Es war halb 5 Uhr Nachmittags als ein beim Kinematographen beſchäftigter Arbeiter dem Baron Mackau zurief, daß die über den Bazar geſpannte bemalte Leinwand durch eine Gasflamme in Brand geraten ſei. Baron Mackau gab dem Arbeiter den Beſcheid, er ſolle keine Panik hervorrufen. Dieſe Vorſicht erwies ſich aber als nutzlos, denn das Feuer verbreitete ſich mit unerhörter Raſchheit. Die in der Nähe des Haupteingangs befindlichen Perſonen konnten ſich ſämmtlich retten, aber an den kleinen Seitenöffnungen drängten ſich die Flüchtenden derart zuſammen, daß bald jeder Ausweg verſperrt war. Nur der Mangel zahlreicher Ausgänge iſt ſchuld, daß das Unglück eine ſolche Ausdehnung annehmen konnte. Ganz beſondere Teilnahme erregt der Tod der Herzogin von Alengon, die lange vermißt war. Die Herzogin iſt, eine Schweſter der Kaiſerin von Oeſterreich. Die Herzogin Sophie von Alengon, eine geborene Herzogin von Bayern war am 22 Februar 1847 geboren. Ihrer Ehe mit dem Herzog, der ſelbſt nur leicht verwundet, ſeine Gemahlin in dem Gedränge verlor, ſind 3 Kinder entſproſen, von denen die älteſte Tochter Luiſe ſeit 6 Jahren mit Prinz Alphons von Bayern vermählt iſt. Ueber ihren Tod liegen folgende erſchütternde Nachrichten vor: Den ganzen Vormittag ſuchten die Angehörigen und die Kammerfrau unter den Leichen nach der Herzogin von Alencon. DieKammerfran glaubte die 1 0 an einem Stück Wollſtoff zu erkennen; die betr. Leiche wurde darauf in einen Sarg gelegt. Der Kopf iſt völlig verkohlt; nur die Zähne ſind unverſehrt. Darum wurde der Zahn⸗ arzt der Herzogin geholt, derſelbe nahm die ihm als Herzogin von Alencon bezeichnete Leiche eingehend in Augenſchein und erklärte nach ſorgfältiger Unterſuchung mit aller Beſtimmtheit, daß der ihm vorgelegte Leichnam derjenige der Herzogin von Alencon ſei. — Wien, 5. Mai. Die Nachricht, daß die Herzogin von Alencon vermißt wurde, erfuhren der Kaiſer und die Kaiſerin heute früh durch die Zeitungen. Heute mittag erhielt der Kaiſer die offizielle Depeſche daß die Leiche der Herzogin aufgefunden und agnosziert worden ſei. Die Kaiſerin weint ununterbrochen, ſeit ſie Kenntnis vom Tode ihrer Schweſter erhielt. N — Berlin, 5. Mai. Einer der erſten, die auf der Brandſtätte in Paris erſchienen, war Polizelpräftdent v. Windheim aus Berlin, der ſich bekanntlich zur Zeit auf einer Studienreiſe dort befindet. Paris, 5. Mai. Der Kaiſer telegraphirte an den Präſidenten Faure: Wollen Sie mir geſtatten, an der Trauer theilzunehmen, die Paris und ganz Frankreich in dieſem Augenblick empfinden, in Folge des furchtbaren Unglücks in der Rue Jean Goujon. Möge Gott den Unglücklichen helfen die jetzt ein theueres Leben beweinen! Präſident Faure erwiderte: Ich bin ſehr ergriffen, durch die in dem Telegramm zum Ausdruck gebrachten Empfindungen, womit Ew. Kaiſerliche und Königliche Majeſtät an der Trauer theilnehmen, in die das Unglück von geſtern Paris und ganz Frankreich geſtürzt hat. Ich danke für die Wünſche, daß Gott die durch die ſchreckliche Kataſtrophe niedergeſchlagenen Unglücklichen, die wir tief lieben, aufrecht erhalten und tröſten möge. — Paris, 5. Mai. Sobald der Präſident der Republik den Beileidsbeſuch des deutſchen Kaiſers bei dem Berliner franzöſiſchen Botſchafter erfahren hatte, begab er ſich auf die deutſche Botſchaft und ſprach gegenüber dem Grafen Münſter aus, wie ſehr in das Vorgehen des deutſchen Kaiſers bewegt habe. Außer dem deutſchen Kaiſer ſandten auch die Königin von England und der König von Belgien Veileids telegramme. — Paris, 7. Mai. Präſident Faure richtete geſtern folgendes Tellegramm an den Kaiſer von Oeſterreich: Ich vernehme ſoeben, daß die Herzogin von Alegon das Opfer der ſchreck⸗ lichen Kataſtrophe wurde, die Paris und ganz Frankreich in ſo ſchmerzliche Trauer verſetzt. Ich erlaube mir an Ew. Majeſtät ſowie an Ihre Majeſtät die Kaiſerin bei dieſem Verluſte, der ſie ſo grauſam und ſo nahe trifft, die Gefühle leb⸗ haften Beileides und tiefſter Sympathie zu richten. Der Kaiſer antwortete: Tief gerührt von der lebhaften Antheilnahme, die Sie an dem ſchmerz⸗ lichen Verluſte nehmen, der die Kaiſerin und mich betroffen, danken wir Ihnen von ganzem Herzen. Wollen Sie, Herr Präſident, verſichert ſein, daß auch ich meinerſeits aufrichtig für Sie, für Paris und ganz Frankreich die Gefühle der Trauer theile, die das ſchmerzliche Ereigniß mit ſeinen zahlreichen Opfern über troſtloſe Familien gebracht hat. — Paris, 7. Mai. Der bei der Brand⸗ tataſtrophe verwundete General Menger geſtorben. — Paris, 6. Mai Der Generaladſudam Haiter Wilhelm I., General Fürſt Anon Kadziwill, trifft als Vertreter des deutſchen Haiſers zu der am Samſtag in der Notre⸗Daſe⸗ Kirche ſtattfindenten Leichenfeier für die Opfer der Brand⸗Kataſtrophe in der Rue Goh hier ein; ebenſo trifft auch din Fürſten Nadzwil als Vertreterin der Kaiſerin zu dieſer Leſchen, feier ein — Verſchiedenes. — Mannheim, 6. Mai. Aus Meeder⸗ lahnſtein wird gemeldet: Auf telegraphſſch Requſition der Polizeidirektion Wiesbaden wurden auf dem hieſigen Bahnhof 2 von der Stagts, anwaltſchaft Mannheim verfolgte als rothe Kreuz, Schweſtern gekleidete Hochſtaplerinnen verhaftet die in Mannheim, Darmſtadt, Mainz, Aſchaffen burg zuletzt auch in Wiesbaden und Biebrich Geldbeträge für angeblich wohlthätige Zweg erſchwindelten und ein flottes Leben führten, — Karlsruhe, 4. Mai. Prinz Karl von Baden erläßt folgende öffentliche Dankſagung; Es ſind mir aus dem ganzen badiſchen Lande und aus der Ferne von Bekannten, von Vereinen von Korporationen und von Korps ſo zahlreiche warm empfundene Theilnahmebezeugungen bei de tiefbetrübenden Heimgange meines innigſtgeltebte Bruders, des Prinzen Wilhelm, zugekommen, daß es mir leider unmöglich iſt, jedem Einzelnen, wie ich es wünſchte, meinen herzlichſten Dank ausm ſprechen. — Das mir allerſeits ſo warm dar gebrachte Beileid, beſonders aber der Ausdruck wohlthuenden Verſtändniſſes für die innig Beziehungen, welche mich an den teuren Hei gegangenen banden, hat mich auf das Tieſſt ergriffen und ich ſpreche Allen, die ſich in meinen großen Schmerze mitfühlend an mich gewandt hiedurch den herzlichſten und wärmſten Dank aus — Hamburg, 6. Mai. Geſtern Vor mittag ſtürzte ſich vom 4. Stock eines Hob Garni am neuen Jungfernſprung ein junge Braſilianer auf die Straße und wurde furchtba zerſchmettert. In die Wohnung verbracht, we ſeine Gemahlin verweilte, ſtarb er daſelbſt⸗ gehörten. Sie hatte ihm ihre Hand ſchnell entzogen und war an das Fenſter getreten. Benno hatte mit einem leiſen Seufzer die Hand vor die Augen gelegt, plötzlich ſchreckte er empor, draußen vor der Thür ließ ſich eine helle Stimme vernehmen. „Alſo hier endlich habe ich ihn gefunden, meinen armen Mann!“ Hildegard wandte ſich jäh um; in dem Moment wurde die Thür aufgeriſſen und ſie ſah ein roſig blühendes Geſchöpf durch das Zimmer eilen, und ſich dann laut weinend über Bennos Lager werfend. Eine geiſterhafte Bläſſe breitete ſich über Hildegards Züge. Das war alſo ſie, ſeine Frau! wie zart, wie lieblich würde das junge Antlitz, wie golden das ſchöne Haar, das in reicher Fülle in den Nacken fiel. Benno legte ſanft ſeine abgemagerte Hand auf die glänzenden Locken. „Lina, Du! Wie haſt Du den Weg hierher nach Waldfelde gefunden,“ fragte er, und das durch das heftige Fieber ver⸗ wirrte Denken ſchien plötzlich beim Anblick ſeiner Frau klar zu werden. — Zum erſten Mal nannte er den Ort, wo er ſich befand, und jetzt wandte er den Kopf mit einem ſcheuen Blick nach der ſchlanken Mädchengeſtalt am Fenſter, die da mit ineinander geſchlungenen Händen, wie ein Bild der Entſagung, am Fenſterkreuz lehnte. „Wie wird es nun werden?“ fragte ſie ſich. „Und was ſoll nun werden?“ ſo fragte ſich auch Benno. a „Ich habe Dich geſucht überall.“ tönte da Linas helle Stimme in dieſe bangen Fragen hinein. „Und nun mill ich Dich pflegen, Du ſollſt recht ſchnell geſund werden, damit wir hier fort können:“ „Geſund — ach Kind, ich fürchte, ich bleibe ein Krüppel.“ „Ein Krüppel!“ ſchrie Lina erſchrocken auf. „O, Du willſt mich nur erſchrecken, das kann ja nicht ſein! Wozu giebt es denn Aerzte, Du ſollſt ganz geſund werden, ich — ich will keinen Krüppel zum Manne haben!“ Benno war erſchöpft in die Kiſſen zurückge⸗ geſunken, während Lina ihren Jammern und Thränen freien Lauf ließ. Hildegard hatte wie erſtart den Worten der jungen Frau gelauſcht, jetzt trat ſie zögernd näher, ſie ſagte ſich, daß ſie hier einſchreiten müſſe, wenn der Kranke nichr aufs Neue einen Fieberanfall davontragen ſollte. „Gnädige Frau,“ begann ſie mit leiſer aber feſter Stimme, „ich muß dringend bitten, etwas mehr Rückſicht auf den Kranken zu nehmen, ein derartiges Klagen und Jammern gehört nicht in ein Krankenzimmer.“ Lina ſtarrte die Sprecherin groß an, dann erhob ſie ſich langſam, während Hildegard eine Compreſſe auf die Stirn des Kranken legte und den Verbaud am Fuß er⸗ neuerte. Beim Anblick der Wunde ſtöhnte die junge Frau laut auf. „Sie werden den Anblick ſchon ertragen lernen, gnädige Frau,“ tröſtete Hildegard, „ich werde ihnen in den nächſten Tagen das kunſtgerechte Verbinden zeigen, wie ich es vom Doctor gelernt habe, da Sie doch jedenfalls die Krankenpflege ſelbſt übernehmen werden. „Ich — weiß nicht,“ ſtammelte Lina, „ich habe dergleichen noch nie gethan, — Es iſt ſo ſchrecklich, wie verändert, wie blaß er iſt.“ Wieder traten die Thränen in ihre blauen Augen, als ihr bekümmerter Blick auf dem blaſſen Antlitz ihres Mannes ruhte, der mit geſchloſſenen Augen, wie in gänzlicher Apathie, auf dem Ruhebett lag. Die Scene des Wiederſehens mit Lina, das Begegnen der beiden Frauengeſtalten, die das Schickſal auf ſeinen Lebensweg geführt, hier an ſeinem Kranken! lager, das war zu viel geweſen für ſeine erſchöpfte Kräfte, ſein verwirrtes Denken. — Lina hatte auf Hildegards Zureden da Zimmer verlaſſen, um ſich von ihrer Reiſe eig zu reſtauriren, und letztere kehrte, nachdem ſie f ihren neuen Gaſt geſorgt, jetzt wieder dahin zurn Benno war feſt eingeſchlafen, die Compreſſe w ihm von der Stirn gerutſcht, der ſchöne lockig Kopf lag wie ein Marmorbild auf dem dunkelrothe Kiſſen des Ruhebetts. Hildegard ſtand einen Moment gedankenber loren bor dem Schlafenden und Thräne auf Thri drängten ſich plötzlich aus ihren Augen. — 8 wandte ſich, wie vor ſich ſelbſt erſchreckend, u und verließ ſtill das Zimmer. — Mit flüchtige Fuß eilte ſie durch den Park bis nach der Tanne hecke, dort ſank ſie nieder auf die alte Steinhah und vergrub das thränenüberſtrömte Geſicht beide Hände. Alle Ergebung, alle Selbſtheherrſchn ſchien ſie verlaſſen zu wollen. — Die dunkle Tannenhecke wurde der grie Dulderin zu ihrem Gethſemane, wo ſie den lehle ſchweren Kampf ihres Lebens durchkämpfte. — A ſie ſpäter im herbſtlichen Abendſonnenſchein wiede durch den Park dem Hauſe zuſchritt, da lag en himmliche Ergebung in ihren ſtillen Zügen In klar lag vor ihren Blicken der Weg, den ſie wandeln hatte. Am nächſten Tage wollte Lina die Pfleh ihres Mannes übernehmen, mit einem zierliche Häubchen auf dem blonden Haar, einer große weißen Schürze angethan, erſchien ſie friſch m lieblich, wie der junge Morgen ſelbſt, in der Krankenzimmer. Der Doctor der gerade zugeſe war ſah ſie ziemlich mißtrauiſch an und dies Mißtranen war ſehr gerechtfertigt. : Fortſetzung folgt. N 1 eren 2 die de n Vlc du felt ft den cht Für nunes Ga I u fallt hen Etc ih dn her Juni die liebevo daſgec