— Mannheim, 3. Juli. Der beim hieſigen Regiment dienende Einjährig⸗Freiwillige Bing wurde heute Früh das Opfer eines ſchweren Unglückfalls. Auf einem Velociped fahrend, kam er, auf der Seckenheimer Landſtraße in dem Moment zu Fall, als ein Zug der Neben⸗ bahn Mannheim — Heidelberg heranbrauſte. Die Lokomotive erfaßte den an den Schienen Liegenden und ſchleifte ihn eine Strecke weit. Außer einem Oberſchenkelbruch hat Bing ſchwere Kontuſionen erlitten. — Mannheim, 4. Juli. Der ſocialiſtiſche Stadtverordnete Kleiderhändler Albert Süßkind wurde infolge einer Denunziation unter dem Ver⸗ dachte, einen Meineid begangen zu haben verhaftet. — Sandhofen, 2. Juli. Geſtern Nach⸗ mittag wurde die 16jährige Tochter des Land⸗ wirths Seitz vom Blitz erſchlagen. — Heidelberg, 3. Juli. Aus Neckar⸗ gartach wird gemeldet: Die dritte Schreckensnacht liegt hinter uns und Noth und Elend vor uns. Heute früh kurz nach 3 Uhr wurden die ängſtlichen Schläfer wieder aus ihren Betten gejagt Ein ſchweres Gewitter mit heftigen elektriſchen Ent⸗ ladungen und gewaltigen Donnerſchlägen, begleitet mit etwas Hagel und einem wolkenbruchartigen Regen brach über unſern Ort los. In reißenden Strömen drang das Waſſer durch die Straßen alles mit ſich fortreißend: Thüren, Fenſterläden, Balken, Bretter ꝛc. In den vielen noch unbedeckten Häuſern richtete es große Zerſtörungen an. Das Waſſer kommt durch die Zimmerdecken, ſo daß es in vielen Zimmern fußhoch ſteht und mit Kübeln ausgeſchöpft werden mußte. Viele Zimmer⸗ decken ſind heruntergeſtürzt und viele Häuſer ſind ſo durchweicht, daß man ihren Einſturz befürchtet. In der Kirche, in den Schulen, und auf dem Rathhaus ſtand das Waſſer halbfußhoch. Viele Bücher, Akten, Wandkarten, Zeichnungen und Zeichenvorlagen ſind total vernichtet. Aus den Scheunen und Heuböden dringt das Waſſer, vom dampfenden Heu durchwärmt in Strömen hervor. Die Keller ſind mit Waſſer angefüllt. Heute früh fand man an der nördlichen Seite der Häuſer noch ſehr viele Hagelkörner in der Größe von Wallnüſſen vom erſten Unwetter her. Das Elend und der Jammer der Einwohnor iſt groß. Heute früh trafen hier von Heilbronn hundert Mann Soldaten zur Hilfeleiſtung ein und etwas och einmal 25 Mann und ein Lazareth⸗ gehilfe unter Führung eines Unteroffiziers. — Neckargemünd, 2. Juli. Das war ein prächtiges Schauſpiel heute Morgen, ein Rennen und ein Jagen! Alles, was nur einiger⸗ maßen laufen und Grabeln konnte, Groß und Klein, zog mit Rechen, Sieben, Netzen und allem nur möglichen Handwerkszeug aus, um dem Fiſchfang obzuliegen. Durch einen in der Nähe von Heilbronn niedergegangenen Wolkenbruch war das Waſſer des Neckars ſo ſchlammig geworden, daß die Fiſche ſämmtlich an die Oberfläche kamen und nach Luft ſchnappten, ſo daß dieſelben ganz bequem mit der Hand gefangen werden konnten. Prächtige Exemplare von 4—5 Pfund kamen da zum Vorſchein, und wer beſonders Glück hatte, trug die Fiſche korb⸗ und kübelweiſe nach Hauſe, bis die Gendarmerie davon Kenntniß erhielt und dem „reichen Fiſchfang“ ein Ende machte. Leider forderte dieſer unerwartete Fiſchſegen auch ein Menſchenleben als Opfer. Der 24jährige Geſelle Friedrich Braus aus Schönbrunn, der bei Bäcker⸗ meiſter Philipp Neidig in Dienſten ſtand, gerieth beim Fiſchfang in der Nähe des Hafens in eine durch Waſſerſtrudel entſtandene Untiefe, in der er nach dreimaligem Auftauchen verſchwand. Eine halbe Stunde ſpäter fand der Bierbrauer W. Dörſchuck jun. an derſelben Stelle, wo er hinein⸗ geſtürzt war, ſeine Leiche. — Meckesheim, 5. Juli. Ein aus Spechbach gebürtigter, hier wohnhafter Arbeiter in der Oelfabrik Mauer, Namens Kapp iſt am Samſtag, als er in der Nähe der hieſigen Kunſt⸗ mühle badete ertrunken. Der Verunglückte hinter⸗ läßt Frau und Kinder. — Eberbach, 2. Juli. Der hieſige Bürgerausſchuß genehmigte die Betheiligung der Stadt an der Zinſengarantie für die auf dem Neckar einzurichtende Perſonendampfſchiffahrt. — Eppingen, 3. Juli. Der Schaden für die Stadtgemeinde Eppingen wird auf 500,000 Mk. geſchätzt. Es wurden mehr als eine Million Ziegel und vielleicht 20,000 Fenſterſcheiben zer⸗ trümmert. Auf eine Ernte iſt nicht mehr zu hoffen. Ebenſo ſind die Orte Gemmingen, Stebbach, Sulzfeld, Richen, Mühlbach, Rohrbach, Adelshofen und Berwangen, theils mehr oder minder beſchädigt. — Heilbronn, 3. Juli. In vergangener Nacht entlud ſich hier kurz vor 4 Uhr ein ſchweres Gewitter mit wolkenbruchartigen Niederſchlägen über Stadt und Umgebung. Nach Gellmersbach im Oberamt Weinsberg, wurde heute telegraphiſch die hieſige Garniſon berufen; das Dorf gleicht einer Ruine. Die Gemarkung mit den Wein⸗ bergen, auf denen nur noch Pfähle wirr durch einnander liegen, iſt verwüſtet. Der Jammer ſſt groß. Die Gerüchte über Verluſte von Menſchen⸗ leben haben ſich nicht bewahrheitet. — Pforzheim, 3. Juli. Eine in der Gymnaſiumsſtraße hier wohnende Frau Reble ſchüttete anläßlich der Zubereitung des Mittag⸗ eſſens Petroleum in das Feuer, wobei die Oel⸗ kanne explodierte und die entſetzlich ſchreiende Frau alsbald in eine Feuerſäule verwandelte. Die Unglückliche verbrannte am Geſicht, Bruſt, Arm und Beinen in gräßlicher Weiſe. An ihre e Wiedergeneſung iſt nicht zu denken. 4 Bahn — Obereiſenheim (b. Heilbronn, 2, n Juli. Durch den orkanartigen Sturm in per⸗ ae fen gangener Nacht wurden hier mehrere Scheuern ae desen umgeworfen, von denen eine auf ein kleineres n gdf angebautes Haus fiel und dieſes gleichfalls zum 0. Amel Einſturz brachte. Sämmtliche noch ſchlafende Ul, weil Inſaſſen wurden unter den Trümmern begraben. 2 Knaben von 14 und 16 Jahren und eine ältere Frau blieben gleich todt, 3 Bewohner wurden ſchwer verletzt. — Schwerin, 5. Juli. Eine Stall⸗ wärterfrau ertränkte in einem Anfall von Schwer⸗ muth ihre 3 Kinder im Alter von 2—5 Jahren und dann ſich ſelbſt. — Paris, 4. Juli. Die Blätter be⸗ zeichnen den Schaden, welchen der Hageſturm und die Ueberſchwemmung in den letzten 14 Tagen im Südweſten Frankreichs angerichtet haben, als unberechenbar. Die von der Re⸗ gierung in der Kammer beantragten vier Millionen für die Opfer reichen nicht aus. In Toulouſe und anderen Plätze ſind Häuſer eingeſtürzt. Die Ernte iſt vollſtändig zerſtört. Die Häuſer ſtehen zwei Meter unter Waſſer. Zahlreiche Perſonen ſind vom Blitz erſchlagen. — Peſt, 3. Juli. Aus Sanjhely Miskolcz, Iglo und Klauſenburg laufen Gerüchte über furchtbare Unwetter und Hagelſchläge ein, welche großen Schaden verurſachten. In Iglo ſind ſämmtliche Brücken weggeſchwemmt. Der Blitz ſchlug in den Kloſterturm und ſchmolz das Kupferdach. Zahlreiche Hausthiere fielen zum 18. Nat ug den ö. Opfer. In Miskolczk werden zwei Kinder ver⸗ mißt. Bei Klauſenburg iſt der Feldſchaden unberechenbar. Lieben, gefällt es Gott, ſie ſchon frühzeitig heimzu⸗ rufen, dasſelbe Kapital hinterlaſſen zu können, was ſie günſtigenfalls bei der Sparbank erſt in dreißig und mehr Jahren liegen haben würden?“ „Das wäre!, ſagte Meiſter Konrad und ſchlug mit der Fauſt auf. „Wird wohl was Wilhelm geringſchätzig „Das iſt freilich etwas Rechtes!“ betonte der Lehrer nachdrücklich. Ich darf wohl ſagen, daß es die wohlthätigſte und ſegensreichſte Errungen⸗ ſchaft der ganzen Neuzeit iſt, deren ich die Herren gern theilhaftig machen möchte. Haben Sie ſchon einmal etwas von der Volks⸗Verſicherung Viktoria“ zu Berlin gehört?“ Wilhelm lachte ſpöttiſch auf, während ſein ernſt gewordener Schwager nur ſtumm mit dem Kopf ſchüttelte. „Dachte ich mir's doch,“ eiferte der Erſtere. „Irgend ſo'n neumodiſcher Schwindel! Da könnte es Einem ähnlich gehen, wie mit unſerm Guthaben auf der Spaarbank — heidi iſt's fort! Nun lauf einer dem Geld nach!“ „Liebſter Meiſter ſie ſollten nicht ſo ab⸗ ſprechend über eine Geſellſchaft urteilen, welche Sie gar nicht kennen!“ fiel der Lehrer mit ruhiger Beſtimmtheit ein. „Ich glaube auch zu den urteilsfähigen Menſchen zu gehören und da muß ic denn ſagen: ich bin ſtolz darauf, mich unter die Agenten der Viktoria“ rechnen zu dürfen.“ Wilhelm pfiff ſpöttiſch. „Aha, ſo ſiehts aus der Lehrer will ver⸗ dienen. Für jede arme Seele, die der Verſicherung zugeführt wird erhält er als Agent Prozente. Nein lieber Mann, behalten ſie Ihre Weisheit für ſich. Sind wir auch nur Greifenhagener, ſo ſind wir doch pfiffig genug, um nicht hungrigen Agenten rechtes ſein!“ knurrte ö Wilhelm, der ſich inzwiſchen ſein Glas hatte wieder die doch nur auf den eigenen Vorteil ausgehen die Taſchen zu füllen!“ Geringſchätzig wendete Rücken zu. Streißgut war tiefernſt geworden und hatte ſich entfärbt, Gegen eine ſolch niedrige Verdächtigung ſollte mich ſchon mein Stand ſchützen!“ ſagte er unge⸗ halten. Glauben ſie denn, die vorgeſetzte Behörde würde einem Lehrer die Annahme einer Agentur geſtatten wenn ſie nicht von dem ſegensreichen Wirken der betreffenden Geſellſchaft durchdrungen wäre? Eigentlich ſollte ich nunmehr ſchweigen. Aber da ſie mich, den ganz Uubekannten, ſo ſchroff angegriffen haben, drängt es mich, Sie von Ihrem Irrtum zu überzeugen.“ „Das dürfte wohl ſchwer halten!“ er dem Lehrer dem lachte füllen laſſen, von oben herab. Der Agent hatte ein ſauber gebundenes Büchlein aus der Taſche gezogen und vor ſich auf den Tiſch gelegt.“ „Zuerſt will ich mal Ihren Einwand abfer⸗ tigen, als ſei eine Anſtalt von dem Range der „Viktoria“ nicht ſicher genug für Ihre Spaargroſchen!“ verſetzte er lächelnd. „Der Geſammtbeſitz der „Viktoria“ beziffert ſich gegenwärtig auf 113 Mill. Mark. Allein der Geſammtverſicherungsbeſtand der Lebensverſicherungs-Abtheilung beziffert ſich auf 417 Mill. und an Prämien und an Zinſen hat die „Viktoria“ im verfloſſennen Jahre über 31 Mill. Mark eingenommen. Sie können ſich denken, daß ſolche Unſummen ſich nicht aus Handwerkergroſchen zuſammenſetzen, ſondern daß da die kundigen Geldleute beiſteuern. Wo deren hunderttauſende ſicher ſind, da dürften auch die Erſparniſſe kleiner Leute wohl aufgehoben ſein.“ Mir wird ganz ſchwindelig!“ brummte Konrad, „Solche Summen. Da habens die Herkn doch gar nicht nöthig, ſich unſereinen zu bemühen.“ „Gerade!“ wiederſprach der Agent. Eine Verſicherungsgeſellſchaft darf man nicht als Geſchäft betrachten welche des Verdienens halber errichte wird. Die Viktoria“ macht Anſpruch darauf, unter die Wohlthäter der Menſchheit gerechnet zu werden. Sie arbeitet im Dienſt der Menſchlichkeit. Je mehr Anhänger ſie aber zählt, deſto gewaltiger der Umſatz der ihr anvertrauten Summen wird, doſto mehr Vorteil kann ſie natürlich jedem einzelnen Verſicherungsnehmer zuwenden. Doch kommen wir zur Sache. Ich wollte Ihnen alſo die Volks⸗Verſicherung empfehlen. Was für ein gewaltiges Ding dies iſt, geth ſchon daraus hervor daß ſchon 77 Millionen Mark einbringen ſollen.“ „Das iſt ja kaum glaublich!“ ſtaunte Meiſter Konrad. Sein Schwager ſagte gar nichts hörte nur zerſtreut zu und malte mit dem Zeuge finger der Rechten auf dem Tiſche, indem er einige verſchüttete Tropfen Weines ins ungeheuerliche für ausdehnte. . „Trotzdem ſteckt die Volks⸗Verſicherung bei und uns in den Kinderſchuhen!“ fuhr Agent Streißgut M U N lächelnd fort. „Der zielbewußtere und praktiſchere 3 kleine Mann in England hat die Wohlthat dieſer Verſicherungsart, ihre Zweckmäßigkeit gerade filr die ſogenannten unteren Volksſchichten ſchon bedenken beſſer erkannt. In England zählt eine einzige Verſicherungs Geſellſchaft, die „Prudential“ einen Verſicherungsbeſtand von mehr als 11 Mill. Polizen mit einer Verſicherungsſumme weit über 2000 Mill. Mark“ Fortſetzung folgt. von