erfolgten gleichartigen Maßnahmen der Regierungen in Preußen und Württemberg, ſowie durch die bevorſtehende ähnliche Vorlage im Reiche be⸗ ſtimmt worden. Die urſprüngliche Abſicht, die Angelegenheit bis zum nächſten ordentlichen Land⸗ tag zu vertagen, hat ſich mit Rückſicht auf dieſe Vorgänge nicht ausführbar erwieſen. Diegtegierung hat zwar in dieſer wichtigen Frage in Ueberein⸗ ſtimmung mit den beiden Kammern der Landſtände ſeither im Intereſſe der Staatsgläubiger eine Politik der Zurückhaltung beobachtet; ſie konnte aber an derſelben in Anbetracht der jetzt vor⸗ liegenden Verhältniſſe, die ein möglichſt gleich⸗ zeitiges Vorgehen mit den bezüglichen Maßnahmen im Reich, in Preußen und Württemberg unbe⸗ dingt nothwendig erſcheinen laſſen, nicht mehr feſthalten. 8 5 Verſchiedenes. — Ladenburg, 31. Dez. Unſere Poſt⸗ boten und Briefträger haben in dieſen Tagen wieder ihre ſchwerſte Zeit im Jahre. Von Haus zu Haus, treppauf, treppab, jahraus, jahrein müſſen die unentbehrlichen Vermittler eines immer mehr ſich ſteigernden Verkehrs wandern, die treuen unermüdlichen Beförderer der tauſende und aber⸗ tauſende von Packeten und Briefen. Aber gerade zu Weihnachten denkt Jedermann an ſeine Lieben und wie er ſie überraſchen ſoll, und zu Neujahr denkt Jedermann auch an ſeine Bekannten und Freunde und wünſcht ihnen Glück; — all' dieſe Ueberraſchungen, all' dieſe Glückwünſche werden unſeren Poſtboten und Briefträgern anvertraut, und mit bewunderungswürdigem Pflichtbewußtſein von ihnen beſtellt. Da iſt es angezeigt, ſich auch ihrer zu erinnern. Auch ſie ſollen mit Theil haben an der Weihnachts⸗ und Neujahrsfreude! Darum noch einmal: Gedenket unſerer Potboten und Briefträger! — Berlin, 30. Dez. Geſtern Abend 9 Uhr wurde der Pfefferkuchenhändler Boock, als er den Hauptgashahnen im Haus Alexanderſtraße 14 e im Keller abſtellen wollte, von Strolchen überfallen und durch Knittelhiebe und Stiche ſchwer verletzt. Das Ladenmädchen gab an, nichts wahr⸗ genommen zu haben. Boocks Uhr und Geldbörſe ſollen fehlen. Die Thäter ſind entkommen; die Polizei iſt mit ihrer Aufſuchung beſchäftigt. — Nürtingen, 30. Dez. Heute früh brach in der Kunſtmühle von Künkele ein Groß⸗ feuer aus. Das Anweſen iſt total abgebrannt; der Schaden beträgt mehrere Hunderttauſend ark. 1 — London, 29. Dez. Bei Caſtle Pland in der Grafſchaft Kerry hat ſich ein dort in der Nähe befindlicher Sumpf in einen See verwandelt, der ſich ausdehnt. Eine Familie von 10 Perſonen iſt umgekommen; deren Haus und eine Anzahl Vieh ſind verſchwunden. Man befürchtet weitere Unglücksfälle. a 5 — . 29. Dez. Das Unglück bei Killarney (Caſtle Island) ſcheint eine Folge des heftigen Regens der letzten Tage zu ſein. Das Torfſtück von einem Acre kam 1200 Fuß über dem Meeresſpiegel in Bewegung und zerſtörte und verwüſtete alles auf einer Strecke von 2 Meilen. Mit unaufhaltſamer Gewalt ſtrömte die halb⸗ flüſſige Maſſe vorwärts, überſchwemmte den Stein⸗ bruch, riß das Haus des Steinbrechers Douelly, der mit Frau und ſechs erwachſenen Kindern den Tod fand, fort und ergoß ſich dann in einen Nebenarm des Fleskfluſſes, der ſich in den Killarney⸗ ſee ergießt. Der Fluß wurde bald mit Torfmaſſen verſtopft, ſo daß die elektriſchen Leitungen unter⸗ brochen wurden. Der Torf iſt noch immer in Bewegung. Die Bevölkerung jenes Landesteiles erleidet unermeßlichen Schaden. — Caſtle IJsland, 29. Dez. Der Bauern⸗ hof, welcher mit allen Bewohnern und mit dem ganzen Viehbeſtand untergegangen iſt, hat keine Spur hinterlaſſen. Der Erſcheinung ging ein dumpfes Rollen, wie bei einem Erdbeben voran. Der Sumpf iſt noch in Bewegung. — London, 30. Dez. Die „Times“ meldet aus Melbourne: Ein Wirbelſturm verwüſtete die Stadt Nivertive in Neu⸗Süd⸗Wales, ſo daß die meiſten Häuſer von Grund aus zerſtört ſind. Zwei Häuſer wurden in die Luft gehoben und in Atome zerſchmettert. Viele Menſchen wurden weite Strecken vom Sturm mit fortgeführt. Viele Unglücksfälle ſind vorgekommen. Da die Telegraphenleitungen auch zerſtört ſind, ſo ſind Einzelheiten und genaue Berichte über das Unglück noch nicht eingetroffen. — Mailand, 30. Dez. Das Dorf Sand Anna Pelago, das 181 Häuſer mit etwa 900 Einwohner zählte, iſt während der Feiertage durch einen Bergrutſch gänzlich zerſtört worden. Kein einziges der Häuſer ſteht mehr aufrecht, nicht einmal die Kirche und unter den Häuſertrümmern liegt die ganze Habe der Dorfbewohner begraben. Horch vom Turm die zwölfte Stunde! Und zugleich von fern und nah f Tönt es ernſt aus Glocken munde: „Sieh', ein neues Jahr iſt da!“ Freudig heißt es der willkommen, Dem das alte nichts genommen, Doch der andre ſchaut voll Sorgen In den jungen Jahresmorgen, Der mit ſeinem Dämmerlicht Durch das nächt'ge Duukel bricht. Junges Jahr was wirſt du bringen? Sag', was birgt dein dunkler Schoß? Krönet unſer Thun Gelingen? N Fällt beglückend unſer Los? 1 Keine Antwort. Aber droben ſiult, woz Strahlt, von Morgenroth umwoben, Eines Sternes Lichtgefunkel Hell in unſer Erdendunkel: Hoffnungsſtern, ſei immerdar Führer uns im Neuen Jahr! Glücklich, wer mit heiterm Mute Sich an hohe Ziele wagt! Wer im Kampfe für das Gute Nicht nach Ruhm und Golde fragt! Dem Verdienſte wird die Krone Immer noch von ſelbſt zum Lohne; Drum die Arbeit friſch begonnen! Bald, ach, iſt die Zeit verronnen, Und bevor wir's recht bedacht, Hat ein Jahr den Lauf vollbracht. Volz Pozu höfli Mögſt Du denn der Welt zum Segen. Froh begrüßtes junges Jahr, Sonnenwärts zum Fluge regen Jetzt das dunkle Schwingenpaar! Was uns feſt an's Herz gekettet, Sei in Gottes Schutz gebettet! Segen jedem Haus und Stande! Frieden unſerm Vaterlande! Allem Heil, was groß und gut Tief im Menſchenherzen ruht! . Röschen folgte ihrd erſt nach längerer Zeit in das kleine weiße Haus. Hell und klar ſtand die Sonne an dem wolken⸗ loſen Himmel. In Roſas Innern aber ſah es trübe aus. Sie wußte, daß Karſten in allernächſter Zeit, vielleicht ſchon heute Sebendorf verlaſſen mußte, um zu ſeinem Regiment zurückzukehren, denn er war Offizier und nur auf Urlaub zu Hauſe. Dieſer Gedanke legte ſich wie eine ſchwere Laſt auf ihre Bruſt; nur mit Mühe vermochte ſie denſelben in der Erfüllung ihrer ernſten Pflichten zu bannen. Von der Schule heimkehrend überreichte ein kleiner barfüßiger Junge ihr einen Brief. Sie warf einen Blick auf denſelben und froh bewegten Herzens eilte ſie in ihr Zimmer, um unbelauſcht was ihr Freund ihr wohl zu „Liebe Roſa,“ ſchrieb Karſten, „da ch Sie heute Nachmittag doch nicht zu Hauſe treffen würde, muß ich mich ſchriftlich an Sie wenden — und das iſt vielleicht recht gut. Iſt Ihre Antwort auf meine Frage ſo, wie ich ſie wünſche, ſo ändert das nichts, gleichviel, ob ich ſie mündlich oder chriftlich erhalte, hoffe ich aber zu viel, ſo iſt es eichter, mein trauriges Schickſal ſo hinzunehmen, als wenn ic Ihnen Aug' in Auge gegenüber ſtände! ö wo ich von hier ſcheiden muß, vermag ich licht ohne meine Antwort von Ihnen zu gehen! — Roſa, ich liebe Sie, liebe Sie aus tiefſtem Herzensgrunde, das müſſen Sie längſt errathen aben, müſſen Sie längſt wiſſen, obwohl wir uns in letzter Zeit oft ſeltſam fremd gegenüber ſtanden. Ich lege mein Schickſal in Ihre Hand — darf ich uf Gegenliebe hoffen? — Vertrauen ſtamm an, der uns ſchon in unſeren Kinderjahren gar manches Mal als Briefkaſten diente. Wie Ihre Antwort auch lauten möge, ſo rufe ich noch; „Gott ſchütze Sie!“ Ein tiefer Seufzer der Erleichterung rang ſich von Roſas Lippen. Das Geſtändniß ſeiner Liebe erfüllte ihre Bruſt mit einem ſo hohen Gefühl des Glücks, wie ſie es bisher nie empfunden hatte. Es war am Abend. Roſa hatte die Antwort auf Karſtens Brief beendet; mit leicht gerötheten Wangen und froh⸗ leuchtenden Augen wollte ſie ſich heimlich aus dem Hauſe ſchleichen, um dem bewußten Briefkaſten ihr Briefchen anzuvertrauen; Sie ging vorher in ihr Schlafzimmer, um ſich ein warmes Tuch zu holen, — was ſie aber da erfahren mußte, ließ ſie alsbald an ihren beabſichtigten Gang vergeſſen. Sie fand Röschen ſchon halb entkleidet auf dem Bettrand ſitzen, mit einem Medaillon, das ſie an ſchmaler goldener Kette um den Hals trug, in der Hand. Röschen bemerkte Roſa erſt, als dieſelbe dicht an den Tiſch trat, um das Licht darauf zu ſetzen. Haſtig verbarg jene das Medaillon auf ihrer Bruſt, dann griff ſie ſchnell nach einem offenen Briefe, der auf dem Tiſche lag, jedoch nicht ſchnell genug, als daß Roſa nicht mit ſtockendem Athem die A des Geliebten in dem Schreiben erkannt hätte. Dieſe Entdeckung rief eine ſolche G ihr wach, daß ſie entſchloſſen war, auf den Grund zu gehen, bevor ſie das bereits dem Papiere anvertraute Jawort abzuſenden gedachte. Ohne das Zimmer wieder zu verlaſſen, legte auch ſie ſich ſchlafen. iferſucht in utwort unten bei der Brücke dem hohl . „ der Sache erſt Athemzüge, daß dieſelbe ſchlief, während fie f ruhelos auf ihrem Lager hin⸗ und herwarf. Nach längerer Zeit ſtand ſie behutſam auß zündete ein Licht an, und daſſelbe mit der Han beſchattend, damit es die Schlafende nicht weck beugte ſie ſich über dieſe und zog leiſe das Medaillaß hervor. Wie geiſterhaft bleich erſchienen ihre Züg während ſie das Bild betrachtete. Dann legte ſich geräuſchlos wieder nieder und preßte das e glühend heiße Geſicht in die Kiſſen, um den Schi der Verzweiflung zu erſticken, der ſich ihrer gequäl“ß Bruſt entrang. 4 Der nächſte Morgen fand Roſa in 0 Fieber. Es bemächtigte ſich ihrer eine Krankheit, die ſie dem Tode nahe brachte. lang blieb ihr Leben gefährdet, und ſelbſt Kriſis überſtanden war, genaß ſie nur f. allmälig. Während Roſas Krankheit hatte Röschen a in der Schule vertreten, und mit innerer Genn thuung vernahm die geneſende Roſa, daß jene d einmal übernommenen Pflichten nur ungern wieder abtreten würde. Sie ſelbſt hatte nur einen Gedankeß; fort, fort von hier, wo jeder Baum, jeder Ste jede Blume ſie an die Untreue des Geliebten erinn 1 Eine Schweſter ihres Vaters, die als Wiſtihe in der Reſidenzſtadt lebte, hatte ſchon wiederho den Wunſch geäußert, die einzige Tochter ihre Bruders bei ſich zu ſehen. Nach einigem Drängt gelang es Roſa, ihrer Tante Erlaubniß zu eine längeren Beſuch bei jener zu erlangen. 4 4. 10 Gegen Abend eines trüben ee Alsbald verriethen ihr Röschens regelmäßige traf Roſa in der großen geräuſchvollen Stadt ei