— Edingen, 15. Juni. Am vorigen Sonntag feierten der hieſige Bürger Chriſtoph Schuſter und ſeine Ehefrau das Feſt der goldenen Hochzeit. Das trotz ſeines Alters noch rüſtige Jubelpaar wurde während des Feſtgottesdienſtes von Herrn Pfarrer von Neckarhauſen im Beiſein ſeiner Kinder, Kindeskinder und zahlreicher Mit⸗ gliedern der Gemeinde eingeſegnet. — Rheinfelden, 12. Juni. Die ge⸗ deckte hölzerne Rheinbrücke auf badiſcher Seite ſteht in hellen Flammen und iſt wahrſcheinlich verloren. Das Dach iſt noch nicht ergriffen, aber der hölzerne Unterbau brennt auf der ganzen Linie. Die Urſache iſt noch unbekannt. — Rheinfelden, 13. Juni. Das große Joch der Rheinbrücke ſtürzte Abends 9 Uhr in den Rhein und ſchwamm brennend ſtromabwärts. — Berlin, 12. Juni. Heute Abends 6/ Uhr unternahm der von der Berliner Gewerbe⸗ Ausſtellung bekannte Privatluftſchiffer Wölfert, begleitet vom Mechaniker Knabe, mit einem lenk⸗ baren Luftſchiff eine Probefahrt vom Tempelhofer Felde aus, nachdem der Ballon bei der Luft⸗ ſchifferabtheilung gefüllt war. Der Ballon hatte etwa 100 Meter Höhe erreicht, als eine ſtarke Detonation erfolgte. In demſelben Augenblick brannte der Ballon. Die Gondel löſte ſich von der brennenden Hülle und fiel brennend mit raſender Geſchwindigkeit nahe dem Tempelhof zur Erde. Man fand die beiden Inſaſſen als Leichen, mit ſchweren Brandwunden bedeckt, vor. Jeden⸗ falls iſt der Benzinmotor durch einen Zufall explodirt und hat hierdurch die Kataſtrophe herbei⸗ geführt. Wölfert hatte Verſuche mit dem Luft⸗ ſchiffe im Intereſſe eines Conſortiums unternommen, das ſeine Ideen ferdern wollte. — Berlin, 12. Juni. Die Verhandlungen des Weltpoſteongreſſes in Waſhington haben, der „Deutſchen Verkehrsztg.“ zufolge, zu folgenden Ergebniſſen geführt: Die Ausdehnung des Brief⸗ gewichts von 15 Gramm auf 20 Gramm iſt abgelehnt worden; es widerſprachen die Länder, in denen das Unzengewicht gilt; einzelne andere erklärten, den bei Einführung der Maßregel im inneren Verkehr zu erwartenden Ausfall nicht tragen zu können. Der Antrag auf Einführung einer Weltpoſtmarke fand auf keiner Seite Unter⸗ ſtützung; dagegen wurde dem Vorſchlage, die Ver⸗ wendung von Gelegenheitsfreimarken im inter⸗ nationalen Verkehr zu verbieten und für die Poſt⸗ karten die Bezeichnung „carte postale“ auf der erſeite vorzuschrelbe „ zugeſtimmt. Das Meiſtgewicht für Waarenproben iſt von 250 Gramm auf 350 Gramm, der zuläſſige Meiſtbetrag der Poſtanweiſungen von 500 Franken auf 1000 Franken erhöht worden; es iſt jedoch den Ländern die Befugniß zugeſtanden, bei Poſtanweiſungen die Beſchränkung von 500 Franken bis auf Weiteres noch aufrecht zu erhalten. Die Poſt⸗ anweiſungsgebühr iſt für Beträge bis 100 Franken verändert geblieben, dagegen bei höheren Beträgen für den 100 Franken überſteigenden Theil auf die Hälfte herabgeſetzt worden. Nachnahmen auf Einſchreibeſendungen ſollen bis 1000 Franken zuläſſig ſein; auch hier ſoll aber den Ländern vorläufig noch freiſtehen, den Betrag von 500 Franken als Grenze beizubehalten. Die Beſchränkung des Meiſtgewichts der Poſtpakete auf 3 Kilogr. ſoll im Grundſatz nicht mehr geſtattet ſein; für einzelne Länder, die nicht ſofort auf 5 Kilogr. hinaufgehen können, ſoll im Schluß⸗ protokoll eine Ausnahme zugelaſſen werden. Der Erſatzbetrag für Pakette ohne Werthangabe iſt auf 25 Franken ohne Abſtufung feſtgeſetzt worden. Im Poſtauftragsverkehr ſoll eine und dieſelbe Sendung Werthpapiere für höchſtens 5 verſchiedene Zahlungspflichtige enthalten dürfen. Was die Bezeichnung der Jahreszahl in den Briefſtempeln für die Jahre von 1900 ab betrifft, ſo iſt beſchloſſen worden, daß die Jahreszahl 1900 durch 00, 1901 durch 01, 1902 durch 02 u. ſ. w. bezeichnet werden ſoll. Der Antrag der britiſchen Vertreter, als Gegenwerth des Vereinsportes von 25 Centimes in engliſcher Währung 2 dl feſtzuſetzen, iſt vom Congreß abgelehnt worden. Am 3. Juni wurden die Plenarfitzungen geſchloſſen; über die darin gefaßten Beſchlüſſe verlautet noch nichts. Der nächſte Congreß findet 1903 in Rom ſtatt. — Opladen, 12. Juni. Ein junges Brautpaar wollte ſich geſtern im Rheingau zum Standesamt begeben, und verſuchte vorher die Einwilligung der Eltern des Mädchens zur Heirath nachzuholen. Als die Eltern nicht ein⸗ willigen wollten, drang der junge Mann mit einem geladenen Revolver in das Haus der Braut und feuerte auf ſie drei Schüſſe ab. Alsdann ſchoß er ſich ſelbſt eine Kugel in den Kopf und war ſofort eine Leiche. Das tödtlich verletzte Mädchen wurde in das hieſige Krankenhaus gebracht. — Aachen, 14. Juni. Geſtern Nach⸗ mittag wurden zwei Spinnereien, zwei Webereien, eine Tuchfabrik und eine Gießerei durch Feuer zerſto'rt. Der Schaden wird auf 2 000 000 M, geſchätzt. — Paris, 15. Juni. Am Orte des Atten⸗ tates wurde eine zweite Röhre gefunden, die der explodirten ähnlich iſt Sie enthielt Pulver von vorzüglicher Miſchung und Eiſenprojektile. Der Direktor des Laboratoriums meint, der Inhalt konnte bei der Exploſion großes Unheil anrichten, wenn die Projektile horizontal anſtatt vertikal auflogen. — (Poſtaliſches.) Ueber die zuläſſige Größe von offenen Karten die zum Druckſachen⸗ Porto verſandt werden ſollen, äußerte ſich eine Oberpoſtdirection auf Anfrage dahin, daß die Karten, die als Druckſachen befördert werden ſollen, die Größe der Poſtpaket⸗Adreſſen nicht erheblich überſteigen dürfen. Karten von 21 Elm. Länge und 12 Etm. Breite werden noch als zuläſſig erklärt. Mehrmals gefaltete Karten müſſen unter Streifband oder Umſchlag geſandt werden, da die Poſtordnung zur Verſendung als offene Karten nur die einfach gefalteten Karten zuläßt. Laudwirtſchaftliches. Die Reiſezeit ſteht unmittelbar bevor. Ez iſt ganz richtig, was Robert Betten, einer der Redakteure des praktiſchen Ratgebers im Obſt und Gartenbau, in der neueſten Nummer ſagt, daß der Abſchied von Hauſe alle denen beſonders ſchwer wird, die Roſen haben. Denn die Haupt⸗ blühte fällt in der Zeit der Abweſenheit — wenn ſolche Roſenliebhaber zurückkommen, finden ſie meiſt nur vertrocknete Blüthen. Dagegen giebt es nun ein gutes Mittel: vor der Abreiſe kneife man alle Knoſpen an den Roſen ab, dann konnen ſie zunächſt nicht blühen, bilden aber neue Knoſpen und man erreicht, was man will: einen Roſenflor, wenn man wieder zu Hauſe iſt. Freilich iſts eine etwas gewaltſame Kur: die Roſe muß dann auc beſonders gepflegt werden. Wer ſich für das Nähere intereſſirt, laſſe ſich die Nummer komme, die gern umſonſt zugeſchickt wird von der Verlags⸗ buchhandlung Trowitzſch u. Sohn in Frankf 3 e machen, lautete die ſchlagfertige Antwort. „Das würdeſt Du wohl hübſch bleiben laſſen, Kind,“ wiederſprach Melanie. „Ja vielleicht würde ich die Bücher zu Deinem Nutz und Frommen bewahren. Doch ich muß auf⸗ brechen, fuhr Erna, aufſtehend fort, „ſonſt denkt Frau Merling, daß ich wieder ſonſtwo einen Beſuch mache,“ fügte ſie mit einem ſchelmiſchen Blick auf den Baron hinzu. „Dein Schützling ſcheint ſich nicht zu culti⸗ viren,“ bemerkte Nölten, ſobald die Thür ſich hinter Erna geſchloſſen hatte, „ſie iſt wohl über das Alter, in welchem Erziehung noch möglich iſt hin⸗ aus. „Durchaus nicht! verſicherte Melanie lebhaft. „Ich finde im Gegentheil, daß ſie ſich in dieſer Beziehung ſehr gebeſſert.“ „Laſſen wir das Thema fallen,“ antwortete Nölten in leicht gereiztem Ton. Du haſt, wie es ſcheint, eine ganz beſondere Vorliebe für dieſes dieſes Kind!“ f i Die Zeit verſtrich und Weihnachten rückte heran. Herr von Halden hatte eine Anzahl von Gäſten auf das Schloß geladen, um ſeiner Tochter recht frohe Feſttage zu bereiten. Frau Merling und ihr Schützling trafen ſchon mehrere Tage vor dem Feſte ein, um Melanie bei den nöthigen Vorbereitungen behilflich zu ſein. Dieſe hatte recht gehabt. Erna hatte ſich wirklich ſehr gebeſſert; ſie benahm ſich jetzt ganz wie eine feine Dame. Sie machte geſchmackvpolle, elegante Toillete und war im Uebrigen dieſelbe: offen, heiter anmuthig und liebenswürdig wie anfangs. Nur hie und wieder durchbrach etwas von ihrer früheren Unwiſſenheit die ſtarke Etikette. Nölten war täglicher Gaſt im Schloſſe und von Erna, die ihn immer ſehr gern gehabt hatte, be⸗ grüßte ihn ſtets mit beſonders frohem Lächeln. Und wie dankbar war ſie ihm dafür, daß er ſich nicht verächtlich von ihr abwandte, wie andere Gäſte, wenn ſie irgend einmal einen Formfehler zu ſchulden kommen ließ. Eines morgens wurde beim Frühſtück beſchloſſen, den klaren, kalten Wintertag zum Schlittſchuhlaufen auf dem gahen Teiche zu benntzen. Nöltens Frage ob Erna Theil nehme, mußte dieſe verneinen, da ſie ſich nicht auf die Kunſt des Schlittſchuhlaufens verſtehe. „Ich kann auch nicht Schlittſchuh laufen,“ miſchte ſich Melanie ein; „da werden wir zwei an den Teich gehen und den andern zuſehen.“ Nölten geſellte ſich als dritter Zuſchauer zu ihnen. Als ſie ſich dem Schloßthor näherten, kam ihnen ein Herr entgegen, ein ſchlanker junger Menſch feiner Erſcheinung, obwohl ſeine Kleidung eher ein ärmliches Anſehen hatte. Eben öffnete Melanie die Lippen zu fragen wer das ſein könnte, als Erna plötzlich ein Freuden⸗ ruf that und mit ausgeſtreckten Händen auf den Fremden zueilte. Die „wilde Rose“ ſchien faſt außer ſich zu ſein vor Entzücken. . „James, James, — biſt Du es denn wirklich“ rief ſie jubelnd. „Ja, Erna, ich bin es,“ entgegnete der Fremde in herzlichem Tone. „O, wie freue ich mich, Dich wiederzuſehen!“ antwortete Erna. „James Carew mein älteſter und beſter Freund, Melanie wandte ſie ſich zu dieſer. „Es freut mich, Sie perſönlich kennen zu lernen,“ ſagte Melanie dem Fremden die Hand reichend. „Dem Namen nach ſind Sie mir durch Ernas Erzählung längſt bekannt 0 „Sie ſind ſehr gütig,“ erwiederte der junge Mann. „Ich ſprach zuerſt bei Frau Merling vor, dort wurde mir geſagt, daß ich beide Damen ier finden würde; darum erlaubte ich mir, meine Jugendgeſpielin hier anfzuſuchen.“ „Sie kommen direkt von der Reiſe?“ „Ja, ich bin erſt vor einer Stunde auge kommen und habe in dem Gaſthaus im Dorfe Logis genommen.“ „Erna,“ wande ſich Melanie zu dieſer, „Du thäteſt gut, mit Mr. Carew in das Haus zurück⸗ zukehren. Unſere Gäſte ſind wie ich ſehe, uns voraus geeilt. — Sie bleiben doch einige Zeit hier, Mr. Carew?“ „Auf circa vierundzwanzig Stunden, ank wortete dieſer. 1 „So lade ich ſie freundlichſt ein unſer Gast zu ſein, Herr Carew. Erna wird Sie ins Schloß geleiten fagte Melanie verbindlich. Auch stellte ſie gleichzeitig Mr Carew Nölten vor. Carew nahm die Einladung dankend an und ſchritt mit Erna noch dem Schloſſe zurück. Als die beiden einige Schritte gegangen waren, ſagte Melanie: „Für Erna freue ich mich über den Beſuch, denn ich glaube die arme hat in den letzten Tagen manche Kränkung erfahren müſſen. „Das iſt war gab Nölten mürriſch zu. Die Damen ſind eiferſüchtig auf ſie; ſie — num ſee paßt wirklich nicht zu unſerer vornehmen Geſellſchaft. „Erna paßt in jede Geſellſchaft verſetzte Melanie ſcharf. „Wenn die Leute wüßten, daß ſie eigen lich Eigenthümerin von Elgenhof iſt, würden ſie und ich in der Leute Augen bald die Roll wech⸗ ſeln,“ ſchloß Melanie mit Bitterkeit. Fortſetzung folgt