wurger Wochenblatt Anzeigen: Die einſpaltige Corpuszeile oder deren 0 Naum 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg., Reklamen 20 Pfg. Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unter- haltungsblatt Mark 1.40, frei ins Haus. Für die Redaction verantwortlich: Karl Molitor W Ladenburg. — — Druck und Verlag von Karl Molitor, 1 Ladenburg. Mittwoch, den 25. November —— 1896. Der Friede von Addis ⸗Abheba. An anderer Stelle haben wir bereits früher itgetheilt, daß Italien mit ſeinem Feinde in Afrika, dem Negus Menelik von Abeſſynien, einen Friedensvertrag abgeſchloſſen hat. Der Vertrag, welcher vom 26. Oktober datirt iſt, beendet zunächſt u Kriegszuſtand. Er beſeitigt, wie wir ſchon Sführlich unſeren Leſern mitgetheilt haben, den ertrag von Utſchialli, ſchafft alſo das Protektorat kaliens über Abeſſynien ab und ſetzt die voll— ändige Unabhängigkeit Meneliks feſt. Der Vertrag Nahe 10 st zwar die endgiltige Feſtſetzung der Grenzlinie 1 Abeſtimmt, ſpricht ſich aber dagegen aus, daß 2 BDI die Italjener von dieſer endgiltigen Grenzfeſt⸗ 10 zung Gebiete Landes an eine andere Macht ahtreten dürfen. Außerdem ſollen Beziehungen 5 Kehmg iſchen Italien und Abeſſynien angeknüpft werden. Ein ſolcher Vertrag, in welchem Italien auf eine früheren Anſprüche in Afrika vollſtändig erzichtet, läßt ſich nur dadurch erklären, daß das alieniſche Volk und ſeine leitenden Perſönlichkeiten ie Nutzloſigkeit eingeſehen haben, ſolche Anſprüche auf die Dauer zu erheben. Italien hat im Innern ſeines eigenen Landes ſo viel zu reformieren und zu verbeſſern, daß es gar nicht die Kräfte und as Geld aufwenden kann, die ein erfolgreicher rieg mit Menelik nöthig macht. Es wird dem önig Humbert wohl ſchwer geworden ſein, die intent Qualiiin 0.1.80 * 5 U junger Durch drei ſchwere Niederlagen — Amba Aladſchi un 0 Makalle — Adua — arg beſchädigte Waffen⸗ 0 re der Italiener durch einen Sieg über ſeine ſclechs nE, Feinde wiederherzuſtellen. Aber der Friede war range, le kun einmal unumgänglich nothwendig. Die hig ud ai öffentliche Meinung verlangte ihn, das italieniſche kaun n Volk drängte nach ihm. Mit dieſer Volksſtimmung inem ſehr weſentlichen Factor in Italien, mußte önig Humbert rechnen, und ſo ſchickte er ſich in das Unvermeidliche, das er doch nicht ändern eee wender. ————— konnte. Aber wenn auch Italien den Anſpruch, in Afrika eine Colonialmacht erſten Ranges zu ſein, aufgiebt, ſo kann es andererſeits dadurch, daß es jetzt Gelegenheit hat, in der Beſſerung ſeiner Finanzlage ernſtlich fortzuſchreiten und ins⸗ beſondere der Ausgleichung der ſozialen und wirthſchaftlichen Gegenſätze ſein Augenwerk zuzu⸗ wenden an innerer Solidität und Feſtigkeit be⸗ deutend gewinnen. Italien iſt ja augenblicklich finanziell ſo heruntergekommen u abgewirthſchaftet, daß man kaum begreift, wie es möglich iſt, daß die durch communale und ſtaatliche Steuern ber⸗ armten Bewohner noch neue Geldopſer aufbringen können, um den läſtigen italieniſchen Geldver⸗ pflichtungen zu genügen. Die italieniſchen Pacht⸗ bauern ſind die ärmſten Leute, denen die adeligen Großgrundbeſitzer in der Stadt das Leben recht ſauer machen. Einen wirklichen Bauernbeſtand kennt man jenſeits der Alpen faſt gar nicht. Ja man begegnet Anſichten, welche behaupten, daß Italien, das keinen geſunden Kleinbürger⸗ und Kleinbauernſtand aufzuweiſen hat, ſeinem voll⸗ ſtändigen Ruin entgegen gehe. Ein geſunder Mittelſtand, welcher die Regierungspolitik unter⸗ ſtützen und ihr innere Feſtigkeit verleihen könnte, thut Italien Noth. Dieſe innere Feſtigkeit aber, die ſich auf geſunde pekuniäre und ſociale Ver⸗ hältniſſe gründet, muß Italien ſich unbedingt zu verſchaffen ſuchen. Die Stärke des Landes beruht nur in zweiter Linie auf ſeinen Armeecorps und ſeiner Flotte. Das Renommce einer Nation wird nicht immer und nicht hauptſächlich durch militär⸗ iſche Siege hervorgebracht. Geſunde wirthſchaftliche Verhältniſſe ſind das erſte Erforderniß für eine Nation, welche mit den übrigen in friedlichen Wettbewerb treten will. Nicht blos das, was Italien für ſeine Armee, ſondern vielmehr und vor Allem das, was es zur Erlangung einer geſunden wirthſchaftlichen Baſis thut, wird dem ere neee nee de dee deer Rufe des italieniſchen Volkes dienlich ſein. Und wenn es den Frieden von Addis⸗Abeba zu dieſen Reformen benützt, dann muß ſich ſchließlich eine allmähliche Beſſerung bemerkbar machen. Wünſchen wir, daß Italien, unſere Bundesgenoſſe, die Zeit des Friedens wohl anwendet. Politiſches. Paris, 21. Nov. In der Kammer richtete beim Etat des Auswärtigen Millerand die Frage an die Regierung, ob zwiſchen Frankreich und Rußland eine Militärconvention oder ein Vertrag abgeſchloſſen worden ſei, und welche Tragweite derſelbe habe. Hanotaux antwortete, Frankreich habe in den Empfang der hohen Gäſte eine ſo herzliche und würdige Note gelegt, daß die ganze Welt habe fühlen müſſen, die Begegnung zwiſchen einem großen Herrſcher und einem großen Volke ſei ein feierlicher Akt. Man fordere von der Regierung Aufklärungen, die man nicht von früheren Regierungen gefordert habe. Was öffentlich aus⸗ gedrückt werden könne und dürfe, ſei in gemeſſenen, vorbedachten und beſtimmten Worten durch den Kaiſer von Nußland und den Präſidenten der Republik in Cherbourg, Paris und Chalons geſagt worden. Der Miniſter halte ſich an dieſe Erklär⸗ ungen und werde nichts über die Entente hinzu⸗ fügen, die Niemand heute mehr leugnen oder ernſtlich in Zweifel ziehen könne. (Beifall. Zuruf der äußerſten Linken: Wir ſind jetzt gerade ſo weit wie vorher!) Petersburg, 21. Novbr. Die ruſſiſch⸗ „Petersb. Ztg.“ führt aus, die Erklärungen im deutſchen Reichstag bezüglich der Hamburger Ent⸗ hüllungen ſeien ein Beweis für die beachtens⸗ werthe Stellung Deutſchlands in Europa. Dieſer Beweis für das ruhige Selbſtbewußtſein und die Macht Deutſchlands trage viel zur allgemeinen Beruhigung bei. Deutſchland habe das Gewicht Stationen der Seligkeit. Novelle von F. Stöckert. 6. Fortſetzung. Die Kunſtausſtellung, von der ſie, da ſie dieſelbe ſchon öfters beſucht, zu erzählen begann, kregte ja anfangs ihres Schwiegerſohnes Intereſſe, doch als ſie dann ein reizend originelles Genrebild schrieb, das Fräulein Klein dort ausgeſtellt hatte ud welches vom Publikum förmlich umlagert wurde, a flog es wie finſterer Schatten über Koſers Geſicht. Bon den Erfolgen Anderer zu hören, da ſchien er icht gut mehr vertragen zu können und ihn wirkliche hervös zu machen. „Da müſſen wir doch in den nächſten Tagen hingehen,“ ſagte aber Ellinor unbefangen, „und Deiner alten Verehrerin Werk bewundern.“ f „Es wird auch nur Dilettantenwerk ſein, wie die meiſten Schöpfungen ſolcher kunſttreibenden Damen, die dann Himmel und Erde in Bewegung u ſetzen verſtehen, um es zu irgend einem Erfolg zu bringen.“ ö „Das Publikum bewundert doch aber ihr Bild, wie Mama ſagt, und das kann Fräulein Klein doch allein durch die Vorzüge des Bildes gewinnen,“ bemerkte Ellinor. . N Koſer lachte höhniſch und ſagte: „So, meinſt Du, das ſei die Wahrheit? Grade das Publikum ſt ſehr leicht zu leiten wohin man es haben will. Kri 5 türlich tſchgt chu the 770 de kuf 10 4 5 geen l, i tiker einer großen Zeitung braucht da nur ins Allarmhorn zu ſtoßen oder um mit dem Luſtſpieldichter Blumenthal zu reden, die große Glocke in Bewegung ſetzen; dieſem Bim⸗Bam⸗ Baum laufen dann die Herdenmenſchen nach wie die Schafe dem Glöckchen ihres Leithammels.“ „Welche Bittetkeit liegt in Deinen Worten, Herbert! Warum gönnſt Du Fräulein Klein, die wahrhaftig bis jetzt vom Glück nicht ſehr begünſtigt wurde, nicht den Erfolg? Sprichſt ihr denſelben ſogar ab, ohne auch nur ihr Werk geſehen zu haben 15 entgegnete Ellinor vorwurfsvoll. „Weil ich Welt und Menſchen kenne, Kind!“ gab Koſer mit überlegenem Lächeln zurück. „Aber wir können uns ja das Bild morgen anſehen, und ich verſpreche Dir, mein hartes Urtheil zurück⸗ zunehmeu, wenn das Bild von Fräulein Klein wirklich ein Kunſtwerk iſt.“ Ob er Wort halten wird? fragte ſich die junge Frau zweifelnd, als ſie mit ihm am nächſten Tage die Kunſtausſtellung beſuchten. Zunächſt wurde von den Bildern wenig Notiz genommen, da ver⸗ ſchiedene Bekannte das Ehepaar begrüßten, unter andern auch Fräulein Klein. Mit ſtrahlenden Blicken, mit dem Ausdruck ſtolzer Befriedigung ſtand ſie vor ihnen. Wie triumphirend ſie mich anſchaut, dachte Koſer, während Ellinor mit der Malerin voranging. Einige Augenblicke ſpäter ſtanden ſie vor dem Bilde Fräulein Kleins, und wenn Koſer ehrlich war und gerecht urtheilte, mußte er eingeſtehen, daß das Bild wirklich ein Kunſtwerk in ſeiner Art war. Dieſe Dorfkinder in ihrem Sonntagsſtaat, die da bewundernd ein ſtädtiſch geputztes kleines Mädchen umringt hatten, waren auf dem Gemälde von einer Natürlichkeit, daß ſie wie lebend aus dem Bilde herausſchauten. Dazu war das kleine geputzte Mädchen ein ergötzliches Bild kindlicher Eitelkeit und Selbſtgefälligkeit. Die anſpruchsloſe Umgebung des Bildes war ein ländlicher Garten mit ein paar blühenden Bäumen; dieſelben waren aber ſo trefflich gemalt, daß der ganze Zauber eines Frühlingstages damit über den Beſchauer ausgegoſſen war, man glaubte förmlich die warme von Blüthenduft erfüllte Luft einzuathmen. Was ferner an dem Bilde ſo feſſelnd wirkte, war hauptſächlich das Ungeſuchte, alle Effecthaſcherei war vermieden. „Nun, was ſagſt Du nun dazu, Herbert? Iſt es nicht ein ganz bedeutendes Kunſtwerk, trotz des einfachen Motivs?“ fragte Ellinor ihren Gatten. „Sehr nett, ganz allerliebſt,“ erwiderte er glatt und kühl. Ein verächtlicher Blick der Malerin ſtreifte ihn. Wer je ein Kunſtwerk zu ſchaffen geglaubt und hört vann derartige im gleichgiltigſten Ton geſprochene Worte, der hat in der Regel ein Empfinden als wollten rauhe Hände ihm ſein Beſtes rauben, ihn aus glückſeligen Höhen hinabſchleudern