nahm unter Überaus zahlreicher Beteiligung und vom herrlichſten Wetter begünſtigt, einen glänzen⸗ den Verlauf. Schon nach den erſten Klängen der voll⸗ ſtändigen Kapelle des Heidelberger Orcheſterver⸗ eins füllte ſich der herrlich dekorirte Garten mit Vereinsmitgliedern und deren Familienange⸗ hörigen. Bei eintretender Dunkelheit erſtrahlte derſelbe in feenhaftem Lichtſchimmer und bot ſo⸗ wohl den Feſtteilnehmern, als auch der außerhalb desſelben angeſammelten vielhundertköpfigen Men⸗ ſchenmenge einen wahrhaft bezaubernden Anblick. In raſcher Aufeinanderfolge und mit künſtleriſcher Vollendung wurden von Seiten der genannten Kapelle unter der meiſterhaften Leitung ihres tüchtigen Dirigenten, Herrn Gündel, die Nummern des reichhaltigen gediegenen Programms abge⸗ wickelt und ernteten dieſelben für ihre vorzüg⸗ lichen Leiſtungen rauſchenden Beifall. Wohlverdiente Anerkennung wurde auch dem Männerchor nach Vortrag des Lieds „Weihe des Geſanges“ von Mozart zu teil, welches Lied ohne vorausgegangener Probe mit der Muſik präzis durchgeführt wurde. Die Glanznummer des Programmes bildete das Tongemälde „Ein Manövermorgen“ von Eulenberg, wobei ſich in demſelben abwickelnde Gefecht durch Abgabe von Kleingewehr⸗ u. Geſchütz⸗ feuer, Hornſignale, Trommelwirbel ete. trefflich cha⸗ rakteriſiert wurde. Dasſelbe übte auf das anweſende Publikum einen mächtigen Eindruck aus und wurde den Leitern und Mitwirkenden des Ganzen reicher Beifall gezollt. Beſondern Reiz übte auch das ſich anſchließende Feuerwerk aus, das von bewährter Hand geleitet, den Mitgliedern eine reiche Abwechslung bot. Nach Beendigung des Concertes vereinigte man ſich im Saale zu einem Tänzchen, das die Anweſenden in der animierteſten Stimmung bis zum frühen Morgen zuſammerhielt. Mit berechtigtem Stolz darf der Geſang⸗ verein auf dieſes herrliche Feſt zurückblicken, hat er doch dadurch wiederum bewieſen, daß er es verſteht, trotz der beſcheidenen Mittel, die ihm zu Gebote ſtehen, ſeinen Mitgliedern nur Vorzügliches, wirklich gediegenes zu bieten und denſelben frohe und heitere Stunden zu bereiten. — Mannheim, 10. Juli. Die Umwand⸗ ung der Realſchule in eine Oberrealſchule iſt in der geſtern Abend abgehaltenen Sitzung des Bürgerausſchuſſes nach kurzer Debatte beſchloſſen worden. — Wieslöch, 10. Juli. Heute früh paſſirte am hieſigen Bahnhof ein ſchrecklicher Unglücksfall. Als die Züge von Heidelberg und Karlsruhe die hieſige Station paſſirten, wollten zwei Knaben, Söhne des Hauptlehrers Löffler in Walldorf, welche das Gymnaſium in Heidelberg beſuchen, noch das Geleiſe überſchreiten, um recht⸗ zeitig zur Station zu gelangen. Einem davon gelang es glücklicherweiſe, während der andere von der Lokomotive des von Heidelberg geran⸗ brauſenden Zuges erfaßt und zu Boden geſchleudert wurde. Die Verletzungen am Kopfe ſind recht ſchwere, ſo daß für das Aufkommen des hoffnungs⸗ vollen Knaben wenig Hoffnung beſteht. — Eppingen, 10. Juli. Geſtern iſt ein Kommando von 70 Mann des Infantarie⸗ bataillons in Heidelberg hier eingetroffen, um den durch den Hagelſchlag ſo ſchwer Geſchädigten bei den Wiederherſtellungsarbeiten Hilfe zu leiſten. — Kaſſel, 12. Juli. Amtlich wird gemeldet: Geſtern Nachmittag 3 Uhr 40 Min. fuhr der Schnellzug Nr. 55 auf den vor dem Main⸗Weſerblock haltenden Perſonenzug Nr. 93. Es gab 3 Todte und 10 zum größten Theil ſchwer Verwundete. Zwei Perſonenwagen und ein Poſtwagen wurden zertrümmert. Beide Geleiſe ſind geſperrt. Das weſtliche Geleiſe Kaſſel — Frankfurt iſt vorausſichtlich in 3 Stunden fahrbar. — Kaſſel 12. Juli. Die Eiſenbahn⸗Be⸗ triebsinſpektion meldet: Der geſtrige Eiſenbahn⸗ unfall wurde dadurch herbeigeführt, daß dem Schnellzug 55 von Wilhelmshöhe die Durchfahrt geſtattet worden war, obgleich die vorliegende Blockſtrecke noch geſperrt war. An der Unfall⸗ ſtelle iſt das weſtliche Geleiſe Kaſſel⸗Wilhelms⸗ höhe wieder frei. Der eingeleiſige Betrieb iſt ſeit 6,30 Min. Nachmittags wieder aufgenommen. Schwer verwundet ſind: 9 Soldaten und ein Arzt, todt: 3, leicht verwundet: 2 Poſtſchaffner und der Lokomotivheizer. Die verwundeten Soldaten wurden in das Garniſonslazareth in Kaſſel übergeführt. — Kopenhagen, 12. Juli. Gegen Mitternacht iſt der von der Helſingör nach Kopenhagen beſtimmte Schnellzug auf dem Bahn⸗ hofe Glentofte in den dort haltenden Perſonen⸗ zug hineingefahren. Acht Wagen ſind zertrümmert, über 100 Perſonen theils verwundet, theils ge⸗ tödtet. Die Verunglückten gehören meiſt dem Arbeiter⸗ und Handwerkerſtande an. Die Zahl der Getödteten wird einſtweilen auf 40 geſchätzt Zwei Ambulanzwagen brachten noch in der Nacht die Leichen und Verwundeten nach Kopenhagen wo letztere ſofort an die Krankenhäuſer vertheilt wurden. — Kopenhagen, 12 Juli. Weiteren Nachrichten zufolge kamen bei der Eiſenbahnkata⸗ ſtrophe in Gjentofte ſofort bei dem Zusammen, ſtoß 33 Perſonen, darunter 9 Kinder, um'z Leben. 5 Verwundete ſtarben auf dem Trans⸗ porte nach Kopenhagen. Weitere Todesfalle kamen im Laufe der Nacht und des heutigen Vormittags unter den in den Krankenhäuſerg untergebrachten Verunglückten vor. In den Perſonenzuge befanden ſich viele Mitglieder dez ſozialdemokratiſchen Wahlvereins Kopenhagens, die einen gemeinſchaftlichen Ausflug unternommeh hatten. Die meiſten der unglücklichen Opfer ge⸗ hören dieſen Vereinen an. Herzzerreißende Scenen ſpielten ſich vor dem Johannesſtift, wo⸗ hin die Leichen gebracht worden waren und gor den Krankenhäuſern ab, ſobald ſich die Kunde von dem Unglück in der Stadt verbreitet halle und die Angehörigen der Verunglückten herbeſ⸗ eilten, um vermißte Freunde und Verwandte auf⸗ zuſuchen. 5 — Berlin, 12. Juli. Die Militärbehörde hat beſchloſſen, ein von einem belg. Fabrikanten erfundenes Zweirad als Kriegsfahrrad einzuführen, Die Wahl erfolgte auf Grund vierwöchiger Ver ſuche mit 26 Fahrrädern, die zu dem Zwecke von belgiſchen, deutſchen, öſterreichiſchen, engliſchen und amerikaniſchen Fabriken geliefert worden waren Verlangt wurde bei dem Wettbewerb ein z ſammenlegbares, tragbares und mit Schuller, riemen verſehenes Rad von 14 bis höchſtens 1 Kilogramm Schwere. Es mußte einem Fahre von mittlerer Größe geſtatten, während der Fahrt einzuhalten und mit einem Fuße auf dem Boden aufzutreten ohne den Sattel zu verlaſſen. Ferner wurde gefordert, daß das Rad in zuſammen⸗ gelegtem Zuſtande leicht auf dem Rücken getragen werden könne, ohne den Träger beim Marſche oder beim Schießen zu hindern. Die einzelen Maſchinentheile mußten auswechſelbar ſein und ſchließlich zwei dieſer Fahrräder ſich zu einem Vierrad verbinden laſſen. Nach dem Gutachten der Sachverſtändigen werden alle dieſe Beding⸗ ungen durch die Brüſſeler Fabrik erfüllt. „Wir haben ſehr verſchiedene Tarife, ſagte Streißgut nun. „Habe ich Ihren Famielienſtand recht erraten, lieber Meiſter, ſo haben Sie außer der lieben Frau und dem kleinen Puſſelchen hier noch ein Bübchen zu Hauſe?“ „Ja, der Wille iſt jetzt ein Jahr alt ge⸗ worden.“ „Nun, wie wäre es denn, wenn wir uns da Tarife ausſuchten, welche für jeden das paſſende enthalten?“ fragte der Agent. „Geben Sie ſich keine Mühe!“ rief Frau Karline unwirſch ſtatt ihres Mannes. „Unſereiner hat für ſon Schnickſchnack kein Geld.“ „Nun, wenigſtens kann ichs dem Gatten erleutern,“ wendete der Agent ſanft ein. „Angehört iſt noch lange nicht verſichert.“ Frau Karline rümpfte nur die Lippen und verharrte in ihrer feindſeeligen Haltung. Ihr Mann aber lauſchte um ſo aufmerkſamer. „Nehmen wir einmal zuerſt Sie, lieber Meiſter begann Streißgut. 12 Seine Frau zupfte ihn beim Armel. 1 „Du wirſt doch nicht etwa?“ rannte ſie drohend. „Liebe Frau anhören wird man ſich die Sache doch dürfen,“ antwortete ihr Mann begütigend und ihre Hand zu befaſſen. Aber dieſe wurde ihm ſchmollend entzogen. „Für Sie, Herr Woldow,“ meinte der Lehrer nun, der mit Willen der unfreundlichen Haltung der Gattin keine Notiz nahm, dürfte ſich Tarif 1 a empfehlen, ebenſo für ihre liebe Frau. Wie alt ſind Sie eigentlich?“ „Mich laſſen Karline em Sie aus dem Spiel!“ rief „Na, deswegen kannſt Du doch ſagen, daß Du 24 Jahre alt wirſt!“ „Seine Frau warf ihm einen tief nieder⸗ ſchmetternden Blick zu, ſchwieg indeſſen. „Nun da können wir ja rechnen,“ fuhr Streißgut lächelnd fort. Tarif 1 a iſt ohne ärtzliche Unterſuchung aber mit Gewinnbetheligung. Das verſicherte Kapital wäre mit den angeſammelten und mit 3 ½ pCt. Zinſeszins verzinſten Gewinn⸗ anteilen gezahlt nach dem Tode der verſicherten Perſon, ſpäteſtens jedoch nach Ablauf der feſtge⸗ ſetzten Vertragsdauer, die wir in unſerm Falle auf 30 Jahre feſtſetzen wollen. Bei 10 Wochen beitrag würden Sie, lieber Meiſter, 108 /, Ihre jüngere Gattin dagegen 113 % verſichern können. Nach dreißig Jahren oder noch früher eintretendem Todte würde aber nicht nun dieſe Summe zur Auszahlung gelangen, ſondern auch —“ „Der Gewinnanteil,“ antwortete der Agent der inzwiſchen wieder in ſeinem Buch geblättert hatte, Da würde nun nach menſchlichem Ermeſſen auf Ihre Polize ſtatt 108 % die Summe von 172, und Ihre liebe Frau würde gar 177 „ erhalten. Ein lautes Hohnlachen unterbrach ihn, Wilhelm hatte inzwiſchen eifrig mit der Kreide auf der Tiſchplatte handiert und eine Menge Zahlen auf dieſelbe geſchrieben. „Lieber Mann mit Ihrer Verſicherung können Sie ſich heimgeigen laſſen:“ ſagte er grob. „Wiſſen Sie, wenn ich auch nur nen Schuſter bin, ſo habe ich auch doch in der Schule rechnen gelernt. Wenn ich 30 Jahr hintereinander wöchentlich 10 bezahle, ſo hab ich zuſammen 156 / bezahlt. Hätte ich aber das Geld gleich von vornrein auf die Spaarkaſſe getragen und wäre es mir mit 3 pCt. verzinſt worden, ſo hätte ich nach 30 Jahren rund 255 % herausbekommen, bei 3,5 pCt. aber 278 / „Da würde ich Ihnen aber allerdings paten, ſchlennigſt zur Sparkaſſe zu laufen,“ meinte der Agent ironiſch. „Nur dürfen Sie ja nicht ber⸗ geſſen, vorher auch ſchon beim lieben Gott zu beſtellen, daß er Sie auch noch volle 30 Jahre noch leben läßt. Wird Ihnen das gewährt und ſind Sie auch Willensſtark genug, allwöchentlich die 10 Tan die Spaarkaſſe abzuführen, dann iſt es ja möglich. daß der von Ihnen herausge⸗ rechnete Betrag auch wirklich herausſpringt. Für ſolche klugen Leute iſt die Verſicherung nichts, in die Dummen eintreten, die noch dem thörichten Glauben huldigen der Menſchen Leben ſtehe in Gottes Hand Leute alſo, welche ſich der Wahrheit des Sprich⸗ wortes nicht verſchließen „Heute rot morgen tot!“ Glücklicherweiſe ſind dieſe Leute aber in der über⸗ wiegenden Mehrzahl und laſſen ſich gerade darum verſichern, weil ſie nicht wiſſen, wie lange ſie noch leben werden — und da Sie, Verehrteſter, al Ihrer Klugheit zu trotz, dies eben nicht wiſſen, ſo kann es kommen, daß Sie vielleicht erſt wenige Jahre zur Sparbank getragen haben und dann Ihrer Familie im Fall eines früheren Todes nur Groſchen hinterlaſſen können, während der bor⸗ ſichtige Familienvater, der ſich hat verſichern laſſen, mit dem Bewußtſein ſtirbt, redlich ſeine Pflicht gethan zu haben. Wer alles haben will der kriegt in der Regel gar nichts!“ Aber dazu lachte Wihelm nur. Er ſchlug ſich mit der rechten Fauſt vor die Bruſt, daß es dröhnte. „Da ſitzt Lebenskraft drinnen!“ meinte er prahlend. „Ich bin von einer guten Art, mich kriegt ſo leicht nichts unter. Mein Großvater iſt über 80 Jahre geworden —“ 5