an * haltungsblatt Mark 1.40, frei ins Haus. Für die Redaction verantwortlich: Karl Molitor U eee, No. 92. — — — —— — . 0 tßc———— Schon Wan 808 Politiſches. Karlsruhe, 11. Nov. Das Fortſchreiten Jol der Geneſung des Großherzogs iſt andauernd befriedigend. Das Allgemeinbefinden hat ſich ſo weit gekräftigt, daß der Großherzog ſchon 4—5 Stunden des Tags außer Bett zubringen kann. Geheimrath Dr. Czerny hat ſich geſtern von dem guten Verlauf des örtlichen Heilungsprozeſſes 19 und die chirurgiſche Behandlung abge⸗ oſſen. lr d Privatdocent Dr. von Beck, welcher 3 bisher auf Schloß Baden geweilt hat, iſt heute 36. nach Heidelberg zurückgekehrt. Die weitere Be⸗ t handlung wird durch Profeſſor Dr. Fleiner und Hofrath Dr. Obkircher geführt werden. bett — Berlin, 11. Nov. Der Reichstag hat . am Dienstag Nachmittag ſeine Arbeiten ohne jede Feierlichkeit mit der Specialberathung der Novelle F 0 zu den Juſtizgeſetzen wieder aufgenommen. Präſi⸗ dent Dr. Buol begrüßte kurz die ſpärlich genug ungez keſchzenenen Reichsboten, hierbei der Erwartung eines baldigen zahlreichen Erſcheinens der Abge⸗ A ü deeordneten Ausdruck verleihend. Dann gab er noch nige geſchäftliche Mittheilungen, worauf das Haus in die Plenarberathung der genanten Vorlage intrat, und zwar bei § 8 des Gerichtsverfaſſungs⸗ gesetzes, wozu von ſozialdemokratiſcher Seite ver⸗ chiedene Abänderungs⸗ Anträge vorlagen. Die chen, bett N la, gemein einförmig verlaufende Discuſſion wurde hel durch ein knappes Referat des Commiſſionsbericht⸗ erſtatters Abgeordneten Lenzmann (freiſ. Volksp.) unen, ag eingeleitet, worauf der Sozialdemokrat Stadthagen % Miu it einer breitſpurigen und ermüdend wirkenden ern geſill Darlegung und Vertheidigung der von ſeiner Partei 1 zu 5 8 beantragten Abänderungen folgte. Seinen det Ausführungen widerſprach der preußiſche Juſtiz⸗ mniſter Schönſtedt, betonend, daß die ſozial⸗ demokratiſchen Abänderungsvorſchläge auf keiner achnahne anderen Seite Anklang gefunden hätten. Dieſelben Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unter⸗ Anzeigen: Die einſpaltige Corpuszeile oder deren Raum 10 Druck und Verlag von Karl Molitor, Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg., Reklamen 20 Pfg. Ladenburg. —— Samstag, den 14. Nouember 1896. wurden denn auch bei der Abſtimmung abgelehnt, worauf § 8 (Vorſchriften über Abſetzbarkeit und Verſetzbarkeit der Richter) unverändert nach den Commiſſionsbeſchlüſſen die Zuſtimmung des Hauſes fand. Gleichfalls unverändert genehmigt wurden eine ganze Reihe weiterer Paragraphen, nur den § 63a (Einſpruchsrecht des Oberlandesgerichts⸗ präſidenten gegen die Geſchäftsvertheilung) ſtrich das Haus. Bei § 77 (Zahl der Richter in den Civil⸗ und Strafkammern) trat Vertagung der Sitzung ein, nachdem zuvor Abg. Rembold (Centr.) in längerer Rede ſeinen Antrag auf Hinzuziehung von 2 Schöffen zu den Hauptverhandlungen der Strafkammer begründet hatte. Dem Reichstage ſind bei ſeiner Eröffnung von neuen Vorlagen die Novelle zum Poſtdampfer⸗ geſetz und die Bundesraths⸗Vorſchriften wegen Abänderung der Beſtimmungen über die Sonntags⸗ ruhe zugegangen. Der Reichshaushaltsetat für 1897/98 war am Dienstag vom Bundesrathe noch nicht völlig fertiggeſtellt, zweiffellos wird er aber dem Reichstage nächſter Tage zugehen. Auch verſchiedene Initiativanträge ſind ſchon an ihn gelangt, u. A. der vom Bund der Landwirthe beantragte Geſetzentwurf über die Abänderung der Invaliditätsverſicherung, ſowie ein Antrag Plötz u. Gen., welcher hauptſächlich verſchärfte Beſtimmungen über den Verkehr mit Weinſurro⸗ gaten vorſchlägt Von bemerkenswertheren Inter⸗ pellationen ſtehen, eine ſolche des Centrums über die Enthüllungen in den „Hamb. Nachr.“ und eine Interpellation der Freiſinnigen über den Fall Brüſewitz zu erwarten. Uebrigens beruht die Meldung des „Bad. Landesboten“, Lieutenant v. Brüſewitz ſei vom Kriegsgericht wegen Tödtung des Mechanikers Siepmann zu 6 Jahren Feſtung unb Entfernung aus dem Heere verurtheilt worden, auf ganz uncontrollirbaren Gerüchten. — Der Senſationsproceß gegen den bekannten homöopathiſchen Arzt Dr. Volbeding in Düſſeldorf und ſeine hervorragendſten Gehilfen hat mit der Verurtheilung des Hauptangeklagten Dr. Volbeding zu 4 Jahren 1 Monat Gefänaniß wegen fortge⸗ ſetzten Betrugs, fahrläſſiger Tödtung u. ſ. w. geendet. Die Mitangeklagten Volbedings, Könnicke und Wingerath, wurden zu 6, reſp. zu 2 Monaten Gefängniß verurtheilt. — Ein deutſch⸗portugieſiſcher Zwiſchenfall wird aus Südafrika gemeldet. Der deutſche Vice⸗ conſul in Lorenzo-Marquiz, Graf Pfeil, wurde auf der Fahrt nach Prätoria von portugieſiſchen Eiſenbahnbeamten und Poliziſten angegriffen und verwundet. Der portugieſiſche Gouverneur ließ dem Grafen Pfeil ſofort ſein Bedauern über den Vorfall ausdrücken und verfügte die Verhaftung der ſchuldigen Beamten. N Berlin, 11. Novbr. Dem Reichstag iſt jetzt der Antrag Ploetz und Genoſſen betr. den Verkehr mit Erſatzmitteln des Weines und deren Beſteuerung, ſowie die beſondere Beſteuerung des bei der geſetzlich zuläſſigen Weinvermehrung ver⸗ wendeten Zuckers zugegangen. Darnach ſollen bekanntlich Getränke, welche in anderer Weiſe als durch altkoholiſche Vergährung des Saftes friſcher Weintrauben hergeſtellt ſind, den Namen Vinoſine führen. Die Herſtellung der Vinoſine in Gelaſſen, welche dem Ausſchank und Kleinverkauf von Wein und Obſtmoſt oder dem Handel mit dieſen Ge⸗ tränken dienen, iſt verboten, ſofern nicht die Steuerbehörde Ausnahmen geſtattet. Den Wirthen, Kleinverkäufern und Händlern iſt die Herſtellung der Vinoſine in von den ſonſtigen Gewerbegelaſſen völlig getrennten Räume geſtattet. Weiter enthält der Antrag Vorſchriften über die Herſtellung und den Verkauf von Vinoſine. Hamburg, 12. Nov. Die „Hamb. Nachr.“ beſprechen die im Reichstage eingebrachte Inter⸗ pellation des Centrums und glauben kaum, daß obe l hein UI 5 9 2 Stationen der Seligkeit Novelle von F. Stöckert. . Fortſetzung. e Es war gut, daß Ellinor den Blick nicht ſah, den dieſe moderne Herodias bei dieſen Worten auf hren Mann warf, ſie hätte dann die erlauſchte erhaltung vielleicht nicht ſo harmlos aufgefaßt, 3. 0 hie ſie es that, ſo war es für ſie nichts als die 0 lichte, prinkelnde Unterhaltung der beſſeren Ge⸗ 1 ſchaftskreiſe, die ihr hier in dieſer welt⸗ Ageſchiedenen Einſamkeit etwas fremdartig in die Ohren klang. „Aber wo iſt denn die Frau Gemahlin?“ ragte Frau von Frege jetzt; „arbeitet ſie auch?“ „Gewiß, Ellinor malt, und zwar mit wahrhaft ührendem Eifer, ſie möchte alle ſchönen Punkte hier als bleibende Erinnerung feſthalten.“ „Ach, das reine Idyll!“ rief Frau von Frege. Fern der profanen Welt lebt man bei Milch und Brot nur den ſchönen Künſten und wir Unſeligen Ringen hier hinein, und tragen die ganz Unruhe der Welt in dieſes Paradies, ja wir haben ſogar Re ſchändliche Abſicht, Sie daraus zu verjagen!“ „Ohne daß wir uns einer Sünde ſchuldig irn machten, gnädige Frau ?“ fragte Koſer lächelnd. irn 5 „Von dem Baum der Erkenntniß ſcheinen Sie . Pil lerdings keine Früchte gepflückt zu haben, denn N dust müßte es Ihnen klar ſein, welcher ſchweren 4 gun Sünde wir Sie zeihen.“ 193 ge Unite lize l hen 96¹ geriebel, „Ein ſehr ſündiges Menſchenkind mag ich ja ſein, aber von einer beſtimmten, großen Sünde weiß ich wirklich in dieſem Augenblick nichts.“ „Es iſt aber eine Sünde, eine ganz unver⸗ zeihliche, ſich ſo heimtückiſch der Geſellſchaft zu entziehen, wenn man wie ſie der Mittelpunkt, das belebende Element derſelben iſt.“ „An dieſer Sünde trägt doch nur unſere Beſcheidenheit, die Schuld, Ellinor und ich dachten nicht, daß wir vermißt würden.“ „Und ich bin es auch wohl ſchwerlich,“ ſagte ſich Ellinor und trat dann mit ſchnellen Schritten hinein in den Garten. Freundlich aber doch etwas zurückhaltend begrüßte ſie die Damen. Frau von Frege ſchien von dieſer Zurückhaltung nichts zu bemerken, unbefangen plauderte ſie auf ſie los, fragte nach ihren Bildern, ob wirklich die Gegend ſo lohnende Entwürfe böte, ſie hätten auf der Fahrt hierher wenig davon bemerkt. „Aber woher haben Sie erfahren, daß wir hier ſind?“ fragte Ellinor. „Der Amtsrichter Behm, der ſie auf dieſes Paradies der Einſamkeit aufmerkfam gemacht, hat es uns, allerdings erſt nach langem Bitten und Drängen verrathen. Schließlich ſetzt ja eine Frau von unſerm Schlag immer durch was ſie will!“ Herausfordernd blickte ſie bei dieſen letzten Worten auf Koſer, der das aber nicht bemerkte, da er ſoeben Vergleiche anſtellte zwiſchen ſeiner Frau, Frau von Frege und Fräulein Lindhorſt. Noch nie war ihm die einfache Vornehmheit Ellinors aufgefallen wie heute neben dieſen beiden Damen, in ihren koketten Reiſeanzügen, an welchen jede Schleife, jede Fal auf Effect berechnet war; die Filzhütchen mit den wehenden Schleiern, die in einen genialen Knoten, verſchlungenen Haare, die Löckchen auf der Stirn, Alles redete nur eine Sprache: Gefallen wollte man, gefallen um jeden Preis! Welcher Mann aber verſchlöſſe ſein Ohr ſolcher Sprache, beſonders, wenn wie hier Schönheit und Jugend ſie redet. Das waren noch echte Evastöchter, die mit all der modernen Frauenmancipation nichts zu thun hatten, nicht angekränkelt waren von des Gedankens Bläſſe und ihre Lebensaufgabe nur darin ſahen, ſich zu amüſiren, den Champagnerſchaum des Daſeins mit vollen Zügen zu trinken. Solche Frauen aber ſind den Männern von Alters her am gefährlichſten geweſen, und auch Koſer verfiel allgemach wieder dieſem Zauber und wandte ſeiner Muſe, der e einige Wochen treu gedient, heute ſchnöde den Rücken. Er hat dieſe leichte Art der Unterhaltung ſo lange entbehrt, und die fiebernde, glühende Lebensluſt, die die beiden Damen förmlich ausſtrömten, wirkte an⸗ ſteckend auf ihn. War es nicht eine derlorene Zeit die er hier wahrlich wie ein Büßer verlebt, fern von allem Lebensgenuß, in Entbehrung jeglichen Comforts, und wie war es nur möglich geweſen, daß er gar nichts mehr vermißt hatte, wo ihm doch alles entſetzlich primitiv vorkam. Das Mittageſſen