wünſchen, daß die Arbeiterſchaft von dem leicht⸗ fertigen Unternehmen der Verkündung des General⸗ ſtreiks abſteht, und daß ſie, in Erkennung ihrer wahren Intereſſen, die Hand zu einer gütlichen Einigung bietet. Verſchiedenes. — Karlsruhe, 2. Dez. Der badiſche Frauenverein beabſichtigt bei genügender Betheilig⸗ ung wieder einen Lehrkurs über Krankenpflege für Damen aus gebildeten Ständen zu eröffnen. Der Kurs wird in der Weiſe abgehalten, daß wöchentlich an 3 Tagen, und zwar am Dienſtag, Donnerſtag und Samstag, Abends von 5 bis halb 7 Uhr, Vorträge über das geſammte Gebiet der Krankenpflege ſtattfinden. Herr Hofrath Dr. Benckiſer wird die Vorträge halten. Der Kurs beginnt am Dienſtag den 12. Januar 1897, Abends 5 Uhr im Ludwig⸗Wilhelm⸗Krankenheim und dauert 6 Wochen. Das Honorar beträgt 20 Mark zu Gunſten des Ludwig Wilhelm⸗ Krankenheims. Die Theilnehmerinnen an dem Lehrkurſe müſſen das 21. Lebensjahr zurückgelegt haben. — Schatthauſen (A. Wiesloch), 2. Dez. Nachdem erſt in voriger Nacht eine Scheuer und ein Wohnhaus dem Feuer zum Opfer gefallen ſind, ertönte geſtern Nacht faſt um dieſelbe Zeit wie beim vorigen Brande abermals Feurlärm. Diesmal äſcherte das verheerende Element fünf Scheuern und zwei Wohnhäuſer ein. Außer den Schatthäuſer Löſchmannſchaften ſuchten die Feuer⸗ wehren aus Gauangelloch, Baierthal und Mauer dem Feuer, welches bis heute Morgen wüthete, Einhalt zu thun. Man vermuthet allgemein Brandſtiftung. a — Frankfurt a. M., 2. Dezbr. Heute Mitlag erſchoß ſich in ſeiner Wohnung in der Bibergaſſe ein Goldwaarenhändler. — Geſtern Abend nahm ſich ein 29jähriges Mädchen in der Mainluſtſtraße auf dieſelbe Weiſe das Leben. — Eßlingen, 2. Dez. In dem benach⸗ barten Zell ereignete ſich ein großes Unglück. Um 4 Uhr etwa, als die Ehefrau des Fabrik⸗ arbeiters Haug von einem Ausgang in einen benachbarten Bäckerladen zurückkehrte, fand ſie ihre geiſtig beſchränkte 22jährige Tochter mit verbrannten Kleidern und halbverkohltem Körper todt im Hausgang liegend. Die Mutter hatte vor ihrem Weggang Feuer in den Ofen gemacht, die geiſtesſchwache Tochter ſcheint dem Ofen zu 185 nahe gekommen ſein, ſodaß ihre Kleider Feuer fingen, ſie ſcheint ſich dann auf den Hausgang geflüchtet zu haben und dort zu Boden geſunken nd erſtickt zu ſein. 8 . 1. Dez. Der neue Chef des Hauſes Fürſt Fürſtenberg, Egon Mar von Fürſten⸗ berg, ſiedelt nach Ablauf des Trauerjahres nach Deutſchlaud über. Er hat jetzt über ſechs Millionen jährlicher Revenuen. Der Deutſchenführer in Böhmen war der Vormund des Fürſten, welcher eine Stütze des liberalen Gedankens in Oeſterreich i 5 — Berlin, 2. Dez. Aus Fürſtenwalde wird dem „Vorwärts“ gemeldet: Graf Fink von Finkenſtein, ein intimer Freund des Kaiſers, wurde geſtern im Forſte ſeiner Beſitzung Malitz bei Brieſen angeblich von Wilddieben tödlich verletzt. — Berlin, 2. Dezbr. (Ein politiſcher Proceß.) Heute begann der Proceß wegen Beleidigung des Oberhofmarſchalls Grafen Eulen⸗ burg, des Staatsſekretärs Freiherr v. Marſchall und des Legationsraths Prinzen Alexander zu Hohenlohe, begangen durch Zeitungsartikel, in welchen in Anknüpfung an den Breslauer Czaren⸗ toaſt von einer unverantwortlichen Nebenregierung und engliſchen Einflüſſen geſprochen wurde. An⸗ geklagt ſind die Journaliſten Leckert und v. Lützow, die Redakteure Plötz von der Zeitung „Die Welt am Montag“ und Berger von der „Staatsbürger⸗ zeitung“, Berichterſtatter Föllmer und der Kauf— mann Leckert. Als Zeugen ſind geladen: Staats⸗ ſekretär Frhr. v. Marſchall, Wirklicher Geheimer Legationsrath Graf Holſtein, Geheimer Legations⸗ rath Hammann, Prinz Alexander zu Hohenlohe, die Direktoren des Wolff'ſchen Telegraphenbureaus, der Kriminalkommiſſar Tauſch und mehrere Journaliſten. Leckert erkärte, daß er zu dem Staatsſekretär v. Marſchall keine direkten Be⸗ ziehungen habe und den Prinzen Hohenlohe, Hammann und Holſtein überhaupt nicht kenne. Dagegen hielt er ſeine Behauptung aufrecht, er habe in Breslau eine Audienz beim Reichskanzler gehabt, trotzdem der Oberſtaatsanwalt mittheilte, Herr v. Marſchall beſitze eine ſchriftliche Erklarung des Reichskanzlers, wonach die Behauptung Leckerts unwahr iſt. Der Gerichshof beſchloß, die vom Vertheidiger beantragte Vernehmung des Reichs⸗ kanzlers auszuſetzen, bis der Staatsſekretär v. Marſchall vernommen iſt. e Japan macht auf dem Weltmarkte immer mehr Gebrauch von ſeinen Ellenbogen. Nach einer Meldung der „Times“ aus Odea wird die neue Dampfſchiffslinie, welche Japan zwiſchen den Häfen am Schwarzen Meere und Japan einrichtet, im nächſten Frühjahr mit 16 Dampfern den Betrieb aufnehmen. — Die neueſte Errungenſchaft der deutſchen Heilkunſt, ein Mittel gegen Fieber heißt nach einem Aufſatz der „Berl. Klin. Wochen, ſchrift“: Dimethylamidophenyldimethylpyrazolon Das Wunderbarſte dabei iſt, daß dieſes Pulper mit dem fürchterlichen Namen ganz angenehm ſchmecken ſoll! Gebrauchsmuſtereintragung: Nr. 65973. Mälzer⸗ und Fruchtwenderſchuh mit feſter Lederlaſche oder Schnallriemen und drei auf der Unterſeite eingeſchraubten Eiſenſti ten mit Anſatz. — H. Schowalter in Ladenburg aN. Heller'ſche Spielwerke, Mit den Heller'ſchen Spielwerken wird die Muſik in die ganze Welt getragen, auf daß ſie überall die Freude der Glücklichen erhöhe, die Unglücklichen tröſte und allen Fernweilenden durch ihre Melodien herzbewegende Grüße aus der Heimat ſende. In Hotels, Reſtay⸗ rationen u. ſ. w. erſetzen ſie ein Orcheſter und erweiſen ſich als beſtes Zugmittel; für obige empfehlen ſich noch beſonders die automatiſchen Werke, bie beim Einwerfen eines Geldſtückes ſpielen, wodurch die Ausgabe in kurzer Zeit gedeckt wird. Die Repertoirs ſind mit großem Verſtändnis zuſammengeſtellt und enthalten die beliebteſten Melodien auf dem Gebiete der Opern⸗, Operetten⸗ und Tanzmuſik, die Lieder und Choräle. Thatſache iſt ferner, daß der Fabrikant auf allen Ausſtellungen mit erſten Preiſen ausgezeichnet, Lieferant aller europäiſchen Höfe iſt und ihm jährlich 14 Tauſende von Anerkennungsſchreiben zugehen. Die Heller'ſchen Spielwerke ſind ihrer Vor⸗ züglichkeit wegen als paſſendſtes Geſchenk zu Weihnachten, Geburts⸗ und Namenstagen, außerdem für Seel ſor ger, Lehrer und Kranke, wie überhaupt jedermann, der noch kein ſolches beſitzt, aufs wärmſte zu empfehlen. Man wende ſich direkt nach Bern, ſelbſt bei kleinen Aufträgen, da die Fabrik keine Nieder⸗ lagen hat. Reparaturen, auch ſolche von fremden Werken, werden aufs beſte beſorgt. Auf Wunſch werden Teilzahlungen bewilligt und illuſtrierte Preisliſten franko zugeſandt. Lie geſtattet küber Eure Geldangelegenheiten!“ fuhr Koſer dann zornig und verlegen fort. „Nicht einmal den Namen Eures Banquiers erfuhr ich je! Freilich ich habe keine Erfahrung in ſolchen Sachen, ich war ſtets ein armer Schlucker und beſaß niemals Schätze, die des Verwaltens werth geweſen — und nun — nun iſt das Unglück da. Was ſoll dann werden, wie ſich die Nachricht wirklich beſtätigen ſollte daß Euer Banquier Euch um Euer Vermögen gebracht hat?“ „Dann müſſen wir uns eben ganz anders einrichten,“ verſetzte Ellinor ruhig. „War es nicht geſtern Abend erſt, wo Du erklärteſt, daß all der Luxus hier Deine Phantaſie erſchlafft hätte. Nun, dieſes Hinderniß dürfte wohl dann beſeitigt ſein. Du wirſt dann vielleicht in Zukunft arbeiten, all Deine Kräfte anſpannen müſſen und Dich dann Deinen großen Zielen nähern.“ „Und Du zweifelſt natürlich und vielleicht mit Recht an mein Können,“ eatgegnete jetzt Koſer ſpöttelnd und ſchien ſeine Ruhe wieder gewonnen zu haben, „aber laß es nur herankommen das graue Geſpenſt der Sorge um das tägliche Brod, ich werde ihm die Stirn zu bieten wiſſen!“ Ein Strahl kühner Entſchloſſenheit brach aus ſeinen Augen. O, wie dieſer Strahl Ellinor beglückte, dieſen entſchloſſenen männlichen Ausdruck hatten ſeine Züge noch nie gehabt, ſeit ſie mit ihm verheirathet war. Es war ihr, als müßten tauſend ſchlummernde Kräfte in dieſem Augenblick bei ihm erwachen, die nur zu lange, lange brach gelegen hatten, nun aber mit aller Macht empor drängten. 5 Am liebſten wäre ſie ihm um den Hals gefallen und hätte ihm verſichert, daß ſie den Glauben an ihn nicht verloren hätte, trotz allem was vorgefallen war. Aber ſie wagte nicht, ihren Gefühlen ſolchen Ausdruck zu geben, dazu ſtanden ſie ſich in ihrem innerſten Empfinden und Urtheilen über die Ideale des Lebens doch jetzt zu fremd gegenüber. Das erſte Vertrauen fehlte den beiden Gatten. Schon ſeit langer Zeit lag etwas zwiſchen ihnen, und Ellinor war eine zu ſcheue, wirklich vornehme und zurückhaltende Natur, um ſolche Schranken leicht im günſtigen Augenblick zu überwinden. Ellinor erwiderte deshalb nur einfach auf Koſers Worte: „Ich glaube an dich, Herbert,“ und dabei ſah ſie ſo glückſtrahlend zu ihm auf, das Koſer ſie verwundert fragte, „ob ſie es ſich dann ſchon etwas klar gemacht habe, was es heiße, ſo plötzlich all den ſüßen luxuriöſen Gewohnheiten des Daſeins der Reichen entſagen zu müſſen.“ „Du kennſt noch keine Entbehrungen, keine Sorgen, Kind,“ ſagte er, und legte, einer plötzlich zärtlichen Regung folgend, als müſſe er ſie ſchützen vor dieſen Härten des Lebens, den Aem um ſie. Ein Gefühl glückſeligen Vertrauens, ſüßer Geborgenheit kam über die junge Frau, als ſie ſo zum erſten Mal ſeit langer Zeit den Kopf an ſeine Schulter lehnte. „Auch ich werde dem grauen Geſpenſt der Sorge die Stirn zu bieten wiſſen,“ ſagte ſie dann ruhig. „Schließlich kann ich ja auch mit meinen Malereien Geld verdienen. Doch jetzt entſchuldige, Herbert, wenn ich Dich verlaſſe, ich muß nothwendig noch zu Mama hinunter, und verſuchen, ſie etwas auf das Unglück vorzubereiten. Sie hat, fürchte ich, noch keine Ahnung von der traurigen Kataſtrophe. Aber ich denke, daß auch unſere gute Mutter der Schlag nicht ſchwer treffen wird!“ „Welche Sorgloſigkeit,“ dachte Koſer, als Ellinor gegangen war. „Iſt dieſelde eine Folge des Reichthums, eines Daſeins, das bis jetzt unbekannt mit allen Geldſorgen geblieben iſt, oder iſt es die Charakterſtärke einer edlen, großen Sonnta vornehmen Natur, die es für unwürdig hält, über 6 Dinge zu klagen, die nicht zu ändern ſind. Es 141 ſcheint wohl das Letztere der Fall zu ſein.“ hne ur, Mit Beſchämung dachte Koſer in dieſem Pachlges Augenblick daran, wie charakterſchwach er ſich ſo oft ſeiner Frau gegenüber gezeigt hatte. Eine heiße Blutwelle ſtieg in ſein Geſicht bei u dieſer Erinnerung, und dann flammte es kühn und 0 ſtolz auf in ſeinen Augen. Nein, noch war er nicht verloren! Noch hatte 1 er Kraft und konnte kämpfen und arbeiten! Noch hatte das Leben im vollen Genieſen des Reichthums nicht alles höhere Streben in ihm ertödtet, noch vermochte er ſich aufzuraffen und dem Schickſal, dug hierm n ergebene gentici geſtalte es ſich nun, wie es wolle, kühn die Stirn bel zu bieten. fe Nur nicht noch einmal im Leben erröthen vor ſeiner Frau, ſich beſchämen laſſen von ihr! Dieſer back Gedanke ſchien ſein beſſeres Ich gewaltſam auf⸗ zurütteln, ſein Mannesſtolz, ſeine Thatkraft, Alles erwachte in dieſer ſtillen Nachtſtunde, und das Welten bezwingende Wort: „Ich will!“, welches jedem Männerantlitz, wenn es darin geſchrieben ſteht, hohen Reiz verleiht, wollte auch in ſeinen Zügen ſich heute eingraben, als er am Fenſter lehnend in die helle Sternennacht hinausblickte. Koſers vergangenes Leben zog an ſeinem Geiſt vorüber. Jahre der Noth, der Entbehrung, aber vom Glanz ſtolzen Jugendhoffens umſtrahlt, tauchten auf aus dem Schooß der Vergangenheit. a Dann kam jene beglückende Zeit ſeiner erſten ſchriftſtelleriſchen Erfolge wo er geglaubt hatte eine Welt erobert zu haben. Gortſezung folgt.)