Ladenburg. —— No. 73. — — — — Zum 70. Geburtstage des Groß⸗ herzogs von Baden. Großherzog Friedrich von Baden vollendet an dieſem Mittwoch, den 9. September, ſein 70. Lebensjahr, an welchem Ereigniſſe das geſammte badiſche Volk gewiß den innigſten Antheil nimmt. Denn der ausgezeichnete Fürſt, welcher nun ſeit mehr als vier Jahrzehnten den Thron der Zähringer ziert, hat ſich in dieſer langen Zeit in Wahrheit ſtets als ein „Vater des Vaterlands“, als ein erleuchteter und dabei ſtreng conſtitutioneller Herrſcher erwieſen, deſſen ſegensreiche Regierung das ſchöne badiſche Land ſeine erſtaunlichen Fort⸗ ſchritte auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens verdankt. Gleich von Anbeginn ſeiner Herrſcher⸗ thätigkeit an, die Großherzog Friedrich zunächſt in Vertretung ſeines regierungsunfähigen älteren Bruders Ludwig als Prinz⸗Regent ausübte, prägte er ſeiner Regierung jenen Zug wahrhaft liberaler und freiheitlicher Geſinnung auf, welche ihr bis zum heutigen Tage verblieben iſt. Freiheitlicher Ausbau der Verfaſſung des Großherzogthums, einſchneidende zeitgemäße Reformen in den ver⸗ ſchiedenſten Zweigen der Staatsverwaltung, Ge⸗ währung größerer Rechte an die Gemeinden, weitgehende Begünſtigung einer gedeihlichen Ent⸗ wickelung des Schulweſens, verſtändnißvolle Förder⸗ ung der induſtriellen, gewerblichen und commerziellen Thätigkeit des Landes. — Dies ſind die hervor⸗ ragendſten Errungenſchaften für Baden unter der Regierung Großherzogs Friedrich, Dank ihnen genießt das Großherzogthum ſchon längſt den wohlbegründeten Ruf eines der beſtverwalteſten deutſchen Staaten. Wenn es trotzdem in Baden nicht an inneren Erſchütterungen gefehlt hat, wit ſie namentlich durch die heftigen und langwierigen kirchenpolitiſchen Kämpfe, welche wiederholt während der Regierungszeit des Großherzogs Friedrich denburger Anzeiger für Ladenburg und 5 Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. — Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unter⸗ N haltungsblatt Mark 1.40, frei ins Haus. Für die Redaction verantwortlich: Karl Molitor, PPP ²˙ AAA dd ccc 50 — Ne — Umgegend. Anzeigen: Die einſpaltige Corpuszeile oder deren Raum 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen Druck und Verlag von Karl Molitor, enblat 6 Pfg., Reklamen 20 Pfg. Ladenburg. — Mittwoch, den 9. Heptember 1896. ausbrachen, repräſentirt werden, ſo iſt hierdurch die lebenskräftige Weiterentwickelung des blühenden Landes glücklicher Weiſe doch nicht im Mindeſten beeinträchtigt worden. Jedenfalls wiſſen ſich alle vaterlandsliebenden Badenſer eins in der Treue und Liebe zu ihrem edlen Herrſcher und deſſen ganzem Hauſe und das 70. Geburtsfeſt des herrlichen Fürſten giebt ſeinen Unterthanen nur aufs Neue willkommene Gelegenheit, dieſe Geſinnungen jubelnd zu bethätigen. Aber auch im übrigen Deutſchland blickt man mit herzlichen Sympathien auf das ſchöne Feſt, zu deſſen vereinter Feier ſich Badens Herrſcher⸗ haus und Volk anſchicken. Steht doch Großherzog Friedrich mit in der vorderſten Reihe der deutſchen Bundesfürſten und hat er doch ſeine echt nationale Geſinnung, ſeine Treue gegen Kaiſer und Reich von der Begründung des neuen Reiches an bis zum heutigen Tage bei zahlloſen Gelegenheiten in markanteſter Weiſe gezeigt. Bereits vor den gewaltigen Ereigniſſen von 1870/71 gehörte Badens Herrſcher zu den eifrigſten Befürwortern eines engen Zuſammenſchluſſes der deutſchen Stämme unter Preußens Führung, in welchem Sinne er namentlich auf dem Frankfurter Fürſtentage von 1863 wirkte, und ſchmerzlich war es daher für den hohen Herrn, daß er, gezwungen von der Macht der Verhältniſſe, im Bruderkriege von 1866 als Gegner Preußens auftreten mußte. Um ſo freudiger ſchloß er ſich nach der Neugeſtaltung der politiſchen Verhältniſſe Deutſchlands nach 1866 der deutſchen Vormacht an und als dann 1870 der große Krieg Deutſchlands mit Frankreich ausbrach, da fand Großherzog Friedrich vollauf Gelegenheit, ſeine warmen, patriotiſchen und nationalen Empfindungen leuchtend zu bethätigen. Welchen Antheil er an der Errichtung des deutſchen Kaiſerthums beſitzt, wie er der erſte in der glänzenden Fürſtenverſammlung vom 18. Januar 1871 in A ——— der Spiegelgallerie des Verſailler Königsſchloſſes war, welcher Kaiſer Wilhelm J. mit ſtürmiſchem Hoch begrüßte, das ſteht für immer in den Büchern der deutſchen Einheitsgeſchichte verzeichnet und im Bewußtſein deſſen bringt ihm ganz Deutſchland im Geiſte ſeine huldigenden Wünſche zu dieſem 9. September dar. In glücklichſter Ehe iſt Großherzog Friedrich ſeit 20. September 1856 vermählt mit Großherzogin Luiſe, geborene Prinzeſſin von Preußen, der ein⸗ zigen Tochter weiland Kaiſer Wilhelms l. Drei Kinder ſind dieſer Verbindung entſproſſen, Erb⸗ großherzog Friedrich Wilhelm, vermählt mit Prinzeſſin Hilda, Tochter des Großherzogs von Luxemburg, Prinzeſſin Victoria, vermählt mit dem Kronprinzen Adolf von Schweden, und Prinz Ludwig Wilhelm, welcher reichbegabte Prinz im Jahre 1888 zum größten Schmerz ſeiner erlauchten Eltern und Geſchwiſter und des ganzen badiſchen Landes von einer Erkältungskrankheit leider dahin⸗ gerafft wurde. Erfreulicher Weiſe kann Großherzog Friedrich ſein 70. Lebensjahr in ungebrochener körperlicher Rüſtigkeit und vollſter geiſtiger Friſche vollenden — möge es dem vortrefflichen Monarchen vergönnt ſein, auch fernerhin noch lange zum Wohle ſeines Landes und zum Nutzen des deutſchen Geſammtvaterlandes zu wirken. a Politiſches. Karlsruhe, 7. Sept. Wie uns ſoeben gemeldet wird, trifft Ihre Majeſtät die Kaiſerin am Mittwoch Vormittag, von Görlitz kommend, zur Theilnahme an der 70. Geburtstagsfeier S. K. H. der Großherzogs hier ein und wird auch dem Vorbeizuge des Feſtzuges im großh. Schloſſe anwohnen. Dieſer Beſuch der Kaiſerin wird im ganzen badiſchen Lande mit höchſter Freude begrüßt werden und der herzlichſte Will⸗ kommensruf ſchallt der hohen Frau entgegen, deren eee Die Nemeſis. Novelle von Walter Hogarth. Der junge bayriſche Edelmann Freiherr Rupp⸗ recht von Eggonsberg war auf einer Studienreiſe durch die italieniſchen Alpen auch nach Monaco gelangt, doch hatten ihn nicht die berüchtigten Spiel⸗ höllen Monacos, ſondern die herrliche Lage dieſer Stadt dahin gelockt. Schon zwei Tage weilte Rupprecht von Eggonsberg in Monaco und erfreute ich an der farbenprächtigen ſüdländiſchen Landſchaft, ohne auch nur daran zu denken, an einem der grünen Spieltiſche ſein Glück zu verſuchen. Der ſorgfältig erzogene und von Natur ſehr glücklich beanlagte junge Edelmann fand überhaupt an bedenklichen Spiel und Sport keinen Gefallen, ondern er vertrieb ſich lieber ſeine Mußezeit mit Reiſen, Jagden und landwirthſchaftlichen Studien. Wollte er doch nächſtes Jahr das väterliche Erbgut aus den Händen eines Pächters in eigene Verwalt⸗ ung nehmen und dieſen Plan verfolgte er ſo ernſt, daß er für ausſchweifende Vergnügungen weder Sinn noch Neigung hatte. Vor ſeiner Abreiſe von Monaco wollte der junge Freiherr ſich die Spiel⸗ höhlen von Monaco aber doch einmal anſehen und zögernd und vorſichtig, als wenn er auf einem unrechten Wege wäre, ſchritt er am dritten Tage ſeiner Anweſenheit nach den Spielſälen. aum hatte der junge Edelmann einen Saal — betreten, wo die Spieler und Spielerinnen aller Nationen ſich um den Tiſch des Roulette⸗Spieles rogu et noire drängten, da ſtürzte ſich mit freudigem Ausrufe ein in extremer Toilette gekleideter Cavalier mit ſtechenden grauen Augen und langem, ſpitzen Schnurrbart auf ihn los. „Guten Tag, mein lieber Baron!“ rief der Cavalier in deutſcher Sprache. „Welches Glück, Sie hier zu ſehen! Das heißt, welches Glück werden Sie hier haben, denn daß Sie hier im einzig ſchönen Tempel der Fortuna Ihr Glück verſuchen wollen, ſteht doch außer Zweifel.“ „Da irren Sie ſich allerdings, lieber Ritt⸗ meiſter!“ erwiderte Eggonsberg lachend. Ich bin, wie Sie wiſſen, angehender Landwirth und in Hazartſpielen ganz unerfahren, überhaupt nur zufällig gerade nach Monaco gekommen. Ich bereiſe das nördliche Italien und will noch heute Abend weiter reiſen.“ „Ach, Sie ſcherzen, lieber Baron, oder reden wie ein unſchuldiges Kind, welches das Leben und ſeine hieſigen Reize nicht kennt. Herrliche Natur, ſchöne Frauen, internationale Geſellſchaft und Gold⸗ haufen für jeden glücklichen Spieler giebt es hier, und da wollen Sie heute ſchon wieder fort. Eggonsberg, treten Sie Ihr Glück nicht mit Füßen. Sie ſind jung und müſſen den perlenden Champagner des Lebens, der nirgends beſſer als in Monaco kredenzt wird, genießen, ehe Sie ſich auf ihrem einſamen Landgute hinter Ställen und Obſtbäumen begraben.“ Der junge Baron ſah den weltgewandten Verſucher, den er von der Reſidenz her kannte, verlegen an und ſagte dann: „Entſchuldigen Sie eine Frage, Herr Ritt⸗ meiſter! Sind Sie ſchon lange in Monaco?“ 8 „Schon länger als drei Wonate. Ich habe nämlich letzten Winter den Dienſt quittirt, weil ich mich von unſerem alten Oberſt nicht zu Tode chikaniren laſſen wollte. Konnte thatſächlich nichts Geſcheiteres thun lieber Baron. Lebe hier wie der Prinz von Arkadien vor ſeiner Höllenfahrt. Gewinne faſt täglich einige tauſend Franes und genirt es mich nicht im Geringſten, wenn ich einmal verliere. Mein Rittergut, welches ohnedies mit Hypotheken belaſtet war, habe verkauft und den Erlös am grünen Tiſche angelegt. Aber kommen Sie, lieber Freund, und verſuchen Sie ihr Glück!“ „Spielen will ich nicht,“ ſagte Eggonsberg ruhig, „aber anſehen will ich mir einmal die Spielſäle.“ „Aber beſter Baron, ſeien Sie doch kein Narr! Wenn Sie einmal nach München ins Caſino kommen und erzählen dort, daß Sie in Monaco geweſen ſeien und hätten nicht geſpielt, ſo werden Sie auf alle Fälle furchtbar ausgelacht.“ „Ach, ich verſtehe nichts von den Hazardſpielen und finde auch keine Freude an denſelben.“ „Thorheit, lieber Baron, Thorheit!