Allgemeiner Anzeiger für Jadenburg Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend, 1 Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltungs⸗ blatt Mk. 1.40 frei ins Haus. für die Nedaktion verantwortlich: Karl Molitor, Ladenburg Anzeigen: die 1⸗ſpaltige Corpus⸗Zelle oder dere Raum 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. Corpuszeile. Neclamen 20 Pfg. Druck und Verlag von Karl Molitor, Ladenburg. Volitiſches. Berlin, 19. Jan. Im Berliner Reſtdenz⸗ ſchloſſe fand am Sonntag das große Klönungs⸗ und Ordensfeſt ſtatt, dasſelbe nahm den gewohnten glänzen⸗ den Verlauf. Mit dem genannten Feſte haben die herkömmlichen Winterfeſtlichkeiten am Berliner Hofe ihre Einleitung erfahren; ihren Beſchluß pflegt be⸗ kanntlich der faſt hiſtoriſch zu nennende Faſinachts⸗ ball im Königlichen Schloſſe zu bilden. — Der Reichstag hat am vergangenen Donners⸗ tag den bekannten Centrumsantrag auf Auſh bung dis den Jeſpiten⸗Orden im deutſchen Reiche ver⸗ bietenden Geſetzes mit erheblicher Mehrheit angenommen und ſomit ſeinen gleichen Beſchluß aus der vorigen Siſſ on bekräftigt. In den zweitägigen überaus ruhig verlaufenen Debatten über den Centrumsan⸗ trag war weder für noch gegen die Rückderufung des Jeſuitenordens irgend ein neuer Geſichtspunkt geltend gemacht worden, es erübrigt ſich nicht ein nochmaliges Eingehen auf die betreffenden Reichstogsverhandlungen. Noch offen iſt die Frage, wie ſich die verbündeten Regierungen zu dem genannten Reichstags beſchluß ſtellen werden, denn die anweſenden R gierungsver⸗ treter vethielten ſich bei den Reichstagserörterungen über den Jeſuitenantrag des Centrums vollkommen poſſiw. Vielleicht darf man aus dieſem Stillſchweigen den Schluß ziehen, daß der Bundesrath der Reichs⸗ tagsreſolution über die Aufhebung des Jeſuitengeſ zs auch diesmal die Zuſtimmung verweigern wird, was dann das Centrum vielleicht veronlaſſen dürfte, ſeine ee ſchärfer als bislang hervorzu⸗ ehren. — Nach Erledigung des Jeſuitenantrags hat ſich der Reichstag zunächſt mit der erſten Leſung der Novelle an den Juft zgeſitzen beſchäftigt, welche Be⸗ rathungen am Sonnabend mit Verweiſung der Vor⸗ lage an eine Commiſſſon endeten. Es handelt fich bei der gedachten Novelle um wichtige und wünſchens⸗ werthe Reformen im Juſtizweſen des Reiches, vor allem um die Entſchädigung unſchu dig Verurtheilter und die Einführung der Berufung degen die Urtheile der Strafkammer erſter Inſtanz und recht erfreulich iſt es darum, doß die Generaldebatte über die ge⸗ dachte Regierungs vorlage mit Bestimmtheit die Aus⸗ ſicht auf eine Verſtändigang in Sachen der geplanten Juſt zreformen eröffnet hat, mögen auch in Einzel⸗ beiten noch Meinungsverſchiedenheiten vorhanden ſein. Am bedeutſamſten war wohl die Freitagsde batte. In ihr ſprach zunächſt Abg. Lenzmann von der freifinnigen Volks part, ein hervorragender Juriſt, der auf Grund ſemer reichen praeliſchen Erfahrungen eine ſehr draſtiſche Keitik an unſeren beſtehenden Röchtsberhältniſſen übte und im Weiteren trotz ſeiner geäußerten Sympathien für die Tendenzen der Novelle erhebliche Abänderungsanträg⸗ zu derſelden ſeitens einer Fractionsg noſſen verhß. In gewandter und ſchlagfertiger Weiſe trat der neue Juflizminiſter reitete er dem Hauſe einige Ueberraſchung durch die Erklärung, er ſei mit dem Geſammtinhalt der noch von ſeinem Amtsvorgänger herrührenden Jufliznovelle nicht allenthalben einverſtanden, trotzdem führte der Miniſter deren Vertheidigung in lebhafter Weiſe durch. Auch der conſervat ve Abgeordnete Dr. Buchka wies die Angriffe Lenzmanns auf die beſtehenden Rechts⸗ verhältniſſe als einſeitig zurück, dabei jedoch ver⸗ ſchledene Bedenken gegen die Regierungsvorlage geltend machend. ö — Die erſte Sitzung der Reichstagscommiſſ on für die „Umſturz⸗Vorlage“ deutet durch ihren Verlauf Schönſtädt den B mängelungen der deutſchen Rechts⸗ ſprechung durch Herrn Lenzmann entgegen, nur be⸗ — — darauf hin, daß die Commiſſionsverhandlungen einen richt ſchleppenden Verlauf nehmen dürſten. Dies zeigt namentlich die Tendenz jener von der Commifſſon angenommenen Anträge, wonach die Regierung das geſetzgeberiſche Material aller Culturſtaaten, ſoweit es zur Belämpfung von ſtaatsgeſährlichen Beſtrebungen dient, und weiter das zur Rechtferligung der einzelnen Paragraphen der Umſturz⸗Vorlage geeignete Material vorlegen ſoll. Wenn die Sache ſo weitſchichtig an⸗ gefaßt wird, dann läßt ſich das Ende der Commiſſions⸗ arbeiten noch nicht im Entfernteſten abſehen. — Graf Schuwaloff, der bisherige Bolſchafter Rußlands am Berliner Hofe, hat am Freitag nebſt ſeiner Gemablin Berlin berlaſſen, um ſeinen neuen Poſten als Genetalgouverneur von Polen anzutreten.) Fü fllch zu nennende Ehren wurden dem langjährigen Vertreter ds Zaren am deutſchen Kaiſerhofe beim, Sch⸗iden von der Stätte ſeiner ſo erſprießlichen! diplomatiſchen Wirkſamkeit etwieſen. Faſt die ge⸗, ſummte Berliner Hofgeſellſchaft, hohe Reichs beamte, das Off ziereorps des Alexander⸗Regiments u. ſ. w. batten ſſch zur Verabschiedung auf dem Bahnhofe Friedrichſtraße eingefunden, woſelbſt kurz vor der. Abfahrt des Warſchauer Zuges auch der Naiſer er⸗g ſchien. Er führte die Gräfin Schuwaloff am Arme nach dem Perron, gefolgt vom Grafen Schuwoloff. Beim Abſchled küßte der Monarch der Stüſin die n Hand, wahrend er den Grafen in ſichtlicher Bewegung r umarmte und küßte. — Vom oſtaftatiſchen Chineſen, 14000 Mann ſtark, und zahlreichen Geschützen unter anderen Gatling⸗ Kanonen, griffen die japaniſche Dinie geſtern bei Niu⸗Tichwang an. Die Japaner verfügten nur über vier Balalllone Infanterie, ein Bataillon Kavallerie und 12 Geſchütze. Nach einſtündigem Geſchützfeuer Keiegsſchauplaz. Die el mit 100 Bannern e 5 In der neuen Welt. Roman von P. Ollevexio 1. Kopitel. . Chriſta's Erzählung. Sie erhob ſich indeſſen gleichfalls, wünſchte uns Allen in viel wärmerer Weiſe als ihr Bruder einen „Guten Abend“, und folgte jenem zur Thür hinaus. Nachdem ſie ihre Pferde beſliegen hatten und unſeren Blicken entſchwunden waren, höͤcte ich zu meiner Verwunderung, daß unſete neue Bekanntſchaft auf Gertraud gerade den entgegengeſetzten Eindruck gemacht hatte, wie auf mich. „So ein luſtiges Mädchen! So heiter und voller Leben!“ rief Gertraud entzückt. „Wie? Dir gefällt ſie nicht? Das b'gceife ich nicht, Chriſta. Ich für meinen Theil bin überglücklich, eine ſolche Nachbarin zu haben und gedenke unſere Bekanntſchft ſo viel wie moglich zu cultiviren.“ Fanny, welche eine Weile im Zimmer geweſen war, ſchüttelte den Kopf und ſchloß ſich in ihrem ttheil mir an. Gertraud ſchmollte und meinte, wir hätten kein f erſtändniß für Charakter. Damit ließen wir das Thema fallen. So war denn das erſte Glied zu der ſeltſamen reundſchaft gebildet und Gertraud hatte den kleinen —— — — ä Bach überſchritten, welcher zum mächtigen Strome 1 welches ein bunter den Händen unſerer seligen zwischen ihr und mir wachſen ſollte. 2. Kapftal. Wir waren während der erſten Monat: in Neufceland ſo glücklich, trotz der harten Arbeit die uns Allen ungewohnt war und der oſt recht ſchlechten Koſt. . 00 Dienerin Marie beizubringen. Mir gelang das am beſten, in Folge diſſen ich zur Wurhſchafterin und Oberaufſeherin im Küchendepartement ernannt und mit einer reichlichen Anzahl weißer Latzſchürzen und einem Kochbuch verſehen wurde. Gertraud hatte das Wohnzimmer in Ordnung zu halten und für das ganze Haus die Strümpfe zu ſtopfen, während Fanny die Augen überall hatte und zugefff, wo is Noth that, das heißt in den erſten Monaten nur. Dann wurde dem jungen Eh paare ein Sohn, der kleine Fritz, geboren, — welch' wichtiges Ereigniß in dem ganzen Hauſe große Aufregung hervorrief. . J Wir bewohnten ein hölzernes, mit Schindeln Wir verſuchten uns Alle der Reihe nach im Kochen und bemühten uns, es unſerer unerfahrenen ö und ein paar gute Kupferſtiche in hübſchen, einfachen ö ö daſeelbe, Mutter erklungen war, und ein Blumentiſch, den bald Geranien Fuchflas und Roſen füllten. Außerdem war da ein, ſchmucker Bücherſchrank, deſſen Inhalt zum größten a Theil mein Eigenthum war, und überdies befand ſich in der einen Ecke ein Nähtiſch, auf welchem drei 1 zierliche Nählörbe, mit Atlas gefüttert und bunten Bändern geſchmückt, ſtanden. 0 Wit hatten das Zimmer eigenhändig tapezirti Rahmen aufgehängt. Für die Fenſter nähten wir Cattunvorhänge und auf den Fußboden legten wir inen T ppſch, welchen wir aus Deutſch and herüber ⸗ 8 gebracht hatten. Als wir denn noch ein lederbezogenes Sopha, Stühle und einen ovalen Tiſch, den eine n einfache, grüne Decke ziertt, hin ingetragen hatten, war das Zimmer in unſeren Augen vollendet, und Oscar bis auf den Hausflur entgegeneilend, zogen. wir ihn triumphirend mit uns fort, damit er unſer. Werk bewundern ſollte. 0 Während das Haus gebaut worden war, halten, unſere Nachbarn Oscar wiederholt darauf aufmerkſam! gemacht, daß der Plotz, welchen er für doſſelbe ge ⸗ Stand doch ſogar ein Pianoforte darin, let gedecktes Haus, — nicht groß, aber hinrejchend um wählt hatte, ziemlich nef lag und daß das dei den b quem zu ſein. Darin hatten wir ein einziges f heftigen R gengüfſen, welche in Neuſeeland zuweilen Wohnzimmer, doch war daſſelbe ſehr geräumig und fallen und die Buchten erſtaunlich hoch anſchwellen, i der Stolz unſeres Herzens, wenn wir es mit den nicht unſerer Nachbarhäuser verglichen. ganz ungefährlich ſei. 3 Nach reiflichem Ueberlegen ſchlen indeſſen lein