wenn ſie dieſe Fürſorge ausdrücklich wünſchen oder wenn ſie nach der Entlaſſung aus einer Strafanſtalt in die Arbeiterkolonie eingetreten ſind, ſei es, bis zur Ermittelung einer geeigneten Stelle, ſei es bis zur Erlernung des landwirthſchaftlichen Betriebs. — Kandern, 2. Dez. Der kürzlich ver⸗ ſtorbene Rentner Böſiger hat die Stadt Kandern zur Univerſalerbin ſeines Vermögens eingeſetzt. Von dem 386 000 Mark betragenden Vermögen hat die Stadt 41000 Mk. Legate zu bezahlen und ein ſtadtiſches Waiſenhaus zu errichten. — Straßburg, 8. Dez. Der Unglücks⸗ fall, dem der Aſſiſtenzarzt Dr. Salmann zum Opfer fiel, erregt die lebhafte Theilnahme weiterer Kreiſe. Der nähere Sachverhalt iſt folgender: Dr. Salmann mit noch einigen Herren, welche im Gaſthaus „zur Traube“ auf der Straße Oppenau⸗Allerheiligen genächtigt hatten, unter⸗ nahmen am Sonntag Vormittag an den ſog. Eckenfelſerſchroffen, einer etwa 70 Meter hohen ſteilen Porphyrfelswand, Kletterübungen, zu welchen ſie wohl ausgerüſtet waren. Dabei ſtürzte nun Dr. Salmann ab. Das Seil, mit dem er zur Vorſorge befeſtigt war, zerriß beim Fall, ſo daß der Unglückliche zu Boden ſtürzte. Er blieb bei Bewußtſein. Aerztliche Hilfe war bald zur Stelle, aber Angeſichts der Schwere der Verletzungen nicht mehr im Stande, wirkſam eingreifen zu können. Der unglückliche junge Mann ſtarb auf dem Transporte nach Oppenau, etwa 1 ¾ Stunden nach dem Falle. — Köln, 10. Dez. Heuee früh lief eine Lokomotive der Köln⸗Fechener Lokalbahn auf einen mit Perſonen beſetzten Wagen derart heftig auf, daß die Bänke des Wagens zertrümmert wurden. Dem Vernehmen der „Köln. Volksztg.“ zu Folge wurden dabei eine Perſon getödtet und 7 oder 8 verwundet, darunter einige ſchwer. — Marburg, 7. Dez. In dem Ort Mödebach bei Frankenberg brach Nachts im Schulhaus Feuer aus. Im zweiten Stock wohnte ein Gerdarm mit ſeiner Familie. Als ſie er⸗ wachten, waren ſie von den Flammen ringsum umgeben. Da warf der Gendarm die Betten auf einen benachbarten Holzſtall und dann ſeine Frau und Kinder, ſieben an der Zahl, eins nach dem andern auf die Betten hinab. Zuletzt ſprang er ſelbſt hinunter. Da aber brach der Stall zu⸗ ſammen und der Gendarm ſtürzte zu Boden. Frau und Kinder waren gerettet, der Mann war todt. wohner von Ququimpr ſind ertrunken. — Bremen, 10. Dez. Die Agentur des Norddeutſchen Loyd in Corunna (Spanien) theilt demſelben ſoeben mit: Es herrſcht die ernſtliche Befürchtung, daß der nach La Plata beſtimmte Dampfer „Salier“, der am 17. d. Mts. von Corunna nach Villa Garcia abging, in dem an der Küſte herrſchenden ſchweren Orkane zu Grunde gegangen iſt. Außer der Mannſchaft hatte der Dampfer etwa 200 Paſſagiere an Bord. Nähere Angaben fehlen noch. ö — Hamburg, 9. Dezbr. Die Quaiver⸗ waltung ließ heute Morgen 8 ½ Uhr durch einen Mauerſchlag bekannt machen, daß die feſten Arbeiter⸗ ſtellen durch die in Arbeit verbliebenen und neu⸗ angenommenen Arbeiter beſetzt werden; von den ausgeſchiedenen Arbeitern wird keiner wieder in Arbeit geſtellt, bevor der allgemeine Ausſtand wieder beendet iſt, und auch dann nur, wenn noch Stellen offen ſind. An den Staatsgquais herrſchte heute ein bedeutend regerer Verkehr. Ein großer Theil der Krahnführer hat heute die Arbeit wieder aufgenommen, ſodaß heute nur noch wenige Krähne außer Thätigkeit ſind. — Berlin, 9. Dez. Der Lokal⸗Anzeiger meldet: Mit durchſchnittenem Halſe wurde geſtern der Inhaber des kleinen Bank- und Kommiſſions⸗ geſchäftes Siegismund Sternberg u. Cie., Kaiſer Wilhelmſtraße 49, Herr Sigismund Sternberg, in ſeinem Bureau aufgefunden. — Breslau, 9. Dez. Der „Bresl. Gen.⸗ Anz.“ meldet aus Roſenberg in Oberſchleſien, die beiden Kutſcher Dragon und Barve wurden geſtern auf dem Heimwege hinter einer Scheuer überfallen und erſchlagen. Der Bruder eines der Ermordeten iſt ſchwer verletzt. Die beiden Erſchlagenen hinter⸗ laſſen eine zahlreiche Familie. Einige der Mörder ſind bereits verhaftet. — Paris, 10. Dez. Der Marinemi niſter hat eine Unterſuchung angeordnet behufs Feſt⸗ ſtellung der Seeunfälle, die ſich während des letzten großen Sturmes ereignet haben. Aus Nantes wird der Verluſt von ſechs Fiſcherboten und zwei Küſtenwächtern gemeldet. Zwölf Fahrzeuge haben Havarie erlitten. Aus Havre wird der Verluſt von vier Fahrzeugen gemeldet, ſechs ſind beſchädigt. Ein Schiffsjunge iſt ertrunken. Zu Calais wurde ein Fiſcherboot an die Küſte geworfen und zer⸗ trümmert. verloren gegangen und 12 beſchädigt. Drei Ein⸗ Aus Saint Lazaire wird der Verluſt von zwei Schiffen Zu Ququimpr ſind 24 Fahrzeuge gemeldet; von einem dritten iſt die Beſatzung per⸗ ſchwunden. — Graz, 9. Dez. Durch eine heute früh erfolgte Keſſelexploſion in der Papierfabrik von Leykam in Joſephsthal wurde eine Mauer durch⸗ ſchlagen, ſo daß der Dachſtuhl des Keſſelhauſes einſtürzte. Drei Arbeiter ſind tödtlich, fünf ſchwer verletzt. — Petersburg, 10. Dezember. Unpeit Jekaterinodor ſtießen zwei Güterzüge zuſammen. 18 Waggons ſind zertrümmert, das Zugsperſonal hat ſich durch Abſpringen gerettet, 7 blinde Paſſa⸗ giere ſind tot. — Brandſtiftung. Heute Nacht gegen 12 Uhr brach in einem Schuppen der Falk⸗ brennetei von Reinhard auf dem Gontard'ſchen Gute Feuer aus. Die Berufsfeuerwehr wurde herbeigerufen, welche mit der Bewältigung des Brandes bis gegen 3 Uhr zu thun hatte. Gegen 1 Uhr erſchien auf der Brandſtelle ein vorige Woche von Herrn Reinhard entlaſſener Arbeiter und erklärte, daß er das Feuer aus Rache ange⸗ zündet habe. Die That reue ihn jetzt und um den Verdacht auf keinen Unſchuldigen fallen zu laſſen, ſtelle er ſich freiwillig. Der Brandſtifter wurde verhaftet. Das reiſende Publikum wird auf die bei der Reichstelegraphenverwaltung beſtehende Ein⸗ richtung aufmekſam gemacht, nach welcher die Einlieferung von Telegrammen auf den in den Eiſenbahnzügen fahrenden Poſtbüreaus erfolgen kann. Dieſe Telegramme können auch auf Poſt⸗ karten geſchrieben ſein, welche dann an Stelle der auszuſtreichenden Ueberſchrift „Poſtkarte“ mit der Bezeichnung „Telegramm“ zu verſehen, mit den erforderlichen, der Telegrammgebühr entſprechenden Poſtfreimarken zu bekleben und durch den an jedem Poſtwagen befindlichen Briefkaſten zur Aufgabe zu bringen ſind. Wo die örtlichen Verhältniſſe und die Dauer des Aufenthalts auf den Eiſen⸗ bahnſtationen es geſtatten, werden auch mit Marken nicht beklebte Telegramme gegen Baarzahlung durch das Fenſter oder die Thüre des Eiſenbahn⸗ Jorma poſtwagens angenommen. Eine Zuſchlagsgebühr kommt hierbei nicht zur Erhebung. Es empfiehlt Her ſich, daß der Aufgeber ſeinen Namen und Wohn⸗ ort zur Seite des Telegrammes, behufs Erledigung etwaiger Nachfragen, nachrichtlich angiebt. 10 ſeht recht; der Zauber dichteriſcher Phantaſie bewährte ſich und trug ihn in neuer Schaffensfreudigkeit hinaus über die Sorgen des Daſeins. Sy waren Wochen vergangen, da langte endlich ein Brief von dem Verleger an, dem Koſer ſeine Arbeit zugeſchickt; in ſehr ſchmeichelhaftee Weiſe ſprach ſich dieſer über dieſe aus, erklärte ſich zur Annahme bereit und bot ein glänzendes Honorar dafür, zugleich bat er um die künftigen Werke Koſers. „Da wären wir ja einmal wieder angelangt an einer Station der Seligkeit!“ rief Koſer über⸗ müthig, nachdem er den inhaltsreichen Brief Ellinor vorgeleſen. . „Doch was hätten dieſe Erfolge zu beſagen, wenn Du mir nicht zur Seite ſtündeſt! Nur das Glück iſt vollkommen, was wir mit einem geliebten Menſchen theilen dürfen!“ Das war ein beſeligendes Wort für Ellinor, ein reicher Lohn für ihr treues, opferwilliges Lieben. f „Wie hätte ich überhaupt das alles erreicht ohne Dich!“ fuhr Koſer fort. „O, daß ich Deinen Werth erſt ſo ſpät erkannt; kannſt Du mir das je verzeihen?“ Ellinor lächelte, „wie kannſt Du von Verzeihen reden in einer ſolchen Stunde hohen Glücks! Wiegt ſolche berauſchende Glücksfülle nicht alles auf, was uns die Vergangenheit an Leid gebracht?“ „Ja, das iſt wahr, in ſolchen Stunden muß die Vergangenheit ruhen, man muß ſie voll und ganz auskoſten denn allzu häufig werden Sie uns nicht beſcheert, was ſie uns aber vor allem geben iſt auch von nachhaltiger Wirkung, ich meine den Glauben an das Glück!“ rief er faſt jubelnd. „Wie aber feiern wir den Tag würdig hier in dieſer Weltabgeſchiedenheit, die nichts bietet an Genüſſen?“ 0 verſetzte Ellinor, „und der Wald in ſeiner Herbſtespracht, der See mit ſeinen; maleriſchen Ufern, hat er uns nicht ſchon manchen Genuß verſchafft?“ „Ja, heute aber möchte ich die ganze Welt umarmen,“ lachte Koſer, „doch, da das nicht angeht, ſei Du meine Welt;“ er legte den Arm um ſie und dann gingen ſie beide nach dem See herunter. Ein Boot lag dort bereit, mit welchem ſie ſchon manche Fahrt gemacht, Koſer ergriff die Ruder und Ellinor ſetzte ſich an das Steuer und lenkte den Kahn, ohne daß ihr Maun es bemerkte, einer Richtung zu, nach welcher ſie bis jetzt noch nie gefahren. Der See machte hier eine Biegung, die in eine kleine Bucht führte, nachdem ſie dieſe befahren erſchloß ſich ihren Blicken ein ganz zauber⸗ haftes Bild. Ein kleiner bewaldeter Höhenzug ſtreckte ſich hier längs am Ufer hin, im Glanz der Herbſtſonne leuchteten die Wälder in bunteſter Farbenpracht, und aus dieſem Rahmen tauchten einzelne Villen auf, in maleriſchem Styl gebaut, wie die Neuzeit es liebt, überall Erker und Thürmchen, Säulenhallen, ganz von wildem roth leuchtenden Wein umrankt. „Mein Gott, hier waren wir ja noch nie!“ rief Koſer erſtaunt, „das iſt wirklich ein überraſchend ſchöner Anblick. Wer ſich hier anbauen dürfte. Sieh dort dieſe Villa, an der noch gebaut wird, das iſt der deutſche Renaiſſanceſtyhl wie ich ihn liebe, und wie maleriſch die Lage, der prächtige Hintergrund dunkler Tannen, der herrliche Blick den man über den See von dort aus haben muß, bis hinüber zu unſerm ſtillen Walddorf. Wahrlich, der iſt beneidenswerth, der ſich dieſen Bauplatz auf⸗ ſuchen durfte! Wie ein Dichtertraum erſcheint mir das Ganze, wie ich ihn wohl auch nicht geträumt.“ Ein Seufzer drängte ſich von ſeinen Lippen, er murmelte etwas, das wie Fluch der Armuth klang, dann begann er kräftig zu rudern. 5 „Wende das Steuer,“ befahl er jetzt faſt ſchroff, „der alte Dämon beginnt ſich in mir zu regen, der Dämon der Unſättlichkeit im Genießen, der mich ſo ganz gepackt hatte!“ f „Dem Du aber nie wieder verfallen wirſt, Herbert,“ fiel Ellinor ein. „Dein Talent, das jetzt ſo ſchöne Blüthen treibt, wird Dich dator bewahren, auch wenn Dichtertraum ſich erfüllen ſollte, und wir einmal eine der reizenden Villen dort unſer eigen nennen dürften.“ „Wie ſollte dieſer Traum wohl je in Erfüllung gehen, Kind, dazu gehören Tauſende, die ich fit meiner Feder doch wohl kaum verdienen dllefte⸗ Das gelobe ich Dir aber hiermit, mein Talent fol ſtets mein Höchſtes bleiben, nie werde ich, ſo lange Gott mir die Kräfte läßt, meiner Muſe wieder 2 untreu werden. Sollte ich jemals ſchwankend Kt werden, dann erinnere mich an den heutigen Tag, in welchem die Morgenröthe des Ruhmes, des baden Glücks angebrochen.“ „O, ich denke, das werde ich nicht nöthig haben, Deine Muſe wird Dich ſchon feſt in ihren Armen halten.“ 5 „Ja, Du und Meine Muſe, Ihr ſeit ein paar treue Verbündete.“ Ellinor lächelte und ließ dann die Blicke noch einmal zurückſchweifen nach der Villa, die Koſer ſo gefallen, und dieſer ahnte nicht, welche Zukunfts⸗ bilder dabei durch ihre Seele zogen. Langſam glitt das Boot über den ſtillen See, die träumeriſche Ruhe des ſcheidenden Herhſt⸗ tages, die der ganzen landſchaftlichen Scenerie ihr Gepräge gab, erfaßte auch ſchließlich die beiden Inſaſſen des Bootes; ſchweigend hingen ſie ihren Gedanken nach.