Anzeiger für Ladenburg und Umgegend. . Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unter 0 haltungsblatt Mark 1.40, frei ins Haus. 8 6 „Reklamen 20 5 a Cacaſ Für die Redaktion verantwortlich: Karl Molitſor, Druck 8 e 958 771 Mere 45 25 Ladenburg 8 Ladenburg. 1 . ichner 9 75 6. 3. Samſtag, den 8. Jaunar 1898. 2 1 9 Anzeigen: Die einſpaltige Corpuszelle oder deren 8 N Raum 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen Deutſchlands gundesgenoſſen im Jahre 1897. Der öſterreichiſche Patriot, welcher Natio⸗ nalität er auch immer angehören mag, wird Caegh, Ginga 106. Ofen in geh mit geringer Freude auf die inneren Fuſtände buchen. in ſeinem Vaterlande im Jahre 1897 zurück⸗ hung blicken. Denn die unglückſeligen Sprachen⸗ Adeirg. verordnungen haben ¼ Jahre hindurch einen ser gate derartigen Sturm in Geſterreich erregt, daß der inn Aünt. Beſtand des Candes ernſtlich gefährdet erſcheinen 8 mußte. Im öſterreichiſchen Parlamente ſpielten 5 ſich Scenen ab, die ſelbſt alles übertrafen, was ſching ſich bis dahin die franzöſiſche Volksvertretung uin geleiſtet hat. Und nicht anders ging es im ſcarf a Lande zu. Die Tage von Eger und Aſch, von Reih nest brich geh wein hen Besen Wien und Graz, von Prag und Pilſen zeigten, welche Erbitterung der Nationalitäten gegen⸗ nander herrſcht. Ob es dem Miniſterium Sautſch gelingen wird eine Beſſerung der Juſtände herbeizuführen und das Jahr 1898 freundlicher zu geſtalten, iſt noch immerhin ſehr fraglich. Dazu kommt, daß das ſtaats⸗ 5 Ni rechtliche Verhältnis zwiſchen Oeſterreich und halben 100 Ungarn dank den Suſtänden in beiden Parla⸗ 4 menten ſich gelockert hat. Wenn die wichtigſten 15 115 Beziehungen zwiſchen zwei zuſammengehörenden 9 El h e Staaten durch ein Proviſorium geregelt werden müſſen, ſo iſt das ſchon ſchlimm genug. Aber ſelbſt ein ſolches Proviſorium kam nicht zu ſtande, ſondern die Beziehungen zwiſchen den beiden Staaten müſſen zunächſt auf dem Wege der Verordnungen weiter aufrecht erhalten werden. Es konnte alſo nur das Proviſorium eines Droviſoriums geſchaffen werden. f Ein Troſt iſt es, daß die auswärtige Politik Oeſterreich⸗Ungarns im Jahre 1887 eine deſto glücklichere war. Die Feſtig keit des Dreibundes wurde durch den Beſuch des Kaiſers r Bertin! Wilhelm in Budapeſt und durch den Beſuch des Grafen Goluchowski in Monza dokumen⸗ tiert. Darin wird man freilich noch keinen Erfolg der öſterreichiſchen Politik zu ſehen brauchen, denn an dem Verharren Oeſterreichs im Dreibunds verhältnis können nur chauviniſt⸗ iſche Franzoſen und Tſchechen zweifeln. Wie auch die Dinge ſich geſtalten mögen, ſo werden doch Deutſche und Ungarn zuſammen immer das Uebergewicht in Oeſterreich⸗Ungarn haben und damit wird das Verbleiben Oeſterreichs in ſeinefft Bundesverhältnis ſtets geſichert ſein. Hann man alſo darin nur ein Fortbeſtehen eines vorhandenen Suſtandes erblicken, ſo muß man einen deſto größeren Erfolg der öſterreich⸗ iſchen Politik in der ganz weſentlichen Ver⸗ beſſerung des Verhältniſſes zu Rußland konſtatieren. Bei dem Beſuche des öſterreichiſchen Haiſers in Petersburg zeigte ſich, daß der Segenſatz zwiſchen Rußland und Oeſterreich auf der Balkanhalbinſel, wenn nicht beſeitigt, ſo doch außerordentlich gemildert iſt. Diejenigen, die auf den Swieſpalt zwiſchen Oeſterreich und Kußland ſpekulierten, einige abenteuerluſtige Balkanſtaaten und die Engländer, fühlten ſich freilich ſehr über dieſe Wendung im Verhältniſſe zwiſchen den beiden Staaten enttäuſcht. Aber über dieſe Enttäuſchung edler Seelen hilft man ſich in Oeſterreich mit dem angenehmen Be⸗ wußtſein hinweg, mit viel größerer Hoffnung den Frieden als geſichert anſehen zu können, als viele Jahre zuvor. Innere und äußere Suſtände Italiens zeigten nach der guten wie auch der ſchlimmen Seite einen kleineren Stil als in Oeſterreich. Die inneren Ereigniſſe verliefen nicht ganz ſo troſtlos, wie in dem Donauſtaate; die äußere Politik war weit bedeutungsloſer. In Bezug auf die letztere iſt eigentlich nur zweierlei zu erwähnen: Die Beteiligung an der Aktion der Hroßmächte bei den kretiſch⸗griechiſchen Wirren, und die Uebergabe von Uaſſala an die engliſch⸗ ägpptiſchen Truppen. Wenn Italien an der Flottenkundgebung der Großmächte einen ver⸗ hältnißmäßig ſehr ſtarken Anteil nahm, ſo geſchah es vielleicht nicht zum wenigſten aus dem Grunde, um durch einen ſehr nachdrücklichen acte de prèsence zu dokumentieren, daß die Schlappe in der Afrikapolitik an der Groß⸗ machtſtellung Italiens nichts geändert habe. Einer der letzten Ausläufer dieſer Schlappe iſt die Uebergabe von Haſſala an die Engländer. Sie bedeutet einen Schritt weiter auf dem Wege des gänzlichen Aufgebens der afrikaniſchen Beſitzungen, ein Entſchluß, der nur zu loben iſt, denn die Behauptung eines minimalen Bruchteiles der Eryträa würde für Italien nur eine ſtändige große Ausgabe bedeuten, dem ſehr geringe Vorteile gegenüberſtehen würden. Die innere Politik zeigte einen kleinen und kleinlichen Stil, wie es bei dem Parteiegoismus der italieniſchen Politiker kaum anders denkbar iſt. Anzuerkennen iſt, daß der Schatzminiſter ſich nicht ohne Erfolg bemühte, eine beſſere Ordnung in die Finanzen des Landes hinein! zubringen, und daß es dem energiſchen Kriegs. miniſter Pelleux gelang, ohne große Aufwend⸗ ungen das durch das afrikaniſche Abendteuer arg zerrüttete Herr zu reorganiſteren. Un⸗ glücklicherweiſe mußte Pelloux aus parteitaktiſchen Gründen ſeinen Abſchied nehmen, weil daͤs Miniſterium Rudini, um ſich zu halten, einige Mitglieder der Linken aufnehmen mußte. Abe ſelbſt durch den Eintritt der Herren Sanardelli Gallo und Mocenni iſt das Miniſterium noch keineswegs in eine ſichere Poſition gelangt, und entging kurz vor Jahresſchluß nur mit knapper Not der Gefahr, geſtürzt zu werden. 0 Agi 8 ala Im Banne des Wahns. Novelle von H. von Limpurg. Nachdruck berboten. Fortſetzung Und ſie floh dahin bis an den Rand des Teiches, ſie breitete beide Arme aus und ſtürzte — aber nein, zwei ſtarke Arme hielten ſie feſt, eine tiefe, angſtbebende Männerſtimme nannte ihren Namen und todtenbleich beugte ſich der Frei⸗ herr über das unglückliche Mädchen. 5 „Hertha, mein Liebling, mein theures Kind, um des Himmels Willen, was bedeutet das? Du, die ich bald als glückliche Braut begrüßen wollte Du biſt am Abgrund des Todes?“ * Ein krampfhaftes Schluchzen ſchüttelte den Farten Körper, willenlos ließ ſie ſich von Albrecht auf den Arm nehmen und hinüber tragen zur nächſten Laube. Dort ſetzte er ſich neben ſie und begann ſchonend wie eine Mutter in ſie einzu⸗ . ſprechen. 1 Aber Hertha ſchüttelte nur in dumpfer Ver⸗ zweiflung das Köpfchen. ö „Nein, nein ich kann es Dir ja nicht ſagen — es wäre ein Unrecht, und die Mama würde ſo bböſe ſein. O, Onkel Albrecht, weshalb haſt Du mich zurückgehalten, ich wollte ſchlafen gehen da unten, um nichts mehr zu ſehen und zu hören.“ „Weil ich dich lieb habe Hertha murmelte er, ſeiner ſelbſt nicht mehr mächtig. Weil ich geſtorben wäre, wenn ich Dein ſüßes Geſichtchen bleich und todt geſehen hätte! Oder glaubſt Du nicht, daß der Onkel noch zu lieben vermag wie vor zwanzig Jahren?“ „O ja,“ murmelte ſie, ſich aus ſeinen Armen anfrichtend, nur nicht — mich.“ „Und wen denn ſonſt, kleine Thörin?“ frug er verwundert. „Haſt Du denn gar nicht bemerkt, wie die Liebe zu meinem kleinen Mündel in mir wuchs von Tag zu Tag? Wie ich meinte, es ſei ſchier unmöglich, dies Gefühl in der Bruſt zu er⸗ tödten? Nun aber muß es heraus, ſonſt werd ich wahnſinnig.“ Faſt augſtvoll blickte Hertha zu dem leiden⸗ ſchaftlich erregten Manne empor, deſſen Bruſt wogte und deſſen Antlitz in dunkler Röthe brannte und dabei zog langſam, aber beſeligend ein Gefühl in ihr Herzchen, daß doch nicht Alles verloren ſei — „Onkel Albrecht,“ flüterte ſie verwirrt. Er unterbrach ſie rauh: „Nenne mich nicht Onkel, ich kann es nicht hören, ich will nicht Dein Onkel ſein.“ „Aber liebſt Du denn nicht die Mama 2 Willſt Du — dich nicht — mit ihr verloben ?“ forſchte das junge Mädchen, die Hände angſtvoll auf die Bruſt gepreßt. „Nein, o nein,“ lachte der ſtattliche Mann i iehr! Ich habe dies Weib durchſchaut, ſchon vor Jahren, und ich weiß, daß ſie eine Kokette iſt, daß ſie mich elend machen würde, wie ſie meinen Onkel elend gemacht hat.“ „Aber — ich — habe — ein Billet geleſen, worin Du ſie an die Muſchelgrotte —“ „Ein Billet — von mir 2“ fuhr der Frei⸗ herr zornig auf, „was ſoll das ſein? Ich las doch eben ein ſolches, welches von Fuentos an dich gerichtet war?“ s „Ich habe kein derartiges bekommen,“ entge- nete Hertha, ſich ſtolz aufrichtend, „nimmermehr 8 würde ich mit dem erbärmlichen Grafen mich in irgend ein Einverſtändniß begeben — ich haſſe ihn.“ „O Kind, mein theurer Liebling, und haſt Du nicht ſelbſt mir geſagt, Du würdeſt wohl bald ſeine Werbung anhören 2“ Hertha ſenkte erglühend das Köpfchen, nun mußte ſie die Wahrheit bekennen, mußte ihres Herzens tiefſtes Geheimniß gerade ihm enthüllen, vor dem ſie es am verborgenſten gehalten! 5 „Ja,“ flüſterte Sie tiefathmend, ich ich habe der Mama geſagt, daß ich mich au dem Tage mit Fuentos verloben würde, an welchem ſie — Deine Braut wird —“ g 8 Schönerbeck preßte beide Hände vor die Augen, ein blendentes Sonnenlicht fluthete urplötzlich hin⸗ ein in ſeine Seele, er hätte laut aufjubeln mögen vor Glück und Seeligkeit, denn nun erkannte er