mn, 1 n Ladenburg. Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unter⸗ haltungsblatt Mark 1.40, frei ins Haus. Für die Redaction verantwörklich: Karl Molitor, 0 — 6— . 8 —— g und Umgegend. 0 Anzeigen: Die einſpaltige Corpuszeile oder deren 8 Raum 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen Druck und Verlag von Karl Molitor, 6 Pfg., Reklamen 20 Pfg. 1 8 Ladenburg. Samstag, den 8. Auguſt 1896. Der Geſetzentwurf über die Organi⸗ ſation des Handwerks. Der längſt angekündigte Entwurf eines Reichs⸗ geſetzes über die Organiſation des Handwerks iſt in den letzten Tagen zur Veröffentlichung gelangt, nd zwar in der an ſich ziemlich unſcheinbaren orm einer Novelle zur Gewerbeordnung. Er ellt ſich als ein umfangreiches Werk dar, das n fünf Abſchnitten — zu denen ſich außerdem noch die üblichen Schluß⸗ und Strafbeſtimmungen geſellen — das Nöthige über die von Reichswegen geplante Organiſation des Handwerks enthält. Angeſichts der räumlichen Ausdehnung des Ent⸗ wurfes iſt es ſelbſtverſtändlich unmöglich, deſſen Einzelheiten im Rahmen eines Zeitungsartikels wiederzugeben, es ſeien deshalb an dieſer Stelle nur die her vorragendſten Punkte berührt. Der erſte und wichtigſte Abſchnitt handelt von dem eigentlichen Organiſationsplane, es wird die Gliederung des Handwerks in Zwangsinnungen, 0 Handwerksausſchüſſe, und Handwerkskammern vor⸗ Arp geſchlagen. Für 77 Gewerbe wird die Errichtung von Zwangsinnungen vorgeſchrieben, die nach lan örtlichen Bezirken abzugrenzen ſind, und wobei als allgemeine Regel beſtimmt wird, daß für jedes egg Gewerbe eine beſondere Innung zu errichten iſt, doch ſoll es unter gewiſſen Umſtänden zuläſſig ſein, 40 mehrere verwandte Gewerbe zu einer einzigen — Innung zu vereinigen. Nachdem der Abſchnitt ö 0 das Nähere über die Zugehörigkeit der Innung * g beſtimmt, charakteriſirt er die Aufgaben derſelben, J als deren vornehmſte erſcheinen: Pflege des Gemein⸗ eſtchtt geiſtes und des Bewußtſeins der Standesehre unter N den Innungsmitgliedern, Förderung eines gedeih⸗ 4 665 lichen Verhältniſſes zwiſchen Meiſtern und Geſellen, —— Fluürſorge für das Herbergsweſen und den Arbeits⸗ nachweis, Durchführung der Vorſchriften über das 5 Lehrlingsweſen, Entſcheidung in beſtimmten Streitig⸗ keiten; im Anſchluſſe hieran erfahren die Befug⸗ niſſe der Innung ihre Regelung. Des Weiteren wird die Errichtung eines Geſellenausſchuſſes bei jeder Innung mit Feſtſetzung ſeiner Thätigkeit ausgeſprochen. Die Handwerksausſchüſſe, das zweite (e in der Organiſation des Handwerks, haben aus Innungsvertretern und aus ſelbſtändigen Handwerkern, die keiner Innung angehören, zu beſtehen. Ihnen liegt es ob, die Wahlen zur Handwerkskammer zu vollziehen, die Finanz⸗ gebahrung zu reguliren und gewiſſe, ihnen von den Innungen zu übertragende Befugniſſe aus⸗ zuüben. Bei jedem Handwerksausſchuß iſt ebenfalls ein Geſellenausſchuß zu bilden. Die Handwerks⸗ kammern endlich, über deren Errichtung die Landes⸗ Centralbehörde Verfügung zu treffen hat, ſollen beſonders das Lehrlingsweſen näher regeln und überwachen, ſowie für Innungen wie Handwerks⸗ ausſchüſſe theils als berathende, theils als an⸗ ordnende Inſtanz fungiren und daneben noch beſtimmte Vorrechte haben. Der zweite Abſchnitt des Entwurfs läßt freie Innungen zu, die aus ſelbſtſtändigen Gewerbe⸗ treibenden, die weder einer Innung angehören, noch einem Handwerksausſchuß unterſtehen, gebildet werden können. Ihre Aufgaben und Befugniſſe ſind ähnliche, wie diejenigen der Zwangsinnungen. Der dritte Abſchnitt handelt in knapper Form von den Innungsverbänden zu welchen ſich Zwangs⸗ innungen wie freie Innungen zuſammenſchließen können. Der vierte Abſchnitt enthält die Beſtimm⸗ ungen über das Lehrlingsweſen. Sie zählen die Fälle auf, in denen das Halten und Ausbilden von Lehrlingen zu unterſagen iſt, verbreiten ſich über die Pflichten und Rechte des Lehrherrn, über die Lehrzeit u. ſ. w. Der fünfte Abſchnitt endlich bezieht ſich auf den Meiſtertitel und beſtimmt in ſeinem Kernpunkte, daß nur diejenigen Handwerker, welche erfolgreich eine Meiſterprüfung vor der hierzu einzuſetzenden Commiſſſon beſtanden haben und Lehrlinge halten dürfen, den Meiſtertitel führen ſollen. Es muß alſo ſelbſtredend gelten, daß erſt nach einer eingehenden Prüfung dieſes umfang⸗ reichen und einſchneidenden Planes einer Organi⸗ ſation des Handwerks eine Beurtheilung ſeiner Wirkungen und Tragweite möglich ſein wird. Wenn ſchon jetzt in einem Theile der linksradikalen Preſſe der nunmehr bekannt gegebene Geſetzentwurf einer äußerſt abfälligen Kritik unterzogen und an ihm ſozuſagen kein gutes Haar gelaſſen wird, ſo iſt ein ſolches Verfahren nicht zu billigen. Die Reichsregierung meint es gewiß ehrlich mit ihrem Verſuche, dem nothleidenden Handwerk durch die vorgeſchlagene Organiſation zu Hilfe zu kommen, eben deshalb darf auch nicht gleich ein leichtfertiges und abſprechendes Urtheil über dieſe Action gefällt werden. Vor Allem kommt es doch darauf an, wie ſich das Handwerk ſelbſt zu den vorgeſchlagenen neuen Maßnahmen ſtellt, dasſelbe iſt doch der nächſte und wichtigſte Intereſſent. Die Art und Weiſe wie die Vertreter des Handwerks in ihrer Mehrzahl die neuen Beſtimmungen aufnehmen werden, dürfte wohl das weitere Geſchick des Entwurfes maßgebend beeinfluſſen, wenn anders man in Regierungskreiſen geſonnen iſt, in dieſer wichtigen Angelegenheit des Handwerkerſtandes dem letzteren ſelbſt ein gewichtiges Wort zuzugeſtehen. Politiſches. Berlin, 5. Auguſt. Der Kaiſer gedenkt an dieſem Freitag Schloß Wilhelmshöhe bei Kaſſel wieder zu verlaſſen und zunächſt den angekündigten Ausflug nach Weſtfalen und der Rheinprovinz zu unternehmen. Ueber die weiteren Inlandsreiſen des Monarchen bis zum Beginn der Manöverzeit iſt Beſtimmtes noch abzuwarten. Der Kronprinz und ſein Bruder Prinz Eitel Friedrich reiſten in Nemeſis. Novelle von F. Stöckert. (Fortſetzung.) Ihr Vater hingegen beobachtete von einer Fenſterniſche aus mit den Augen des idealen Kunſt⸗ 11 freundes das junge Paar mit innerer Genugthuung. 75 Iſolde ſchien ſchon nach der erſten halben Stunde ſehr gelangweilt, während in Herberts Zügen ſich die echte künſtleriſche Begeiſterung wiederſpiegelte, ſeine Wangen rötheten ſich und ſeine Augen ſtrahlten. „Er iſt wirklich recht hübſch,“ dachte Iſolde, und ſie fragte ſich dann, ob er immer ſo künſtleriſch ernſt bleiben und niemals eine Herzensregung für ſein ſchönes Modell haben würde. Faſt ſchien es 71 ſo, trotz des täglichen Zuſammenſeins trotz der 1 bezaubernden Liebenswürdigkeit der jungen Gräfin 1 98 Herbert gegenüber. Sie blieb für ihn die hoch⸗ . % geborene Dame, welcher er, der arme Beamtenſohn mit keinem Blick auszudrücken wagte, was er für ſie empfand. Sie war ſo ſchön und er ſo jung, ſo unerfahren, kannte die Gefallſucht der Comteß 5 1 gar nicht und da war es ja ganz natürlich, daß 0 ſein Herz in erſter Liebe heiß zu Comteß Iſolde I erglühte, aber er ſagte ſich täglich, daß dieſe Liebe eine ungeſtandene bleiben müſſe, da ſie wegen des 9505 großen Rangunterſchiedes zwiſchen der Gräfin und ihm doch hoffnungslos war. Die Tage gingen hin, das Bild näherte ſich der Vollendung, die Sitzungen der jungen Gräfin Herren wiſſen nichts zu reden, Theater und Opern waren nicht mehr nöthig, nur dann und wann erſchien ſie noch im Muſikſaal, dort den jungen Künſtler und ſein Werk voll Intereſſe beobachtend. Bisweilen kam auch ſie, um ihn ſeiner Muſe untreu zu machen, wie ſie ſich lachend ausdrückte, nämlich um ihn nach dem Geſellſchaftszimmer herüberzulocken, wo verſchiedener Beſuch angelangt war. „Es iſt ſo langweilig,“ klagte ſie, und ſagte dann zu Herbert Brand: „Die Geſellſchaft iſt im Sommer ſo ſchläfrig, ſo eintönig, die Damen und beſucht man nicht, auch die Politik ſchweigt. Es iſt wie ein erfriſchender Lufthauch, wenn Sie darunter ſind mit ihrem urſprünglichen friſchen künſtleriſchen Weſen.“ Wie gerne folgte er, wie liebenswürdig fand er es von ihr, wenn ſie ihn ſtets in den Vorder⸗ grund ſtellte. Sie verſtand es, ihm kluge Worte, geiſtreiche Reden auf die Lippen zu zaubern, daß er ſich ſelbſt darüber wunderte, woher ihm das Alles kam. Nach und nach begann doch Brauds Selbſt⸗ bewußtſein zu erwachen, fragte ſich halb zagend noch, aber doch ſchon von heißen Wünſchen erfüllt, ob all die Liebenswürdigkeit Iſoldens nur der feine Tact der Ariſtokratie oder vielleicht gar eine aufrichtige tiefe Liebe zu ihm ſei? — Ihm ſchwindelte vor den kühnen, verwegenen Gedanken, die da in ſeinem Herzen ſich befeſtigen wollten, und trotz aller Gegen⸗ gründe von Tag zu Tag in ſeinem Innern doch mehr Wurzel faßten. War es denn möglich, konnte es ſein! Sie, die hoch ariſtokratiſche Dame ſollte wirklich Intereſſe für ihn gefaßt haben, für ihn, der nichts weiter beſaß als den Adel ſeiner Kunſt. Und dann kam ein Tag, da ſchwanden ihm alle Zweifel, ein Tag, ſo hohen übermächtigen Glücks, daß er das Gefühl hatte, er ſtände auf ſchwindelnder Höhe und müſſ eunrettbar in die Tiefe ſtürzen, wenn er noch einen Schritt vorwärts wage. Herbert und Iſolde ſaßen ganz allein auf einſamer Bergeshöh; unter ihnen brauſte der Gebirgs⸗ bach, über ihnen wölbte eine mächtige Linde ihre blühenden Zweige, die ſanfte, ſtille Luft war wie in Blüthenduft getaucht. Durch das Weltall aber ging ein ſehnender Klang, als ob die Sterne ein⸗ ander grüßten. Ferne ſchönere Welten, auf welchen vielleicht die Seligen weilten, ſandten Grüße des Friedens und der ewigen Liebe herab auf unſere friedloſe Erde „Herbert,“ erklang es da plötzlich. Die jung Gräfin hatte ſeinen Namen leiſe, wie ſelbſtvergeſſer geflüſtert. Jetzt ſah ſie zu ihm auf, und ein jähes Rot ſtieg in ſein Geſicht. Das war nicht mehr di hochgeborene Gräfin, das war ein einfaches lieben Mädchen, die da mit dem Geliebten auf einſamer Bergeshöh ſaß, und ſich wunderte, daß er nicht die Wb