Das Dreikalſerbündniß wird, je mehr ſich die politiſchen Fäden verwirren, gerade zu einer gebieteriſchen Nothwendigkeit. An eine Erhaltung des europäiſchen Friedens iſt nur dann zu denken, wenn die drei conſervativſten Großmächte, deren politiſche Intereſſen nicht im Mindeſten collidiren, ein Bündniß eingehen gegen die Feinde des Friedens und gegen den Umſturz von innen. Di.ie drientaliſche Frage würde durch dieſes Dreikaiſerbündniß ohne einen europäiſchen Welt⸗ krieg gelöſt und aus der Welt geſchafft werden, ſobald die drei Kaiſerreiche ihre 10 Millionen Bajonette in die Wagſchale werfen. Und eine friedliche Löſung der brennendeen Frage iſt menſch⸗ icher Vorausſicht nach in dem von uns ange⸗ deuteten Sinne das Wahrſcheinlichſte. Denn hinter einem europäiſchen Weltkriege lauert das Geſpenſt der Revolution. Man denke nur an die Pariſer Commune. Wenn jemals die Ssozial⸗ demokratie zur Herrſchaft gelangen kann, dann wäre es nur nach einem blutigen Kriege möglich. Der Tod des Großberzogs von Mecklenburg⸗ Schwerin. — Berlin, 14. April. Das Mecklen⸗ burgiſche Staatsminiſterium giebt einen amtlichen Bericht über das Ableben des Großherzogs von Mecklenburg bekannt. Darin heißt es: Am 10. April war im Laufe des Tages die Herzſchwäche in ſolchem Maße geſtiegen, daß die Aerzte mit Beſtimmtheit erwarteten, der Patient werde die Nacht nicht mehr überleben. Der Patient, der viel unter Unruhe zu leiden hatte, fühlte am Abend halb 8 Uhr Ruhebedürfniß und wünſchte, wie in ſolchem Falle regelmäßig, allein gelaſſen zu ſein. Der Großherzog ſuchte Schlaf im Roll⸗ ſtuhle ſitzend. Der Arzt und die Diener zogen ſich zurück lauſchten aber im Gange auf den Athem des Patienten, der zuerſt als beklommener, dann ruhiger hörbar war. Als nach einiger Zeit der Athem nicht mehr vernommen wurde, trat der Arzt, das Ende befürchtend, in das Zimmer und fand es leer. Zugleich brachte ein Diener die Meldung, daß der Großherzog auf dem Wege vor der Villa liegend gefunden worden ſei. Kurz darauf wurde der Großherzog in ſchwer verletztem Zuſtande hereingetragen. Der Großherzog hatte augenſcheinlich, wie er öfter bei ſeiner Athemuoth zu thun pflegte, freie Luft geſucht, war in ſehr geſchwächtem Zustande in den Garten getaumelt, und iſt über die nur wenige Schritte von der n * 8 Thür entfernte niedrige Uumfaſſungsmauer uf die in bedeutender Tiefe darunter herführende Straße geſtürzt. Dort fanden ihn die Frau des Gärtners und ein Kammerdiener. Als er ins Zimmer gebracht worden war, ſtellten die Aerzte eine Verletzung des Rückgrades feſt. Inzwiſchen waren die Angehörigen an das Lager des Groß⸗ herzogs geeilt. Er richtete an die Angehörigen, den Prinzen und die Prinzeſſin von Reuß noch Worte der Liebe, umarmte ſeinen Sohn und verſchied ſanft nach einer Stunde. — Cannes, 14. April. Bei Ueberführung der Leiche des Großherzogs von Mecklenburg⸗ Schwerin zum Bahnhof wird die franzöſiſche Regierung durch einen Diviſionsgeneral vertreten ſein. Die militäriſchen Ehren werden zwei Bataillone mit Muſik und Fahne unter dem Kommando eines Oberſten erweiſen. Zur Ehren⸗ wache im Bahnhof ſind ein Offizier und acht Mann kommandirt. . Politiſches. München, 14. Abril. (Sommeraufenthalt der Kaiſerin.) Es beſtätigt ſich, daß die Kaiſerin mit ihren Kindern einen 6 wöchentlichen Aufent⸗ halt in Tegernſee nehmen wird. Heute iſt der Vertrag abgeſchloſſen worden, durch welchen für die Zeit vom 15. Juli bis Ende Auguſt zwei der ſchönſten Villen in Tegernſee für die Kaiſerin, von einem Beamten des preußiſchen Oberhof⸗ marſchallamts gemietet wurden. Cronberg, 13. April. Die Kaiſerin Friedrich iſt heute abend auf Schloß Friedrichshof zum Sommeraufenthalt eingetroffen. Verſchiedenes. — Eſſen a. R., 14. April. Nach „Rh.⸗ Wf. Ztg.“ hat heute Vormittag auf Zeche Ober⸗ hauſen eine Exploſion ſchlagender Wetter ſtatt⸗ gefunden, bei der 10 Bergleute getödtet wurden. Die Wetterführung iſt intakt. Die Urſache der Exploſion iſt unbekannt. — Bamberg, 12. April. Geſtern Nach⸗ mittag hat ein Bauernſohn unweit Gerach eine dortige Bauerntochter wegen verſchmähter Liebe ermordet. — Nancy, 12. April. Die Zollwächter Eyrich und Müller, die in einer der vergangenen Nächte bei dem Dorfe Conflaus auf Poſten ſtanden, bemerkten plötzlich, wie ein Bär auf ſie zuſtürzte; ſchon hatte das große ſtarke Thier dem erſtgenannten . e 7 2 2 8 e Zollwächter, der ſich vergeblich mit einem Sog, zu vertheidigen ſuchte, zu Boden geren Glücklicherweiſe verlor der Kamerad des Bedrohten ſeine Geiſtesgegenwart nicht und mit einem wohl⸗ gezielten Revolverſchuß ſtreckte er den Bär nieht Das Thier war einer Wandermenagerſe n ſprungen, die kurz vorher das Dorf Conflauz verlaſſen hatte. Paris, 12. April. Ein furchtharez Unglück ereignete ſich geſtern Abend auf der Seine. Zwei junge Kaufleute hatten in Geſelhſchgg einer Dame von Asnieres aus eine Kahnparthie unternommen; als ſie in die Nähe der Schwaneh inſel gegenüber von Paſſy gelangt waren, fuhr ein Lokaldampfer dicht an ihrem Boote vorbe das ſich infolge des ſtarken Wellenſchlags vollständig mit Waſſer füllte und in wenigen Sekunde ſpäter unterſank. Obwohl augenblicklich Hilfe bei der Hand war konnte nur einer der Pol inſaſſen gerettet werden. Die beiden Andern, de der 22jährige Jules Guert und deſſen Braut, Fräulein Andrée geriethen unter den Dampfer es gelang zwar einem Matroſen, der ihnen nach ſprang, ſie nach wenigen Minuten an die Oberz fläche zu bringen, aber bei beiden erwieſen sic alle Wiederbelebungsverſuche als vergeblich, Der Körper des Mädchens, das von der Schiffsſchraußz erfaßt worden war, bot einen entſetzlichen Anhlig Er war über und über mit ſchrecklichen Rißwundeg bedeckt. — Paris, 13. April. Präſident Fauzz ließ durch Vermittelung der deutſchen Bolſchafß der Großherzogin Anaſtaſia von Mecklenburg Schwerin ſein tiefſtes Beileid anläßlich dez Ablebens des Großherzogs ausſprechen. Die Großherzogin erſuchte den deutſchen Bolſchafte Grafen Münſter telegraphiſch, dem Präſideneg zu danken. — Die Einzelheiten über die Leiche feier ſind noch nicht feſtgeſetzt. Jedenfalls dülrſte die franzböſiſche Regierung dem Großherzog militäriſche Ehren erweiſen laſſen. — Clermont Ferrand, 14. Apel. Geſtern fand in einer Papierfabrik in den benachbarten St. Amant⸗Tollente eine Expfoſſon ſtatt, wodurch 3 Arbeiter getötet und 10 ſchper verwundet wurden. Der Sachſchaden iſt bedeutend, — Heiteres. Apotheker: „Nun, mein Jungs, was willſt Du haben?“ Knabe: „Wanzenpul ver“ Apotheker: „Für wie viel?“ Knabe: „Hal zählt habet mers net, aber a paar hundert werdet's wohl sei.“ etzt hell erleuchteten Landhauſe, welches er in der Morgenfrühe verlaſſen. Die Thüren des großen Saals, die in einen Garten hinausführten, waren gaſtlich geöffnet fröhliche Menſchen wogten in dem hell erleuchteten Raum auf und nieder, heitere Tanzmuſik ertönte, und da waren ſie ja auch die helleu Augen. — — — Benno lehnte an der Saalthür und unabläſſig verfolgten ſeine Blicke eine ſchlanke Mädchengeſtalt im weißen Kleide, friſche Roſen in den blonden Locken. Wie ein Bild des Frühlings, der Jugend und der Liebe, dachte Benno, welch ein Contraſt mit dem düſtern Bilde im Parke zu Waldfelde. Alles was hier vor ſeinen ernſten Blicken ſich erſchloß, athmete Lebensluſt und Freude. Sollte er davon ausgeſchloſſen ſein, weil er dort in Waldfelde ein bleiches, verblichtes Mädchen zurück⸗ gelaſſen hat, die er erſt ſeine Braut genannt? Warum war ſie ihm nicht gefolgt ſie trug allein Schuld daran, wenn er ihrer nicht mehr gedachte, wenn er anderen lichteren Erſcheinungen ſich zuwandte und in hellen jungen Mädchenaugen Vergeſſen und Geneſung ſuchte. Und gar fein und anmutig verſtand es die Beſitzerin der hellen Augen, den Freund ihres ihres Bruders Konrad von Feldern zu feſſeln und ſein trauriges Gemüth zu erheitern. Plötzlich ſtand ſie vor ihm, und grüßte ihn ſo herzinnig. a „Das iſt ſchön, das iſt lieb von ihnen, daß Sie den Weg wieder zu uns gefunden haben, und meinen Geburtstag noch ein wenig mitfeiern können“, ſagte ſie, Benno die kleine entgegen ſtreckend. Ihr Geburtstag iſt heute? rief Benno, und blickte traumverloren in das liebliche Geſicht Linas von! Feldern. , Allerdings, mein Geburtstag iſt heute! Haben Ihnen die Blumen nicht verrathen als ſie heute in der Morgenfrühe davon ritten, was für ein wichtiger Tag heute ſei, und daß es bitte Unrecht war“, davonzureiten. Freilich Sie haben eine Braut!“ „Ich bitte, ſchweigen Sie davon,“ unterbrach ſie Benno finſter. — Ich — ich habe keine Braut mehr —“ Faſt erſchrak er vor ſeinen eigenen Worten. Sollte denn wirlich der Traum, Das Glück langer Jahre in einer Stunde verweht ſein. — Hatte Hilde⸗ gard nicht das Recht trotz alledem an ſeine Liebe und Treue zu glauben? In Linas Augen hatte es aber hell auf⸗ geleuchtet bei ſeinen Worten, und jetzt ruhte ihr Blick voller Theilnahme auf Benno. „Die Fröhlichkeit hier, die Tanzmuſik wird Ihnen weh thun,, ſagte ſie mit weicher Stimme. „O nein, nein, ſie thut mir wohl“, erwiederte Benno. „Zerſtreuung, fröhliche Geſichter, grade das thut mir Noth. Darf ich um den nächſten Tanz bitten?“ Mit lieblichem Erröthen ſagte ihm Lina denſelben zu. Und dann flogen ſie dahin im Tanz, und wie er ſo das junge Mädchen in den Armen hielt und die heiteren Tanzweiſen ihn umrauſchten, da überkam es ihn wie ein Rauſch von Lebensluſt und Freude. „Vergiß! Vergiß!“ ſchienen ihm die fröhlichen Klänge zuzurufen, „das Leben iſt reich und ſchön, lerne nur das Glück erfaſſen; es iſt Dir ſo nahe! War es wirklich wahres Glück, was ihm aus Lina's Augen anlachte, oder war es auch nur ein Traum, aus dem er erwachen würde elender denn zuvor. Die Tanzmuſik war verklungen, in einer launiſchen Ecke des Saales ſaß Benno und Lina und er erzählte ihr von Hildegard, wie er ſie ſo treu geliebt geliebt lange Jahre und er nun endlich am Ziel ſeines Hoffens und Sehnens zu ſein geglaubt, wie er zu ihr geeilt, und wie ſie ſeine Bitten zurückgewieſen, und ſie nun wohl geſchieden wären für alle Zeit. „Das iſt nun allerdings Alles ſehr traurig,, ſagte Lina, „Ihre Braut hätte ihnen doch wohl folgen müſſen!“ 1 „Sie iſt meine Braut nicht mehr! Sie hat gewählt zwiſchen Pflicht und Liebe, die Pflicht ſtand ihr höher, als meine Liebe.“ 15 „Und das darf nicht ſein“, rief Lina eifrig, „Wie ich mir die Liebe denke, muß ſie alle Hinder, niſſe überwinden, alle Schranken durchbrechen können ſetzte ſie mit lieblichem Erröthen hinzu. 5 Sinnend ſchaute Benno in das jugendliche Antlitz vor ihm. Verſtand nicht dieſe faſt noch kindliche Seele das Weſen wahrer Libe beſſer als Hildegard die da mit zitternden Lippen ſein heißes Bitten zurückgewieſen, weil ſie die kranke Mutter pflegen müſſe. 5 Wie ganz anders würde Lina von Felber ihm geantwortet haben, ſie hätte ſicher den richtigen Weg gefunden, den die Liebe allein iſt dick. Ihre Friſche und heitere lebensfrohe Jugend hte einen beſtrickenden Zauber auf ihn aus, und 0 bedurfte nicht viel Zuredens, ihn noch einige Tag auf dem freundlichen Landſitz feſtzuhalten, in welcher Zeit Lina es ſich ernſtlich angelegen ſein ließ, Reh trüben Gaſt zu erheitern. Sie wanderten zuſammen durch den Wald und Feld; und das junge Mädchen wußte ſ hee zu plaudern und ihm die trüben Gedanken verſcheuchen, daß es ihm von Tag zu Tag wolle in ihrer Nähe ward. Tiefere Lebensfragen wurde allerdings nie berührt, das war Linas Sache nicht und Benno, der nur daran dachte, ſich zu zerſtreuen au Vergeſſen der Vergangenheit fuchte, vermißte in hee ſprudelnden Unterhaltung den Ernſt und die Tiefe nicht weiter. Fortſetzung folgt — 2 2