5 5 blatt Mk. 1.40 frei ins Haus. * die Redaktion verantwortlich: Karl Molitor, Ladenburg Adenburger Allgemeiner Anzeiger für erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. biertelfährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltungs⸗ Jadenburg 8 und Amgegend. Anzeigen: die 1⸗ſpaltige Corpus⸗Zeile oder deren Naum 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. Corpuszeile. Neclamen 20 Pfg. Druck und Verlag don Karl Molitor, Ladenburg. Mittwoch, den 14. Auguſt 1895 Ladenburg, 11. Auguſt. Außerordentlich ahlreich hatten ſich die Landwirthe aus Ladenburg ud der Umgegend zu der Tagung des Bundes der undwirtde im Gaſthaus zur „Roſe“ eingefunden. amentlich der Schwetzinger Amtsbezirk, der mit godenburg zuſammen einen Landtagswahlkreis bildet, bor ſtark vertreten. Gemeinderath Remelius eröffnete gen ½4 Uhr Namens der Ladenburger Ortsgruppe es Bundes mit herzlichen Begrüßungsworten die gerſammlung. Als erſter Redner nahm Prof. kelbersPlankſtadt, der Vorſitzende des Bundes für en XI. Reichstagswahlkreis das Wort. Fürſt Aismarck habe neulich beim Empfang einer Depu⸗ ation des Bundes eine Rede gehalten, die jedem gandwirth aus dem Herz geſpeochen geweſen ſei. des Bundes!“ der Bund kämpfe einen Intereſſekampf, aber einen rechtigten; er kämpfe für Erhaltung des Befftzes s Landwirths. Die Landwirthſchaft ſei das erſte koduktive Gewerbe, dem im deutſchen Reich die Stelle eingeräumt werden ſollte, die es verdiene. Der tutſchen Landwirthſchaft brachte der Redner ein mit gelfall aufgenommenes Hoch. Domänendirektor Hoffmann⸗Karlsruhe ſprach der die Stellung des Bundes der Landwirthe zur deialen Frage. er ſocſalen Frage näher treten. e die ſoclale Frage nur eine agrariſche. Die ornehme Ausreden. Foprivi habe behaupten wollen, Induſtrieſtaat, ondern Agrarſtaat. Bedauerlich ſei, daß in Baden e katholiſchen Bauern der gemeinſamen Arbeit fern Alle nothleidenden Stände müßten Der Bund aber beſonders berufen, ſie zu löſen, denn im Kern portfähig gemacht. keglerungen der Einzelſtaaten verwieſen auf die kleinen Mittel, andere ſeien nicht möglich. Allein das ſeien Deutſchland ſei nicht, wie bleiben. Bedauerlich ſei auch die Stellungnahme der großen Städte, denen ihre Schuldenwirthſchaft eigent⸗ lich mehr Sorgen machen ſollte, als die Intereſſen der Tabakinduſtrie und des Großkapltalismus. Der Bund ſei eine Schutzwehr gegen die polſtiſchen Par⸗ teien, die viel zu versprechen and nichts zu halten wüßten. Von den Parlamenten ſei Hilfe für die Landwirthſchaft nur zu erwarten, wenn agrarſſch gewählt würde. Darum freue er ſich, daß Prof, Treiber für den Landtagswahlkreis Schwetzingen⸗ Ladenburg als Candidat aufgeſtellt ſei. Auch die Nichtnationalliberalen ſollten für ihn ſtimmen, nicht weil, ſondern trotzdem er notionalliberal ſei. Eder, der demokratiſche Candidat, ſei zwar ein ehrenwerther Mann, allein er ſei freifinnig und dürfe deßhalb keinenfalls gewählt werden. „Durch Kampf zum Sieg für die gute nationale Sache, für die Sache Ueber die Lage der Landwirthſchaft, die großen und kleinen Mittel, referirte Landtagsabgeordneter Wittmer⸗Eppingen. Es ſtehe feſt, daß die Land⸗ wirthſchaft heute ſchlechter daſtehe, als ſeit Jahr⸗ hunderten; das Rückgrat derſelben ſei und bleibe trotz aller Handelsgewächſe der Getreidebau. Allein bei ihm decke der Erfolg kaum die Anbaukoſten. Langſam, aber ficher, fieche die Landwirthſchaft da⸗ hin. Rußland und Argentinien überflutheten uns mit Getreide. Argentinien habe man mit zwei Milliarden europäiſchen, auch deutſchen, Geldes ex⸗ Das ſeien die Werke des europälſchen Kapitalismus. Man müſſe ſchnell un⸗ ſeren Bauern helfen, ſonſt werde unſer Deutſchland gar bald veiödet ſein. „Deutſchland iſt entweder Agrarſtaat, oder es iſt kein Staat.“ Nun em⸗ pfehle man der nothleidenden Landwirthſchaft kleine Mittel. Man rathe zu rationellerer Wirthſchaft, zur Erbauung von Getreideftlos; man erhoffe Nutze von dem Ankauf des Getreides Seitens der Provian ämter, von einer Einfuhrſperre, von einer Rö viſio der Handelsverträge, von einer Reform der Börf von einer europäiſchen Zollunion, von dem Zuſam menſchluß der Bauern zu Abſatzgenoſſenſchaften (w z. B. in Eppingen). Alle dieſe kleinen Mittel ſeien recht ſchön und recht erſtrebenswerth, allein fie ſeien nicht genügend. Die Getreide preiſe müßten ſo hoch gebracht werden, daß der Bauer beſt⸗ ben könn Dazu helfe aber nur das eine große Mittel: das Getreidemonopol. Das Monopol brauche ja nicht gerade dem Antrage Kanitz zu entſprechen, deſſe Idee übrigens von dem anweſenden Bürgermeiſter Dr. Weſß⸗ Eberbach in einer Denkſchrift an d Fürſten Bismarck ſchon vor 12 Jahren ausge⸗ ſprochen worden ſei. Die Einwände gegen das Monopol ſeien nicht begründet. Das Brod würd gar nicht, oder nur ganz wenig verteuert, ma brauche auch kein riefiges Beamtenheer, ebenſowen ſei eine Monopoliſtrung des Inlandhendels erforde lich. Näbhme man den Durchſchnittspreis der letzte 40 oder 50 Jahre als Normalpreis — der ja lokal differiren könne — an, dann wäre dem Bauer geholfen und der Staat hätte dazu eine ſo ergiebi Einnahm⸗quelle, daß er keine Finanzreform m höheren Steuern brauche. Das Monopol ſei ke Bruch der Handelsverträge. Unwahr ſei, daß die Einführung des Getreidemonopols unehrlich ſei. Selbſt wenn es aber ſo wäre, dem Bauer ſei eben das Hemd doch näher als der Rock. Alle Patrioten müßten mitkämpfen, daß der Bauernfland wieder geſunde. Mit einem begeiſtert aufgenommenen Hoch auf Deutschland, das Deutschland der Bauern, ſchloß der Redner ſeine Ausführungen. Nachdem der laute Beifall, den die Worte des Geläuterte Herzen. Novelle von Johanna Berger. 4. Fortſe zung. „Meine liebe Annie, ich freue mich, daß Du gie Schwermuth überwunden haft,“ ſagte leiſe und gerührt die alte Dame. Dann ſchloß ſie ihr Kind n die Arme und küßte es. Tage und Wochen ſchwanden nun raſch dahin man wußte kaum, wie ſchnell ſie vergingen. Nicht lange dauerte es mehr und der Tag der Ab⸗ eſſe war da. Aber in Karlsbad wurde es immer coner und anmuthiger und die Frau Rath hatte ichts mehr an der Kur auszuſetzen, denn dieſelbe hatte bereits Wunder gethan. Die alte Dame fühlte ſich kräftig und wobl. Die Tage verfloſſen ganz vorſchriftsmäßig: Des Morgens frühzeitig am Biunnen, dann wurde im Freien Kaffee getrunken, und eine Promenade über die Berge, oder durch das romantiſche Teplthal gemacht, bis zum Mittageſſen. Darauf folgte eine kurze Ruhepauſe. Am Nachmittag beſuchten die Damen dann ein Conzert oder unternahmen einen neuen Spaziergang. Theater und die fich jed n Samstag wiederholenden Reunions beſuchten ſie nicht. Annie war die beſtändige treue Begleiterin der Mutter auf allen Wegen. Sie blieb guten Muthes, pie fie verſprochen. Anfangs mit keinem ſehr großen Erfolge, aber niemals 1d wußte fie ſtets feſſelnd zu unterhalten. wieder die Uebermacht. Sie lernte allmählich ihre Empfindungen beherrſchen und ihren Schmerz in das tleſſte Innere zu senken, wie in ein Grab. Profeſſor Hiller geſellte fich bei jeder paſſenden Gelegenheit den beiden Damen als Begleiter zu. Die Frau Rath fand großes Wohlgefallen an ihm und vermißte ſeine Geſellſchaft ſehr ungern. Er Sein Gefichts⸗ kreis war durch hohe geiſtige Bildung erweitert, er beſaß Menſchenkenntniß und eine große Zartheit des Gemüths. So war er immer ein angenehmer Geſellſchafter und ein werther lieber Freund, den die Frau Rath Göhren auch als Gatten führ ihre Tochter gewünſcht hätte, wenn deren Herz empfänglich für die guten Eigenſchaften des Profeſſors geweſen wäre. Auch durch hundert kleine Aufmerkſamkeiten wußte er ſich bei den Damen beliebt zu machen. Er brachte ihnen Bücher, Zeitungen, Blumen mit und verſäumte niemals die Pflichten der Ritterlichkeit und der treuen Freundſchaft. Aber Annſe bot dieſer fortwährende Verkehr mit dem Profeſſor nicht das Intereſſe, welches die Mutter wünſchte. Doch ſte war bald ihm gegenüber ganz unbefangen und kam ihm mit höflicher Freund⸗ lichkeit entgegen. Nur als ſie bemerkte, daß ſeine Augen immer angelegentlicher auf ihr ruhten, und daß er fie manchmal mit brennenden Blicken ihr ſeine Gegenwart zur Qual. Dann zeigte ſie ſich kühl und wortkarg ihm gegenüber und athmete auf, wenn er fort war. Aber gerade in ihrer ſpröden Unnabbarkeit gefiel ſie dem Profeſſor immer beſſer. Ibre Zurück⸗ haltung reizte ihn und die mädchenhafte Befangenheit ihres Weſens hielt er für den holdeſten Zauber edler Weiblichkeit, welche dem werbenden Manne nicht einen einzigen Schritt entgegen kommen mag. Er hatte bis jetzt wenig Verkehr zum weiblichen Geſchlecht gehabt, und er dachte ſo recht als idealer Mann von den Damen. Aeltere Frauen hatten etwas Ehrwürdiges für ihn, junge Mädchen etwas Heiliges. Liebeskändeleien verdammte er und Sitlen⸗ lofigkeit war ihm ein Gräuel. Er ſelbſt verſtand ſich aber zu beherrschen und ließ ſo leicht keine lelden⸗ schaftliche Liebe in ſeinem Herzen aufkommen. Nun hatte er Annie kennen und lieben gelernt und der ſüße berückende Reiz, der ihr eigen war, ſteigerte ſeine Liebe doch zur Leidenſchaft und fing an ſein ganzes Leben zu beherrſchen. Er hatte niemals ein Phaatafieleben geführt und ſo überlegte er auch nicht lange, ſondern dachte ernſthaft daran, ſein Junggeſllenthum aufzugeben und das liebliche Mädchen als Gattin heimzuführen. Daß er bedeutend älter war, kam bei ihm nicht in Betracht. Er konnte ihr ja eine ſorgenfreie Zukunft bieten, eine angeſehene Stellung in der Welt und ein reines Herz voll warmer Liebe. — Alles, was in Mädchen ſonſt nur beglücken kann, beſaß ja in