1 Uh I N i rar Wochenblatt. 0 Anzeiger für Ladenbur Umgegend. e Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. eee Anzeigen: Die einſpaltige Corpuszeile oder deren Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unter g 10 5 Raum 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen ein Sti 5. E Manne Su ſprechen bei Fran Sihl wir. 2 2 jeden Sonntag NMach mittag v2 u. 1. + * 0 * 5 1Sgütt Mk. ſowie aksgart Bauer, eln Raſſeler r Caca ſowit fünchner er Catit Mund. len für Nun Chen (Suhan Nee. her (off in Sbuhng, Muning. Mader. 9. Löſſer Jultl ſtatcſtofſe rkohlen, kohlen, ſcicdttnſ woll- e Lohliſt 37 * J 0 tenpull haltungsblatt Mark 1.40, frei ins Haus. Ladenburg. P ͤð 5 Für die Redaktion verantwortlich: Karl Molitor, No. 75. —— Ueber die Militärprozeßreform? In weite ſten Ureiſen hat die Nachricht Befriedigung erregt, daß anſcheinend wenigſtens für einige Seit noch auf die Erhaltung des Reichskanzlers in ſeiner Stellung gerechnet werden darf. Das deutſche Volk würde dieſen Mann nur ungern von der höchſten Beamten⸗ ſtellung im Staate entfernt ſehen. Trotzdem würde man eine volle Befriedigung erſt empfinden, wenn das Verbleiben des Keichs⸗ kanzlers auch ſeinen Sieg in der Frage der Militärprozeßreform bedeutete. Davon iſt es merkwürdigerweiſe etwas ſtill, bald aber wird die Frage mit erneuter Kraft an das Ohr der Regierung dringen: „Aber die Prozeßreform d“ Von einer Seite, die gerade in hohen militäriſchen Kreiſen Einfluß hat, wurde letzthin vor jeder Moderniſierung des Militärprozeſſes gewarnt, weil jede Oeffentlichkeit die Disziplin im Heere völlig untergraben müſſe, und weil durch die Oeffentlichkeit des Verfahrens die militäriſchen Kichter in ihrem Urteil beeinflußt werden könnten. Nun, der deutſche Kaiſer, auf den durch ſolche Beſorgniſſe beſonders gewirkt werden ſoll, hat ſoeben die Truppen der baperiſchen Armee beſichtigt. Er hat ſeine höchſte Befriedigung über die Truppen aus⸗ geſprochen, was wohl kaum anzunehmen geweſen wäre, wenn er irgendwelche Spur von mangelhafter Disziplin bei der baperiſchen Armee bemerkt hätte. Ebenſo werden ihm wohl die braven, ſchneidigen baperiſchen Offiziere kaum den Eindruck gemacht haben, als wenn Sie bei der Oeffentlichkeit des Prozeß⸗ verfahrens ſich in ihrem Urteile durch die Furcht vor der Menge beeinflußen ließen. Das Geſchrei über die Untergrabung der Disziplin ertönt eben jedesmal, wenn in dem 55 10 Samstag, den 18. Heptember Heere eine Reform vorgenommen wird. Als der Sopf abgeſchaft wurde, klagten die alten Veteranen unter den Offizieren, daß dadurch die Disziplin in der Armee notwendigerweiſe untergraben würde, dieſelbe Klage ertönte, als die Stockprügel in der Armee beſeitigt wurden. Und noch vor wenigen Jahren wurden Be⸗ fürchtungen laut, daß die Erſetzung der drei⸗ jährigen Dienſtzeit durch die zweijährige die Disziplin in der Armee lockern würde. Nun, die preußiſche Armee von 1850 war nicht ſchlechter diszipliniert, als die von 1870 und in der Armee von 1897 herrſcht dieſelbe Ord⸗ nung, wie in der von 1887. Solche Vorwände ſind alſo nicht ernſthaft zu nehmen und vor allen Dingen nützt es der Kegierung nichts, wenn ſie ſie zu den ihren machen wollte. Denn das hätte ſie ſich dann überlegen müſſen, bevor die Einbringung der Prozeßreform angekündigt wurde. Wie Rich ard III. trotzig erklärt: „Ich bin gewillt, ein Böſe⸗ wicht zu werden,“ ſo konnte die Keichs regierung dem Drängen nach einer Moderniſterung des Militärprozeſſes ſich trotzig widerſetzen und erklären: „Schreit, ſo viel Ihr wollt, agitiert im Volke, wir werden abwarten, was daraus wird.“ Es ſoll beileibe nicht geſagt werden, daß eine ſolche Taktik der Regierung billigens⸗ wert geweſen wäre, aber ſie wäre immerhin denkbar geweſen. Undenkbar aber iſt es, die Reform im Sande verlaufen zu laſſen, nachdem ſie einmal zugeſagt worden iſt, und nachdem auch thatſächlich der Bundesrath mit einem Entwurfe befaſt worden iſt. Denn dann würde die Regierung nie mehr der Volksvertretung einen Vorwurf daraus machen können, wenn an der Uneinigkeit der Parteien Geſetzentwürfe ſcheitern. Denn wenn innerhalb der Vertretung der Regierungen, in dem doch gewiß ziemlich 0 6 Pfg., Reklamen 20 Pfg. g Druck und Verlag von Karl Molitor, Ladenburg. 1897. homogen zuſammengeſetzten Bundesrate, eine Einigung ſich nicht erzielen läßt, dann darf man ſich nicht darüber wundern, wenn eine Volksvertretung, deren Mitglieder viel weniger in Beziehung zu einnander ſtehen, als die Regierungsvertreter, geſetzgeberiſch unfruchtbar wird. Wir reſumieren uns dahin, daß Ehre und Anſehen der Keichsregierung es erheiſchen, daß wenigſtens ein Entwurf, der den von dem Reichskanzler angeregten Hoffnungen einiger⸗ maßen entſpricht, dem Reichstage vorgelegt wird. Sache des guten Willens der Regierung wie der Volksvertretung wird es dann ſein, eine mittlere Tinie zwiſchen den Auffaſſungen beider Teile zu finden. 188 Politiſches. 5 Wilhelmshaven, 14. Sept. Bei dem heute erfolgten glücklichen Stapellauf des Panzers „Erſatz Friedrich der Große“ taufte Prinz Heinrich das Schiff „Kaiſer Wilhelm II.“ Wilhelmshaven, 15. Sept. In der geſtrigen Schiffstaufrede ſagte Prinz Heinrich: „Die Entſtehung des Schiffes verdankt das deutſche Volk dem deutſchen Kaiſer, der, mit klarem Blick in die Zukunft ſchauend, unermüdlich thätig iſt, dem deutſchen Volke ſeine Ehre auf dem Meere zu ſichern. Fürwahr, ein hohes und edles Ziel: unübertroffen ſtark zu Lande, wehrhaft zur See; ſo möchte der Kaiſer das deutſche Volk in unab⸗ hängiger Feſtigkeit daſtehen ſehen. Ich weiß mich eins mit der Marine und bin ſtolz auf den hohen Namen, den dieſes Schiff nunmehr tragen ſoll, der unſer Schlachtruf und unſer Sterberuf iſt, der Name Kaiſer Wilhelm II.“ London, 15. Sept. Die neueſten Nach⸗ richten aus Indien verurſachen hier ernſte Sorge. Während bisher nur Punkte gefallen ſind, die Nora. lle v. H. 3 iegler. 5 5 1 Nachdruck verboten. . * 5 1 9 Die wilden Weinblätter färbten ſich ſchon röthlich, die Traube am Spalier wird täglich dunkler und der Wind, welcher über die Stoppeln weht, iſt kühl, ſehr kühl und herbſtlich, Aber in den blitzenden Mädchenaugen, welche dort zwiſchen den Geranken des Jelänger Jelisber hervorſchauen, ſteht nichts von Bedauern und Wehmut über dieſen Abſchied der ſchönen Jahreszeit; nein vielmehr eine helle Freude überzieht das roſige Geſichtſchen der junge Dame und ſie ruft in das Zimmer hinein: „Eugen, Eugen, nun iſt endlich der Herbſt da und die Mandver werden beginnen. Wan kommt unſere Einquatirung?“ „Da ſehe nur ein Menſch dieſe kokette kleine Perſon,“ ſagte der Herr Bruder Studioſus in buntem Cereviskäppchen und trat zu der Schweſter, kannſt es wohl gar nicht erwarten, das Haus voll Herren zu bekommen 2 Nun, die Freunde wenigſtens dürft ihr lange auskoſten, den der Stab des ... ten Infanterieregiments bleibt zehn volle Tage bei uns im Schloſſe. Uebers Jahr mache ich die ganze Manövergeſchichte auch wieder mit.“ „Nun, diesmal iſt es bequemer zuzuſehen, Nicht war, Eugen, wir reiten zufammen hinaus? Natürlich Nora. Du mußt dich doch als vortreffliche Reiterin präſentiren!“ „Ja, aber die Hälfte meines Triumphs lege ich in meine Hände nieder, denn du warſt der vor⸗ züglichſte Reitlehrer! „Auf etwas Grobheit kam es ja nicht an!“ Sie lachten beide noch luſtig, als die Thür aufging und ein älterer, feingekleideter jovialer Herr mit grauem Bart in das Zimmer trat; er trug eine bequeme Joppe, Reitſtiefel und in der Hand noch Gerte und Mütze. „Guten Tag, Kinder, rief er luſtig „hat die Mama noch nicht zum Mittagskaffee gerufen? Habe tüchtigen Durſt durch den langen Ritt be⸗ kommen. Nora, lauf lauf einmal und bitte in meinem Namen um die Vesper, ſollſt dafür auch etwas ganz Neues erfahren!“ Das ſchöne junge Mödchen war wie der Blitz zum Zimmer hinaus, nur ein fröhliches Lachen ſcholl vom Corridore herein und Herr von Dahlen zu ſeinem Sohne, nun geht der Tanz los, mein Junge Morgen kommen die Fourire und zwei Tage ſpäter die Truppen zum Monöver. Es wird eine lebhafte Zeit werden und Nora freut ſich ſchon ſeit dem Frühjahr darauf! 5 „Wie heißt denn der Oberſt, den wir in das Schloß bekommen. „Ah, denke nur, das iſt ein guter Schulkame⸗ rad zu mir, nur etwa ſechs Jahre jünger aber der Albrecht von Werner war immer über ſein Alter voraus im Gymnaſium, ein lieber prächtiger Menſch habe ich ſeit zehn Jahren nicht geſehen und das Schreiben unter Männern taugt niemals viel. „Hat er auch Famielie? „Nein, das wundert mich immer, daß Albrecht nicht geheirathet hat aber jetzt als Oberſt mit grauen Haaren wird er es wohl bleiben laſſen.“ „Herr von Werner muß gutes Avancement gehabt haben; er wäre ja nach deiner Berechnung etwa fünfundvierzig Jahre.“ „Ja freilich. Aelter iſt er noch nicht.“ Jetzt flog die Thür auf und Fräulein Nora kam wie ein Wirbelwind in das Zimmer in das Werk eines Augenblicks. „Papachen, Eugen“ Ihr möchtet zum Kaffee kommen; Mama läßt freundlichſt bitten und nun bekomme ich auch die Neuigkeit zu hören. Ich bin ganz furchtbar neugierig wie Du weißt „Das ſcheint ſo Herr von Dahlen, voll väter⸗ lichem Stolze das ſchöne Mädchen betrachtend, aber wer weiß, ob meine Nachricht Deinen Erwartungen entſpricht; vielleicht enttäuſcht ſie Dich. Alſo, Nora, übermorgen kommt Einquartirung.“ Mit hellem Jubel vernahm die junge Dame dieſe Worte, in ihr einfaches Landleben fiel ja das diesjährige Herbſtmanöver wie ein helles Licht und in dem hübſchen Köpfchen begannen ſogleich die verſchiedensſten Gedanken von Ball und Parade einem nenem Kleide und fröhlicher Militärmuſik zu ſpucken. Wie ein Kind tanzte Nora durch 8