5 eis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unter⸗ Hellereihg haltungsblatt Mark 1.40, frei ins Haus. wordgeſch Für die Redaktion verantwortlich: Karl Molitor, 1 e Ladenburg. 7 hen 0 g gelben Ji rr Mülha . 1 Politisches. Ne Berlin, 6. Juni. Der vor dem Schwur⸗ gericht des Landgerichts Berlin J. geführte Senſationprozeß Tauſch⸗Lützow iſt am Freitag vor Pfingſten nach zehntägiger Verhandlungs⸗ dauer zu Ende gegangen. Sein gerichtliches Ergebniß beſteht darin, daß der Hauptange⸗ klagte, der Criminalcommiſſar v. Tauſch, auf Grund des auf nichtſchuldig lautenden Wahr⸗ ſpruches der Geſchworenen freigeſprochen, ſein Mitangeklagter aber, der Schriftſteller v. Lützow, zu zwei Monaten Gefängniß als Suſatzſtrafe zu der von ihm bereits im Prozeß Leckert⸗ Lützow verwirkten Freiheitsſtrafe verurtheilt worden iſt. Der Antrag des Oberſtaatsan⸗ walts, gegen Lützow außerdem auf zwei Jahre Ehrverluſt zu erkennen, wurde vom Gerichts⸗ hofe mit der charakteriſtiſchen und für unſere talt. Metz rhauſen ſind bei hen g Labenz — . cao 5 politiſche Poltzei nichts weniger als ſchmeichel⸗ ns haften Begründung abgelehnt, v. Cützow ſei b unter Umſtänden für die Polizei thätig geweſen, Nagerlete? die das Bewahren einer ehrenhaften Geſinnung faſt unmöglich gemacht hätten, es ſei deshalb on einer Ehrenſtrafe abzuſehen, da man offen dürfe, daß der Angeklagte nach der trafverbüßung ein ehrenhaftes Leben beginnen werde. Wie bekannt, war v. Lützow der Ur⸗ kundenfälſchung und des Betruges begangen durch die im früheren Prozeß aufgedeckte chard) ng. Quittungsfälſchung, angeklagt, ein Vergehen, . welches durch die nicht allzuharte Strafe von 1 zwei Monaten Sefangniß genügend geſühnt Nachfoge erſcheint. Was Herrn v. Tauſch anbelangt, L o lag gegen ihn zunächſt die Anklage vor, um dieſes Vergehen gewußt, es aber ſeiner : vorgeſetzten Behörde nicht angezeigt und ſich demnach eines Amtsvergehens ſchuldig gemacht anerkam zu haben, indeſſen wurde dieſer Punkt vom de, emp 7 7 Novelle von Jenny Piorkowska. 5 ige, 6 4 eute Der erſte war von Mr. Blunt, dem Advokaten. Außer dem, was Frau Meerling für dall Herrn von Halden bereits erzählt hatte, enthielt das Schreiben nur noch die Mittheilung, daß bla. Rudolph von Kortis bei einem deutſchen Bankhaus gart 20 000 Mk. für ſeine Tochter Erna deponirt habe — mit welcher Summe dieſelbe ſuchen müſſe auszukom⸗ men. Sollte ſie in Noth kommen, ſo möchte ſie lg. ſich jederzeit vertrauensvoll an ihn wenden. ergeben 5 Der zweite Brief war von Frau von Kortis 'delbegen“ an Frau Merling gerichtet. irt, n „Verehrte Frau!“ lautete derſelbe. „Einliegend und mi ſende ich ihnen den Brief, den ich nach meines 90 Mannes Tode offen in ſeinem Pulte fand. Ich b habe ihn geleſen und werde gewiſſenhaft ſeinen letzten Wunſch erfüllen, ſo unausſprechlich ſchwer 8 mir auch wird, mich von meinem geliebten Kinde zu trennen, das ich wohl niemals wiederſehen werde. Aber ich will nicht auch ihr ganzes Glück zerſtören ne fen bulk aul wie ich ihres Vaters ganzes Daſein zu Grunde unge 1 gerichtet habe. — Sollte ihr Großvater noch am Ihlau Leben ſein, ſo beſchwöre ich Sie, ihm zu ſagen, daß ich nicht ganz ſo ſchlecht war, wie er wohl geglaubt hat. Meinem unglücklichen Vater zu Liebe „nahm ich die gebotene Summe und verſprach dafür auf Rudolph zu verzichten. Ich hatte es damit Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. die Freiſprechung des Angeklagten Mittwoch, den 9. Juni Vertreter der Staatsanwaltſchaft ſelber im Verlaufe des Prozeſſes wieder fallen gelaſſen. Doch auch die weit ſchwerer wiegende Be⸗ ſchuldigung v. Tauſch, er habe im Prozeß Leckert⸗Lützow wiſſentlich einen Meineid ge⸗ leiſtet, als er eidlich verſicherte, niemals politiſche Intriguen geſponnen, und niemals politiſche Artikel durch ſeine Agenten in die Preſſe „lancirt“ zu haben u. ſ. w., wurde durch den Verlauf des Prozeſſes derartig abgeſchwächt, daß ſchließlich auch nach dieſer Richtung hin erfolgte. Freilich hat der Prozeß an dem Charakter und an der Amtsführung des Angeklagten genug Schlacken hinterlaſſen, ſeine Unſchuld ſteht trotz ſeiner Freiſprechung keineswegs rein und klar⸗ erwieſen da; es iſt indeſſen nicht gelungen, Herrn von Tauſch ſo zu belaſten, daß ſeine Verurtheilung hätte erfolgen müſſen; zum Mindeſten jedoch hat er ſich, wie Oberſtaats⸗ anwalt Dreſcher in ſeinem Plaidopyer treffend bemerkte, bei ſeiner Amtsführung grober Tact⸗ loſigkeiten ſchuldig gemacht. as nun die hervorſtechendſten praktiſchen Ergebniſſe des Tauſchprozeſſes anbelangt, ſo iſt durch deſſen Verlauf vor Allem die Mär von den angeblichen einflußreichen Hinter⸗ männern des v. Tauſch gründlich zerſtört worden. Welche hochſtehende Perſönlichkeiten wurden nicht Alles genannt, welche um das behauptete verfängliche politiſche Treiben dieſes Mannes gewußt haben ſollten: der General⸗ oberſt Graf Walderſee, der Botſchafter, Graf Eulenburg, ja ſogar Fürſt Bismarck! Dieſe hauptſächlich von ſozialdemokratiſcher Seite aufgeſtellte Behauptung hat ſich aber durch den jetzt beendigten Prozeß als völlig haltlos erwieſen, die Geſchichte von den Hintermännern iſt einfach ein Hirngeſpinnſt in den Köpfen auch aufrichtig gemeint; doch als ich ihn wiederſah, ward ich in meinem Entſchluß ſchwankend und hei⸗ rathete denjenigen der um meinetwillen alles auf⸗ gegeben hatte. Rudolph wünſchte, ich ſollte das Geld welches ich von ſeinem Vater bekommen, zurück⸗ ſchicken, aber das hatte mein Vater inzwiſchen bereits verſpielt. Da gab Rudolph mir den Betrag aus ſeiner eigenen Börſe, und ich ſandte es mit einem Brief an ſeinen Vater. Wir warteten lange auf eine Autwort aber vergebens. Da ſchrieb Rudolph ein zweites, ein drittes Mal; er theilte ſeinen Eltern unſere Verbindung mit — Alles umſonſt. Tief gekränkt und entrüſtet, that mein armer Mann nun keine weiteren Schritte mehr, ſeine Eltern auszuſöhnen. Da nach Jahren, ward mein Vater ſchwer krank, und auf ſeinem Sterbebette geſtand er, daß er das für Rudolphs Vater beſtimmte Geld unterſchlagen und für ſich verwandt hatte und aus Furcht. entdeckt zu werden hatte er dann auch Rudolphs Briefe abgefangen. Dieſe Entdecknug konnte mein Mann nie verzeihen. Damals war es als er an Sie ſchrieb, und bald darauf verließ er mich, um niemals zurückzukehren. Vielleicht, wenn Sie ſeinem Vater unſere unglückliche Geſchichte erzählen, vergiebt er ſeinem Sohne und nimmt unſer Kind freundlich auf. Ich ſelbſt werde bald allem Irdiſchen entrückt ſein, doch für meine Erna flehe ich um meinen Schutz und ſeine Vergebung.“ Der eingeſchloſſene Brief von Rudolph von Kortis war wenige Tage, ber Anzeigen: Die einſpaltige Corpuszeile oder deren ſtaum 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzei 8 6 Pfg., Reklamen 20 Pfg. 1 nd Verlag von Karl Molitor, )J)%VVVVVVVVVV gewiſſer Leute. Auch die vermeintlichen Treibereien des CTriminalcommiſſar v. Tauſch gegen das Auswärtige Amt und deſſen ver⸗ antwortlichen Leiter, Staats ſecretär v. Marſchall, die ſogar einen gewiſſen Erfolg gezeitigt haben ſollten, ſtellen ſich als eine höchſtens amüſant wirkende Legende heraus, womit die unge⸗ heuerliche Inſinuation, ein einfacher Criminal⸗ commiſſar könne den Weg des politiſchen Leiters eines Fünfzig⸗Millionen⸗Reiches kreuzen und noch dazu erfolgreich kreuzen, endlich ver⸗ nichtet worden iſt. Ob es unter ſolchen Um⸗ ſtänden nötig geweſen wäre, einen großartigen gerichtlichen Apperat zu entfalten, um dieſes Dementi zu erzielen, wie Staats ſecretair v. Marſchall durch die Inſcenirung des Prozeſſes Tauſch gethan, das iſt allerdings recht zweifel⸗ haft, und daß ſich Herr v. Marſchall und mit ihm das geſammte Cabinet Hohenlohe nicht geträuten, auf eigene Hand, ohne Inanſpruch⸗ nahme des Gerichts mit einem gar nicht ſo beſonders hochgeſtellten Beamten, wie Criminal⸗ commiſſar v. Tauſch fertig zu werden dies berührt immerhin wunderlich. Im Uebrigen hat auch der Prozeß Tauſch unſere politiſche Polizei wiederum im Lichte einer ſehr fragwürdigen Inſtitution gezeigt und erneut die oft unheilvolle Thätigkeit der politi⸗ ſchen Spitzel und Agenten beleuchtet. Es muß indeß als zweifelhaft bezeichnet werden, ob eine gründliche Reform unſerer politiſchen Polizei infolge der Ergebniſſe des Prozeſſes Tauſch endlich einſetzen wird, namentlich, da keine recht geeignete Handhabe vorhanden iſt, um dieſe Reform anzuſetzen. Die politiſche Polizei wird eben auchfernerhin genöthigt ſein, ſich zur Erreichung ihrer Swecke der Agenten zu bedienen, und kann unmöglich lange nach der ehrenhaften perſönlichen Geſinnung des Ein cisko für immer verließ geſchrieben. Auf dem Couvert ſtand: „Nach meinem Tode abzuſchicken“ und das Schreiben ſelbſt lautete: „Meine liebe, alte gute Freundin! Sie die ich als eine der edelſten und gütigſten Frauen kenne, werden ſich gewiß nicht weigern, die letzte Bitte Rudolphs von Kortis, das einſt von ihnen verhät⸗ ſchelten Knaben zu erfüllen. Ich beſchwöre Sie, ſeien Sie ſo freundlich gegen mein einziges Kind, meine geliebte Erna. Verſuchen ſie ob es nicht möglich iſt, ihren Großvater mit ihr auszuſöhnen, — falls er noch leben ſollte. (Den Tod meiner theuren Mutter ſah ich vor Jahren in einer Zeitung angezeigt.) Iſt er aber todt und ſein Vermögen in andern Händen, ſo ſeien ſie ſo großmüthig und ſorgen ſie dafür, daß mein armes Kind etwas lernt und irgendwo ein Heim ſindet, wo ſie von der geringen Summe, die ich bei dem Unglück, das mich überall hin verfolgte, für ſie zurückgeben konnte, zu leben vermag. Hoffend daß ſie mir dieſe meine letzte Bitte nicht abſchlagen, ſendet Ihnen einen letzten Gruß Ihr ewig dankbarer Rudolph von Kortis. P. S. Sollte Richard von Halden noch leben, ſo bringen ſie Erna zu ihm, daß ich mein Kind ihrer vereinten Fürſorge überlaſſen und, bitten ſie ihn, auf ſie ein wenig von der Liebe zu übertragen, die er für ihren unwürdigen Vater gehegt hat. Vielleicht vermögen ihr und ſein gemeinſchaftliches Bemühen, meinen Vater mit ſeinem verſtorbenen