9 er den commandirenden General Generaloberſten Grafen Walderſee durch einen zweiſtündigen Beſuch auszeichnete. Kurz nach 8 Uhr Abends traf Se. Majeſtät wieder im Neuen Palais bei Potsdam ein. Verſchiedenes. — Mannheim, 28. Nov. Im Rangir⸗ bahnhofe trennte geſtern Abend eine Maſchine dem verheiratheten 35 Jahre alten Bremſer Joſef Seubert als dieſer ein Geleiſe überſchreiten wollte, Hände und Füße vom Körper. Der Unglückliche war ſofort tot. — Mannheim, 30. Nov. Zwei Perſonen beim Schlittſchuhlaufen ertrunken. Ein ſchweres lnglück ereignete ſich geſtern Abend bei Munden⸗ eim. Auf dem dortigen Herrn Ludowici gehörigen Weiher gaben ſich der 16jährige Otto Teubner und der 15jährige Johann Keupp, beide von Ludwigshafen, dem Schlittſchuhlaufen hin. Plötzlich brach das Eis ein und die beiden Burſchen anken unter. Der am Ufer ſtehende jüngere Bruder des Keupp ſprang ins Waſſer, um ſeinen Bruder zu retten, wäre aber beihnahe ebenfalls rtrunken, wenn nicht hinzukommende Leute ihm in Seil um den Leib geworfen und ihn dadurch erettet hätten. Die Leichen der beiden Ertrunkenen ſind noch nicht geländet, da der Weiher während der Nacht feſt zugefroren iſt. — Heidelberg, 29. Nov. Der Triumph er Elektrotechnik iſt nach der Entdeckung der öntgenſtrahlen für die mediziniſche Wiſſenſchaft zweifellos die direkte Durchleuchtung des menſchlichen Körpers. Während die Experimente ſich bisher nur auf Verwendung des photographiſchen Appa⸗ ates zum Zweck der Wiedergabe von Körper⸗ ttheilen beſchränken mußten, iſt es dank der fort⸗ geſetzten Verbeſſerung der techniſchen Hilfsmittel jetzt gelungen, mittels des bloßen Auges einen Einblick in den Organismus des Menſchen zu gewinnen. Wir hatten hier Gelegenheit, wird dem „N. M. Vbl.“ geſchrieben, einigen Demon⸗ ſtrationen beizuwohnen, die Herr Dr. Roſenthal, der Phyſiker der elektrotechniſchen Fabrik von Reiniger, Gebbert und Schall in Erlangen, in dem Hygiene Inſtitut in Heidelberg geladenen Gäſte vorführte. Die anweſenden mediziniſchen Gelehrten, darunter Herr Profeſſor Dr. Loſſen, zeigten ſich über die Präziſion der Durchleuchtung außerordentlich befriedigt; der diagnoſtiſche Werth der Unterſuchung iſt auch dem Laien verſtändlich. 1 uhr nach Altona ab, wo 9 0 — Karlsruhe, 28. Novbr. Karl Egon, Fürſt zu Fürſtenberg, iſt geſtern Abend in Nizza geſtorben. 5 Der Verſtorbene war ſeit einiger Zeit leidend, doch hat man nicht geglaubt, daß die Krankheit ſo ernſt ſei. Er war geb am 25. Auguſt 1852 und lebte in kinderloſer Ehe mit Dorothee Taleyrand⸗Perigord, des Herzogs von Sagan Tochter. Nach dem Tode des Freiherrn v. Hornſtein vertrat er den heimiſchen Wahlkreis (II. Baden) im deutſchen Reichstag, wo er wie ſeine Vorgänger fraktionslos blieb. — Berlin, 28. Nov. Die Getreidefirma Otto Heymann iſt zahlungsunfähig geworden. Die Verbindlichkeiten betragen angeblich über drei Millionen. Der hieſige Platz ſoll nicht hervorragend in Mitleidſchaft gezogen ſein. — Budapeſt, 30. Nov. Bei Durapente explodirte laut „Frankf Ztg.“ auf der Eiſen⸗ bahnſtrecke eine Lokomotive⸗ Der Heizer, der Lokomotivführer und ein Ingenieur wurden getödtet. — New⸗Nork, 29. Nov. Nach hier ein⸗ getroffenen Meldungen wüthete in den Thälern des Miſſouri und Miſſiſfippe und zwar haupt⸗ ſächlich in Minneſota, Dakota, Montane und Ideho ein Schneeſturm. Der Schnee liegt ſtellen⸗ weiſe 5 Meter hoch. Es herrſcht große Kälte. Die Eiſenbahnzüge treffen entweder gar nicht, oder mit Verſpätung ein. Viel Vieh iſt zu Grunde gegangen. 5 Menſchen ſind erfroren. Man befürchtet, daß noch mehr Perſonen ums Leben gekommen ſind. Hamburg, 30. Nov. Die Zahl der am Ausſtand Betheiligten iſt vom Ausſtandsaus⸗ ſchuß noch nicht feſtgeſtellt worden. Geſtern ſoll die Zahl auf 13,000 angewachſen ſein, darunter 8000 Verheirathete mit 17,000 Kindern. Morgen beginnen die Unterſtützungen; ſie betragen für Unverheirathete 8 Mk., für Verheirathete 9 Mk. und für jedes Kind 1 Mk. in der Woche. Die Ausſtändiſchen glauben, dieſe Unterſtützungen drei bis vier Wochen aufrecht erhalten zu können. Die Lagerhausgeſellſchaften haben ihre Leute, die die Arbeit nicht niedergelegt hatten, entlaſſen und laſſen den Betrieb vollſtändig ruhen. Die Arbeiter verhalten ſich andauernd ruhig. — Die wirtſchaftliche Lage in Süd⸗ afrika verſchlimmert ſich. Tauſende von lang⸗ anſäſſigen Koloniſten die vor einem Jahre noch wohlhabende Leute waren, ſind heute faſt zu ettlern geworden und ſchicken ſich an, aus Ver⸗ zmeiflung dem Lande der guten Hoffnung den Rücken zu kehren. Die Eingeborenen ſind in vielen Gegenden der Hungersnot ausgeſetzt. So kommt von dem Zoutpansbergbezirk die Nachricht daß die Bewohner darauf angewieſen ſind, Hen. ſchrecken, Wurzeln, Knollen und Eidechſen als Nahrungsmittel zu verwenden. Einige klopfen und kochen ſogar Baumwurzeln, und die Kraal⸗ Kaffern, die ſich ſonſt durch Heilighaltung des Familienlebens auszeichnen ſenden den Weißen ihre Frauen und Töchter im Austauſch für ein wenig Mehl. Vom Calvina⸗Diſtrikte berichten die Farmer, daß die meiſten von ihnen alles verloren haben, daß infolge des Ausbleibens des Winter⸗ regens die Ernte fehlgeſchlagen iſt, und daß die meiſten Pferde, Rinder und Schafe umgekommen ſind. Die Weißen haben ſogar ihre Eſel töten müſſen, um ihre Familien vor dem Verhungern zu bewahren. In den Bergwerksbezirken ſteht es nicht beſſer. Im vergangenem Jahre ſind Hunderte von Beſitzungen auf Spekulation für Bergwerkszwecke gekauft worden. Natürlich fand ſofort ein großer Andrang von Arbeitskräften nach den betreffenden Bezirken ſtatt. Aber die Direktoren dieſer Unternehmungen ſind jetzt zu der Einſicht gekommen, daß ſie erſt Tauſende von urn Pfunden für Schachte und Maſchinen werden aus⸗ 5 geben müſſen, ehe ihnen der Mineralreichthum u 1 gute kommen kann. Ihre Kapitalien ſind aber n bereits erſchöpft und neue Hilfsmittel ſind augen⸗ blicklich nicht aufzutreiben. Infolge deſſen ſind len viele dieſer Minen bereits geſchloſſen worden, und ſelbſt dieſenigen, die ſchon einige Erfolge aufzuweiſen hatten, ſind gezwungen, wegen der ur hohen Nahrungsmittelpreiſe die Arbeit einzuſtellen. Bei einem Preiſe von 50—60 Mk. für den Sack Mehl iſt die Unterhaltung der Kaffern⸗Arbeiter fl zur Unmöglichkeit geworden. Und ſo ſind Kapſtadt 1 ſowohl wie Johannisburg bereits mit Weißen ſelbſ überfüllt, die keine Arbeit mehr finden können dei und ſich auf die öffentliche Wohlthätigkeit an⸗ gewieſen ſehen. — Heiteres. Ein neuer Verein. Fräulein Eulalia Berg iſt endlich in den Hafen der Ehe eingelaufen und erhält unter anderen Hochzeits⸗ geſchenken auch ein Photographiealbum mit zahl⸗ reichen Bildern das die Aufſchrift trägt: „Gewidmet vom Verein ehemaliger Verehrer des Fräulein Eulalia Berg.“ N 3 weniger zu hoffen, daß er ſich dazu ſammelt, mit Ausdauer etwas Großes zu ſchaffen. Er müßte lernen mit ſeinem Herzblut zu ſchreiben, dann würde er ſicher bei ſeinem unbeſtreitbaren Talent der Welt noch einmal Großes bieten.“ „Das wird er wohl ſchwerlich lernen,“ meinte Fräulein Klein, „ich wußte es von vornherein, wie es kommen würde, als er die reiche Ellinor Straten heirathete; man hat das ja ſchon oft genug beobachten können, wie ſolche ſonſt ſo guten, einfachen, klein denkenden Frauen ihre Männer ſo nach und nach herabziehen in ihre Sphäre.“ „Frau Doktor Koſer zählt aber nicht zu dieſen Frauen!“ rief Berner, „von ihr grade hoffe ich jetzt Rettung für ihn und ſein Talent.“ Um Fräulein Kleins Lippen zuckte es ſpöttiſch. „Da wünſche ich nur, daß Sie ſich nicht täuſchen in dieſer ſanguiniſchen Hoffnung,“ ſagte ſie, „und mir nicht doch ſchließlich recht geben müſſen.“ Ellinor war unterdeß an der Seite ihres Mannes ziellos durch die belebten Wege des Parkes geirrt, jetzt waren ſie in der Nähe einer Muſik⸗ kapelle angelangt, die ſüße Melodie des Brautchors aus Wagners Oper Lohengrin tönte durch die laue Abendluft. Die herrliche Melodie zauberte der jungen Frau ihren Hochzeitstag vor die Seele. Wie ſelig, wie feſt an ihr Glück glaubend, hatte ſie damals dieſen Klängen gelauſcht, und heute? War dieſer Glaube nicht ſchon zu ſchanden geworden? Scheu ſah ſie auf zu ihrem Mann, auf deſſen Zügen noch die ganze Erregung lag, mit welcher er ſich von dem Tiſch vorhin erhoben und fort⸗ gerannt war. a „Dieſes Gezücht!“ ſtieß er jetzt heftig hervor, indem er ſeinen unſtäten Blick zurückſchweifen ließ nach jener Richtung, wo die von ihm ſo rückſichtslos fürchten, daß ich ſie doch alle in den Schatten zu ſtellen vermag. Solche Ruhmeserfolge, wie ſie erreicht haben, würden mir doch nie genügen. Was ſiehſt Du mich aber ſo verſtört an, Ellinor. Denkſt Du ich rede irre!“ „Aber Herbert, ich bitte Dich, ſprich nicht ſo laut und ſo ſeltſam. Man achtet ſchon auf uns,“ ſagte Ellinor und ſuchte ihn nach dem Ausgang des Parkes hinzudrängen. Hatte ſie den Ausgang erſt erreicht, dann konnten ſie in eine Droſchke ſteigen und heimfahren. Wie erleichtert athmete ſie auf, als ſie dieſes Ziel erreicht, und den Park mit ſeinem Menſchengewühl, dem elektriſchen Licht und der ſchmetternden Militairmuſik glücklich hinter ſich hatte, und ſie beide ihrer Wohnung zufuhren. Für ein bedrücktes Herz können gerade ſolche Stätten zu einer wahren Qual werden, und Ellinors Herz war ſehr bedrückt. Wie ſollte das noch enden? Wenn dieſe Gereiztheit ihres Mannes ſich noch ſteigerte, dann konnte ſie ja noch auf ſchreckliche Scenen gefaßt ſein. Die kurze Fahrt war bald zurückgelegt, Koſer hatte unterwegs wenig geſprochen, erſt jetzt, als ſie beide allein im Salon waren, gab er ſeiner gereizten Stimmung wieder Worte: „All' dieſer weichliche, weibiſche Luxus, mit dem Ihr mich hier umgeben habt, hat auch dazu beigetragen, meine Phantaſie zu erſchlaffen!“ brach er plötzlich laut ſchreiend los, während er wie raſend in dem eleganten Raum auf und ablief. „O, ich wollte, ich ſäße wieder allein in meiner Junggeſellenklauſe, aller Feſſeln ledig, und meine, Phantaſie trüge mich weit, weit hinweg über all die Erbärmlichkeiten des Menſchenthums, über das ganze nichtige Daſein,“ klagte Koſer dann bald darauf ſentimental und ſank auf einen Seſſel. verlaſſene kleine Geſellſchaft ſaß; ſie möchten mir den Glauben an mein Können zerſtören, weil ſie „Solche Befreiung für ſich und ſeine Zeitgenoſſen, das iſt der höchſte Triumph des Schriftſtellers, erlöſend befreiend muß er wirken, aber das kann er nur, wenn er ſelbſt frei iſt und ohne Feſſeln daſteht.“ „Herbert!“ klang es jetzt in dem Salon. Es war halb ein Laut des Schmerzes, halb des Zornes, mit dem Ellinor ſeinen Namen jetzt rief. Er ſprach von Befreiung und kannte ſelbſt nicht einmal die wirklichen Feſſeln, welche die Schwingen ſeiner Phantaſie lähmten und immer lähmen würden, wenn er ſie ſelbſt nicht energiſch abſchüttelte. Seine grenzenloſe Eitelkeit, ſeine oberflächliche Genußſucht, die ganze leichte Art und Weiſe, wie er das Leben jetzt auffaßte, und die Angſt, mit der er alle Tiefen und Kämpfe des Daſeins zu vermeiden ſuchte, das waren Koſers Feſſeln dagegen galt es zu kämpfen. Nun, der Zeitpunkt war wohl nun gekommen, um den Rettungsweg einzuſchlagen, auf den Berner hingewieſen hatte. Ein feſter Entſchluß leuchtete in Ellinors Augen auf. O, den verirrten Mann retten, ihn ſeiner hohen Beſtimmung wieder é zuführen dürfen! Welch ſchöne, beglückende Miſſton bali war dies für ſie, und dafür dünkte ihr kein Opfer in wi zu groß! Es war ein faſt ſtrahlender Blick, den Ellinor jetzt auf Koſer richtete, der an einem Marmortiſch lehnte und gedankenlos auf einige Bilder und Photographien großer Künſtler ſtarrte. Starr blickte Koſer jetzt ſogar auf das geheimniß⸗ volle Bild der Schickſalsgöttinnen, die da ſo gelaſſen an den Schickſalfäden der Menſchen ſpannen. „Beſinne Dich doch auf Dein beſſeres Ich, Herbert,“ ſagte ſie jetzt, indem ſie zu ihm herantrat; „an Dir allein liegt es, daß ſolch ein Tag wie der heutige kommen mußte. Denke an die einſame Mühle, wo wir beide eine kurze Zeit ſo glücklich waren — bis 955