen, behaarlichen und klugen Politik zu * berauben. Denn was immer Kußland in Oſt⸗ aſien that, ſo hatte es ſtets das Ziel vor Augen, den wirtſchaftlichen und politiſchen Alleinbeſitz in der Mandſchurei zu erlangen. Die Haupt⸗ ſache war ihm dabei, die Gewinnung eines eisfreien Hafens. Und eben jetzt, wo es der Erreichung ſeines Sieles nahe war, bemüht ſich England, ihm den erbeuteten Biſſen wieder fortzuſchnappen, indem es die Erklärung von Taljenwen zum Freihafen verlangte. Damit würde Rußland in Nordchina lahm gelegt ſein. Aehnlich verhält es ſich am perſiſchen Golf. Der Zugang am perſiſchen Golfe iſt ſeit Jahr— zehnten das Siel der ruſſiſchen Politik. Un⸗ aufhörlich hat ſich Rußland bemüht, den zerrüteten perſiſchen Staat unter ſeinen Einfluß zu bringen, um zu gegebener Seit ſeinen Plan verwirklichen zu können. Jetzt aber kommt ihm England zuvor, es beſchlagnahmt im perſiſchen Golfe Schiffe mit Kriegskontrebande, es veranlaßt die Beſchlagnahme von Gewehren in einer perſiſchen Hafenſtadt, es entſendet Truppen an die Grenze von Perſien und Beludſchiſtan, kurz es geberdet ſich ſo, als ob ihm der maßgebende Einfluß in Perſien zuſtände und als ob es berechtigt wäre, perſiſche Hoheitsrechte wahrzunehmen. Und für alle Eventualitäten bereitet es alles darauf vor, der Möglichkeit eines Handſtreiches auf dem perſiſchen Meerbuſen zu begegnen. In beiden Fällen ſucht England das zu verhindern, was eine Lebensbedingung für das ruſſiſche Reich iſt: die Gewinnung des freien Meeres. Es iſt eine wohl noch nicht dageweſene Anomalie, daß ein Reich von der ungeheueren Ausdehnung Kußlands, ein Keich, das über zwei Erdteile ausgebreitet iſt, in keinem der beiden Erdteile freie Bewegung an einem auch im Winter offenen Meere hat. In Europa ſperen ihm die Dardanellen den freien Ausgang aus dem Schwarzen Meere, in Aſien beſitzt der Hafen von Wladiwoſtock nur einen beſchränkten Wert, weil er im Winter zufriert. So iſt es für Rußland geradezu eine Lebensaufgabe, entweder im Oſten Aſiens einen freien Hafen und dadurch ſtets den freien Zugang zum großen Ozean zu haben, oder im Südweſten Aſiens durch Beſitz am perſiſchen Golf den Sugang zum Arabiſchen Meer und zum Indiſchen Ozean zu gewinnen. Die Erreichung dieſes Zieles iſt für Rußland von größerer Bedeutung, als wenn es ſeinen Landbeſitz im inneren Aſien vergrößert, oder als wenn es etwa in einem glücklichen Kampfe gegen Oeſterreich oder Deutſchland ſeinen europäiſchen Beſitzſtand vergrößern könnte. „Das freie Meer“ muß die Loſung für Rußland ſein, wenn es einen ſeiner ungeheueren Größe und ſeinen Reichtum an Gaben der Natur entſprechenden wirtſchaftlichen Aufſchwung nehmen will. f Und deßhalb muß derjenige, der Rußland an der Erreichung dieſes Sieles verhindern will, ſich auf einen Kampf auf Leben und Tod gefaßt machen, auf einen Mampf, bei dem es ſich nicht, wie etwa im deutſch⸗franzöſiſchen Uriege, darum handelt, ob die Grenze zwiſchen zwei Staaten ein Dutzend Meilen nach Oſten oder Weſten geſchoben wird, ſondern bei dem die Exiſtenz beider Staaten in Frage ſteht. Frankreich konnte auch nach der Niederwerfung durch Deutſchland ein Staat bleiben, der im 5 Kate der Mächte Europas ein gewichtiges Wort mitzuſprechen hat. Wenn aber Rußland von England niedergeworfen würde, ſo würden ſeine Siele auf viele Jahrzente hinaus zerſtört . ſein, und wenn England gegen Kußland unter⸗ liegt, ſo würde die engliſche Macht in Aſien vernichtet ſein. Deshalb wird ein Hampf zwiſchen den beiden Mächten mit ganz anderen Mitteln geführt werden müſſen, als vor nahezu einem halben Jahrhundert der Urimkrieg. Fühlt ſich England einem ſolchen Hampfe gewachſen 7 Faſt ſollte man es glauben, wenn man ſieht, wie keck es Rußland in Fragen zu reizen wagt, in denen das Sarenreich keinen Spaß verſtehen kann. Wenn dann nur nicht die engliſchen Admirale und Gen räle, die Flotte und Heer als völlig kriegsbereit ſchildern, ebenſo Aſchenbrödel. Novelle von Fanny Stöckert. 5. Fortſetzung. (Nachdruck verboten.) Iſidore ſprang jetzt auf, hüllte ſich in ihr Winterkoſtüm und griff nach den Schlittſchuhen. Die helle Winterſonne lockte die Menſchen hinaus ins Freie, und auf den Eisbahnen überall herrſchte reges Leben und Treiben. . 3 1 U Iſidore war eine leidenſchaftliche und elegante 4 Schlittſchuhläuferin, und manch bewundernter Blick „ folgte ihr, als ſie jetzt über die glatte Fläche da⸗ hinglitt. 5 N. Bekannte begrüßten ſie, dann tauchte plötzlich — 1 aus dem Gewimmel Ravens ſchlanke Geſtalt auf; er ſah ſo glücklich aus, ſo ſtrahleud, als er ſie begrüßte. Würde das immer ſo bleiben? fragte Iſidore, auch wenn er erführe auf welches Luft⸗ . ſchloß ſie ihre Exiſtenz hier aufgebaut. Würde er ſich nicht verächtlich von ihr wenden, wenn er Alles wüßte, und all die Andern, die jetzt ſo freundlich zu ihr waren ebenſo! Was galt ſchließlich die Per⸗ ſönlichkeit in einer Welt, wo Rang, Reichthum 4 und Berühmtheit den Ausſchlag gab. 5 Raven ahnte natürlich nichts von ſolchen Ge⸗ dauken ſeiner ſchönen Freundin. Er plauderte ſo i heiter mit ihr als könnte nichts auf der Welt . dieſes Daſein voll Glück und Wonne je erſchüttern ö als wären ſie beide gefreit gegen Täuſchungen und harte Schickſalsſchläge. „Ich wollte nur, daß ich Ihnen meinen Freund Udo von Horſt endlich einmal vorſtellen dürfte,“ begann er jetzt, und dabei wies er hin⸗ über nach einer Stelle wo die Eisbahn abgeſteckt war. „Dort war es,“ fuhr Raven fort, „wo Udo von Horſt unerſchrocken, mit eigener Lebensgefahr, ein junges Menſchenleben vom ſicheren Tode retette. Die Tochter unſeres Majors, Clara Alſen hatte ſich zuweit hinaus gewagt. Vor unſer Aller Augen verſchwand ſie plötzlich unter der Eisdecke, rings⸗ herum war das Eis ſo dünn, und geborſten, daß Niemand an die Einbruchsſtelle heran konnte. Horſt allein wagte es. Ich ſah ihn noch vor mir, das Geſicht blaß, erregt, in den Augen aber ein faſt überwältigender Strahl von Kampfesmuth. Wie das Ideal eines Kriegers erſchien er mir in dieſem Moment. Bewundernd hingen Aller Blicke an ihm, man zitterte und bangte für ſein Leben, doch als Wageſtück nun gelungen, da brach ganz plötzlich und urſprünglich aus allen Kehlen ein brauſender Jubelruf hervor. O und ich war ſo ſtolz, dieſen herrlichen Mann meinen Freund nennen zu dürfen!“ Mit glänzenden Augen hatte Iſidor dieſer Schilderung gelauſcht; es war nicht das erſte Mal, daß Rayen von ſeinem Freunde zu ihr ſprach, und wie heute, anziehende Züge von ihm mittheilte, ſo daß ein glänzendes, ritterliches Bild vor ihren Augen erſtand, das ihr größtes Jutereſſe erregen mußte. Sie war geſpannt, ihn kennen zu lernen, und ſie war ganz ahnungslos, daß ihr dieſe intereſſante Perſönlichkeit ſchon eiumal begegnet in dem Salon von Frau von Barnewitz, und daß er es geweſen, der dieſe jetzige Wendung der Dinge für ſie herbei⸗ geführt. d Frau von Barnewitz hatte es damals nicht für nöthig gehalten, ihren Vetter Iſidore vorzuſtellen, und aus ihren zornigen Reden hatte ſie nur ent⸗ nehmen können, daß er ſie, ſo gut wie ſie ihn wieder erkannt hatte, nach jenem Abend im Opern⸗ hauſe. Bisweilen hatte ſie ſchon der Gedanke wohl beunruhigt, daß er ihre Wege hier wieder kreuzen könne, in den Familien, wo ſie mit ihrer Freundin eingeführt war, ſchien er jedoch wicht zu verkehren, eben ſo wenig Frau von Barnewitz. Concerte und Theater, wo eher ein Zuſammen⸗ treffen möglich geweſen, beſuchten ſie ſeltener, da Hedwig ſtets erklärte, ſolche Extravaganzen könnten ſie ihrer Kaſſe nicht zumuthen; ſo war ſie denn nach und nach ziemlich ſorglos geworden in dieſer Hinſicht, und beunruhigte ſich nicht oft mehr mit derartigen Gedanken. Raven plauderte immer noch von ſeinem Freund, während ſie beide Hand in Hand nach dem Takte der Muſik Schlittſchuh liefen. „Üdo von Horſt ſei auf unbeſtimmte Zeit jetzt abkommandirt,“ erzählte er ihr, einmal habe er erſt an ihn geſchrieben.“ „Ich habe aber 2 1 231 bis jetzt