waz ume geplanten Entſchädigung unſchuldig Verurtheilter Anzeiger Erſcheint jeden haltungsblatt Mark 1.40, frei ins Haus. Ladenburg. 8 stag und Freitag Abend. J Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unter- 150 Für die Redaktion verantwortlich: Karl Molitor, urger Wochenblatt für Ladenburg und Umgegend. 7055 Anzeigen: Die einſpaltige Corpuszeile oder deren Raum 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen Druck und Verlag von Karl Molitor, * 85 6 Pfg., Reklamen 20 Pfg. Ladenburg. As. 3 3 Mittmoch, den 8. Dezember 1897. Politiſches. Berlin, 6. Dez. Die eigentlichen Arbeiten des Keichstages in der neuen Seſſion haben mit der am Freitag abgehaltenen Sitzung ihren Anfang genommen. Debattelos wurde zunächſt das Abkommen, betr. die Kegelung einiger Fragen des internationalen Privatrechts, ge⸗ nehmigt. Alsdann erörterte das Haus die Vorlage über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in erſter Ceſung. Die Verhand⸗ lung trug einen ziemlich trockenen juriſtiſchen Charakter und endete mit Verweiſung genannter Vorlage, gegen welche von keiner Seite grund⸗ ſäͤtzliche Bedenken erhoben worden waren, an eine beſondere Commiſſion. Den letzten Gegen⸗ ſtand der Tagesordnung bildete die erſte Be⸗ rathung des Geſetzentwurfes, betr. die Ent⸗ ſchädigung unſchuldig Verurtheilter und im Wiederaufnahmeverfahren freigeſprochener Perſonen. Der Staats ſecretair des Reichs juſtiz⸗ amtes, Nieberding, begründete den Entwurf in längerer Rede, hierbei namentlich die ver⸗ bündeten Kegierungen gegen den ihnen gemachten Vorwurf anläßlich des Scheiterns der Novelle zu den Juſtizgeſetzen, es ſei ihnen mit der gar nicht ernſt geweſen, zurückweiſend. Der Staats ſecretär erläuterte dann die Hauptpunkte der neuen Vorlage und erklärte, regierungs ſeitig müſſe an der Anſchauung feſtgehalten werden, daß keinenfalls auch ſolche Freigeſprochene entſchädigt werden dürften, welche aus dem Wiederaufnahmeverfahren noch immer mit Verdachtsgründen belaſtet hervorgingen. In der weiteren Discuſſion wurde die Kegierungs⸗ vorlage von Seiten der Abgeordneten Koeren (Centr.), Munkel, (fr. Volksp.), Dr. Rintelen (Centr.), Beckh (fr. Volksp.) und Stadthagen (Soz Dem.) theilweiſe ziemlich abfällig kritiſirt, beſonders bemängelte man es, daß die Vorlage 2 Claſſen von Freigeſprochenen ſchaffe. Außer⸗ dem forderte Abg. Stadthagen, daß nicht nur für unſchuldig erlittene Strafhaft, ſondern auch für unſchuldig erlittene Unterſuchungshaft der Staat eine Entſchädigung gewähre. Weſentlich freundlicher zu dem Entwurf ſtellten ſich der Nationalliberale Dr. Pieſchel und der Conſer⸗ vative Dr. v. Buchka, welche beide der Re⸗ gierungsauffaſſung von der Einſchränkung der ſtaatlichen Entſchädigungspflicht beitraten. Die Vorlage ging zuletzt an eine Commiſſion. Für die auf Montag anberaumte nächſte Sitzung wurde als Tagesordnung die erſte Leſung der Marinevorlage feſtgeſetzt. Berlin, 4. Dez. Ueber den heutigen Stand der deutſch-chineſiſchen Angelegenheit ſchreibt die „Poſt“ anſcheinend offiziös: In den letzten Tagen ſchwirren wieder zahlreiche Gerüchte über die Kiau⸗Tſchau⸗Angelegenheit umher, die von ausländiſchen Correſpondenten meiſt mit der Abſicht in die Preſſe lanzirt ſind, die Stellung Deutſchlands in der öffentlichen Mein⸗ ung zu diskretitiren. Neuerdings heißt es ſogar, daß Rußland Wiederſpruch gegen das Vorgehen unſeres Keiches in der Beſetzung der Bai er⸗ hoben habe. Alle dieſe Nachrichten entbehren jeder thatſächlichen Unterlage. Sunächſt geht die diplomatiſche Arbeit Deutſchlands in dieſer Angelegenheit rüſtig fort. Gänzlich falſch und verkehrt würde es ſein, wenn namentlich die deutſche Preſſe, wie es in letzter Seit öfters geſchehen, die Arbeiten durch den Abdruck aus der Luft gegriffener Meldungen ſtören wollte. Vorläufig liegt weder zu optimiſtiſchen noch peſſimiſtiſchen Erwartungen ein Anlaß vor. Jedenfalls iſt angeſichts der von der Reichs⸗ regierung ergriffenen Maßregeln nicht daran zu denken, als werde ſich Deutſchland mit einem ſogenannten faulen Frieden begnügen. Bis her wird ungetheilt an der Erwartung feſtgehalten, daß es der deutſchen Diplomatie gelingen werde, durch Verhandlungen mit den im Oſten von Aſien intereſſirten Mächten die betreffende An⸗ gelegenheit ohne jeden ſtörenden Swiſchenfall ruhig zu Ende zu führen. Berlin, 6. Dez. Der Kaiſer empfing geſtern das Präſidium des Keichstages in außerordentlich liebenswürdiger Weiſe und führte länger als eine halbe Stunde eine zwangloſe Unterhaltung über verſchiedene politiſche Fragen. Dabei äußerte er ſeine Befriedigung, daß der Reichstag die hohe Wichtigkeit des Flotten⸗ geſetzes dadurch erkannt, daß dieſe Vorlage zuerſt auf die Tagesordnung geſetzt wurde. Die allgemeine Weltlage erfordere unbedingt die beantragte Flottenvermehrung und ein ſpäterer Reichstag werde ſicher dem gegenwärtigen bei⸗ pflichten, wenn dieſer den Neubau der Schiffe auf ſieben Jahre bewillige. Er hoffe beſtimmt, daß der Reichstag der Vorlage zuſtimmen werde. Bukareſt, 5. Dez. iſchen Dörfern im Epirus iſt ein Aufſtand gegen die Griechen ausgebrochen. Es haben bereits Kämpfe ſtattgefunden, bei welchem es auf beiden Seiten Todte gab. Die Rumänen werden von den Türken unterſtützt. Verſchiedenes. — Laden burg, 7. Dez. (Expreßgut⸗Be⸗ förderung). Bei dem bevorſtehenden Weihnachts⸗ Verſandt verfehlen wir nicht, unſere geehrten Leſer auf die im innern Verkehr der Main⸗Neckar⸗ Eiſenbahn leinſchließlich der unter Verwaltung derſelben ſtehenden Großherzoglich Heſſiſchen Neben⸗ bahnen) ſowie im direkten Verkehr mit Stationen In einigen rumän⸗ Im Banne des Wahns. Novelle von H. von Limpurg. 185 5 Nachdruck perboten. Fortſetzung „Ich ſchieße ihn nieder,“ murmelte der alte Mann mit klangloſer Stimme, „ſobald er mich fordern wird.“ „Darauf darfſt Du nicht warten; ich werde noch in dieſer Stunde zu dem Ehrloſen gehen und ihm Deine Forderung überbringen.“ „Und ich — will daheim meinen letzten Willen gufſetzen. „O Gott, mein armes Kind, meine arme ſüße Hertha.“ „Gott wird ſie behüten und dann — Du kannſt ja auch ſelbſt den tödtlichen Schuß thun?“ „Albrecht, willſt Du mir dieſe letzte Sorge von der Seele nehmen? Willſt Du ihr Vormund ſein ?“ „Ja, Onkel, ich will es, Gott helfe mir, daß ich meine Pflichten gewiſſenhaft erfülle.“ Sie ließen den Wagen vorfahren, und als der Lieutenant ſeinem Onkel hineingeholfen, ging er wieder zurück um Herrn von Lichtenau aufzuſuchen. Er fand ihn in einem Nebenzimmer des Saales, umgeben von einer Gruppe theilnehmend untereinander ſchwatzender Damen in einem Lehn⸗ ſtuhl ſitzend, den Kopf in die Hand geſtützt. Frau 1 7250 von Schönerbeck war nirgends zu ſehen. Der Lieutenant ging geradewegs auf ihn zu. „Sie werden ſich nicht wundern, mein Herr, wenn ich Ihnen eine Forderung von Herrn von Schönerbeck überbringe,“ begann er, nachdem die anweſenden Damen auf einige Worte ſeinerſeits hin das Gemach verlaſſen hatten, „er iſt durch Sie tief in ſeiner Ehre verletzt und gekränkt und ſtellt Die ſchärfſten Bedingungen.“ „Wie kommt Herr von Schönerbeck dazu, mich im offenen Saale, wie einen — Schuljungen zu behandeln ?“ ſchrie Lichtenau blutroth vor Wuth, „ich ſtand im Begriff mich mit ihm zu ſchlagen.“ „Weil Sie ſich wie ein Bube benommen haben, Herr, ich war Zeuge der vorangegangenen Unterhaltung von Ihnen mit einer Dame. „Hm, wenn die letztere mich nicht zurückwies, ſo iſt dies doch ein Zeichen, daß das Benehmen nichts unpaſſendes enthielt!“ Man macht verheiratheten Frauen keine Liebes⸗ erklärung, wenn man ein Ehrenmann iſt.“ „Herr!“ fuhr Lichtenan empor, „kein Wort mehr.“ a „Nein, denn ſonſt müßte ich mich ebenfalls mit Ihnen ſchießen —“ Der Elende erbleichte, aber des Lieutenants eiskalter Blick hielt ihn im Zaume, ſo daß er keine weitere Erklärung fand. „Zehn Schritt Entfernung und Kugelwechſel bis zur Kampfunfähigkeit der einen Partei,“ be⸗ ſtimmte Lieutenant von Schönerbeck ſodann, „der Kampfplatz iſt an der Waldlichtung zwiſchen Lielien⸗ ort und Ihrer Beſitzung, die Zeit morgen früh um ſechs Uhr.“ „Ich werde zur Stelle ſein.“ Damit war die Unterhandlung erledigt und ohne ſich zu verabſchieden, ſchritt Lieutenant von Schönerbeck klirrend hinaus, während Lichtenau ihm mit verzerrten Zügen nachblickte. „Welch ein Skandal,“ murmelte er dumpf, „aber ich muß mich ſtellen, nun, ich ſchieße doch beſſer als Schönerbeck,“ Der Schönerbeck'ſche Wagen war bereits zurückgekommen und Albrecht wollte ſoeben ein⸗ ſteigen, als eine weibliche dichtverhüllte Geſtalt heranſchlüpfte. „Laſſen Sie mich mitfahren, lieber Neffe,“ bat Berthas weiche Stimme, und ihre kleine weiche Hand legte ſich ſchmeichelnd auf ſeinen Arm. „Ah Sie ſind es, gnädige Frau,“ ſagte er mit eiſigem Ausdruck und muſterte ſeltſam die junge Frau. Es lag ſolche Verachtung in ſeinem Auge, daß ſie das ihrige unwillkürlich ſenkte, dann trat er mit ſteifer Verbeugung zurück. „Sie befehlen den Wagen ? Selbſtverſtändlich werde ich dann eine andere Gelegenheit zur Rück⸗ kehr wählen, um Sie nicht zu beläſtigen.“ „Und er ließ ſie ſtehen, Scham und Zorn im z den Ställen zu eilen um ſich K 95