t bezüglich der Rechnungen nun einmal herrscht, blieb mancher Wunſch und manche Hoffnung unerfüllt. Was bilft's alſo? Wieder an die Arbeit! Man ſagt ja, daß der Empfang von Rechnungen zu den genußrelchen Augenblicken des menſchlichen Lebens in keiner Weiſe gehöre, aber auch das Ausſchreiben von Rechnungen mit der Ausſicht, daß dieſelben nur in irgend einem Winkel aufgehoben werden, bietet wenig Genuß. Im deutſchen Reichstage iſt ſchon einmal der Vorſchlag gemocht worden, alle Rechnungen, die länger als ein halbes Jahr laufen, die alſo den Umſatz des nationalen Kopftals vereiteln, mit einer Steuer zu belegen. Der Vorſchlag war nur etwas welt gegriffen, und es iſt auch nicht erforderlich, daß man ihm zuſtimmt. wo die Klinge der Geſetzgebung gehondhobt wird, gar Manches in unſeren wirthſchaftlichen Verhält⸗ niſſen als faul anerkannt wird, was gang und gäbe it. Thatſache iſt jedenfalls, doß in keinem Lande von der Bedeutung des deutſchen Reiches die Ge⸗ werbetreibenden genöthigt find, ſich dermoßen mit dem wiederholten Ausſchreiben von Rechnungen zu plagen, wie das bei uns der Fall iſt. Und noch dazu iſt es bei uns nicht die Jahlungsunfähigkeit, welche die Rechnungen unbeglſchen läßt, ſondern die liebe und leldige Bequemlichkeit und die Gewobnheit, welche meint, jeder Gewerbetreibende habe die Pflicht, ſeine Waare ſo billig wie nur moglich herzugeben, der Käufer aber das Recht, die Bezahlung nach ſeinem Belieben zu ordnen. Darin liegt ein ſchweter wirthſchaftlicher Nachthell gerade für den Mittelſtand. — Mannheim, 7. Juli. Zum Rektor der flädtiſchen Schulen wurde an Stelle des wegen Krankbeit penftonlerten Herrn Stadtſchulrats Schick, Herr Dr. Sſckinger, Profeſſor am Gymnafium in Bruchſal, vom Stadtrate gewählt. Herr. Dr. Sickinger, ein Lehrersſohn aus Karlsruhe, wird fein neues Amt am 1. Auguſt l. J. antreten. Viernheim, 7. Juli. Einen gebeimniß⸗ vollen Fund machten letzter Tage einige hier beſchäftigte Maurer, die gegenwärtig in der Nähe des hiefigen Ortes die Erdarbeiten behufs Erbauung einer Brauerei ausfübren. Sie ſtießen bei einer Erdtiefe von etwa 40 Em, auf ein gut erhaltenes Skelett, das mit ausgebreiteten Armen dalag und einen dreiſeitig geſchliffenen Dolch in der rechten Hand hielt. Unter welchen Umſtänden an genanntem Platze ein Leichnam zu liegen kam, iſt bis jetzt unaufgeklärt. — Hockenheim, 4. Juli. Wie wir dem Aber er beweiſt, daß auch dort, 3 Hockenh. Gen.“ Anz. entnehmen, hat S. K. H. der Großherzog am letzten Sonntag bei einer Unterredung in Reilingen mit Herrn Dr. Erkenbrecht es als leicht möglich bezeichnet, daß er den Wunſch der Hockenheimer erfülle und der Einwelhung des Kriegerdenkmals in Hockenheim im Monat Oktober anwohnen werde. Feſt zuſagen konnte Seine Könial. Hoheit allerdings nicht. Alsdann berührte er das Proftet der Erhebung Hockenheims zur Stadt und bemerkte, daß es Hocken⸗ heim wohl verdiene, Angefichts der zahlreſchen Fabriken und des lebhaften Verkehrs und ſeinem Aufſchwung „Stadt“ genannt zu werden. — Karlsruhe, 5. Julf. Der von der Generalſynode feſtgeſetzten allgemeinen Kirchenſteuer für das ebangeliſche⸗proteſtantiſche Bekennkniß iſt die ſtaatſiche Gutheſßung ſchon vor einigen Monaten ertheilt worden, wird aber jetzt erſt omtlich verkündigt, Die Steuer beträgt 1 Pfennig von 100 Mark Copital⸗ Rentenſteuer, 1 5 Pfennig von der Grund-, Häuſer⸗, Gewerbe⸗ und Gefällſteuer, endlich 20 Piennig von 100 Mark Einkommenſteueronſchlag. Dieſe Steuer e ee neben der örtlichen Kirchenſteuer erhoben. — Karlsruhe, 9. Jull. Wir machen die Frauen und Töchter unſerer Landwirthe ganz beſonders darauf aufmerkſam, daß in der Zeit vom 4.— 15. Auguſt d. J. an der Großh. Obſtbauſchule Auguſten⸗ berg wieder ein Obſt⸗ und Gortenbaukurs für den welslichen Theil der ländlichen Bevölkerung abgehalten wird und daß in dieſem Kurs, der Jahreszeit ent⸗ sprechend, ein beſonderes Gewicht auf die Ver⸗ werthung des Obſtes gelegt wird. Die Koſten für den Beſuch dieſes Kurſes find unbedeutend können aber auch auf Anſuchen ganz oder theilweiſe nach⸗ gelaſſen werden. Bei der immer größeren Bedeutung, welche Obſt⸗, Gartenbau und insbeſondere Obſtver⸗ werthung in unſerem ländlichen Betriebe gewinnen, wäre zu wünſchen, daß auch dleſer Kurs von recht vielen Frauen und Mädchen unſeres Landes beſucht wird. Anmeldungen ſiad bis ſpäteſtens 1. Auguſt dei dem Anſtaltsvorſtand einzureichen. G. O. A. EKarlsruhe i. B., 6. Juli. Heute wurde im Durlacher Walde ein Luſtmordberſuch an einem ſiebenjährigen Mädchen begangen. Daſſelbe wurde am Kopf und Leib durch Stiche nicht unbedenklich verletzt. Signalement des Verbrechers: Alter 30 bis 40 Jahre, Größe 1,80 bis 1,85 Meter, rother Schnurrbart, hell karrirte Kleiduyg mit Gehrock, an dem ſich zwei äußere Seitentaſchen, befinden brauner, Abhülfe erheiſchen. Die Provinziolberwalkung 8 mit weißem Grſff. — Münſter, i. W., 5, Juli, (Reviſſton in elner Irrenanſtalt.) Die van Alexlanern gelete . 9 Ittenpflegeanſtalt Haus Hannen bel Amelsbüren 1 n il die über zweihundert größtenteils von der Probinzial⸗ 5 Sime behörde überwieſene Pfleglinge birgt, wurde borgeſt 1 Etliſſn von einer unvermuteten außergewöhnlichen Red 1 Ahern überraſcht. Die von der Staatsregſerung dam n Jenin beauftragten Sach berſtändigen Geheimrat Ptofeſſot n Hal Finkelnburg und Medizinalrat Dr. Gerlach unter⸗ 140 d werd zogen in Begleitung des Oberreglerungsrat Rolshope 51 en en die geſamten Einrichtungen und die Krankenpfteg 1 d f elner zweſtägigen genauen Unterſuchung. Ueber d 1 pl Ergebnis verlautet bis jetzt nur, daß mancherlei erh liche Mißſtände beſonders in den hygleiniſchen Zuftänd ende 15 haelt, den der Anſtalt, in der kein Arzt wohnt, eine gründl die käufliche Uebernahme des ganzen umfangreſch mit Landwirthſchaft verbundenen Anweſens bon Ordensgenoſſenſchaft oder die Erbauung einer ne Anſtalt unter ärztlicher Leitung mit Lalenpflege bere in Erwägung ziehen. — Einen Prozeß 4 la Melle ſoll demnächſt auch Berlin zu ſehen bekommen. Herr Reich⸗Gerling, der Redakteur der „Neuen 0 kunſt“, vorgeſtern abend in einer großen Verſam lung zu Charlottenburg erklärte, ſtehen die ſchrechllch Zuſtände in Mariaberg nicht vereinzelt da, ſonde in Dutzenden von Anſtalten find gleiche Verhäling vorliegend. In wenigen Wochen ſchon wird fl eine in Charlottenburg belegene Pfleg⸗Anſtalt dur gerichtliche Verhandlungen das Gleiche bekannt werd Herr Gerling ſagte nicht, um welche Anſtalt es f handelt. In der erwähnten Verſammlung erreg die Mitteilung große Senſation. — Brüſſel, 8. Juli. Der Keſſel des Fl dampfbootes „Louiſe“, zwiſchen der Läkener Br und der Grünen Allee verkehrend, explodierte. d Perſonen wurden getötet, zwei verwundet. — New⸗York, 8. Juli. Ein heft Orkan zerſtörte in Basctar⸗Spring (Kanſas) dreſf Häuſer, zablreiche Perſonen wurden verwundet ur getödtet, In einem anderen Ort wurden du einen, von einem Wolkenbruch gebildeten Stro viele Häuſer zerſtört, andere beſchädigt. Zwanz Perſonen verloren das Leben. — Mailand, 6. Juli. Die Probinze Modena und Mantua wurden geſtern von ſtarkeh Hagelwetter heimgeſucht, das die Erte der delreffende Landſtriche faſt gänzlich zerſtörte. 14 gegen 55 0 dt staune Das ſchlen der Mutter nicht pafſend, es gingen ſo viele Leute vorüber. „Aber ich kann doch in den Wald laufen und Blumen pflücken? Es iſt ſchrecklich langweilig, wenn Du lieſt und kein Menſch ein Wort mit mir ſpricht.“ Die Räthin zuckte die Achſeln. „Na, lauf nur. Weiteres Reden iſt doch unnütz, wenn Du dir etwas in den Kopf geſetzt haſt! — Aber bleib hübſch in der Nähe und komm bald wieder zurück.“ Annie hatte ſchon ihr Tuch ergriffen und lief ellenden Fußes aus dem Garten, um bald im daͤmm⸗ rigen Gehölz zu verſchwinden. Sie bog raſch von dem breiten Wege ab und kletterte über einige rohe Steinſtufen einen ſteilen Waldpfad hinon, der zum Kamme des mit Nadelholz b⸗wachſenen Hammerberges fübrte, auf deſſen höchſtem Punkte, der Franz⸗Joſefs⸗ Höhe ſich ein geſchmackvolles Gloriet befindet, von dem man eine köſtliche Ausficht hat. Hier oben war es einſam und ſtill, und welt und breit kein Menſch zu ſehen. Der Wind wehte Ffriſch und ſtrich mit melodiſchem Brauſen über die Tannenwipfel — ſonſt hörte man keinen Laut weiter, überall herrſchte tiefes, feierliches Schweigen. Das Mädchen ließ ihre Blicke in die Ferne ſchwelfen. Sie ſchaute auf den ſchimmernden Berg ⸗ wald, der ſich weit ins Land zog, auf die ſchöne Kurſtadt, über deren Dächern bläulicher Rauch ſchwebte und dann wieder über das ſonnenbeglänzte Thal, mit dem blinkenden Fluſſe und den hübſchen Haͤuſern, Kirchen und Gärten. Märchenhaft ſchön, entzückend war es hier oben auf der luftigen Höhe in der Einſamkeit und dem Frieden. Aanie war in der Ebene geboren, in einer alten pommerſchen Provinzialſtadt ſtand ihr Vaterhaus. Dort gab es keine Berge, keine Felſen, keine Wälder, flach eintönig, ohne Reiz dehnte ſich weit und breit das Land. Nun ſah ſie zum erſten Mal das Gebirge in ſeiner hehren Majeſtät, und all ſein Zaubrr that ſich vor ihr auf. Bisher batte ſie mit der Gleich⸗ giltigkeit eines Kindes die Natur betrachtet, jetzt kam ihr plötzlich volles Verſtändniß dafür und nahm alle ihre Gedanken in Anſpruch. An einer lauſchigen Stelle, wo ein Haufen zuſammemgewürfelter Granitblöcke eine kleine Schutz⸗ mauer gegen den Wind bot, warf ſie ſich in das weiche grüne Gras, verſchränkte die Arme über den Kopf und ſchaute hinauf in den blauen Himmelsdom, an dem ein paar zarte Silberwölkchen ſchwammen. So lag ſie lange reglos unter den rauſchenden Bäumen und begann zu träumen. Ein leichtes Geräuſch, ein Knacken im Buſchwerk ſchreckte ſie auf. Sie richtete ſich auf den Ellenbogen empor und lauſchte. Es ſtiegen wohl Leute den Berg hinan. Nun ſprang ſie raſch von Boden auf, zupfte ihr Kleid zurecht und ſtrich mit beiden Händen über ihr Haar, das in Verwirrung gerathen war. Aber dann begann ſte heftig zu zittern, denn drüben am Rande des hellen Kreiſes, welchen die Sonne auf dem breiten Plateau des Berges zeichnete, ſtand Bernthal und ſah überraſcht zu ihr hinüber. Die kleine Annie wagte es nicht, zu den Augen emporzublicken, die in einer faſt enthuftaſtiſchen Bewun⸗ derung auf ihr ruhten. Aber ſie ſah auch hinreißend lieblich aus, mit ihren zartgerötheten Wangen, den leuchtenden blauen Augen und in der reichen Fülle ihrer halbgelöſten braunen Locken. nahmen ſte Platz. Jetzt kam er nüher, mit großen ungeduldigen 1 — — — Schritten und ſtreckte ihr die Hand entgegen. n N — j „Mein gnädiges Fräulein, wie freu ich mich eng ein Sie wiederzuſehen!“ rief er freudig bewegt. L. le bafiege Annie blickte in kindlicher Verſchämiheſt bo 0 ſich nieder. „Aber ſie ſind ganz allein hier?“ fragte „War es nicht ſchwierig für Sie, den ſteſlen Be hinanzuklimmen ?“ Sie ſchüttelte den Kopf. „Nein, gar nich Ich war mit Mama unten im Freundſchaftsſag Da Mama ſich in die Zeitungen dertiefte, und i mich langweilte, lief ich aufs Geradewohl in d Wald und kletterte über Stock und Stein!“ „Und nun Sie einmal hier find, werden S auch noch ein wenig hier verweilen, nicht war! frug er ſcherzend. Du Uh „O nein! Ich bin ſchon lange fork und m uch h der 90 jetzt wieder zu Mama zurück!“ n u bt „Aber weshalb denn? Es iſt herrlich hier obe ga. 500 und wir wollen miteinander plaudern, — was an ö der Reunſon nicht möglich war.“ 1 10 „Nein! nein! Ich muß gehen! Ich kann nich * 15 länger bleiben!“ rief ſie ängſlich. anila „Wenn ſch Sie aber bite, herzlich bitke! Nahant Nur zehn Minuten! — Ich bitte darum als eit Gunſt, mein gnädiges Fräulein!“ flehte er m Cine erwartungsvollen Augen. Sie zauderte mit der Antwort — ſie kämpfte 10 ö nit sch. Roſtge Glutz ſieg ige auf de Wale, Aber Endlich hauchte ſie ein leiſes „Ja.“ Ur 25 Ma Stein Anlitz ſtrahlte vor Freude. Er bol f ill wer den Arm und führte ſie zu einem Ausfichtspunlie wo ſich mehrere Bänke befanden. Auf einer derfelheh (Fortſetzung folgt.)