Dieb zerſchnitt an einem Fenſter des zu ebener Erde gelegenen Wohnzimmers mit einem Diamant eine Scheibe, machte dann von innen die Fenſter⸗ riegel auf und ſtieg in das Zimmer ein. Von da begab er ſich in das Schlafzimmer, nahm die Kaſſenſchrankſchlüſſel, den Hausſchlüſſel, ſowie ein Portmonaie mit ungefähr 70 M. aus den dort liegenden Beinkleidern des ſchlafenden Beſitzers. Von da begab er ſich in den Laden, wo er den Kaſſenſchrank öffnete, aus dem er 500 bis 600 Mark Baargeld, einen 4% igen Pfandbrief der rheiniſchen Hypothekenbank von 1880 Serie 34 Lit. E. Nr. 0103 im Werthe von 100 Mk. neben Talon und Coupons vom 1. April 1892 bis 1. Oktober 1899, 5 bis 6 Looſe, die Ouittungs⸗ bücher der Ortskrankenkaſſe, ein Brillantring und eine goldene Uhr mit Kette nahm. Außerdem entwendete er einen mit der Aufſchrift verſehenen Kaſten mit Reißzeugetheilen, verſchiedene goldene Brillen und ein Opernglas von Zeiß im Werthe von 120 M. Der Dieb war ſo ſchlau, den Kontakt der electriſchen Leitung abzuſchrauben. Im Wohnzimmer fand man noch den Reſt einer Cigarette, die der freche Gauner dort geraucht hatte. Der Thäter, der wahrſcheinlich Helfers⸗ helfer hatte, entfernte ſich durch die Ladenthüre. — Mannheim, 24. Jan. Eine aufregende Seme ſpielte ſich heute Vormittag in einem Hauſe während eines Leichenbegängniſſes ad. Als dort⸗ ſelbſt der katholiſche Geiſtliche erſchien, um im Trauerhauſe die Einſegnung der Leiche der ver⸗ ſtorbenen Tochter des Schiffers Schnitzer vorzu⸗ nehmen, wurde Schnitzer ſo erregt, daß er mehrere Fenſterſcheiben zertrümmerte, auf den Geiſtlichen eindrang und denſelben mit Todtſtechen bedrohte. Es waren ſechs handfeſte Männer erforderlich, um den Wüthenden, welcher in ſeiner Behauſung außerdem mehrere Möbelſtücke zuſammenſchlug zu überwältigen und ſolange feſtzuhalten, bis tele⸗ phoniſch aus dem Allgem. Krankenhaus herbei⸗ gerufene Wärter erſchienen, um den offenbar von einer momentanen Geiſtesgeſtörtheit Befallenen in eine Zwangsjacke zu ſtecken und mittelſt Droſchke nach der Irrenzelle des Krankenhauſes zu trans⸗ portiren. — Unterſchüpf, (A. Tauberbiſchofsheim) Hier erhäugte ſich der hieſige Bürger und Kirchen⸗ gemeinderath Adam Stetter auf der Malzdarre in ſeinem Brauhauſe. Motiv zu dieſer That ſind unbekannt. p. Schnellzug bei der hieſigen Station — Herne, 24. Jan. entgleiſt. Mehrere Wagen wurden aus dem Ge⸗ leiſe geworfen. Dem „Herner Tageblatt“ zufolge wurden bei dem Eiſenbahnunglück 3 Perſonen getödtet, 12 verwundet, darunter einige lebens⸗ gefährlich. Die Urſache des Unfalls iſt dem ge⸗ nannten Blatte zufolge darauf zurückzuführen, daß bei dem Uebergang über die Weiche die Lokomotive, der Tender und der Poſtwagen auf ein falſches Geleiſe überſprangen, während der übrige Theil des Zuges ſich losriß und auf dem richtigen Geleiſe weiter ging. Die Strecke iſt geſperrt, der Verkehr wird durch Umſteigen auf⸗ recht erhalten. (Herne iſt ein großes, weit über 10000 Binwohner zählendes Dorf im Ruhr⸗ kohlengebiet, im Kreiſe Bochum. D. R.) i — Berlin, 23. Jan. Prinz Max v Baden hatte letzten Donnersſtag Abend die vierte ordent⸗ liche Generalverſammlung des Vereins der Badener nach den Viktoriaſälen, Leipzigerſtraße, einberufen. Der Prinz leitete die Verhandlung perſönlich. In einer kurzen Anſprache dankte er den Badenern für ihr treues zuſammenhalten in der Reichs⸗ hauptſtadt und brachte auf den Protektor des Vereins. den Großherzog von Baden, ein Hoch aus, in das die Verſammelten begeiſtert ein⸗ ſtimuten. Sodann wurden die Jahresberichte des Vereins vorgeleſen; dannach war die Thätigkeit des Vereins eine ſehr rege. Die Badenſer haben auch hier neben anderen Wohlfahrtsein⸗ richtungen einen Arbeitsnachweis für ihre Lands⸗ leute eingerichtet. Im Auftrag des badiſchen Geſandten wohnte Graf von Helmſtadt und zahl⸗ reiche hierherkommandirte badiſche Offiziere der Verſammlung bei. Zum Schluß wurde ein Be⸗ grüßungstelegramm an den Großherzog von Baden abgeſandt. — München, 22. Jan. (Herzog Dr. Karl von Bayern), der bekannte fürſtliche Augen⸗ arzt weilt gegenwärtig mit ſeiner leidenden Gemahlin in Neu⸗Biskra (Algier) und iſt auch dort ein Wohlthäter der Augenleidenden. Jüngſt hat ein ſchon bejahrter, aber ſeit vielen Jahren erblindeter Scheickh (ein Häuptling der Tuareg⸗ Araber), Hilfe bei dem herzoglichen Augenarzt geſucht und, nach einer glücklichen Staroperation das Augenlicht wieder erhalten. Der Scheickh zeigt ſich in der zuvorkommendſten Weiſe dankbar, dem Herzog ſtellt er Pferde und Dienerſchaft zur Heute früh iſt der * Verfügung, ſo daß nun auch Jagden unternommen werden können, auf die ſich der Herzog beſonden freut. Leider läßt das Allgemeinbefinden de Herzogin noch manches zu wünſchen übrig. De hohe Frau muß ſich noch große Schonung au, erlegen, zumal der Temparaturwechſel gegenwärtig ein ſehr ſprunghafter iſt. Am Tage ſteigt die Temparatur bis zu 25 Grad R. im Schatten, während der Nacht ſinkt ſie bis zu 5—7 Graz R. Die älteſte Tochter, Herzogin Sophie, i ihrem Vater bei den Operationen behilflich. — Von der oberen Donau, 21, Jay, Geſtern beſuchte Univerſitätsprof. Dr. Liebermeſſig in Begleitung des O. A.⸗Arztes Schneckenburger aus Tuttlingen das „ſchlafende Mädchen“ n Nendingen, Johanna Mattes, das nun 166 Tage ohne Nahrung iſt. Dem Rathe des Herrn Prof, das Kind in die Univerſitätsklinik zur genauen Beobachtung und ſachkundigen Behandlung zu verbringen, wollten die Eltern nicht Folge geben, was im Intereſſe der Wiſſenſchaft wie des Kindes ſehr zu bedauern iſt. — Lauſan ne, 25. Jan. Der Uniyperſt⸗ tätsprofeſſor und Anwalt Jaques Berny und zwei junge Mädchen brachen beim Schlittſchuh⸗ laufen auf dem Jouxſee ein und ertranken. Die Leiche Berneys und die eines Mädchens wurden geborgen. — Blaubeuren, 25. Jan. Von Zug Nr. 39 wurde bei Herrlingen der Bahnwärte Haebe überfahren und war ſofort eine Leiche, Tandwirtſchaftliches. In der neueſten Nummer des „praktiſcheg Ratgeber für Obſt⸗ und Gartenbau“ wird berichlet über eine neue japaniſche Weinbeere, deren Anzucht in Thüringen unter Anwendung einiger Vorſicht gelungen iſt. Der Strauch bildet ein außerordenk⸗ lich dekoratives Ziergehölz, beſonders wenn er mit ſeinen Früchten dicht beſäet iſt, dieſe Früchte ſelbſt haben einen angenehmen, leicht ſäuerlichen Geſchmack und geben zugleich, mit den Zweigen abgeſchnitten, eine maleriſche Zierde der Tafel. Gartenfreunde, die ſich für die japaniſche Weinbeere intereſſiren, mögen ſich die neueſte Nummer des Rakgebers kommen laſſen — der Strauch iſt da auch abge⸗ bildet. — Die Nummer wird gern koſtenlos zu⸗ geſchickt von dem Geſchäftsamt in Frankfurt g. O. Hedwig Randohr blieb verwundert vor Iſidoren ſtehen. Himmel, welche Eleganz Iſidore,“ rief ſie dann. Haſt Du eine reiche Erbſchaft gemacht und ſtürmſt nun, angethan mit Sammet und Seide im tollen Uebermuth hinein in's volle Leben. „Ach, meine liebe Hedwig, ſo hold war mir das Schickſal nicht, aber das Kleid hier, das iſt mein Eigenthum, und das hat ſeine Geſchichte, und die laß Dir zunächſt erzählen.“ Launig begann ſie ihre Erlebniſſe mit dem Kleide zu erzählen, während Hedweg ihre kleine Spirituslampe in Brand ſetzte und zierliche Theebrödchen ſchnitt. „Und was willſt Du uun beginnen?“ fragte ſie jetzt, als Iſidore zu Ende war mit ihrem Bericht. „Leben will ich!“ rief dieſe, „denn bis jetzt war mein ganzes Leben nur ein armſeeliges Vege⸗ tiren, wie das Daſein einer im Walde im Finſtern blühenden Blume.“ „Du haſt immer noch die alten Träume und dabei iſt deine Lebensluſt unverwüſtlich,“ entgegnete Hedwig. Ich dächte, wenn man immer arbeiten und entbehren muß, müßte ſie endlich vergehen. Die Zeiten, wo man auch noch ſeine ſchönſten Ingendtränme hatte, ſind längſt dahin.“ „Du meinſt jene goldene Jugendtage, als unſere beiderſeitigen Eltern noch lebten, und wir in unſerer ſchönen Thüringer Heimath die Studen⸗ tenbälle beſuchten, weißgekleidet, mit roſafarbenen Bändern geſchmückt, wie die jungen Lämmer, ja, da träumten wir das blaue vom Himmel herunter, und wollten nach den Sternen greifen aber dann kam eine böſe Enttäuſchung. Du konnteſt dann wenigſtens nach dem Tode ſeiner Eltern ermöglichen, ein Seminar zu beſuchen, und Dein Lehrerinnenexramen machen, aber mich hat das Schickſal, als mein Vater ſo plötzlich ſtarb, doch gar zu unbarmherzig und unvorbereitet hinaus⸗ getrieben in den Kampf ums Daſein. „Dieſes Schickſal theilſt Du mit zahlloſen armen Mädchen, und denke nur nicht, daß wir Lehrerinnen auf Roſen wandeln, heimathloſe arme Mädchen, mögen ſie nun ergreifen, was ſie wollen, entbehren doch immer und überall den vollen Lebens⸗ genuß, wenn ſie ehrbar bleiben wollen.“ „Ich will ihn aber nicht mehr entbehren!“ rief Iſidore mit trotzigem Uebermuth. „Auf dem Wege hierher habe ich mir Alles ſchon reiflich überlegt, wie wir es machen wollen. Sieh, ich habe mir in den böſen Dienſtjahren ſechshundert Mark erſpart, dazu kommen noch neunhundert Mark aus dem Nachlaß meines armen Vaters; ich denke, damit kann man ſchon eine Weile leben und genießen.“ „Aber Iſidore, welche wahnſinnige Idee haſt Du?“ Kopfſchüttelnd blickte Hedwig in das hübſche erregte Antlitz der Freundin. „Zunächſt miethen wir uns eine hübſche elegante Wohnung,“ fuhr dieſe jedoch unbeirrt fort. „Das Uebrige findet ſich dann, haben wir nur erſt Zutritt in einigen vornehmen reichen Häuſern, wo wir na⸗ türlich mit der ganzen Sicherheit des Reichthums auftreten müſſen.“ „Des Reichthums von fünfzehnhundert Mark,“ ſpottete Hedwig. „Spotte nur,“ Du wirſt mir es dereinſt noch danken, daß ich Dich herausgeriſſen habe aus dieſem elenden Daſein!“ Nach und nach gelang es Iſidorens Ueber⸗ redungskunſt auch wirklich Hedwig ein wenig für ihre abenteuerlichen Pläne zu gewinnen; denn im Grunde war dieſe mit ihrem Geſchick auch längſt ſchon ſehr unzufrieden, nur war ſie etwas praktiſcher Natur, und konnte ſich daher nicht ſo ſchnell in all dieſe verlockenden Zukunftsbilder, die da die Freun⸗ din vor ihr entrollte, hineinleben, ſie ſchienen ihr doch zu ſehr auf Sand, ohne ſicheren Untergrund erbaut, und Hedwig ſuchte dem Plane eine beſſere Grundlage zu geben. Als ſie Intereſſe dafür gefaßt, bekam die Sache erſt Hand und Füße. Zunächſt erinnerte ſich Hedwig einer Schulfreundin von ihnen, die als ſehr vermögendes Mädchen galt und jetzt mit einem Regierungsrath Meißen hier in der Reſidenz verheirathet war. Iſidore jubelte auf, als ſie davon hörte, „Selma Meißen iſt hier, o das iſt ja herrlich! rief ſie. „Natürlich ſuchen wir ſie ſofort auf, die muß uns in die Geſellſchaft einführen, wir fabeln ihr irgend etwas vor, von einer Erbſchaft oder einem Lotteriegewinnſt, den wir gemacht, und daß wir nun unſer Leben in vollen Zügen genießen wollen.“ „Ich gebe nur noch aus reiner Paſſion Unter⸗ richt,“ lachte Hedwig, „denn vorläufig werde ch noch in Amt und Würden bleiben müſſen.“ Noch lange ſaßen die beiden jungen Mädchen bei dem einfachen Mahl zuſammen, ſich die Zukunft in den leuchtendſten Farben ausmalend; bis ſie ſich dann endlich zur Ruhe legten. 8 „Frei ſein! Frei! O wie ſchön das iſt!“ rief Iſidore mit ſchon ganz ſchlaftrunkenen Armen, indem ſie ſich auf das harte Lager, das ihr Hedwig auf ihrem Sopha zurecht gemacht, legte, und dann ſchloß ſie die Augen und träumte ſich hinein in ein Leben von lauter Luſt und Wonne. An den nächſten Tagen gingen die jungen Damen auf die Wohnungsſuche und dank Hedwigs praktiſchem Sinne war bald etwas paſſendes gefunden; eine Wohnung, die trotz vieler Mängel doch einen gewiſſen Anſtrich von Eleganz hatte und nach etwas ausſah. „Denn das iſt die Hauptſache!“ erklärte Hedwig, „da unſere ganze Exiſtenz jetzt auf bloßem goldenem Schein beruht. Einige hübſche Möbelſtücke nehmen wir auf Auſchlagszahlung. 5 1 Fortſetzung folgt. ö n 1 44 E fl — l 1 ant ul n Al e ler l Fest un