Bonn, 7. April. Der Kaiſer hat den Ceneraloberſt der Cavallerie, Frhrn. v. Loe, anläßlich ſeines fünfzigjährigen Dienſtjubiläums den Hohenzollernſchen Hausorden J. Klaſſe an der Kette und der Jahreszahl 50 ſowie ein Bildniß Kaiſer Wilhelm I. überſandt. Der Großherzog von Baden verlieh dem Jubilar, den Hausorden der Treue und ließ ihm eine Schreibmappe über⸗ reichen, die Kaiſer Wilhelm J. in Gebrauch gehabt hatte. Die Stadt Bonn ernannte ihn zum Ehrenbürger, die juriſtiſche Facultät der dortigen Univerſität zum Ehrendoctor. Paris, 8. April. In der Marinekom⸗ miſſion brachte Lokroy einen Gegenentwurf zu der Kreditvorlage des Admirals Beſſnard ein, worin beantragt wird, daß die 200 Millionen zu Neukonſtruktion und Verbeſſerung der vor⸗ handenen Gefechtseinheiten für Marine⸗Arſenale und zur Errichtung von Proviant⸗ und Kohlen⸗ ſtationen in Biſerta, Ajaccio, Obock, Diego⸗Suarez, fenen. Martinique und Neu⸗Kaledonien dienen ollen. Candia, 8. April. Geſtern fand auf der ganzen Linie um Candia zwiſchen den Inſurkenten und den Türken ein heftiger Kampf mit Kanonen ſtatt. Die beiterſeitigen Verluſte ſind bedeutend. Gegen 7 Uhr Abends brach in unmittelbarer Nähe der Kathedrale Feuer aus. Das Quatier der Italiener brennt ebenfalls bereits. Andere gefährdete Stadttheile werden von den Italienern und Engländern niedergeriſſen, um den Brandherd zu beſchränken. Verſchiedenes. — Laden burg, 8. April. (Ausnahme von der Sonntagsruhe). Am kommenden Sonntag bleiben die Läden von Morgens 7 bis 9 Uhr und dann von Morgens 11 Uhr bis Abends 7 Uhr geöffnet. — Karlsruhe, 8. April. Die evangeliſche Diakoniſſenanſtalt Karlsruhe hat auf der Höhe von Baden ein hübſches Wohnhaus mit Garten erworben. Still und freundlich am Waldſaume gelegen, vor Nord⸗ und Oſtwinde geſchützt, nur 10 Minuten vom Bahnhof entfernt, will Haus Salem nicht nur unſern Schweſtern, ſondern auch Ruhebedürftigen weiterer Kreiſe im Sommer und Winter durch Verſorgung und Verpflegung ſeitens unſerer Diakoniſſen eine friedliche Heimſtätte bieten und können ſolche ſchon im Monat Mai d. J. Aufnahme finden. Nähere Auskunft erteilt die vorſtehende Schweſter des Hauſes „Salem“ in Baden⸗Baden, Leopoldſtraße 21. d f — Frankfurt a. M., 6. April. Ein ehemaliger Millionär aus Offenbach a. M. unter⸗ hielt mit einer bereits etwas ältlichen Dame ein zartes Verhältnis. Im Laufe der Jahre ſchenkte er ſeiner Herzensdame nach und nach ſo viel irdiſche Güter, daß dieſelbe bequem von ihren Renten leben kann. Dieſer Umſtand ſollte dem Millionär in der Not ein Rettungshafen werden. Der Herr brachte ſein Vermögen durch und mit der Großjährigkeit ſeiner Kinder wurden ihm auch noch die Zinſen des Vermögens dieſer entzogen. Der ehemals reiche Mann geriet dadurch in eine ſehr bedrängte Lage. In ſeiner Not bot er ſeiner ehemaligen Geliebten die Hand zum ewigen Bunde, welchen Antrag dieſelbe mit Freuden annahm. — Rüppur, 8. April. Geſtern brach in den Gebäulichkeiten der Gebrüder Henſel⸗ Karlsruhe, im ſogenannten Schloß, Feuer aus, welchem 3 Scheunen zum Opfer ftelen., Durch ſpielen mit Streichhölzern ſeitens einiger Knaben ſoll das Feuer entſtanden ſein. — Berlin, 8. April. Wegen wiederholter Unterſchlagung im Amte wurde heute Rendant A. des königl. Aichungsamtes in Unterſuchungs⸗ haft genommen. Bei einer außergewöhnlichen Reviſton ſtellte ſich ein Fehlbetrag von 18 000 Mark heraus. A. geſtand, die Summe im Laufe mehrerer Jahre unterſchlagen zu haben; er will durch einen langwierigen Erbſchaftsprozeß in Schul⸗ den gerathen und in Wuchererhände gefallen ſein. — Bern, 6. April. In dem Dorfe Bettlach (Kanton Solothurn) verſuchte aus noch unbekannter Urſache in der vergangenen Nacht eine ganze Familie Selbſtmord durch Aufſtellen eines mit glühenden Kohlen gefüllten Beckens in dem von 6 Perſonen bewohnten Zimmer. Die Mutter und 4 Kinder wurden durch das Gas getötet, der Vater hat ſich wieder erholt und befindet ſich außer Gefahr. — Aus Württemberg, 7. April. Die königlich württembergiſche Eiſenbahnverwaltung, allen fortſchrittlichen Neuerungen auf dem Gebiete des techniſchen Eiſenbahnweſens wie keine andere zu⸗ gänglich, hat mit einer neuen Erfindung auf dem Gbiete des Dampfbahnweſens, dem Dampfwagen Syſtem Serpollet, unter Leitung des Erfinders, Ingenieur Serpellot aus Paris, Probefahrten ausgeführt, welche ein durchaus befriedigendes Ergehn geliefert haben. Der Wagen, welcher etwa 40 Perſonen faßt und welchem mehrere Perſonen⸗ wagen angehängt werden können, wird demnächst praktiſche Verwendung in ausgedehnterem Umfange im Lokalverkehr der württembergiſchen Stagiz, eiſenbahnen finden. — München, 8. Abril. Eine zeuge That wurde in Bayern auf der Bahnſtrecke dein Ulrichsberger Tunnel (Mietrachinger Seſte) u derſelben Stelle verübt, wo ſchon im Vorjahr wiederholt Bahnzüge zum Entgleiſen und Abſturz über die hohe, ſteile Böſchung gebracht werde ſollten. Es wurde nämlich neben der Bahnſchleg ein maſſiver Pflock in den Bahnkörper geſchlage und mit Reiſig verdeckt, außerdem aber noch ei feſter Prügel vorgelegt, ſo daß die beabſichtigte Wirkung ganz gewiß erreicht worden wäre, wein der Zug dieſe Stelle paſſirt hätte. Zum größleg Glück bemerkte der Führer des Nachtzuges (halt 11 Uhr) das gefährliche Hinderniß und kong den Zug noch rechzeitig zum ſtehen bringen, — Liſſabon, 7. April. In einer Fahrt für Feuerwerkskörper wurden durch eine Exploſog 20 Arbeiter getötet und viele verwundet. — Wien, 7. April. Das geſtrige Leichen, begängnis Brahms geſtaltete ſich zu einer impo⸗ ſanten Trauerkundgebung, an der namentlich die muſikaliſche Welt des In⸗ und Auslandes teilnahm,. Der Zug ging zur evangeliſchen Kirche, wo ſich eine große Trauerverſammlung eingefunden hafte, darunter als Vertreter des Unterrichtsminiſters Sektionschef Latour. Auch der Herzog von Sachſen⸗Meinigen hatte einen Vertreter geſandt, Pfarrer Zimmermann würdigte die Bedeutung Brahms als Menſch und Künſtler. Nach der Einſegnung der Leiche wurde der Sarg nach de Zentralfriedhof übergeführt. — Petersburg 8. April. Die Jeieh Abteilung des Krankenhauſes zu Jaroslaw, wort 40 geiſtesgeſtörte Frauen untergebracht waren, niedergebrannt. 30 Frauen kamen in den Flammen um. L Auf Amwegen. Sie: „Ach, erinnerst Du Dich, Männchen, wie reizend es war, als wir verlobt waren, und uns ſo zärtliche Briefe ſchrieben!?“ — Er: „Gewiß, das war hübſch!“ — Sie: Wie wär's wenn Du mich in ein Bod ſchickteſt und hier bliebſt, da könnten wir! wiederholen!“ bekannt vor und ließ Erinnerungen lebendig werden, an einen längſt vergangenen frohen Tag, an welchen ſich viele Hoffnungen geknüpft, wovon keine ſich erfüllt hatte. Es war der Tag geweſen, an welchem ihr kleiner Karl getauft, wo eben ſolch Gefährt vor ihrer Hausthür gehalten. Wie lebhaft dieſer Tag vor ihre Seele trat! Sie ſah Georg ſtrahlenden Geſichts die Treppen herunter eilen, ſeine Eltern und Hildegard zu empfangen. Ach, er hatte ſoviel gehofft damals von dieſem Wiederſehen und wie bitter war er getäuſcht worden. — Und da hielt ſie richtig wieder vor ihrem Hauſe, die alte Kutſche und heraus kletterte ihr Schwiegervater, der General von Dahlberg. Luiſe blieb wie erſtarrt am Fenſter ſtehen. Sie hörte den gewuchtigen Schritt des alten Herrn auf der Treppe; dann ſein Klopfen an der Thür und nun ſtand er mitten in dem kleinen, freundlichen Zimmer, ſich verwundert darin umſchauend. Er hatte vermutet, Luiſe in Armuth und Dürftigkeit finden, aber hier ſchien alles behaglicher und eleganter wie in Waldfelde. Blumen dufteten am Fenſter, em Kanarienvogel ſchmetterte fröhlich in dem hellen Sounenſchein und in dieſer freundlichen Umgebung da ſtand die blühende junge Frau, im langen ſchwarzen Trauergewand, auf den Armen ein bild⸗ ſchönes Kind haltend, das wie im plötzlichen Schreck beide Arme um den Hals der Mutter geſchlungen, und das Köpfchen dicht an ihre weiche Wange gelehnt hatte. „Ich komme, Euch zu holen,“ ſagte der General nach der ernſten Begrüßung. „Du haſt meine Bitte, mit meinem Enkelkind nach Waldfelde zu kommen, unberückſichtigt gelaſſen. Nun bin ich ſelbſt gekommen, Euch gleich in meinem Wagen mitzunehmen. Denn mein Enkel und Erbe ſoll unter meinen Augen, in dem Hauſe ſeiner Väter aufwachſen “ „Wir können Dir nicht folgen, niemals!“ erwiderte Luiſe mit feſter Stimme. „Denn Georgs letzte Worte waren: Geht nicht nach Waldfelde! Und die letzten Worte eines Sterbenden den man ſo heiß geliebt, ſind heilig.“ „Unſinn!“ rief der General, „jetzt gilt allein mein Wort! Ich bin das Oberhaupt der Familie, mir habt Ihr zu folgen!“ Er ſtreckte die Arme nach dem Kinde aus. „Nicht wahr, Du gehſt mit Deinem Großvater“, ſagte er mit faſt weicher Stimme. Aber das Kind klammerte ſich nur ſeſter an ſeine Mutter, den fremden Mann mit großen ſcheuen Augen anſtarrend. „Er müßte ſeines Vaters Kind nicht ſein, wenn er Dir folgen würde!“ ſagte Luiſe. „Noch hat er ja kein Verſtändniß dafür, aber einſt wird er es verſtehen lernen, an weſſen Härte ſeines Vaters Leben zu Grunde gehen mußte. — Wie hat mein armer Mann von Tag zu Tag auf eine Unterſtützung von Dir gehofft, nun als ich ihm ſagen mußte, daß nichts zu erwarten ſei, als ihm der letzte Reſt der Hoffnung ſchwinden mußte, da ſchwand auch ſeine Lebenskraft.“ — Die dunklen Augen der jungen Frau flammten auf. — „Das Alles ſoll mein Sohn hier einſt erfahren! Dann verſuche es, ihn nach Waldfelde zu bringen!“ Der General ſtarrte ſprachlos in Luiſens ſchönes erregtes Antlitz. Dieſe Frau, ſie wagte es, ſeine ſtolzen Zunkunftspläne in ein Nichts zu zerſtieben, und er ſtand ihr machtlos gegenüber. Kein Geſetz gab es, welches ihm, dem Oberhaupt der Familie, die Gewalt über das Kind zuſprechen konnte. Es gehörte der Mutter an, und ſie würde es erziehen in Haß und Verachtung gegen ihn. Niemals würde dieſes holde Kinderantlitz ihn ſreundlich anlächeln, es würde ſich ebenſo von ihm wenden, wie Alle die andern. Und das Geld, was er zuſammengeſcharrt all die langen Jahre, ſollte es ihm nicht den Weg bahnen zu dem Herzen des Kindes? Aber es konnte ſterben, ehe es den Wert des Geldes begreifen konnte. — Nein, er mußte die Liebe des Kindes gewinnen, fetzt gleich, ſofork — Sein ſonniges Lächeln ſollte auf ſeinen öden Lebensweg fallen, ſeine alten Tage erheitern. „Luiſe!“ rief er jetzt mit faſt flehender Stimme. „Ich bin ein alter Mann, mein ganzes Hoffen hängt an meinem Enkelkinde, Du dart Du kannſt es mir nicht vorhalten. Ich bitte Dich ich flehe Dich an, geh mit mir! Ich verſpreche Dir alle Deine Wünſche zu burückſichtigen. fein Geld ſoll werden geſpart für Euch. Mein Enkel fal erzogen werden wie ein Fürſtenkind!“ Er ſtrect die Arme nach dem Kleinen aus. „Das Kind! Das Kind! Ich kehre nicht zurück nach Waldfelbe ohne meinen Enkel!“ Seine Stimme zitterte in höchſter Erregung, angſtvoll blickte er auf die junge Fran, die ent und ruhig ihm gegenüber ſtand. „Es iſt unmöglich, wir können Dir nicht folgen“, ſagte ſie jetzt, und führte den General an das Fenſter. 2 „Siehſt Du dort die Baumgruppe?“ Si wies mit der Hand über einige niedrige Hauer hinweg nach der Kirchhofsmauer. „Sie beſchatten ſein Grab“, fuhr ſie leiſe fort. „Nie werde ih mich von dieſem Fleckchen Erde trennen. Dh iſt er mir nahe, und immer ſoll der Tag kommen, 11 ſein verklärter Geiſt mich vergebens dort ſuchen ſo 17 5 8 „Die Leiche Georgs kann nach Waldfelhe gebracht und im Erbbegräbniß beigeſetzt werden erwiderte der General. 9 „Dann magſt Du Deiner Schwärmerei dort nachhängen, ſo viel Du willſt. Fortſetzung folgt.