blatt Mk. 1.40 frei ins Haus. Allgemeiner Anzeiger für Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit jlluſtriertem Unterhaltungs⸗ Ladenburg und Amgegend. Anzeizen: die I-Jbaltige Corbur-Jele oder deren Raum 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pf. 8 Druck und Verlag von Karl Molitor, Jadenburg. Corpuszeile. Neclamen 20 Pfg. 1 1 1895. Hin für die Redaktion verantwortlich: Karl Molitor, Jadenburg art. ide Der Kalſer und der Rund der Fand⸗ g wirthe. g il. Bei der heutigen Audienz des Vorſtand⸗s des N undes der Landwirthe, welcher der pr uß iche Mimiſter des Innern von Köller und der pieußtiſche Land⸗ wohnten, verlas nach der Vorſt⸗ ung der Vorſtands⸗ mitglieder der Abgeordnete v. Plötz die Adr ſſe, worin 11 der Bund als Vertreter von 200,000 deutſchen 59 1 Landwirthen das Gehör des Kaisers füt die Noth der Landwitthſchaft erbittet. Der deutſche Bauernſtand ringe um ſeine Exiſt nz. it ihm ſtehe und falle die Zukunft des deutſchen Vaterlandes. Deshalb erbitte der Bund für die be⸗ drückte deulſche Landwirthſchaft die allerhöchſte, mächtige Hilfe. Der Kaiſer nahm die Adreſſe entgegen und antwortete Folgendes: „Dem Beiſpiel der Oſtpreußiſchen Landwirthe, welche im Oktober vorigen Jahres zu mir kamen, folgend, erſchienen nun auch Sie, um mir Ihre Münſche vorzutragen. Der Empfang iſt Ihnen ein Beweis, wie ernſt es Mir um das Wohl und Wehe Meiner Bauern zu thun iſt, daß Mein Wort, daß Meine Türe jedem Unterthan offen ſteht, keine leere Formel iſt. In dem Eifer, ſich ſelbſt zu helfen, und den auf der Landwirthſchaft laſtenden Druck allen Volkskreiſen klar zu machen, haben ſich die Mit⸗ glieder Ihres Bundes im verfloſſenen Jahre zu einer Agitation in Wort und Schriſt verführen laſſen, die über den Rahmen des Zuläſſigen hinaus⸗ gthend, Mein landesväterliches Herz tief kränken mußte. Am heutigen Tage jedoch haben Sie In der neuen Welt. Noman von P. Olleverio. 30 71 51 8. Kapitel. Chriſta's Erzählung. f s war mir nicht entgangen, daß er ein auf⸗ fallend hübſcher Mann war, blond und etwas mäd⸗ chenhaft und keinerlei Handwerkzeug trug, wie doch ſonſt jeder Handwerker, der auf Arbeit geht. Um 1 Uhr ſetzten war uns zu Tach. Gertcaud's Wangen glühten; ihre Augen ſtrahlten. Sie trug ein ſchwarz und weiß ⸗s Kleid, das ihr vorzüglich ſtand, und um den Hals das grüne Band mit dem goldenen Medaillon. ein wenig zurückwerfend fagte: „Die arme Motte; mag fie ſich ihre Flügel verbrennen!“ Fanny ſchüttelte vorwurfsvoll den Kopf, ent⸗ gegnete aber nichts, da fie wußte, wie nutzlos es ſein würde, und wie auch ich glaubte, daß Hugo Bergen's Sache durchaus keine verlorene ſei. Nach Tiſche blieb ich mit Gertraud allein. Wie oft habe ich mir ſeitdem wieder und immer wieder wirthſchaftsminiſter von Hamme rſtein⸗Loxten bei⸗ Bei Tiſch erwähnte Fanny daß ft“ am Abend Herrn Bergen erwartete worauf Gertraud, den Kopf 5 f ging ich. gleich wie meine Oftpreußen Ihr Vertrauen zur Krone gezeigt. Aus der bevorſtehenden Berufung des preußiſchen Stastsraths, dem alle einſchlägegen Frogen zur Berathung vorgelegt werden, mögen Sie erſehen, wie ich hoſſe, unter der Mitwirkung von Land⸗ wirthen aller Stände, etwas Erſprißliches für die Hebung der Landwirthſchaft zu erwirken. Mein landes väterlicher Rath geht deßhalb da⸗ hin, die Herren mögen fich ſenſationeller Agitation enthalten, im Vertrauen der Arbeit des Staats. ralbes folgend. Wir wollen Gott bitten, daß dieſe Bemühungen zum Heil der Landwitthſchaft ausſchlagen und daß Ihnen ein gutes Jahr beſcheert ſein möge. Der Kaiſer ſprach hierauf huldvollſt mehrere Mitglieder der D⸗putatſon an und beſprach hierbei die allgemeine Nothlage der Landwirthſchaft, drückte die Hoffnung aus, der Staatsrath werde die Wünſche der Landwirihſchaft eingehend etörtern und knüpfte hieran den Wunſch, daß die Zeit für die deutſche Landwirthichaft wieder beſſer werden moͤchte. Volitiſches. Berlin, 16. Febr. Im Reichstage ſtand am Freitag und Sonnabend wieder einmal das in der deutſchen Volksvertretung ja ſchon öfters dageweſene Thema der Währungsfrage zur Debatte. Anlaß hierzu gab der von der „freien wirthſchaftlichen Vereinigung“ ausgegangene Antrag, wonach die Reichsregierung baldthunlichſt Einladungen zu einer Münzconferenz behufs internationaler Regelung der Währungsfrage ergehen werden ſoll. Die Fieſtags⸗ debatte hierüber wurde von einem der „Väter“ des Antrages, dem conſervativen Wortführer Grafen Mirbach, eröffnet. In gewandten Darlegungen ſuchte j:den Blick, jedes Wort dieſes unſeres letzten Belſammen⸗ ſeins in das Gedächtniß zurückgerufen. Wir ſprachen von unſeren Freunden in der Hemath, von dem Schauplatz unserer Kinoheit. Nohts konnte zwichen uns treten, wenn wir der Vergangenheit gedachten, denn damals waren wir uns gegenſetig Alles geweſen. Nach einer Weile erhob ſich Gertraud und trat auf die Veranda hinaus. Auch ich ſtand auf, um meinen Hut zu holen, da ich über die Bucht hinüber gehen und Butter kaufen wollte. Es war das ein W'g, den ich beſonders li bte. Als ich wieder aus meinem Z mmer kam, fand ich Gertraud noch auf der Veranda. „Obe wohl, Chriſta,“ ſagte ſie. Ich trat zu ihr, und ſie ſchlung ihre Arme um meinen Hals und küßte mich. „Komm mit mir, Gertraud.“ bat ſch. Sie aber ſchüttelte den Kopf und antwortete: „Heute nicht.“ „Nui dann Adieu! bis heute Abend.“ Damit Sie antwortete mir nicht und wendete den Kopf zur Seite. Als am Abend der Thee auf dem Tiſche ſtand, bat mich Fanny, Gertraud zu rufen. „Sie iſt kurz nach Dir weggegangen,“ fuhe Fanny fort. ſein, obgleich ich ſie nicht habe kommen hören.“ dem aufmerkſam lauſchenden Hause die Nachtheile der gegenwärtigen Geldwährung und die Borthelle der Doppelwährung auseinanderzuſ zen und erhofft⸗ er von einer internationalen Munzconferenz eine Wendung zu Gunſten des Silbers. Dieſen Aus⸗ führungen trat ein bekannter Gegner der Doppel⸗ währung, der Freifinnige Dr. Barth, entgegen, um unter ſcharfen Angeiffen auf die Agitationen der Bimetalliſten für die Aufrechterhaltung der jetzigen Mährungsverhältniſſe Deutſchlands zu plaidireu; von einer internationalen Münzconferenz verſprach ſich der fre finnige Redner keinerlei praktiſchen Nutzen. Dann folgte wi derum ein Vertheidiger der Doppel⸗ währung und des vorliegenden Antrages in der Perſon des Abgeordneten Grafen Herbert Bismarck. Der Sohn des Altreichskanzlers wies namentlich auf die Urſachen des Scheiterns der bisherigen inter⸗ nationalen Verhandlungen über die Währungsfrage hin und befürwortete er die Einleitung einer Ver⸗ ftiändigung Deutschlands hierin mit mindeſtens einer anderen Großmacht und zwar vor Einberufung einer neuen Conferenz. Der nächſte Redner war der Sozialdemokrat Dr. Schönlank, er wandte ſich gegen den Bimetallismus und die angeregte Münzeonferenz, hierbei ſcharf die „Agrarier“ angreifend. Herr Dr. Schönlank wurde durch den Centrumsführer Dr. Lieber abgelöst, derſelbe behandelte die zur Discuſſ on ſtehende Frage höchſt dplomatiſch, offendar wollte er eine deſtimmte Stellungnahme in der Währungsangelegen⸗ heit vermeiden. Der letzte Redner in der Freitagz⸗ debatte war der Reichskanzler Fürſt Hohenlohe. Er gab die Erklärung ab, daß ſich die nachtheiligen Wirkungen auf unſer Erwerbsleben, welche dem zu⸗ nehmenden Werthunterſchiede zwiſchen Gold und Silber entſprängen, nicht mehr verkennen ließen, woran der Kanzler den Ausdruck der Geneigtheit knüpfte, mit Ich klopfte an Gertraud's Thür, da ich aber teine Antwort erhielt, öffnete ich leiſe und trat in das Zimmer. Es war leer. Gertraud's Hut und ihr langer Regenmantel waren nicht am Platz, wo ſie imm er zu hängen pflegten. Das weiße Mullkleid, an welchem ſie am Morgen gearbeitet, lag noch genau ſo auf dem Bett, wie ſie es Mittags aus der Hand gelegt hatte; ihre kleinen, blauen Morgen⸗ ſchuhe ſtanden auf dem Stuhle. „Sie kann noch nicht zu Hauſe ſein,“ ſagte ich zu Fanny. „Ich mochte nur wiſen, wohin ſie gegangen iſt.“ „Wir wollen mit den Thee nicht warten,“ meinte dieſe. „Et kann friſcher für ſie aufgegoſſen werden, ſobald ſie kommt.“ Hugo Bergen kam, wie wir erwartet hatten. Er machte eine ſehr enttäuſchte Miene, als er Gertraud's Platz l'er fand; und ſo lange er auch ſeinen Beſuch ausdehnte, ſah er ſich ſchließlich doch gezwungen, wieder zu gehen, ohne ſie geſehen zu haben. Ich glaubte, wir beunruhigten uns nicht eher um ſie, als bis es völlig dunkel wurde, dann aber „Aber ſie muß lange wieder zurück beft⸗l uns eine große Angſt. Wir ſchickten Oskar und einige Arbeiter aus, um in der Nachbarſchaft nach iht zu ſuchen, aber ohne Erfolg. Werde ich jemuls die endloſe, furchtbare Nacht, das traurige Morgengrauen vergeſſen? „Mein Gott, wenn ſie an die Bucht hinunter⸗ gegangen und hineingefallen wäre!“ ſchluchzte Fanng.