Ladenburg. WN 005 . 1 „ß pp No. 104. Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unter⸗ haltungsblatt Mark 1.40, frei ins Haus. Für die Redaction verantwortlich: Karl Molit CCC Die neuen Vorſchriften für das Detailreiſen. Vom 1. Januar ab treten für die Hand⸗ lungs- und Detailreiſenden bekanntlich neue ge⸗ ſetzliche Beſtimmungen in Kraft, welche den Ge⸗ ſchäfts betrieb nicht unerheblich erſchweren; im Hinblick auf die große Wichtigkeit, welche dieſelben für Tauſende und Abertauſende von Perſonen haben, mag es zahlreichen unſerer Leſer nicht unwillkommen ſein, wenn wir die wichtigſten der Neuerungen in kurzen Worten hier hervorheben. Das Geſetz — es iſt die Novelle zu der Gewerbeordnung vom 6. Auguſt 1896 — geht davon aus, daß den Handlungsreiſenden das Aufſuchen von Waarenbeſtellungen grundſätzlich nur bei Kaufleuten in ihren Geſchäftsräumen und bei ſolchen Perſonen ohne Weiteres geſtattet ſein ſoll, in deren Geſchäftsbetriebe Waaren der angebotenen Art Verwendung finden, bei dem Privatpublikum dagegen, abgeſehen von einigen Ausnahmen, welche der Bundesrath beſchloſſen hat, nur auf vorherige ausdrückliche Aufforderung. Die Ausnahmen betreffen den Weinhandel, den Handel mit Erzeugniſſen der Leinen⸗ und Wäſchefabrikation und den Handel mit Näh⸗ maſchinen. Die Reiſenden, welche für dieſe Gegen⸗ ſtände reiſen, können nach wie vor das Privat⸗ publikum ohne Weiteres beſuchen, um es zu Be⸗ ſtellungen auf ihre Waaren zu veranlaſſen, ſie können auch Kaufleute in ihrer Privatwohnung zu dieſem Behufe beſuchen. Was im Gegenſatze zu ihnen alle übrigen Reiſenden anlangt, ſo müſſen ſie bei dem Beſuch des Privatpublikums eine ausdrückliche vorherige Aufforderung hierzu abwarten. Dieſelbe iſt auch nothwendig, wenn ſie einen Kaufmann in ſeiner Privatwohnung oder einen Gewerbetreibenden beſuchen wollen, in deſſen Geſchäftsbetrieb die von ihnen angebotenen Mittwoch, den 30. Dezember Waaren keine Verwendung finden. Letzteres iſt beiſpielsweiſe der Fall, wenn ein mit Confections⸗ waaren Reiſender den Inhaber eines Spezerei⸗ ladens oder der Reiſende eines Seifen⸗ und Parfümeriegeſchäftes einen Eiſenwaarenhändler beſucht. Die vorherige Aufforderung zum Beſuch muß eine ausdrückliche ſein, es genügt alſo nicht, wenn Derjenige, bei dem angefragt wird, ob ihm der Beſuch des Reiſenden erwünſcht ſei, hierauf keine Antwort ertheilt, dagegen iſt es ausreichend, wenn nur ein für allemal zum Beſuch aufgefordert wird. Ein einfaches Mittel, den geſetzlichen Vor⸗ ſchriften zu genügen, bietet das Verſenden einer Poſtkarte mit beigebogener, zur Rückantwort be⸗ ſtimmteu Karte, auf welcher ein für allemal um den Beſuch des oder der Reiſenden gebeten wird; der Angefragte braucht die Antwort nur zu unter⸗ ſchreiben und iu den gleichfalls mitgeſchickten Briefumſchlag zu legen und der Poſt zu über⸗ geben. Manche Gewerbetreibende werden die Koſten nicht ſcheuen und die unterzeichneten Karten durch ihre Angeſtellten abholen laſſen. Unſtatt⸗ haft iſt es dagegen, wenn der Reiſende den Privat⸗ kunden beſucht und ihn um Erlaubniß fragt, ihm Beſtellungen anbieten zu dürfen. Wenn in der Tagespreſſe bei der Beſprechung der neuen Vor⸗ ſchriften dieſes Verfahren als erlaubt bezeichnet worden iſt, ſo kann dem nicht zugeſtimmt werden, vielmehr muß darin eine Umgehung des Geſetzes erblickt werden, welche aller Währſcheinlichkeit nach auch von der Rechtſprechung als ſolche be⸗ handelt werden wird. Nunmehr iſt leicht einzu⸗ ſehen, daß man mittelſt Beibringung der aus⸗ drücklichen vorgängigen Aufforderung zum Beſuch wohl theilweiſe den bisherigen Kundenkreis er⸗ halten kann, hiergegen nicht im Stande iſt, ihn zu erweitern; Leute, welche noch nichts von einem beſtimmten Hauſe bezogen haben, werden ſchwerlich Druck und Verlag von Karl Molitor, 6 Pfg., Reklamen 20 Pfg. Ladenburg. ... —.¼— . — 1896. . . — — . ————— — —“ in der Regel geneigt ſein, auf die Bitte, zum Beſuch des Reiſenden aufzufordern, bejahend zu antworten. Hierans ergiebt ſich, daß diejenigen Gewerbe⸗ treibenden, welche auf den Beſuch der Privat⸗ kundſchaft durch Reiſende nicht verzichten können, ſich entſchließen müſſen, eine andere Rechtsform hierſür zu wählen; dieſe kann nur die Form des Waudergewerbes ſein. Für die Reiſenden muß dann nicht die Legitimationskarte, ſondern der Wandergewerbeſchein gelöſt werden, der zu der Ausübung des Hauſirhandels berechtigt. Auf Grund des Wandergewerbeſcheins kann der Reiſende das Privatpublikum ohne Weiteres beſuchen. Freilich iſt die Erlangung eines Wanderge⸗ werbeſcheines vom 1. Januar an ſchwieriger denn bisher, vor Allem deshalb, weil in der Regel Perſonen unter 25 Jahren dieſer Schein verſagt werden ſoll. Abgeſehen hiervon iſt mit der Unterſtellung des Handlungsreiſenden unter die Vorſchriften, die für den Hauſirhandel gelten, auch der Nachtheil verbunden, daß er zu der Be⸗ zahlung derjenigen Steuer verpflichtet iſt, welche Hauſirern obliegt, wenigſtens in Preußen, der Herabdrückung der ſozialen Stellung des Reiſenden auf die Stufe des Hauſirers gar nicht zu ge⸗ denken; allein dieſe Nachtheile müſſen mit in den Kauf genommen und als Gegenwerth für die freiere Bewegung betrachtet werden, welche dem Reiſenden auf Grund des Wandergewerbeſcheines geſtattet iſt. Glauben die Gewerbetreibenden, daß die Bezahlung dieſer Sonderſteuer den Betrieb durch Reiſende nicht lohnt, und iſt es ihnen nicht mög⸗ lich, die vorherige ausdrückliche Aufforderung zum Beſuch zu erhalten, ſo müſſen ſie eben auf den Beſuch des Privatpublikums durch Reiſende verzichten. Die ausländiſchenHandlungsreiſenden genießen Stationen der Seligkeit. Novelle von F. Stöckert. 25. Schluß. „Frage Berner, er wird Dir alles Alles erklären,“ flüſtert Ellinor, ich muß Mama jetzt etwas beiſtehn in ihren Pflichten als Wirthin, ſie läßt ſeinen Arm los, und Koſer ſteht plötzlich allein und blickte hinaus auf den See, und dann wieder hinein in den Salon wo die Gäſte ſich ſtaunend hin und her bewegen, und deſſen Einrichtung ihm ſo bekannt vorkommt. Die Flügelthüren nach dem Eßzimmer ſind geöffnet, man blickt auf eine reich gedeckte Tafel. „Kommen Sie, ich will Sie nach Ihrem Zimmer führen,“ mit dieſen Worten tritt Berner, mit dem Ellinor ſich ſchnell verſtändigt, zu ihm heran. „Nach meinem Zimmer,“ verſetzt Koſer kopf⸗ ſchüttelnd und folgt dann dem kleinen Gelehrten durch den Teppich belegten Corridor die Treppe hinauf, nun traten ſie in ein hohes luftiges Gemach, deſſen hohes Bogenfenſter die Landſchaft draußen wie in einem Rahmen einſchloß. Die Einrichtung War dieſelbe, wie die ſeines Arbeitszimmers in der Reſidenz, und der ganze Zuſammenhang der Dinge wurde ihm allmählig klar, ſo daß es kaum noch der erklärenden Worte Berners bedurft hätte, der ihm jetzt von dem Plane erzählte, den er mit Frau Ellinor ſchon damals auf der Reiſe geſchmiedet. In dem guten Glauben, daß die beſten Menſchen am leichteſten zu täuſchen, hätten ſie denn die Tragödie von dem Vermögensverluſt in Scene geſetzt, an welcher kein wahres Wort geweſen. Die Frau Geheimräthin hätte ſogar grade in der Zeit durch gute Speculationen ihres Bankiers große Gewinne gehabt. Sie wäre allerdings auch anfangs ſehr gegen den abenteuerlichen Plan geweſen, Frau Ellinor aber hatte es doch durchgeſetzt. „Und nun wiſſen Sie erſt, was für eine herrliche Frau Sie haben, Koſer!“ ſchloß der kleine Gelehrte jetzt ſeinen Bericht. „Die wenigſten wären wohl einer ſolchen freiwlligen Selbſtverleugnung fähig geweſen, und hätten ſo auf Alles verzichtet, was ſolchen reichen Damen doch von Jugend auf Lebensbedürfniß, das vermag nur die reinſte, ſelbſtloſeſte Liebe!“ „Darf ich hereinkommen?“ ließ ſich da Ellinors Stimme jetzt draußen vernehmen, und dann trat ſie ein und blieb zögernd auf der Schwelle ſtehn. Da breitete Koſer voll tiefer Bewegung die Arme aus. „Mein Weib! meine Ellinor!“ rief er ſie voll leidenſchaftlicher Zärtlichkeit an ſeine Bruſt ziehend. 8 Berner aber ſchlüpfte eilends zum Zimmer hinaus, das wohl in dieſem Augenblick das höchſte Erdenglück umſchloß. „Und Du biſt mir auch nicht böſe all des Lugs und Trugs wegen, den ich ſchlechte Perſon ausgeübt?“ fragte Ellinor. „Dir böſe ſein! Fußfällig müßte ich es Dir danken, daß Du auf dieſe Weiſe mich wieder auf die rechten Pfade zu meiner Muſe zurückgeführt haſt. Nur eine ſolche ideale Frau, wie Du es biſt, vermag uns zu den Stationen der Seligkeit zu geleiten.“ l „Und eine ſchöne Zeit war es doch eigentlich auch da drüben in unſerm ſtillen, weltfernen Heim,“ meinte die junge glückſelige Frau. „Nun aber ging es nicht länger mehr dort des jungen wegen der ſtörte Dich zu ſehr bei Deinen Arbeiten.“ „Und darum ließeſt Du eilends die Villa hier entſtehn, Du holde Zauberin!“ rief Koſer lachend, und dann erinnerten ſie ſich endlich, daß ihre Gäſte unten könnten ungeduldig werden. Arm in Arm ſtiegen ſie die Treppe hinunter und kamen ihren Pflichten als Wirthe nach. Das Geheimniß der Villa war unterdeß auch hier unten Kund geworden. Berner der über Alles Aufſchluß geben konnte, wurde beſonders von Frau v. Frege und Fräulein Klein ausgeforſcht. Erſtere war förmlich verblüfft über Ellinors Handeln und vermochte es nicht zu faſſen, wie man ſeines Mannes Talent zu liebe ſo allen Lebensfreuden entſagen, ſich in die Einſamkeit vergraben könne. Els Ellinor ſich jetzt näherte, eilte ſie auf ſie zu. „O was ſind ſie für eine hochherzige Frau!“ rief ſie bewundernd. „Da müſſen wir ja Alle i den Staub ſinken vor Ihnen.“ aub f J n een deen e