blatt Mk. 1.40 frei ins Haus. 1 Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltungs⸗ far die Redaktion verantwortlich: Karl Molitor, Ladenburg Mittwoch den 6. März. Anzeigen: die I⸗ſpaltige Corpus⸗Zelle oder dere 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. Druc und Verlag von Karl Molitor, Ladenburg. Raum Corpuszeile. Reclamen 20 Pfg. 1895. us Nr. 19 iel. — Deutſchland und Frankreich. fh Die im Flühſommer b⸗votſtebenden Feierlich⸗ dent, keiten zur Eröff gung des Nord⸗Oſtſee⸗K nales ſch inen beſtimmt zu ſein, die ſchon ſeit einiger Zeit hervor⸗ retende unberkennbare Beſſerung in den Geſammt⸗ 3 beziehungen zwiſchen Deutſchland und Frankreich er⸗ und eut zum erfreulichen Ausdruck zu bringen. Zwar ilb⸗ liegt noch keine Beſtätigung der Pariser Z tungs⸗ g: meldung vor, wonach der franzöſiſche Miniſterrath 15 die an die R publik ergangene E nladung des deutſchen che Kaiſers zur Theilnahme an den herannahenden Kieler Pfg. Feſttagen bereits angenommen haben ſollte, aber es ad. ſteht wohl nicht mehr zu bezweifeln, daß die leiten⸗ 125 den Perſönlichkeiten Frankreichs einen ſolchen Beſchluß ed. aſſen werden. Wohl haben ſich jenſeits der Vogeſen — auch in dieſer Angelegenheit wiederum lärmende chaudpiniſtiſche Stimmen erhoben, ſie bemüden ſich, die Entſendung eines franzöftſchen G ſchwaders nach z den deutſchen Gewäfſern als eine Frankreichs un⸗ würdige⸗unpatriotiſche Handlung hinzuſtellen, aber es ger zeigt ſich immer mehr, daß dieſe neueſte Hetzerel gegen Deutſchland bei der öffentlichen Meinung Frankreichs durchaus keinen Boden findet. Im Gegentheil, täglich wächſt daſelbſt die Strömung in weiten Kreiſen, die auf Annahme der Einladung Kaiſer Wilhelms drängt, und es kann gewiß ſchon t als zwe f llos gelten, daß das Cabinet Ribot unter dem Eindrucke einer ſolchen allgemeinen Forde⸗ ung der liebenswürdigen Aufforderung Kaiſer Wilhelms entſprechen wird, ganz abgeſehen davon, daß für einen ſolchen Entſchluß auch Erwägungen des einfachen politiſchen Taktes ſprechen. 5 Natürlich erwartet man in Deutſchland nirgends, daß das Erscheinen eines franzöſiſchen Geſchwaders an den deutſchen Oſtſeegeſtaden eine völlig neue In der neuen Welt. Roman von P. Olleverio. 5 5 11. Kapftel. „ Jedenfalls hatte ihr Mann von Ausbach's Hand ſchriftlichen Auftrag, während der nächſten zwei Monate die kleine Befitzung zu verwalten. „Wird Fräulein Magdalene vielleicht früher 94 zurückkehren?“ fragte ich weiter. Nein, Mrs. Barton glaubte es nicht; und dann achte fie. f „Fräulein Magdalen iſt eine eigenthümliche unge Dome; finden Sie das nicht auch, Fräulein zel. Leonhard?“ 3 „Mrs. Barton,“ erwiderte ich. — mich vor mir ſelber ſchämend, daß ich fragte, aber ich konnte ö ach meiner Unterhaltung mit Bergen der Verſuchung . icht widerſtehen — „haben Sie je an mir etwas un. bemerkt, das zu der Annahme berechtigte, ihr Weiſt 97 ei ein wenig geflött?“ Mrs. Barton überlegte einen Moment, bevor nö ſie antwortete: „Ich könnte bas mit gutem Gewiſſen icht ſagen, obgleich ich weiß, daß viele Leute ſo 1 von ihr denken. Aber jedenfalls ſt i, eine ſonder⸗ dare junge Dame. Und ſo ſchlau! Ihr Bruder Aera in dem Verhäbtniſſe zwiſchen Deutſchland und Frankreich einleiten werde, etwa mit dem ſtillſchweigen⸗ den Verzichte auf die franzöfiſch 'n R vancheträumerelen als Grundlage, Das Verlangen nach Wiedergewinnung Elſaß⸗Lothringens hat im Frauzofenvolke zu tieſe Wurzeln gefaßt, ols daß für abſhbare Zit mit. ſeinem völligen Erlöſchen zu rechnen wäre, es wird ja noch immer von allen Stellen aus bei der jungen franzöfiſchen Generation die Hoffnung, daß auf irgend eind Weise die 1870 verloren gegangenen Provinzen für Frankceich weederzuerlangen ſeſen genährt. Um ſo bemerkenswerther erſcheint es jedoch, daß trotz alledem der chaupiniſtiiche Gedanke in Frankreich ſeit einiger Zeit fichtlich ſtetig an Boden verliert und an ſeimer Stelle eine verſöynlichere sst: mmung gegenüber dem deuiſchen Nachbar aufkommt. Gewiß mag zu einer ſolchen veränderten Haltung die ſich jenſelts det Vog⸗ſen allmälich doch Bahn brechende Ueber⸗ zeagung mit beigetragen haben, wie wenig einſtweilen in Anbetracht d'r gegebenen internationalen Ver⸗ hältniſſe auf eine Verwirklichung der gehegten R vanche⸗ träume zu rechnen ſei, ficher iſt es j doch, daß vor allea Dingen die von deutſcher Seite Frankreich gegenüber conſ quent bewieſene loyale und entgegen⸗ kommende Gefinnung zur Abſchwächung der chauvi⸗ niſtiſchen Strömung in Frankreich beigetragen hat. Dieſe Ge finnung iſt theils in rein polltiſchen Fragen, theils aber ouch auf anderen Gebieten zur Bethätigung gelangt. In erſterer Beziehung braucht nur daran erinnert zu werden, daß ſeit dem Frankfurter Frieden die deutſche auswärtige Politik bis zum heutigen Tage in ſtets wücdiger Art Frankreich ein gewiſſes Wohlwollen bewieſen hat, während nach anderen Richtungen hin ſpeziell die bekannten mancherlei hoch⸗ herzigen Kungebungen Kaiſer Wilbelms II. das Eis nationalen Vorurtheils und gehäſſigen Empfindens und ſie macht ihm ſo ſchon Sorge genug.“ „Ich dachte mir wohl, daß es ein Irrthum war,“ ſagte ich; „aber ich hatte ſchon wiederholt als etwas geiſteskrank von ihr reden hören und fragte deshalb Sie, Mrs. Barton.“ „Ich begreife ſehr wohl, daß, wer ſie zuweilen ſo burſchikos fteht, ſie für nicht ganz klar hielt Sie thut eben nichts, was andere junge Damen thun, und Alles, was andere junge Damen nicht thun; daran aber iſt kein Zweifel, daß ſie Recht und Unrecht ſo gut zu unterſchtiden weiß wie Sie und N 5 Ich glaubte für diesmal genug gehört zu haben und erhob mich um zu gehen; doch Mis. Barton war ganz betrübt dartiber. „Nein, erſt müſſen Se eine Toſſe Thee trinken,“ bat ſt' und drückte mich mit Gewalt in Ausbach's Lehnſtull nieder, worauf ſie aus dem Zemmer alte, um ihre Vorkehrungen zu treffen. Ich war weder hungrig noch durſtig; habe aber mein Lebtag eine wahre Angſt gehabt, die Gefühle Anderer durch Zurückweiſung mir gebotener Freund⸗ lichkeiten zu verletzen. So wartete ich denn, und als ich mich, um die Zit zu vertreiben, im Zimmer umſah, fiel mein Blick auf Potogiophle⸗Album, welches auf dem Bücherregal ſtand. rfährt nicht die Hälfte von ihrem Thun and Treiben, 1 ein in rothem Sammt gebundenes Doch als ich das Potographſealbum herunter ⸗ in Frankreich gegen Deutichland gebrochen haben. Endlich darf nicht verg⸗ſſen werden, daß auch die deutſche Kunſt, in erſter Linie die deutſche Tonkunſt, ſich ein un äuabares Verdienſt bei der Wendung der deutſch⸗franzöſiſchen Beziehungen zuſchreiben kann, die gewaltigen Tonſchöpfungen eines Richard Wagner z. B. ſind ja beute förmlich heimatberechtigt am Sein ſtrande, was noch vor einigen Jahren ſchier undenkbar geweſen wäre. Anderſeits kommt jetzt die franzöftſche Kunſt auch nach Deutſchland zu Gaſte, die künſtleriſche Elitevereinigung von Champ du Mars wird ſich an der diesjährigen Berliner Kunſt⸗ ausſtellung betheiligen — auch hierar war vor gar nicht ſo langer Z'it noch nicht zu denken! 5 Jedenfalls wird der zu erwartende franzöfſche Flottenbeſuch in Kiel ein neues Glied in der Kette der wieder eingetretenen beſſeren Beziehungen zwiſchen Frankreich und D⸗uiſchland bilden helfen. Wenn ſich dann Deutſchland 1900 an der Jahrhunderts⸗Welt⸗ ausſtellung in Paris betheiligt, ſo würde dies eine Erwiderung des Beſuch's der Franzosen in Kiel ſein, die vielleicht noch beſſer als alles Andere die Wendung in dem deutſch⸗franzöfiſchen Verhältniſſe befiegelte. 5 Volitiſches. Hamburg, 3. März. Die Hamb. Naßh⸗ richten“ teilen mit: Fürſt Bismarck ſei zur Teilnahme an der Staats rathsfizung amtlich eingeladen, habe aber aus Geſundheitsrückfichten um Dispens gebeten. — Ueber das Befinden des Fürſten Bismarck ſchreibt dasſelbe Blatt: Der Fürſf Bismarck befindet ſich im ganzen wohl, nur iſt er dadurch ans Haus gefeſſelt, daß jeder Ausflug ins Freie ihm bei den jetzigen Witterungs⸗Verhältniſſen einen mehr oder minder heftigen Anfall von Giſichtsſchmerzen zuzufügen genommen und aufgeſchlagen hatte, ſah ich mich in der Erwartung meines Vergnügens getäuſcht, denn bis auf zwei Bilder waren alle herausgenommen, und die Namen, welche darunter geſtanden hatten, ſorgfältig fortradirt. Die beiden ſteckten nebeneinander. Das eine war von Arthur ſelbſt — ein ſehr gutes Bild. Neugierig ſah ich nach dem Namen des Photogrophen. Es war ein ungewögnlicher italieniſcher der ſich meinem Gedächtniß einprägte, gerade ſo wie auch der Ort, — eine Propinzialſtadt — wo das Bild aufgenommen war. Ich erwähne das um auf ſpätere Ereigniſſe ein Licht zu werfen. Das Bild neben Arthur's war ein wunder⸗ ſchöner Frauenkopf mit ſanften, lieblichen und un⸗ endlich traurigen Zügen. Die Potographie ſchien nuch einem Gemälde gemacht zu ſein. Artbut's Mutter konnte es nicht ſein, dafür 5 war die Friſur wie die ganze Tracht zu modern. Eine zweite Schweſter vielleicht? Das ſchien wahr⸗ ſch⸗inlich'r; ähnlich ſah e ihm aber nicht im Geringſten. i Ich ſchloß dos Buch und ſtellte es wieder an ſeinenen Plotz; und es überlief mich fröſtelnd bei dem Gedanken, wie wenig ich doch über den Mann wußte, der mich zu der Seinen mochen wollte. Nu mand wußte, woher er kam und was ihn hiether gefühtt hatte; wer ſeine Verwandten, ſeine Freunde waren. Ec gat füt unverheitathet, bielleicht war er es doch nicht, wer konnte es behaupten 5 W.