für beſonders notwendig, die alten Grundſätzen zu betonen, das Vaterland über die Partei, das allgemeine Wohl über alle Sonderintereſſen zu ſtellen; Unabhängigkeit nach rechts und links wie gegenüber der Regierung, Wahrung der konſtitu⸗ tionellen Rechte, Bekämpfung des Rückſchrittes, beharrliches Streben nach ſteter Fortentwicklung aller Einrichtungen des öffentlichen Lebens, geſchloſſene Vertretung alles deſſen, was Macht und Sicherheit des Reiches erfordern, und Schutz des Deutſchtums gegen Uebergriffe und Anmaß⸗ ingen gleichviel von welcher Seite, kräftiges Ein⸗ Wünſche und Beſchwerden Mit großer Mehrheit wurde Nr. „Abſatz 2 angenommen, welcher lautete: ationalliberale Partei bewahrt auf wirtſchaftlichem ebiete den Charakter der Mittelpartei und muß aher Forderungen zurückweiſen, welche in ein⸗ eitiger Berückſichtigung der Intereſſen eines Be⸗ rufsſtandes andere für den Staat gleich wichtige Berufsſtände empfindlich zu ſchädigen oder die Grundlagen unſerer Volkswirtſchaft umzuſtoßen eeignet ſind. Derartigen Beſtrebungen entgegen⸗ utreten erachtet die nationalliberale Partei für ihre Pflicht, aber ebenſo für die Pflicht jeder das Staatswohl allein zur Norm nehmenden Regierung.“ Heute Vormittag wurden die Beratungen über Geſetzgebung im Intereſſe des gewerblichen Mittel⸗ ſtandes fortgeſetzt, insbeſondere über Handwerker⸗ organiſation und Regelegung des Lehrlingsweſens; es wurden hierauf die bezüglichen Nummern von zwei geſtern in den Parteiblättern veröffentlichten Anträgen des Zentralvorſtandes angenommen und alle Abänderungsanträge abgelehnt, um für das Baufach und ähnliche Gewerbe die Zwangs⸗ organiſation des Handwerkes zu retten. Cherbourg, 5. Okt. Vom Nordweſtwinde getragen kamen die drei ruſſiſchen Pachten, begleitet vom franzöſiſchen Nordſeegeſchwader, heute Nach⸗ mittag um 1 Uhr 40 Minuten in Sicht des Dammes, deſſen öſtliche und weſtliche Batterieen in raſcher Folge die vorſchriftsmäßige Salve von 101 Schüſſen abgaben. Die ruſſiſchen Schiffe wurden durch erprobte Steuermänner des hieſigen Hafens geführt. In dem Augenblick, wo die prächtige Flotte in der Reede erſchien, klärte ſich das Wetter auf und ein prächtiger Regenbogen erſchien am Himmel. Präſident Faure trat in die Empfangshalle, die dicht an der Landungs⸗ ſtelle prächtig hergerichtet iſt. Die Kapelle der 2. Matroſendiviſion ſpielte die Marſeillaiſe. Als 19 dann das Geſchwader, die Kaiſeryachten in der Mitte, an dem Weſteingang zum Hafen . erſchien, wurde eine weitere Salve von 101 Schüſſen ab⸗ gegeben, worauf die franzöſiſchen Schiffe ihre am Morgen verlaſſenen Stellungen an den Bojen in der Reede, mit Kiellinie nach dem Arſenal zu, wieder einnahmen, während die Pacht Polarſtern in den vordern Hafen dampfte, wo N ſie an dem Aviſo Biſſon, über den hinweg die Landung erfolgen ſollte, um 2 Uhr 45 Minuten anlegte, nicht ohne Mühe, denn es war genau 3 Uhr, als Präſident Faure, der allein vorgetreten war, den Kaiſer und die Kaiſerin begrüßen konnte. Cherbourg, 5. Okt. Der Zar, der bleich, aber freundlich ausſah, trug Admiralsuniform und den Großcordon der Ehrenlegion. Die Zarin trug ein grauweißes Kleid und eben ſolchen Hut mit weißem Schleier. Der Präſident, der ent⸗ blößten Hauptes war, verbeugte ſich tief vor der Zarin und küßte ihr die Hand. Der Zar ſtreckte ihm hierauf die Hand entgegen und blieben beide wenige Sekunden Hand in Hand, indem ſie einige Worte wechſelten. Der Praſident gab hierauf der Zarin den Arm und führte ſie ans Land. Voran ſchritten zwei Huiſſiers der Präſidentſchaft, dann folgten die deiden Chefs des Protokolldienſtes (Cermonienmeiſter), hierauf der Präſident und die Zarin; der Zar ſchritt nebenher zur Seite des Präſidenten. N Verſchiedenes. — Bamberg, 4. Okt. Der Poſtwagen des Perſonenzugs 366 geriet auf der Station Kaps durch die Explosion oder durch Herausfallen einer Petroleumlampe in Brand. Der Wagen wurde aus dem Zuge ausrangiert und brannte vollſtändig aus. Von dem Inhalt iſt nichts gerettet. Der Poſtkondukteur Röder erlitt leichte Brandwunden an der Stirne; ſonſt wurde niemand verletzt. Unterſuchung iſt eingeleitet. — Wiesbaden, 1. Okt. Hier wurde eine Falſchmünzer⸗Werkſtatt entdeckt, in der die Polizei Werkzeuge zur Anfertigung falſcher Zwei⸗ markſtücke ſowie einen Vorrath gefälſchten Geldes vorfand. Zwei der Falſchmünzer ſind verhaftet. Die in Mainz und Frankfurt a. M. umlaufenden falſchen Geldſtücke ſcheinen von dieſen Falſchmünzern herzurühren. — Berlin, 4. Okt. Einem hieſigen Kauf⸗ mann ſind geſtern Effekten im Werte von 130,000 Mk. abhanden gekommen. — Hamburg, 1. Okt. (Millionen- Sit, ung.) Kaufmann J. W. Salomon vermachte 3 Millionen Mark milden Stiftungen, darunter 800,000 Mk. zu Studienzwecken armer Knaben — Gorkit, 3. Ol Rentier Eine n ſein Vermögen im Betrag von 300,000 Mark dem Guſtav Adolf⸗Verein vermacht. — Stargard i. Pomm., I. Okt. (Von Ratten getötet). Auf einer Mühle bei der pon merſchen Kreisſtadt Nangard wurde vor einigen Tagen ein neun Monate altes Kind, das in der Wiege liegend unter Aufſicht eines dreijährigen Bruders ſtand, von Ratten überfallen. Der deer jährige Junge lief ſchreiend davon und hole Erwachſene herbei. Als dieſe kamen, war das Kind jedoch ſchon fürchterlich zugerichtet. An den Backen und Armen war dem Kleinen von der Nagern das Fleiſch bis auf die Knochen abge⸗ freſſen worden, Drei Tage darauf iſt das Kin ſeinen Verletzungen erlegen. — Wien, 4. Okt. Die große Ortſchaſt Naſtaſow in Galizien iſt vollſtändig niedergebrannt. Die geſamte Ernte und viel Vieh iſt verbrannt Auch mehrere Perſonen werden vermißt. — Konſtantinopel, 2. Okt. Stamhnl war heute nachts der Schauplatz blutiger Szenen, Die Pforte wird dieſelben nach beliebtem Muſter abzuleugnen verſuchen, aber ihre Authentizität iſt zweifellos. Softas (Studierende) der Stan buler großen Medreße (Hochſchule) verabredeten, nachts behufs Demonſtrationen in den Mlldizpalgf zu ziehen. Sie wurden dabei von den Truppen umzingelt, die eine große Anzahl Softas thleten und die anderen zur Umkehr zwangen. — Buluwayo, 3. Okt. Hier flog e Pulvermagazin in die Luft. Etwa 25 Perſoneg wurden getötet, darunter 5 Weiße, viele ſchper verwundet. Von den nahen Felſen wurde gewaltige Blöcke losgeriſſen. Die Häuſer in der Stadt wurden ſtark erſchüttert. Die Straßen ſind mit Trümmern angefüllt. Die ganze de völkerung nimmt ſich der Verwundeten an. Das Stadtgefängnis und das Rathaus wurden zu Krankenhäuſern eingerichtet. — Heiteres. „Du Sepp, Deine Kuh ſchaut aber ſtolz d'rein!“ — Wundert mich get! Wir haben jetzt eine Gräfin in der Sommer friſche bei uns und von der wird ſie täglich gemolkenſe — Sonntagsjäger: „. . Da vorn lauft einer: Ich glaub', auf den ſchieß' ich — es muß ein Haß ſein; ſo ſchnell kann ein Treiber doch nicht lauen! beſitzer, deſſen Gut ganz in der Nähe des Badeortes lag. Er intereſſirte ſich lebhaft für Ellinor, und trug ſich ſchon ſeit einiger Zeit mit dem Gedanken, um deren Hand anzuhalten, wäre nur nicht der intereſſante Schrifſteller dageweſen, den die junge Dame augenſcheinlich bevorzugte und der in Lichte⸗ now's Augen ein ſehr gefährlicher Nebenbuhler war. Wie feſſelnd wußte doch dieſer Koſer über die ver⸗ ſchiedenſten Dinge zu ſprechen, während Lichtenow gar keine Unterhaltungsgabe beſaß. Von dem, was ſein Intereſſe hauptſächſich in Anſpruch nahm, ſeine Felder und Wieſen, ſeine junge Baumſchule, ſeine Pferde, davon lohnte es ſich doch kaum zu ſprechen. Er war eben nur ein tüchtiger Landwirth. Sonſt war er aber ein braver Mann, nur daß junge Damen ſich ſchwerlich zu Lichtenows Anſicht bekehren würden, beſonders eine Dame wie Ellinor Straten, die in der Fülle des Reichthums aufgewachſen und nicht danach fragte, wo das Korn wuchs, und die Kartoffeln und das Obſt gedieh. Alle Ungewißheit hat für energiſche Naturen, wie Lichtenow eine war, etwas unerträgliches. Des langen Zweifelns und Schwankens müde, hatte er heute beſchloſſen, Koſer ohne Umſchweife zu fragen: ob er ernſtlich daran dächte, ſich um Fräulein Straten zu bewerben, dann wollte er zurückſtehen, ſo ſchwer es ihm auch erſchien, ſeinem Herzenstraum zu entſagen. In dieſer Abſich war er heute aus⸗ geritten, und ſtand jetzt vor Koſer, der verwundert aufſah ob dieſer plötzlichen Erſcheinung des jungen Rittergutsbeſitzers. Gelaſſen hörte aber Koſer zu, wie der junge Mann in ſchlichter Weiſe von ſeinem Intereſſe für Fräulein Straten ſprach, aber als er nun etwas verlegen und zögernd mit der entſcheiden⸗ den Frage plötzlich herausrückte, da flammte es leidenſchaftlich in dem Geſichte Koſers auf. des treuherzigen Geſichtes Lichtenows ihm gegenüber ſchmolz jedoch ſein Zorn ſofort und er fragte nur etwas ironiſch: „Sie gedenken ſich alſo um Fräulein Straten zu bewerben, Herr von Lichtenow?“ „Ich ſtehe zurück, wenn Sie mir verſicheru, daß Sie auch beabſichtigten,“ entgegnete dieſer beſcheiden. „Ah, das iſt ja ungeheuer liebenswürdig von Ihnen!“ Dieſe in ſpöttiſchem Tone gegebene Antwort änderte aber plötzlich die ruhige Gemüthsſtimmung des Herrn von Lichtenow und er entgegnete gereizt: „Bitte, ſprechen Sie nicht in ſolchem ironiſchen Ton von einer ſehr ernſten Sache, und will nur fatalen Verdruß vermeiden. Ich liebe die junge Dame aufrichtig und wäre der glücklichſte Mann unter Gottes Sonne, wenn meine Neigung erwidert würde. Aber das wage ich kaum zu hoffen, denn Fräulein Ellinors Intereſſe gilt allem Anſchein nach Ihnen.“ Das war einfach und klar geſprochen, faſt beneidete Koſer den jungen Mann um dieſe Klarheit der Gefühle. Er hatte bis jetzt kaum daran gedacht und ſich gefragt, ob er Ellinor liebe, ihre Perſön⸗ lichkeit war vor dem Glanz ihres Reichthums ſtets in den Hintergrund getreten. Trotzdem aber hatte er ein Gefühl, als wolle Jemand unbefugter Weiſe die Hand ausſtrecken nach einem Kleinod, welches Wie konnte es dieſer Durch⸗ ihm allein zukam. mit ihm zu rivaliſiren, ſchnittsmenſch nur wagen, wie konnte er hoffen, je Ellinor Straten zu gewinnen ammon, der ihm vorhin und mit ihr all' den M ſchon ſo lockende Zukunftsträume vorgegaukelt hatte, nein dieſe Hoffnung mußte Lichtenow ſofort genom⸗ men werden. „Ich gedenke allerdings mich um Fräulein Was ſollte das heißen. Wollte man ihn zu zu einer Entſcheidung drängen. Bei dem Anblicke Straten zu bewerben, uur liebe ich keine Ueber⸗ „Dann — dann wünſche ich Ihnen alles Glück,“ ſtammelte Lichtenow. Er war aber dann ſehr blaß geworden und verabſchiedete ſich ſofort, Der glückliche Nebenbuhler ſollte wenigſtens den Triumph haben, ſeine ihm unmännliche dünkende Schwäche noch zu ſehen. Ein ſo heißer Herzens wunſch überwindet ſich nicht ſo leicht, auch Maunes⸗ muth und Stolz hat damit zu ringen, ſagte ſich dann ſpäter allerdings auch Lichtenow. 80 Koſern war die fahle Bläſſe, der hoffnungsloſe Ausdruck in dem Geſicht des jungen Mannes nicht entgangen. Er ſcheint ſie aufrichtig zu lieben und iſt vielleicht im Stande ſie glücklicher zu machen wie ich, ſagte er ſich nachdenklich. Freilich, was war es für ein Glück, das ihm da geboten wurde, ein Durchſchnittsglück, deſſen höchſte Ziele eine ſorgloſe behagliche Exiſtenz, wonach allerding tauſend und abertauſend Menſchen trachten, die Alle, Alle in den ausgetretenen Bahnen des All tagsleben wandeln und nichts darauf vermiſſen, deren Seele eben keines höheren Schwungs fähig iſt, weil die Seiten dieſes unſichtbaren Inſtruments wie die der Drehorgeln nur auf gewöhnliche Straßenlieder bei ihnen geſtimmt ſind, die ſich in getreuer Reihefolge wiederholen. Wie anders, wo dieſe Saiten fremde, ahnungsvolle Töne anſchlagen, die gleich den Melodien großer Meiſter durchhaucht ſind von einem hehren Tone des Ewigen Unver⸗ gänglichen. Koſer, der hochbegabte, geiſtreiche Schrifſteller, kam ſich dem jungen Gutsbeſitzer gegenüber unendlich überlegen vor, trotzdem er ſich ſagen mußte, daß deſſen Liebe für Ellinor echt und wahr, während er ſich ſeines Intereſſes für ſie erſt in dieſen lezten Minuten etwas klar geworden, wo ein anderer den 5 6 begehrte, den er bisher ſo wenig beachtet atte. b ſtürzung,“ ſagte Koſer jetzt etwas erregt. (Fortſetzung folgt.) i 15 n dl an nn 2 27 l 1 15 il l — rim hm rah,