leihungen ſind weitere Beſtimmungen vorbe⸗ halten. Berlin, 21. März. „Beſondere Weihe will Ich dem Jubeltage dadurch geben, daß Mein Heer von nun auch die Farben des gemeinſamen Vaterlandes angelegt, die Wahrzeichen der er⸗ rungenen Einheit. Die deutſche Kokarde, die nach einmüthigem Beſchluß der hohen Bundesgenoſſen in dieſer Stunde ihren Truppen ebenfalls verliehen wird, ſoll ihm für alle Zeiten eine ſichtbare Mahnung ſein, einzuſtehen für Deutſchlands Ruhm und Größe, es zu ſchirmen mit Blut und Leben. Dankerfüllt und voll Zuverſicht ruht heute Mein Blick auf Meinem Heere, den Ich weiß von ihm, dem die fürſorgende Liebe des großen Kaiſers von ſeinen Jugendjahren bis zum letzten Augen⸗ blick ſeines gottgeſegneten Greiſenalters gewidmet war, dem er den Geiſt der Zucht, des Gehorſams und der Treue, welcher allein zu großen Thaten befähigt, als köſtliches Erbe hinterlaſſen hat, daß es ſeines hohen Berufes immerdar eingedenk ſein und jede Aufgabe, die ihm anvertraut wird, erfüllen wird“ Ihm beſtimme Ich deshalb an erſter Stelle ein Denkzeichen, welches zich zur Erinnerung an den heutigen Tag geſtiftet habe. Möge Jeder, der gewürdigt iſt, das Bild des erhabenen Kaiſers auf ſeiner Bruſt zu tragen, ihm nacheifern in ſeiner Vaterlandsliebe und hingeben⸗ den Pflichterfüllung; dann wird Deutſchland alle Stürme und alle Gefahren ſiegreich beſtehen, welche ihm nach den Willen Gottes in dem Wandel der Zeiten beſchieden ſein ſollten. Konſtantinopel, 20. März. Fünf ruſſiſche und zwei öſterreichiſche Marineofficiere der hieſigen Stationare wurden Abends, als ſie nach Pera hinausritten, im Stadttheil Tophane vom türkiſchen Pöbel überfallen und konnten ſich nach erlittenen, theilweiſe ſchweren Verletzungen nur mit größter Mühe retten. Hunderte von Menſchen, darunter muhamedaniſche Frauen, ſammelten ſich an und riefen den die fremden Officiere attakirenden Türken zu: „Tödtet ſie!“ Polizei war anweſend, blieb aber indifferent. Der ruſſiſche Botſchafter Nelidow verlangte noch Abends die Einleitung der ſtrengſten Unterſuchung. — Berlin, 22. März. Die Großherzogin von Baden ſchmückte in ſinniger Weiſe zum hundertſten Geburtstag das von Simeringggeſchaffene Standbild Kaiſer Wilhelms I., ihres Vaters, in der Ruhmeshalle des Zeughauſes mit einem — großen Lorbeerkranz, deren Schleifen die badiſchen Farben und die Inſchrift trägt. „Luiſe, Groß⸗ herzogin von Baden.“ Das Standbild ſteht in einem Gebüſch von Lorbeer. — Berlin, 22. März. Der „Reichs⸗ anzeiger veröffentlicht eine große Anzahl. von Auszeichnungen, Gnadenbeweiſen und Beförder⸗ ungen aus Anlaß der heutigen Feier. Unter Anderem erhielt das Großkreuz der Luiſenordens die Großherzogin von Baden; Profeſſor Oncken in Gießen erhielt das Kreuz der Comthure des Hohenzollernſchen Hausordens, desgleichen der Schöpfer des Nationaldenkmals, Profeſſor Begas. Berlin, 23. März. Der Kaiſer brachte bei der geſtrigen Galatafel einen Trinkſpruch aus, worin er bemerkte, es gehe heute ein tiefes Em⸗ pfinden durch das deutſche Volk; die Fürſten hätten ſich zuſammengefunden, um das Andenken des großen verewigten Kaiſers zu feiern. Den verſammelten Fürſten ſpreche er ſeinen tiefgefühlten innigen Dank aus und ebenſo allen Vertretern der fremden Souveräne, die theilnehmen wollten an der Feier, um dadurch zu beweiſen, daß Europas Fürſten und Völker ein gemeinſames Familienband umſchließe. Es ſei nicht ſeines Amtes, ſeinen Großvater zu feiern, aber deſſen Geiſt ſchreite heute wohl durch ſein Volk hindurch. „Wir gedenken ſeiner Demuth, ſeiner Ein⸗ fachheit und Pflichttreue als des Sohnes der herrlichen Königin Luiſe, die geſagt, daß ſie mehr durch Demüthigungen als durch Erfolge gelernt habe. Für uns aber, die hohen Fürſten und Verwandten, ſoll ſein Andenken ein erneuter An⸗ ſporn ſein, für unſere Völker zu leben und zu arbeiten, für die Ziele fortſchreitender Kultur, zur Erhaltung des Friedens der Freundſchaft und der Waffenbrüderſchaft. Wir wollen die Gläſer erheben mit dem Rufe: Das deutſche Volk — das Vaterland und die Fürſten! Hurrah! Verſchiedenes. — Ladenburg, 23. März. Der Vorſchuß⸗ Verein Ladenburg hielt am vergangener Sonntag ſeine ordentliche Generalverſammlung ab, die erfreulicher Weiſe recht gut beſucht war. Der vorgetragene Geſchäftsbericht ergab ein befriedigendes Reſultat. Der erzielte Umſatz von Mk. 8.354.359. — iſt wieder um ca. Mk. 300.000. — in die Höhe gegangen. Die Mit glie derzahl iſt auf 898 gewachſen Die Geſchäftsantheile der Mitglieder belaufen ſich auf Mk. 175067. —:; die Reſerven auf Ml. 90,000. — Die Geſamtbetriebsmittel ergeben Ende 1899, den Betrag von Mk. 1102627. — Der Reingewinn betrug Mk. 17154. — wobei berückſichtigt werden muß, daß der Verein trotz des zeitweiſen hohen Geldſtandes ſeinen Mit⸗ gliedern die billigeren Zinsſätze beließ. Die Generalverſammlung genehmigte ein⸗ ſtimmig ſämmtliche Vorſchläge der Verwaltung und damit die Vertheilung einer Dividende von 60 5, Ebenſo erfolgte mit Stimmeneinheit die Wiederwahl der ſtatutenmäßig austretenden Auf ſichtsrathsmitglieder, Herren Mich. Bläß, J, h, Fuchs und Ad. Niſch witz. Ueber die Berufung eines wegen Wieder aufnahme Abgewieſenen ging die Generalper⸗ ſammlung zur Tagesordnung über. — Memphis (Nordamerika), 22. März Der Miſſiſſippi iſt hier über ſeine Ufer getreten und überſchwemmt ein Gebiet von 40 Meilen Der Schaden iſt außerordentlich groß. 50 Perſoneg ſind ertrunken; 5000 Flüchtlinge befinden ſich hier in Memphis und in Dyersburg. Das Werler bureau hat Warnungen erlaſſen, daß noch eig beträchtliches Steigen des Fluſſes in den nächſleg 10 Tagen zu erwarten ſei. Es wird eine ern Kriſis befürchtet. b Tandwirtſchaftliches. In der letzten Nummer des praktiſchen Naß gebers im Obſt⸗ und Gartenbau theilt der bekaun greiſe General⸗Conſul E. v. Lade, der Beſitzer des weitbekannten Gärten in Monrepos bei Geiſen hei, werthvolle Erfahrungen mit, die er während ſeinez langen Lebens über „Birnenſorten“ gemacht ha, Wer ein beſonderes Intereſſe hat, möge ſich die Nummer kommen laſſen, die von der Verlags; buchhandlung Trowitzſch u. Sohn in Franffut a. Oder gern auf Verlangen umſonſt zugeſchich wird. Von allgemeinem Intereſſe aber drt ſein, daß Eduard von Lade für die werthvollſteh, ſaftreichſten und edelſten Birnen die Soreg Beurre gris (graue Herbſtbutterbirne), Gellerkz Butterbirne, Millets Butterbirne und Wines dechantsbirne hält. unbedingt ſchädlich für kranke Augen, auch eine beſonders kräftige Diät werde ich verordnen müſſen. Eine Luftveränderung im nächſten Sommer, vielleicht eine Badereiſe iſt ganz nothwendig.“ „Was reden Sie da von Badereiſen, Diät, Vorhängen!“ brauſte jetzt der General auf. „Solche unütze Geldausgaben werden nicht geſtattet, noch bin ich hier Herr im Hauſe!“ ö „Ich bin hier als Arzt hergerufen und leide keinen Widerſpruch in meinen Anordnungen!“ rief der Doktor erregt. „Es iſt die höchſte Zeit, daß für Ihre Frau Gemahlin etwas geſchieht, und wenn nicht alle meine Verordnungen anf's ſtrengſte befolgt werden, ſtehe ich für nichts. Das Augenlicht Ihrer Frau Gemahlin ſteht auf dem Spiel, mein Herr!“ „Sollte es wirklich ſo ernſt ſein, ſie klagte nie;“ ſtammelte der General etwas eingeſchüchtert durch das energiſche Auftreten des Doktors. „Sehr, ſehr ernſt, ſagte dieſer jetzt leiſe, ich möchte bitten noch einen Spezialarzt für Augenkranke zu Rathe zu ziehen.“ „Nein, nein, Herr Doktor, ich habe vollſtändiges Vertrauen zu Ihnen!“ rief der General, tief erſchreckt über die Ausſicht vielleicht noch einen Arzt bezahlen zu müſſen. Der Doktor lächelte ironiſch; der Geiz des Generals war längſt ſtadt⸗ und landbekannt. „Was in meinen Kräften ſteht ſoll gewiß geſchehn,“ ſagte er ernſt, und wandte ſich dann zu Hildegard. „Auch vor jeder Aufregung müſſen Sie die gnädige Frau zu hüten ſuchen, und dann ſorgen Sie für kräftiges gutes Eſſen: Fleiſch und Eierſpeiſen, Hühnerſuppen und dergleichen, auch eine wärmere Temperatur wäre hier wünſchenswerth, es weht ein ſcharfer Nordoſt draußen.“ Hildegard warf forſchende Blicke auf ihren Vater, deſſen Augen mit unheimlichem Ausdruck auf dem Doktor ruhten. Am liebſten hätte er dieſen, ſeiner Anſicht nach ſehr unverſchämten Patron, die Thür gewieſen, aber das bleiche gramvolle Geſicht ſeiner Frau, und die entſchloſſene Miene ſeines Gegners ließen den inneren Groll doch nicht zum Ausbruch kommen. Wie erleichtert athmete er auf, als der Doktor das Haus verlaſſen hatte. Die Generalin lag noch immer regungslos auf dem Sopha, und bemerkte nicht, daß ihr Gemahl ſich ihr jetzt ſchüchtern näherte. „Blind, blind, hauchte ſie mit leiſer Stimme. Ach und ich habe den Mann einſt geliebt, der mein ganzes lichtes, frohes Daſein, in dieſe ſchwarze Nacht getaucht.“ „Marie!“ rief der General erſchüttert, „ich — ich — o Gott, das wollte ich nicht, gewiß nicht!“ „Du biſt hier?“ kam es eiſig kalt von den Lippen der Kranken. „Willſt Du Dich vielleicht weiden an Deinem Zerſtörungswerk? Tritt nur näher, es iſt ja nur ein werthloſes Frauenleben, was Du geknickt, was liegt darau bleibt Dir doch Dein Gold! Meine arme müde Seele wird ſich leicht von dem Erdendaſein löſen, mir wird einſt der Tod eine Erlöſung ſein! Aber weißt Du weſſen Tod der Furchtbarſte iſt, der Tod der Geizigen!“ Der General zuckte erſchüttert zuſammen. Da lag ſie vor ihm, die einſt ſeines Lebens Licht und Wonne geweſen, bleich und elend, den Tod herbei⸗ ſehnend. Noch ſtand es in ſeiner Macht, ſie dem Leben wiederzugeben, wenn er ſie zurückführte in jene Welt, in welcher ſie gelebt, geathmet von Jugend auf. Dort würde ſie ſich wieder empor richten, wie die Blume, die dem Verſchmachten nahe iſt. Dort würde ſie ſich wieder lieben und achten lernen. Längſt verwehte Tage und Stunden zogen an ſeinem Geiſt vorüber; Er ſah ſich zurück verſetzt in ſeine behagliche Wohnung in der Reſidenz, zie fröhliche Kinder ſpielten in dem Boudoir ſeiſe Frau. Jetzt trat er hinein in das warme bo Blumen durchduftete Zimmer, eine liebliche Frauen geſtalt eilte ihm entgegen, goldig glänzte ihr Hack und die ſchönen blauen Augen grüßten ihn ſo hei innig. 5 Welch ein Contraſt, jene ſonnige Tage, n die gegenwärtige Zeit, und wer war der Zerſtheen des Glücks ſeiner Familie. Er! er allein! vernichtender Klarheit trat es in dieſem Moment vor ſeine Seele, was er gethan, wie er feier Kinder Lebensglück geſtört. Hildegard hatte er un die ſchönſten Jugendjahre betrogen, Georg aus ſeie Carriére getrieben, in Noth und Entbehrung friſtele er ſein Leben, und wenn er auch wollte jetzt eine Aenderung eintreten laſſen, die verlorenen berkraz erten Jahre konnte er ihnen nicht zurückgeben, ebenſowenig wie er ſeiner Frau die Geſundheit, de frohen Lebensmuth zurückzaubern konnte. Mächtig ſtürmten ſolche Gedanken auf ihn ein und rüttelten an ſeinem Gewiſſen. Mit einem irren, faſt wilben Blick auf die Generalin verließ er jetzt das Zimmer und ſtürmte hinaus in den Park. Raſtlos wanderte er dort umher, das fahle Laub auf den Wegen raſchelte unter ſeinen ſchweren Tritten, über ih da jagte der Herbſtwind die Wolken zuſammes z grotesken Bildern, unn dann weiter riß er ſie aus einander, verloren irrten ſie im weiten Firmament, gleich den irrenden, ruheloſen Gedanken, die da durch das Hirn des Generals jagten. 1 „Meine Pläne! Meine ſtolzen Träume ſtöhnte er, „ und mein Geld! O Gott, mein Geld, ich kann mich nicht davon trennen! Nein, nein tauſendmal nein. 3 4 Fortſetzung folgt. e f + 7 2 1 7 9 3 4 4 8 4 2 g 7 7 7 * 5 5 4 E 0