Kräfte herabdrückte. Geheimrath Schwenninger, der ſofort citirt wurde, griff ſo energiſch ein, daß erſreulicherweiſe, aber auch erſt in den letzten beiden Tagen, eine ſichtliche Zunahme der Kräfte feſtzuſtellen iſt. Neben dieſer acuten Infektion leidet der Fürſt andauerud au dem ſchmerzhaften Geſichtsreißen, das ihm böſe Stunden bereitet. Die Nachtruhe läßt, wie ſeit Jahren, viel zu wünſchen übrig. Immerhin kann feſtgeſtellt werden, daß das Leiden jetzt als ziemlich gehoben gilt und daß ein Grund zur Beunruhigung nicht vorliegt. Die Stimmung des greiſen Staats⸗ mannes iſt recht gut und oft ſarkaſtiſch angehaucht. Athen, 29. März. Es beſtätigt ſich, daß der Kronprinz geſtern in aller Frühe mit der Kronprinzeſſin und der Prinzeſſin Marie nach Volo abgereiſt iſt. In der Bevölkerung herrſcht hierüber großer Jubel. Ungeheure Menſchenmengen umlagern das Schloß. Der Enthuſiasmus iſt aufs höchſte geſtiegen. König Georg erklärte dem zum diplomatiſchen Agenten in Sofia ernannten „ 30. März. Zur Sicherung der Ruhe in den von den internationalen Truppen beſetzten Städten haben die Admirale heute früh von ihren Regierungen telegraphiſch die ſofortige Entſendung von je eines weiteren Bataillons von 600 Mann verlangt. Verſchiedenes. — Freiburg, 28. März. Vor einigen Tagen mußte der Vorſtand der Freiburger Gewerbebank die unliebſame Entdeckung eines Kaſſendefizits machen. Die ſofort angeſtellte Unterſuchung hatte die Entlaſſung des langjährigen nd vor Kurzem wiedergewählten Kaſſiers zur Folge, welcher ein Manko ſelbſt eingeſtand. Wie erlautet, beläuft ſich das Defizit auf 15,000 bis 0,000 Mark und begann ſchon vor 12 bis 15 ahren. Die bisherige Verſchleierung wurde haupt⸗ ächlich durch Couponmanipulationen herbeigeführt. eckung iſt bereits vorhanden. Der Kaſſier war eit ſeiner Lehrzeit bei der Gewerbebank beſchäftigt und genoß alles Vertrauen. Derſelbe führte auch ein ſolides Leben, ſo daß der Vorgang allgemein under nimmt. — Bruchſal, 28. März. Geſtern, Vor⸗ mittags, ereignete ſich in der Memmwarth'ſchen Bierbrauerei ein großes Unglück. Zwei jung verheirathete Brauer, Link und Teufel waren im alten Theil des Geſchäftes damit beſchäftigt, leere Fäßchen mit dem alten Aufzuge, der in den rächſten Tagen durch einen neuen Fahrſtuhl erſetzt — werden ſollte, durch den Schacht in den Keller hinabzulaſſen. Link ſtand auf der Britſche des Aufzuges und ordnete die Fäßchen, welche ihm Teufel beibrachte. Als letzterer gerade mit einem Fuße auf feſtem Boden ſtand, brach der Träger des Aufzuges und beide Männer ſtürzten mit in die Tiefe. Link, auf der Britſche ſtehend hat einen Fuß zweimal gebrochen und die Wirbelſäule verſtaucht; Teufel, der kopfüber hinabſtürzte, iſt kurze Zeit darauf geſtorben. Eine Schuld an dem Unglück trifft Niemanden. — Berlin, 28. März. Der Dank des Kaiſers wurde in der neueſten Nummer des „D. Reichs⸗ und Staatsanzeigers“ veröffentlicht. In demſelben ſpricht er ſeine hohe Befriedigung über die begeiſterte Teilnahme aus, welche die Centenar⸗ feier in ganz Deutſchland gefunden. Seinen beſonderen Dank ſpricht der Kaiſer denen aus, welche das Andenken des Großen Kaiſers durch die Errichtung von Standbildern oder hochherzigen Stiftungen an Seinem Geburtstage verherrlicht haben. „Die ſchönſte Ehrung des Entſchlafenen, wie ſie Seinem ſchlichten und demutvollen Sinne am meiſten entſpricht“, ſo fährt der Erlaß fort, erblicke ich aber in dem gemeinſamen Gelöbniß, allezeit mit unermüdlicher Pflichttreue Seinem erhabenen Vorbilde nachzueifern, Seine heiligen Vermächtniſſe zu bewahren, und die volle Kraft für die Größe und das Wohl des durch Ihn neu geeinten deutſchen Vaterlandes einzuſetzen. Auch Meine Kräfte gehören dem Vaterlande, und hoffe Ich zu Gott, daß Er auch Mir und Meiner Regierung Stine Gnade zu teil werden laſſen und das deutſche Volk auf friedlichen Bahnen zu einer geſunden Weiterentwicklung führen wird.“ — Landau, 28. März. Einen Selbſtmord hat die Frau des Bahningenieur⸗Aſſiſtenten Max Siener in ihrer Wohnung verübt, indem ſie ſich an der Thür der Küche aufhing. Die Unglückliche, welche augenſcheinlich an Verfolgungswahn litt, hatte vorher noch das Eſſen für ihre Familie bereitet und dann Hand an ſich gelegt. Eine Schweſter der Unglücklichen befindet ſich in der Kreis⸗Irrenanſtalt Klingenmünſter. — London, 25. März. Die Frau ehe in den Docks beſchäftigten engliſchen Tichhlerz beſchenkte jüngſt ihren Mann mit Vierlingen einem Sohn und drei Töchtern Die Fame zählt vierzehn Kinder; eine ganz hübſche Zahl doch immer noch nicht ſo viel, wie die einer alten, wohlhabenden jüdiſchen Familie in Berlin, welche ſage und ſchreibe, vierundzwanzig Söhne aufweiſeh konnte. Der Vater dieſer Vierundzwanzig wude anfangs der achtziger Jahre unſerm unvergeß liche erſten Kaiſer von ſeinem Adjudanten auf der Promenade des Bades Ems gezeigt. Wilhelm der Große ließ ſich den Mann vorſtellen. Wie viel Söhne haben Sie? fragte freundlich der greife Monarch. „Zu befehl, Majeſtät, vierundzwanzig.“ „Und wie viele von ihnen haben gedient?“ A vierundzwanzig waren Soldaten, Ew. Maſeſſal „Alle Hochachtung,“ antwortete der Kaiſer, au zog lächelnd ſeinen Hut vor dem Mann. — Coruna, 27. März. Der ſpanniſche Dampfer „Cabobrior“ überrannte bei der Einfah in die Bai eine Schaluppe, welche den Vereh zwiſchen der Stadt und dem Fort vermittelle 24 Perſonen wurden getödtet, 3 verwundet, — Poravieza, 29. März. Heute fag in der Benzin⸗Abtheilung der Petroleum⸗Naffige der öſterreichiſch⸗ ungariſchen Staatseiſenbahh, geſellſchaft eine Keſſ elexploſion ſtatt, durch de Fabrik in Trümmer gelegt wurde. Unter de Trümmern wurden zahlreiche Arbeiter verſchlſhe Die Rettungsarbeiten wurden ſofort aufgenomheg Bisher wurden 6 Schwerverwundete und i große Anzahl Leichtverletzter geborgen, Laudwirtſchaftliches. Obſtfreunde dürfte ein Aufſatz intereſſieeg den Obergärtner Mertens von der Kgl. Obſihgg lehranſtalt in Geiſenheim a. Rh in der gelen Nummer des praktiſchen Ratgebers im Obſt⸗ ii Gartenbau über das Düngen der Obſtbäume mit — — — —— künſtlichen Düngerſtoffen veröffentlicht. Auch fou 1 enthält die Nummer viel intereſſantes, ſo eigeg illuſtrirten Aufſatz des Freiherrn von Schilling über die Spargelfliege, dieſen Plagegeiſt aller Spargelzüchter, und deren Vernichtung, Die um ohnt Nummer wird auf Wunſch gern umſonſt zugeſchict Len rn von der Verlagsbuchhandlung Trowitzſch u. Sohn in Frankfurt a. Oder. 1 allein im Wohuzimmer; Luiſe brachte znebenan leiſe ſingend ihren Knaben zur Ruhe. „Es geht zu Ende mit mir, nicht wahr, Herr Doktor?“ wandte ſich Georg fragend an den noch jungen Arzt. „Es ſind ſicher nur noch wenige Wochen, die wir beiſammen ſein können, meine Frau ich und das Kind? Bitte, ſagen Sie mir die Wahr⸗ heit. Darf ich noch hoffen? Iſt noch Rettung, Heilung möglich, auch ohne die theure Badereiſe?“ Die großen, glänzenden Augen des Kranken blickten fieberhaft erregt in das ernſte, bekümmerte Antlitz des Arztes. Einen Augenblick war es todtenſtill im Zimmer. Der Doktor faßte die Hände Georgs, und ſchaute ihn an mit einem unſäglich traurigen Blick. „Ich mag Sie nicht täuſchen, Herr von Dahl⸗ berg,“ ſagte er endlich mit leiſer Stimme, „die Badereiſe war meine letzte, meine einzige Hoffnung Bleiben Sie aber hier, dann iſt keine Hoffnung auf Geneſung vorhanden.“ „Keine, wiederholte Georg mit tonloſer Stimme,“ und ſank mit einem leiſen Stöhnen auf ſeinen Stuhl zurück. „Es iſt nicht meinetwegen, daß ich ſo verzagt bin,“ ſagte er dann wie entſchuldigend. Nur für ſie bangt mir, für meine ſo heißgeliebte Frau, für meine Luiſe. — Seine Stimme erſtarb wie in leiſem innern Schluchzen. Er legte die Hand vor die Augen und ſchwieg. Der Doktor wagte kein Wort zu erwidern, vor der Heiligkeit dieſes Schmerzes verſtummte jedes tröſtliche Wort. „Bitte, ſprechen Sie nicht zu meiner Frau don meinem Ende, ich will die letzte Zeit nur für ſie allein noch leben, kein Hauch der Außenwelt ſoll unſer kurzes ſtilles Glück mehr ſtören,“ fuhr Georg dann mit leiſer Stimme fort. „Wenn dann das Ende naht, werde ich ſie darauf vorbereiten.“ Luiſe trat jetzt in das Zimmer. „Endlich ſchläft der kleine Wildfang, er hat ganz Dein leb⸗ haftes Temprament, Georg,“ ſagte ſie heiter, indem ſie zu dem geliebten Mann herantrat, und ihm das lockige Haar aus der Stirn ſtrich. „Sieht mein Mann nicht viel friſcher aus heute nach unſerm Spaziergang?“ wandte ſie ſich dann zu dem Doktor. „Wir wollen alle Tage nach dem Birken⸗ wäldchen gehen,“ ſagte Georg. „Wir wollen die Nachtigallen dort ſchlagen hören und einen letzten Frühlingstraum träumen,“ ſetzte er leiſe hinzu. Der Doktor, der der jungen Frau nur leiſe auf ihre Frage zunickte, hatte ſich erhoben. Tief erſchüttert nahm er Abſchied von den beiden Menſchen, die ſich ſo innig liebten, die da nichts weiter begehrten auf der Welt, als beieinander zu bleiben in Liebe und Treue. Warum ward ihnen dieſes ſtille reine Glück nicht vergönnt? Warum mußte der Todesengel nicht ſeine kalte Hand aus⸗ ſtrecken, es für immer zu zerſtören? ſo fragte der Doktor ſich und ſchaute hinauf zu dem ſternbeſäeten Himmel, als müßte ihm von dort die Antwort kommen, auf dieſe Fragen, dieſes bittere Weh, von welchem es da täglich, ſtündlich von Menſchenlippen ertönt, und wofür doch auf Erden keine Löſung zu finden iſt! i Georg und Luiſe träumten gemeinſam einen letzten Frühlingstraum. Täglich wanderten ſie hinaus nach dem Birkenwäldchen, der kranke Mann und die blühende junge Frau, und freuten ſich des goldenen Sonnenſcheins, des blauen Himmels und all' der Frühlingspracht. Ein wunderſamer ver⸗ klärter Glanz lag in ihren Augen, wie losgelöſt von allen Erdenſorgen lebten ſie dahin, nur von 927 mächtigen Gefühl durchdrungen, der ebe! Luiſe ahnte Georgs Gedanken, ahnte, fühlte, daß ſein Ende nahe war und daß er die wenigen Tage, die ihm noch geſchenkt an ihrer Seite einſam 5 der Welt entrückt, verleben wollte. — Keine ala kam über ihre Lippen, mit wunderſamer Seele ſtärke trug ſie ihr Geſchick, und ſuchte dem todk⸗ kranken Gatten jeden Tag, den ſie noch zuſamez waren, zu verſchönen und zu erheitern. — Klagen habe ich noch lange, lange Zeit,“ ſagſe e ſich, wenn ſich doch manchmal ein ſtiller Seufzet über ihre Lippen drängen oder eine Thräne in den Augen aufſteigen wollte. — Wenn dieſer Frühe zu Ende, das wußte ſie, dann kam für ſie die lau dunkle Zeit der Thränen, und des heißen Sehnen nach dem, er dann nicht mehr unter den Lebenden weilt. 4 Liebe im Leid und ihr tragiſches Geſchſ umwob die beiden Menſchen mit einem Hauch vol Poeſie, umgaben ſie mit einem Zauber, der bezl die Theilnahme und Sympathie ihrer Mitmenſcheg hervorrief. Manche Freundin bemühte ſich, Juen all' die kleinen Sorgen des Haushaltes, die ſie von der Pflege des Kranken abziehen konnten, abzunehmen, und täglich wurden ihr für de Kranken Erfriſchungen ins Haus gebracht, ue nahm all die kleinen Freundlichkeiten dankbar a und war glücklich, wenn ſie Georg damit erfreleg konnte. „Die Menſchen ſind doch gut,“ dachte fe mit dankerfülltem Herzen, wenn ihr Gatte ſich unt einem Glas des geſchenkten Weines ſtärkte, oder eines der feinen Stärkungsmittel verzehrte. Gehe erfüllte es manchmal mit Bitterkeit, wenn er dieſe Liebesgaben ſah, die er dem Mitleid der Nebel menſchen verdankte, und daran dachte, wie l Waldfelde, in dem düſtern Hauſe ein Greis ſaß und goldene Schätze hütete von welchem auch Georg hätte einen Theil beanſpruchen können und won — S — — — — — er ſich vielleicht hätte Leben und Geſundheit bekk W ſchaffen können! 1 8 4 Fortſetzung folgt. a1 e,, 1