8 Aburger Io Anzeiger Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unte haltungsblatt Mark 1.40, frei ins Haus. Für die Redaction verantwortlich: Karl Molitor, für Ladenburg und * ſenblatt, Umgegend. . Anzeigen: Die einſpaltige Corpuszeile oder deren Raum 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen . N 8 . 6 Pfg., Reklamen 20 Pfg. 1 Ang 8 Druck und Verlag von Karl Molitor, 1 1 adenburg. Ladenburg. 205 No. 10 Samſtag, den 19. Dezember 1896. 1 San Mit bedeutender Mehrheit lehnte das Haus den] vereins dem aus Kamerun in das Elternhaus 4875 hierbei conſervativerſeits durch Abg. v. Manteuffel zurückgekehrten Herrn Dr. Seitz ein Ständchen Abonnements⸗ Einladung. Das I. Quartal d. Bl. beginnt mit dem i 1. Januar und laden zur Neubeſtellung hierauf ergebenſt ein, der Preis iſt am Kopfe des 0 45 . a hg 5 Blattes erſichtlich. 2 Hleichzeitig machen wir auf das „Illuſtrirte . t h. Unterhaltungsblatt“ aufmerkſam, welches ſich J m a ſtets der größten Beliebtheit erfreut. 50 1 f Für die uns zu Theil gewordene Unter⸗ 10 N ſtützung unſeres Unternehmens danken wir 9 5 ler beſtens und bitten auch um fernere Ge⸗ N 5h Lanz wogenheit. 0 n Beſtellungen beliebe man in der Expedition, Aar oder auch bei den „Zeitungsträgern“ machen 1000 n zu wollen. — 1 Ladenburg, im Dezember 1896. f bun Die Redaktion. . Politiſches. Berlin, 12. Dez. Die wichtige Vorlage über die Abänderung des Gerichtsverfaſſungsge⸗ ſetzes und der Strafprozeßordnung, welche den Reichstag ſchon vom Beginne ſeiner geſammten gegenwärtigen Seſſion beſchäftigte, iſt in der Dienſtagſitzung endgiltig geſcheitert, ein allerdings nicht mehr überraſchend gekommenes Schlußer⸗ gebniß der langen und mühevollen parlamentariſchen Behandlung dieſes Gegenſtandes. Nachdem das Haus in genannter Sitzung die Tags zuvor be⸗ gonnene nochmalige allgemeine Debatte erledigt, wurde zur Abſtimmung zunächſt über § 77 ge⸗ ſchritten, einen der Hauptpunkte der Juſtizvorlage. E 2. 4 2 85 8 7 2 1 . an Ian geſtelleen Antrag auf Wiederherſtellung der Regierungsvorlage, welche in dieſem Paragraphen die Beſetzung der Strafkammern mit drei Richtern ausſpricht, ab, und genehmigte dafür den 8 77 in der Faſſung zweiter Leſung, wonach es bei dem Fünf⸗Richter⸗Collegium verbleiben ſoll. Die Minderheit bildeten die beiden conſervativen Fractionen, ein Theil der Nationalliberalen und vereinzelte Centrumsmitglieder. Hierauf gab der Staatsſecretär im Reichsjuſtizamte Nieberdings die Erklärung ab, der ſoeben gefaßte Reichstags⸗ beſchluß ſei für die verbündeten Regierungen un⸗ annehmbar, ſie legten daher keinen Werth mehr auf die Weiterberathung der Juſtiznovelle. An⸗ geſichts dieſer Erklärung entſchied ſich das Haus auf Antrag des Abgeordneten Dr. v. Buchka für den Verzicht auf die fernere Berathung der Juſtiz⸗ vorlage, dieſelbe iſt demnach als geſcheitert zu betrachten. Sowohl im Hinblick auf die nun ver⸗ lorene Zeit und Mühe, welche der Reichstag auf die Juſtiznovelle verwendet hat, wie in Erwägung der bedeutungsvollen Reformen, die ſie vorſchlug, beſonders der Berufung gegen die Urtheile der Strafkammern und der Entſchädigung unſchuldig Verurtheilter, bleibt der Fall dieſer Vorlage unter allen Umſtänden beklagenswerth; leider nehmen ſich die Ausſichten auf eine Wiederaufnahme dieſer Frage in der nächſten Reichstagsſeſſion einſtweilen ſehr ungünſtig aus. Am Mittwoch beſchäftigte ſich das Haus mit dem deutſch⸗franzöſiſchen Ver⸗ trage wegen Tunis, mit Wahlprüfungen u. ſ. w. Späteſtens am Freitag beabſichtigte der Reichstag in ſeine Weihnachtsferien zu gehen. Verſchiedenes. — Seckenheim, 15. Dez. Vergangenen Samſtag Abend wurde auf Anregung des Militär⸗ gebracht. Herr Hauptlehrer Karle beglückwünſchte Herrn Seitz zu der Ernennung zum Regierungs⸗ rath. Darauf folgte in den feſtlich geſchmückten 5 . Räumen des „Zähringer Hofs“ ein Feſtbankett. Herr Regierungsrath Dr. Seitz dankte herzlich für die Ehrung. Er gab eine intereſſante und be⸗ lehrende Schilderung über die prächtige deutſche Kolonie und endigte mit einem dreifachen Hurrah auf den Kaiſer. a — Käferthal, 15. Dez. Geſtern Mittag halb 1 Uhr ereignete ſich beim Bahnübergang in der Nähe der Bierkeller ein gräßlicher Unglücks 0 fall. Ein 18jähriges Dienſtmädchen, Eſſen tragend, wollte noch vor dem von Mannheim kommenden Zug der Nebenbahn Mannheim — Weinheim Heidelberg das Geleiſe überſchreiten, als die un⸗ glückliche von der Lokomotive erfaßt, niedergeworfen und vom Kohlenkaſten 22 Meter geſchleift wurde, bis der Zug hielt. Das fürchterlich zerſchundene und verquetſchte Mädchen ſtarb nach wenigen Stunden. 8 — Wallſtadt (A. Mannheim), 15. Dez. Die 21 Jahre alte Tochter einer im Laufe dieſes Sommers vom Hemshof bei Ludwigshafen hierher gezogenen Arbeiterfamilie hat vor 4 Wochen hier heimlich ein Mädchen geboren, dasſelbe erwürgt, und bis zum verfloſſenen Sonntag, alſo etwa 4 Wochen lang, in alte Lnmpen eingewickelt, in einem Kleiderſchrank verborgen gehalten. Durch den ſtarken Geruch, der ſich dadurch in dem be⸗ treffenden Zimmer bereitete, wurde das Verbrechen entdeckt. Die Großh. Staatsanwaltſchaft Mann⸗ heim war geſtern mit den Gerichtsärzten zur Unterſuchung des Verbrechens hier. Die unnatürliche Mutter iſt verhaftet und der That geſtändig. 8 — Aſchaffenburg, 16. Dez. Die in der Hanauerlandſtraße gelegene Fabrik für elektriſche . l Stationen der Seligkeit. 10 ‚ 5 Novelle von F. Stöckert 1 77 23. 5 Fortſetzung. 8 1 Goblin . Aber welche Sorge auch, wenn der Lohn uin ausbleibt,“ verſetzte Koſer. „Wie gern möchte ich meiner Frau das frühere Leben im vollen Genuß des Reichthums wieder zurückzaubern, doch wird das jemals in meiner Macht ſtehen? Geſtern ſahen wir eine Villa, herrlich gelegen, ſo ein rechtes Dichterheim. Da kam mir unſere Hütte hier denn doch recht erbärmlich vor, beſonders im Hinblick auf Ellinor.“ „Auf ihre Frau!“ rief Berner. „Haben Sie denn dieſe durchaus vornehme Natur noch nicht be⸗ griffen, die über dieſe Nichtigkeiten des Daſeins ſich mit Leichtigkeit hinwegzuſetzen vermag. Ob ich nun 1 K. mein Brot im luxuriöſen Speiſeſaal verzehre, oder „ 5 im einfachen Gemach am einfachen Tiſch, das ſind 5 doch nebenſächliche Dinge, wenn wir das Höchſte erfaßt haben, und an jedem Menſchenleben gibt es 6. ſo ein Höchſtes. Freilich die wenigſten begreifen l und eren es. ber aber hat es erfaßt 11% und zwar als eine heilige Miſſion, die ſie zu er⸗ ante füllen und theilweiſe ſchon erfüllt hat,“ — er brach uin Hlötlich wie erſchreckt ab, hatte er nicht ſchon z 100 0 del geſagt 2 Koſer ſah ihn eigenthümlich forſchend an; 45 da traten die Damen wieder zu ihnen heran und die Unterhaltung wandte ſich anderen Dingen zu. Es gab neue Opern, neue Theaterſtücke zu beſprechen, da die Saiſon jetzt begonnen. Koſer und Ellinor hatten zwar auch davon geleſen, trugen aber durchaus kein Verlangen nach dieſen ihnen jetzt verſagten Freuden, die ſie einſt bis zum Ueberdruß genoſſen. Erſt in ſpäter Stunde trennte man ſich heute in heiterſter Stimmung, die durch die Einfachheit der kleinen Räume in keiner Weiſe beeinträchtigt worden war. a Doctor Berners Ausſpruch über all ſolche nebenſächlichen Dinge bewahrheitete ſich in dieſem kleinen Kreis von Menſchen, deren Sinn über dieſe Nichtigkeiten des Daſeins ſich erhoben hatte. * * * Schon am nächſten Tage nahm Koſer ſeine Arbeiten wieder auf, die ihn ſo bald hinnahmen, daß er alles darüber vergaß, auch den Verdacht gegen Ellinor, der an jenem heitern Abend in ihm aufgeſtiegen. Trotz des einſamen Lebens, was ſie führten, verging ihm ſowohl wie Ellinor die Zeit im Fluge. 5 Die Natur draußen hatte ihr Winterkleid an⸗ gelegt, der See war mit einer ſpiegelglatten Eis⸗ decke überzogen, die dunklen Wälder ihrer Farben⸗ pracht beraubt, hoben ſich ſcharf ab, gleich dunklen Mauern von den weiten Schneeflächen. Dieſe hehre winterliche Schönheit hat aber auch ihren Zauber, beſonders für zwei Menſchen, die den Winter ſonſt im Strudel der Geſellſchaft zu verleben pflegten. Es war ſo ſchön, in der Dämmerſtunde am Fenſter zu ſtehen, wenn da die Sonne hinter dem dunklen Wald verſchwand, bald in leuchtend rother Farbenpracht, die ganze winterliche Landſchaft über⸗ ſtrahlend, oder fahltrübe in graue Wolkenſchleier gehüllt, immer aber ein reizvolles feſſelndes Bild, und dann, wenn der letzte Sonnenſtrahl verglüht, die große mächtige Einſamkeit, dieſe Stille, die kein Laut unterbrach; innen aber im trauten Zimmer flackender Feuerſchein, und zwei glückliche Menſchen, in anregenden Geſpräch ihre Gedanken austauſchend, die oft die höchſten berührten, hinan⸗ ſtreiften bis an die Grenzen menſchlichen Wiſſens und Denkens. In dieſen ſtillen Wintertagen da lernte Koſer erſt ſeine Frau ganz kennen, denn jetzt erſchloß ſie ihm offen und rückhaltlos ihr ganzes inners Leben, und wie verſtand ſie ihn, wie wußte ſie einzugehen auf ſeine geiſtige Thätigkeit, ſo daß er ſchließlich alles mit ihr beſprach und manches, beſonders Charakterzeichnungen ſeiner Frauen, nach ihrem Rath geſtaltete. Sein neues Werk war Weihnachten erſchienen, und die verſchiedenen Kritiken darüber zu leſen, machte ihnen beiden das größte Vergnügen, weun dieſelben auch nicht immer lobend ausfielen. Berner berichtete ihnen dann, wie Koſers Name jetzt wieder in aller Munde und wie man