arbel * Ladenburg. Ladenbur ö 2 8 A 2 Politiſches. 5 Belgrad, 31. Aug. Chiffrirte diplomat⸗ iſche Depeſchen aus Konſtantinopel, die geſtern Mittag hier eingetroffen, melden l. . daß Konſtantinopel in der Nacht von Samstag auf Sonntag der Schauplatz abermaliger grau⸗ ſamer Metzeleien war. Die Opfer dieſer Nacht werden auf über 1000 geſchätzt. Die Metzeleien wurden verurſacht durch abermaliges Werfen von Bomben auf die türkiſchen Truppen. Auf ein gegebenes Signal griffen hierauf die Truppen an und machten alles nieder, was ihnen in den Weg kam. Die Armenier waren mit Revolvern be⸗ waffnet und kämpften verzweifelt. Konſtantinopel, 31. Aug. Als vor⸗ geſtern die drei Botſchaftsdragomane nach dem Rldiz⸗Kiosk fuhren, um dort Vorſtellungen zu erheben, wurde bei Dolma⸗Baghtſche ein Armenier von 4 Türken erſchlagen. Der ruſſiſche Dragoman Morimus ſprang aus dem Wagen, nahm den Thätern die Knittel fort und führte ſie auf die nächſte Wache. Da dieſe ſich weigerte, die Türken in Haft zu nehmen, brachte Maximos die vier Türken nebſt dem die Verhaftung verweigernden Polizeikommiſſar nach Mldiz⸗Koisk. Dort ergab ſich, daß einer der Thäter ein Hofbedienſteter ſei. Vielfach wird die auf verſchledenen Anzeichen begründete Vermuthung lautbar, daß der vor⸗ geſtern erfolgte Wurf einer Bombe von türkiſcher Seite ins Werk geſetzt worden ſei, um die bis⸗ herigen Verfolgungen der Armenier zu rechtfertigen und den Pöbel weiter aufzureizen. Erwieſen erſcheint, daß die Pol zei am Mitwoch irgend welche gewaltſame Aktion der Armenier erwartete, und die unterſten Klaſſen aufforderte, zur Ver⸗ folgung der Armenier ſich bereit zu halten. 2 der Wochenhl für Ladenburg und Umgegend. Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. 1 0 1 Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unter⸗ haltungsblatt Mark 1.40, frei ins Haus. Für die Redaction verantwortlich: Karl Molitor, 5 Anzeigen: Die einſpaltige Corpuszeile oder deren Raum 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen Druck und Verlag von Karl Molitor, 6 Pfg., Reklamen 20 Pfg. 1 Ladenburg. Fürſten Lobanow erfolgte im Eiſenbahnwagen in der Nähe der Station Kaſatin. Einzelheiten fehlen. Petersburg, 31. Auguſt. Amtlich wird gemeldet: Fürſt Lobanow ſtarb am 30. Augnſt Abends halb 9 Uhr auf der Station Schepetowka im Zuge. Sein Adjunkt Schichkin wurde ſofort durch eine kaiſerliche Ordre nach Kiew berufen; er reiſt heute Abend ab. Die Geſchäfte im Miniſterium ſind dem Grafen Lambsdorff über⸗ tragen. Kiew, 30. Aug. Der Miniſter des Aus⸗ wärtigen, Fürſt Lobanow, iſt auf der Reiſe von Wien nach hier plötzlich geſtorben. Die Nachricht von dem plötzlichen Tode Fürſt Lobanow's muß überall einen ungemein erſchüttern⸗ den Eindruck hervorrufen. Noch iſt nicht bekannt, was die Urſache ſeines ſo unerwartet eingetretenen Hinſcheidens geweſen; die Meldung, welche vom offiziöſen Telegraphenbureau gegeben wird, iſt von einer unheimlichen Kürze. Für den Zaren bedeutet der Tod Lobanow's einen ganz außer⸗ ordentlich ſchweren Verluſt. Getragen von dem Vertrauen ſeines Herrſchers hatte es Fürſt Lobanow als Leiter der auswärtigen Geſchicke Rußlands verſtanden, das politiſche Anſehen und Gewicht desſelben in allen zur Fragekommenden Angelegen⸗ heiten zu ſtärken, anderſeits auch das Vertrauen auf eine ruſſiſche Friedenspolitik erſt recht zu erwecken. Noch vor wenig Tagen hatte er dieſe letztere auch ſpeziell dem deutſchen Botſchafter gegenüber verſichern können. Ein tragiſches Moment bei dem Ableben Lobanow's liegt darin, daß er die Reiſe von Wien nach Kiew nur auf Wunſch des Zaren als Begleiter des Herrſcherpaares unternommen haben ſoll, da er zuerſt vor hatte, die Zeit bis zur Kaiſerzuſammenkunft in Breslau bei ſeinen Wiener Freuden zu verbringen. Nun mußte nun eben 1896. hochgefeierten Staatsmann verhängnißvoll werden. Ausgeſchloſſen iſt nicht, daß ſein Tod in die ruſſiſche Kaiſerreiſe eine Störung hineinbringt. Athen, 30. Aug. Nach ſicheren Mitteilungen enthält der vom Sultan unterzeichnete Ferman, welcher die Löſung der kretenſiſchen Frage bringt, folgende hauptſächlichſten Bedingungen: Einſetzung einer chriſtlichen Regierung auf 5 Jahre unter Garantie der Mächte mit einem Veto gegenüber den Beſchlüſſen der Nationalverſammlung, ohne indeß die Suveränitätsrechte des Sultans zu be⸗ rühren; wirtſchaftliche Unabhängigkeit der Inſel mit einem jährlichen Tribut; Reorganiſation der Gensdarmerie; Maßregeln, welche die Vertretung der Rechte der Minorität feſtſetzen. Ferner befinden ſich unter den den Kretern gemachten Zugeſtänd niſſen: Unabhängigkeit der Gerichte in Streitig⸗ keiten unter den eingeborenen Kretern, ausgenommen die Erkenntniſſe des Apellgerichtshofes in Kanea, welche nicht aufhebbar ſein ſollen ſowie Vereinig⸗ ung der Civil⸗ und Militärgewalt in den Händer des Generalgouverneurs. Außer dieſen Zugeſtänd niſſen wird die Verwaltung von Kreta durch das Irade ermächtigt, von allen nach Kreta aus andern Teilen der Türkei eingeführten Waaren einen Zuſchlagszoll von 3 Prozent zu erhehen, deſſe Ertrag ausſchließlich zur Schadloshaltung der durch die letzten Wirren Geſchädigten dienen ſoll Die kretenſiſchen Deputirten haben beſcchloſſen morgen nach Kanea abzureiſen. Die hieſige Preſſe, die amtlichen Stellen und die hier weilenden Deputirten begrüßen das Jrade mit Freuden Die Zugeſtändniſſe ſollen erſt dann in Kraft treten wenn die Aufſtändiſchen die Feindſeligkeiten ein geſtellt haben. 1 Verſchiedenes. Ladenburg, 1. Sept. Einen ſeltenen 10) (Schluß.) Wie ſie das Haupt Johannes des Täufers ihrem Stiefvater bringt, ich will die Verdammte malen, die Salomo, die nächtliche, ewig verfluchte die da tanzen, tanzen muß und nur in der Mitter⸗ nachtſtunde ruhen darf auf Haſelſtauden und Eichen, wie es in einem alten Liede heißt.“ Er hatte während dieſer Reden ſchon nach Bleiſtift und Papier gegriffen und begann mit großem Eifer eine Skizze des angſtvoll zitternden jungen Weibes zu entwerfen. „So, den Kopf etwas zur Seite geneigt!“ befahl er und Iſolde gehorchte, ſie befand ſich wie in einem Zauberbann, nur verſtohlen wagte ſie dann und wann einen Blick auf Herbert zu werfen, ſie ſah, wie ſeine Wangen ſich rötheten, wie ſeine Augen glänzten, ganz wie damals, als ſie im väterlichen Schloſſe ihm gegenüber ſaß, und ihr loſes Spiel mit ihm getrieben, ſeine Liebe hätte ſie damals für ein Nichts geachtet, und jetzt hatte ſie vor ihm in die Knie ſinken, und ſeine Liebe betteln mögen, und ſie würde doch nur wieder ſeinem kalten, verwunderten Blick begegnen, er würde ſie gehen heißen und — i Ein Schrei des Entſetzens drängte ſich da plötzlich von ihren Lippen; hatte ſie denn heute Alles verſchworen ſie zu demüthigen, war das nicht 55 Herbert wandte nur einen Moment den Kopf nach dem Freund, dann malte er ruhig weiter. Iſolde hatte ſich erhoben, ſie wollte fort, fliehen aus dem Bereich dieſer Männer, die einſt zu ihrer Unterhaltung zum Spielball ihrer Laune gedient, und ſie jetzt beide haßten, verachteten. „Nur einen Moment!“ gebot Herbert, „fürchten Sie nichts, Sie ſtehen hier unter meinem Schutz.“ Die junge Frau umklammerte krampfhaft die Lehne eines Stuhls, mit angſtvollen Augen von einem zum andern blickend. Eine Weile war es todtenſtill im Zimmer, Hagen ſtand immer noch wie eine ſteinerne Bildſäule in der Thür, die Situation noch nicht recht begreifend. Wie kam dieſe Frau hierher, fragte er ſich, und wie konnte Herbert ſie in ſeiner Nähe dulden, ſie malen! „So, Sie ſind entlaſſen,“ ſagte dieſer jetzt mit einer herablaſſenden Handbewegung, als wäre er ein Fürſt und die Gräfin eine ſeiner Unter⸗ gebenen. „Nein, bleiben Sie, ſchöne Iſolde, auch ich habe mit Ihnen abzurechnen! rief Hagen und trat näher iu ihr heran, ſein erregtes Geſicht beugte ſich dicht über ſie. „O Du — Vergifterin meines Lebens,“ ſtieß er wild hervor. „Warum haſt Du mir einſt auch Liebe geheuchelt! Warum! Ich frage Dich, Warum? Iſolde war entſetzt zurück gewichen Petersburg, 31. Aug. Der Tod des dieſe Reiſe dem Tags zuvor in Wien noch ſo ! Genuß bot der hieſige Geſangverein verfloſſenen Nemeſ 15 Hagen, der da wie angewurzelt in dem Thürrahmen „Herbert, o mein Gott, ſchützen Sie 228 vor 80 f 1 1 Nic Hui 4 1 f. 3 1 — 5 Novelle von F. Stöckert. ſtand, ſie mit wilden Blicken fixirend. ihm!“ ſchrie ſie auf. 0 8 Herbert öffnete die Thür. 5 0 „Laß Sie ziehen, wandte er ſich an ſeinen Freund, „ſie iſt glücklos und elend, ärmer wie Du und ich.“ Wie ein gehetztes Wild flog Iſolde hinaus, die Treppen hinunter, wohin, wohin, es war ihr als müßte ſie flüchten aus der Welt, irgendwo in einem ſtillen Erdenwinkel Buße thun für den Leicht⸗ ſinn ihrer Mädchenjahre, Glücklos und elend tönte es an ihr Ohr, Pharaildis, getragen von dem Hauch des Johanniskuſſes, durch die Lüfte ſchwebend, hatte er ſie uicht ſo malen wollen? Sie kannte die Sage wohl, und all ſolche Sagen haben ihre tiefe Bedeutung. Hat es doch zu allen Zeiten Frauen gegeben, Frauen wie ſie, die die Macht ihrer Schönheit mißbrauchen, bis dann doch einmal die Liebe ſie packt, aber zu gleicher Zeit auch die Strafe für ihren Leichtſinn ſie ereilt. Sie finden keine Gegenliebe mehr, und nun irren ſie glücklos und elend über den Erdboden, immer das Glück ſuchend, das ſie wohl ahnen, aber niemals finden gleich wie jene Pharaildis der Sage, vom Wirbelwind gefaßt durch die Lüfte ſchwebt, unſelig, ruhelos. Unten auf der Straße hielt noch Iſoldens Equipage, ſie warf ſich in die weichen Polſter derſelben und fuhr durch die ſonnigen Straßen nach dem Thiergarten, der in voller Frühlingsſchöne prangte. e