blatt Mk. 1.40 frei ins Haus. für die Redaktion verantwortlich: Karl Molitor, Ladenburg brſcheint leben Dienstag und Freitag Abend, Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltungs⸗ Anzeigen: die 1⸗ſpaltige Corpus⸗Zelle oder deren Naum 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 8 Pf. Druck und Verlag von Karl Molitor, Ladenburg. 5 ee 73 Mare ee eee Corpuszeile. Neclamen 20 Pfg. 1895. Vol itiſches. 3 Berlin, 6. März. Katſer Wlhelm wohnte am Dienstag Mittag der Vereidigung der Marine⸗ Rekroten in Wilhelmshaven bei. Der alle rhöchſte Keſegsberr richtete hierbei eine Auſprache an die jungen Flottenmannſchaſt en, in welcher er in markigen Worten an die Heiligkeit des Edes erinnerte und als Herrſcher und Kaiſer die ſt⸗te volle Erfüllung des ſoeben abgelegten Schwur ⸗s verlangte. Dann ermahnte er die angehenden Marine⸗Aagehbeigen, immerdar ihre Pflicht in dem nunmehr an ſie heran⸗ tretenden ernſten Dienſte zu thun und im Auslande die vaterländiſche Marine durch ein würdiges Be⸗ tragen ſtets gut zu vertreten. Nach berndigter F ierlichkeit nahm Se. Maj⸗ſid im Marine⸗Cafino das Frühftück ein, im Verlaufe des Nachmittags wobnte der Kaiſer der Kell⸗gung des neuen Schlacht⸗ ſchffes „Erſatz Preußen“ bei und unterzog das Panz'rſch ff „Weiß nburg“ einer Befichtigung. Später fand beim Kaiſer Diner an Bord des Flaggicheſſes „Kurfürſt Friedrich Wilhelm“ ſtatt, auf weich m der Monarch auch Nacht quartier nahm. Am Mittwoch Morgen wurde eine Fahrt des Kalfers an Bord des „Kurfürſt Friedrich Wilhelm“ nach Helgoland und weiter nach Brunsbüttel angetreten, auch iſt ein kurzer Beſuch des hohen Herrn in Bremen in Aus⸗ ficht genommen. — Die am nächſten Dienstag beginnenden Sitzungen des preußiſchen Staatsrathes werden wiederholt durch die Anweſenheit des Kaiſers aus⸗ gezeichnet ſein, wenigſtens verlautet beſtimmt, der Hohe Herr habe die Abficht kundgegeben, den Ver⸗ handlungen des Staatsrathes ſo oft wie möglich bei⸗ zuwohnen. Für dieſelben iſt ein Zeitraum von 2 Wochen in Aus icht 14 8 erſcheint dieſe Es war Magdalene Ausbach in Männerkeidern! Ich wendete das Bild um und fand auf der ückſette denſelben Photographen und — Ocſsnamen, wie unter Arthur Ausbach's Bild, das ich in Ferny⸗ hurſt geſehen hatte. Beide Aufnahmen waren zu gleicher Zeit gemacht. Nun begriff ich endlich die ganz Wahrheit. Wir waren alle die Opfer eins ſchmählſchen Betrugs geweſen und Magdalene Ausbach war ein Mann in Frauenkleidern! Ihr ganz ſelſames Betragen war damft erklärt, wie auch die mir bisher unbegreifl che Abneigung, welche ſie mir immer eingeflößt batte. Aber Ger⸗ traud! Sie hatte ſich dem Einftuſſe dieſes Mannes hingegeben, bis er ſie dahin zu bringen vermochte, daß ſie die Ihren heimlich verließ und folgte, wohin er ſi- führen wollte. Der kleine Bach war nun ſchlißlich zum mächtigen Strome angewachſen, über den Gertraud nie wieder zurückkommen konnte, und ich ſtand händeringend am andern Ufer und ſchaute ihr verzwe flungsvoll nach. „Richard!“ Und wie war Richard's anderer —— — Friſt in Hublick auf das inzweſchen bekannt g⸗⸗ wordene Überte chliche und zum Theil ſehr ſchweerig⸗ Arb itsmaterial des Staatskath 's faſt zu knapp be⸗ mien. Eine Art Vorläufer hat die Staatsraths⸗ ſſſon durch die 23, Plenarverſammlung des deutſchen Landwirthſchaftsrns gefunden, welche ſoeben in Berl en tagte, denn bereits in litzt⸗rer Verſammlung find einige der agra politiſchen Fragen, welche vorwiegend auf der Tag sordnung des Staatstathes ſtehen werden, zur Beſprechung gelangt. Berlin, 5. März. Im Deutſchen Landwirth⸗ ſchaftsrath hielt heute Miniſter v. Hamme rſtein, lebhaft begrüßt, eine An prache, in der er ausführte: Der Rath nehme in Folge der leidenſchaftloſen und gründlichen Behandlung, namentlich der Agrarfrage, in letzterer eine autoritative Stellung ein. Dieſer Umſtand ſowie die Thatſache, daß der Rath ſelbſt in dieſer trüben Zeit die Agrarfrage mit größter Sachlichkeit behandle, erklären es, daß die Bund s⸗ regierungen die Verhandlungen mit größtem Intereſſ⸗ ver olg'n. Die Regierungen würden die Beſchlüffe g wiſſenhaft prüfen und ſoweit möglich befolgen. (Lebhafter Beifall.) Freiherr v. Eiffa ſpricht fich dann über Maßregeln zur Hebung der Getreide preiſe aus. Der niedrige Zollſatz an ſich verſchulde nicht die niedrigen Getreidepreiſe. Die Haupturſache ſeien die billigen Frachtſaͤtze für ausländiſches Getreide, die Ueberproduktion des Auslandes und die minder⸗ werthige Valuta der Ausland xportländer; am meiſten Überſchwemmen Deutſchland, Argentinien, Amerika und Rußland. Von der internattonalen Doppel⸗ währungskonferenz ſei nach den jüngſten Auslaſſungen des engliſchen Schatzſekretürs wenig zu hoffen. Die Bekämpfung der Nothlage der Landwirthſchaft in wirkſamer Weiſe ſei nur durch den Antrag Kanitz möglich. 1 mich zur Hebung der e schaft, ſo sel der Untergang der Landwirtöſchaft und damit des Staates b⸗vorff⸗hend. RN'dner empfi⸗hlt darauf eine R ſoſutlon, worin zur Hebung der Preiſe berlangt wird: 1) die Verſagung der Meiſtbegünſtigung an oußereuropliſch⸗ Konkurrenzgebiete und in weiterer Folge der Z ammenſchluß der europäſſchen Kultur⸗ länder zur Zollunion, 2) die internationale Regelung der Wäßrunasfroge, 3) zue ſchl⸗unſgen Abhilfe die ouf der Grundlage des Antrages Kanitz ſtehenden Maßnahmen zur direk'en H⸗bung der Preiſe. Die R-⸗ſolutſon fordert die Verſammlung auf, im Sinne d's dritten Punktes eine Eingabe an den Reichs⸗ kanzlr und den Bunde srath zu richten. Hierauf b fürwortet Korreferent Klein⸗Wertbeim den Antrag Kanitz als einziges durchgreifendes Hilfsmitt⸗ Il. Kaniß enthält ſich der Erörterung, da er Referent im Staatsrathe ſeir werde. Nektich⸗Roſtock beantragt die Verſtaatlichung der Getreideeinkuhr und Verkauf bei Nichtausreichen des inländischen Getreides zu Orts⸗ preiſen, mindeſte'ns aber zum Einkaufspreiſe plus Zinſen, Lagerkoſten und Zollerſatz. B⸗zirkapräfident Hammerſtein⸗Metz beantragt einen Geſetzentwurf, wonach die Menge der erlaubten Einfuhr an Ge⸗ tride und Mehl vierteljäbrlich durch den Bundes⸗ rath feſtzuſtell'n ſei. Cetto⸗Reichertshauſen und Winkelmann ⸗Hiltrup beantragen, die Regierung wolle thunlichſt eine R⸗viſton der Handelsverträge ſowie die ausfühebaren Maßnahmen zur Preiserhöhung und Produkt ſonsverbilliaung vornehmen, wozu ein Import⸗ monopol und G- treidemonopol nicht gebörten. Im Laufe der Debatte b⸗kämpfen Graf Bernßorff⸗ Wehningen, Graf C⸗tto, Hammerſtein⸗Metz und Prof. Goltz Jena den Autrag Kanitz, den Puttkamer⸗ Plauth befürwortet. a Berlin, 7. März. Der Deutſche Landwirth⸗ 5 nahm in ſeiner geſtrigen Sitzung eine Name 7 Und in welchem Verhältniß tand er zu Arthur Ausbach? Itzt verſtand ich es, daß Arthur mit der Antwort zögerte, als ich ihn gerade heraus fragte, ob Magdalene Ausbach ſeine Schweſter wäre. Ich ſprang, die Photographie in der Hand haltend, von dem Bete auf, ſchob mechaniſch den Riegel an der Thür zurück und lief aus dem Zimmer. Die Küche war leer, die Hausthür ſtand offen, die kühle Ab noluft ſteich mir über das glühende Geficht. Im nächſten Augenblick befand ich mich im Freien und kurz darauf — ohne es zu wiſſen, wie ich dahin gekommen — lehnte ich an der Hecke des Grasgartens, welcher hinter dem Hauſe lag. Da näbert⸗ ſich mir J mand in der herein⸗ reichenden Dankelheit, ein Pferd am Zum führend. Ich erkannte in der hohen, elaſtiſchen Geſtalt — Aithur Ausbach. 5 Bevor ich noch recht zur Beſinnung kam, ſtand Arthur an meiner Seite und ich ſtarrte ihn an wie ein Tlaumgebild. Doch als er mir die Hand ent⸗ gegenſtrckte, was er nur zögernd that, als ob er ſich fürchtere, ich wüede ſie nicht ergreifen, da prallte ich erſchrocken vor ihm zus ück. Er blickte über die Hecke zu mir herüber und eine Weile p aach keins von uns Beiden ein Wort. Die Dämmerung umhüllte uns und ringsum war Alles ſtill. Das Pferd entwand Arthur's Hand die Zügel und fing an, das kurze Gras an der Hecke ah ahr n. Als wir ſo daſtanden und ich ſeine ſchöne ariſto⸗ kratiſch: Geſtalt und ſeine männlichen, geiſtreichen Züge betrachtete, da wußte ich, daß ich ihn über Alles liebte und mein Herz niemals einem andern Manne angehören konnte. Und daß über meiner Liebe eine ſo finſtzre Wolke lagerte, war augenblicklich mein größter Kummer, ein weit größerer als der Verluſt meiner Schwe ſter. Endlich brach ich das Schweigen, indem ich in kaltem, gleichgültig m Tone wie zu einem Fremden zu reden verſuchte und ſagte: „Guten Abend, Herr Ausbach. Ich bin über⸗ raſcht, Sie bier zu ſehen.“ Er antwortete nicht und ſch hörte nur, wie er leiſe vor ſich bnmurmelt⸗: „Wie blaß ſie ausfieht und wie ſchmal ſie ge⸗ worden iſt — meine kleine Chriſta!“ Dann ſetzte er laut das Wort an mich gerichtet, hinzu: „Haſſen Sie uns nicht Beide Chriſta, — meinen Bruder und mich? Wollen Sie mir wenigſtens ſo weit ver⸗ 70 daß Sie anhören, was ich Ihnen zu ſagen Ade Ich öffnete die Hand und zeigte ihm das Bild, 955 ich die ganze Zeit über darin feſt gehalten ait: „Iſt das Ihr Bruder?“ fragte ich. „Mein Halbruder — Richard,“ antwortete er, „Und welches iſt Ihr wahrer Name “