lebenden Güter dez Menſchen, ja ſeln witkliches Ich, ſeine vernünftige Seele. „In deiner Bruſt find deines Schickſalsſterne!“ Dieſe unſterblichen Worte des großen Schillers aus ſeinem Wallenſtein⸗Drama müſſen auch der Wahlſpruch aller vernünftig und edeldenkenden Menſchen am Jahreswechſel ſein, denn die Rätbfel der Zukunft bleiben uns bis vor ihrer unmittelbaren Löſong berſchloſſen und Ocalelſpiüche und menſchliche Piophezeihungen find doch zu bel Irrthümern unterworfen, daß man noch ſonderlich auf ſie bauen möchte. ö Volitiſches. Petersburg, 26. Dez. Durch kalſerliche⸗ Ordre vom geſtrigen Tage ift der bisherige Bot⸗ ſchafter in Berlin, Graf Schuwaloff, zum General ⸗ gouverneur in Warſchau und zum Kommandierenden des Warſchauer Militärbezirks ernannt worden, Verſchiedenes. — Ladenburg, 28. Dez. Der biefige Geſangverein veranſtaltete am zweiten Melhnachts⸗ feiertage im Gaſthaus zum Schiff eine ſehr zahlreich beſuchte Chriſtbeſcheerung und Gabenverloſung, ber ⸗ bunden mit einer geſanglichen und theatralischen Abendunterhaltung. Die Chöre wurden durchweg gut vorgetragen und erndeten wohlverdienten Beifall; auch das Quartett mit Tenorſolo „Abſchledsſtändchen don Wiltberger“ fand beifälltge Aufnahme. Das einaktige Theaterſtüück „Eine Weinprobe von Helmeie⸗ ding“ wurde von ſämmtlichen Mitwirkenden flott geſpielt und zeigte ſowohl von einer tüchtigen Leitung als auch fleißigem Studium der Spielenden. Die dierauf folgende Gabenvetloſung bietete auch heitere Ueberraſchungen. Den Schluß bildele ein Tanzver⸗ guügen an dem ſich namentlich die jüngeren Mitglieder ſehr zahlreich betheiligten. —, Mannheim, 27. Dezbr. Erſtochen. Leider ſollten auch die Weihnachtsfelertage nicht vorübergehen, ohne daß das Meſſer in unſerer Stadt wieder eine traurige Rolle ſpielte. In einem öffentlichen Tanzlokal überm Neckar wurde geſtern Abend beim Tanzen die Geliebte des 23 Jahre alten Fuhrknechts Karl Lutz von hier von dem 18 Jahre alten Taglöhner Chriſtian Ihlein vom Grohhof etwas angerempelt. Das Mädchen beſchwerte ſich hierüber bei Lu, welcher zu dem Ihlein ging und denſelben zur Rede ſtellte. Ihlein zog ſofort das M ſſer und rannte daſſelbe dem Lutz bis an den Schafft in das Herz. Lutz wurde zu einem in unmittelbarer Nähe wohnenden Barber gebracht, doch ehe man dork an das Verbinden der Wunde gehen konnte, gab Lutz ſchon ſeinen Geiſt auf. Der Mörder gelangte zur aft, 8 — Sandhofen, 26. Dez. Traurige Meih⸗ nachten feierten hier viele Famſlien. Der Mürgengel des Todes greift schrecklich in die Reihen der Kinder ein. Seit vier Wochen vergebt kein Tag, an dem nicht ein oder mehrere Opfer gefordert werden. Einzelne Familſen haben in 8 Tagen 2 Kinder verloren. Gewöhnlich find die Maſern, zu denen noch Lungenentzüngung kommt, die Todesurſache. — Bretten, 24. Dez. Seit Samſtag, den 22. d. Mis, Nachmittags fehlte der 11 Jahre alte Volksſchüler Auguſt Häfele, Sohn des Waldhüters Haͤfele in Dürrenbüchig um einer ihm angedrohten Züchtigung zu entgehen. Geſtern Sonntag ftüh nach 7 Uhr, als der Vater ſich in die Scheuer und oberhalb der Tenne begab, um Futter zu holen, fand er ſeinen Sohn an einem Balken erhängt und todt. Der Knabe hat, wie man hört, ſeinen ſehr braven, rechtſchaffenen Eltern ſchon viel Rummer und Sorgen bereitet, war auch ſchon einigemal durchgebrannt und mehrere Toge berm ßt. — Geislingen, 24. Dez. Ein gräßliches Unalück hat ſich geſtern Abend im benachbarten Kuchen ereignet. Der ledige 24 jährige Metalldrücker Hans Wiedmann bitelligte ſich an der Chriſibaum⸗ feier dis Tuenbereins Kuchen und pielte mit Theater. Mit ein⸗r Reitpeitſche kom er der Erddllamp⸗ zu nahe, dieſe fiel herunter und zerplatzte auf ſeinem Kopf. Sofort ſtand er in hell'n Flamm n. Statt und die Flammen erſtickt hätte, ſprang der Be⸗ Aerztliche Hilfe war alsbald zur Stelle. geſtört. In der Wohnung des Korbmachers Beck ſpielte ſich ein entſetzliches Famillendrama ab. Beck kam am Cheiſtabend ſpät nach Hauſe und bekam mit ſeiner Frau Streit. Anlaß hierzu ſoll, wie man hört, die Beſchaffung von Geld geweſen ſein, um Pacht zu bezahlen. Beck verlangte von ſeiner IJrau, daß ſie das Geld beſorge. Am zweiten Weihnachtsfeiertag ſoll es gegen Mittag abermals zu einer Szene gekommen fein, die mit einem furcht⸗ baren Blutbad endete. Ueber den Vorgang der ſchricklichen That kurſiren die allerverſchiedenſten daß ihn nun einer ſofort mit einer Dicke zugedeckt dauernswerte ins Freie und wälzte ſich auf der Straße. Wiedmann liegt ſchwer berletzt darnieder. — Durlach, 27. Dez. Die Weihnachts. feiertage wurden hier durch eine ſchreckliche Blutthat Gerichte, Beck fol ein Rrvolb⸗r ergeſffen und damſ nach einander die drei Alteſten ſeiner Kinder erſchoff h haben. Der Frau gelang es, mit dem jüngtten Kinde auf dem Arm, ſich durch das Fenſter zu relten, Sodann richtete Beck die Mordwaffe gegen ſich und erſchoß ſich ſelbſt. Die ermordeten Kinder ſehen im Alter von 9, 6 und 4 Jahren. Beck galt alz ein roher Menſch, der der redlichen Arbeit gern aus dem Weg ging und dafür um ſo mehr Unfrieden in ſeine Fam lie bracht', Die Leichen der Ermordeſen wurden in die Leichenhalle verbracht. Heute ſoll die Obduktion erfolgen. Die Blutthat rfef die gihßt Erregung hervor. — Hamburg, 24. Dez, (Der Nordweſt⸗ ſturm.) Der Schaden, welchen die Sturmflut am Sonntag bier und in der Umg⸗bung angerichtet hat, 0 l beläuft ſich auf Hunderttauſenbe. Vielfach konnte b der Verkehr von Haus zu Haus kur vermittels N Kähnen verwittelt werden, Dadurch, daß das Waſſer auch in die Speicher hineindrang, wurde unberechen⸗ fen barer Schaden angerichtet, in vielen Lagericzumen waren Kolonialwaren, Droguen und ſonſtige leicht Apen verderbliche Waren, ferner Fichte, Wein in Fäſſern 1 und Flaſcheu aufgeſpeich rt. Der größte Teil den n n 7.) Waren iſt unbrauchbar geworden. Ja der Dampf⸗ mühle von J. P. Lange Söhne ſtand der Maſchinen⸗ — raum unter Waſſer und die Maſchine wurde derart 5 mit Sand vollgeſchlemmt, daß ſie längere Zet un⸗ brauchbar bleiben wird. Bei Wilgelmsberg ſtehen die umfangteichen Bauſt⸗llen, auf denen Hunderie von polniſchen Arbeitern mit Regulierungsarbeſten hn u n beſchäftigt find, vollſtändig unter Woſſet. Ver⸗ l aun J. ſchiedene Brücken find überflutet. Mehrere mit Oel und anderen Kauſmannsgütern beladene Schuten ö ſchlugen voll und gingen unter, nur ein Teil der Ladungen wurde geborgen. — In Schedeningen bat der Sturm ein Drittel der dortigen Schiffe zer⸗ ſtört. Die Teeppe und die Statuen des Kurhauſez find verwüſt t. — In Eyment iſt die ganze Fiſcher⸗ flotte vernichtet; eine deutſch: Barke ſcheiterte und ging völlig in Trümmer! Von der 17 Mann ſtarken Beſotzung wurden nur 7 gerettel. An der engliſchen Küſte haben mehr als 200 Menſchen das Leben verloren. FFF Die nächſte Nummer erſcheint Mitt⸗ woch, den 2. Jannar. Wir bitten despalh die Anzeigen ſpäteſtens bis 10 Ahr an die Expedition gelangen zu laſſen. nach Haus. Ich wollte mich ſchon geſtern mit Dir aussprechen, aber es fehlte mir der Muth dozu. Was für ein düſterer Schatten hat ſich auf das Haus herabgeſenkt?“ „Ein Schatten?“ hauchte Maria. „Ja, ein Schatten. Ich habe Dich von Jugend auf gekannt, ich habe Nort's Mutter geliebt und verehtt ich habe ihn ſelbſt gern gehabt. Um Deinet⸗ und um ihretwillen bin ich entſchleſſen zu ſprechen. Als ich in die Kirche ging — Dein Mann war uns ein Stück Weges voraus, ich folgte ihm mit Hemy — ſtanden mehrere Leute beiſammen auf dem Kirchhof. Sie kannten uns nicht, wir waren ihnen fremd und ſie fuhren fort, ſich darüber zu unterhalten, wie ſeltſam is doch ſei, daß Herr Hork früher von dem Morde gewußt hat als derſelbe irgend Jemand Anderem bekannt war — denn es ſcheint, als ob die Nachbarſchaft mehr Vertrauen zu Krahn habe, der ſein ganzes Leben hier verbracht hat, als zu Herin Pork. Ich wechſelte ein paar Worte mit Henry und wir troten in die Kirche. Als der Prediger bei den zehn Geboten wiederholte: „Du ſollſt nicht tödten,“ und ich dachte daran, neben wem ich ſtand — Maria, ſchrei nicht auf: Vor allen Dingen muß Jedem, ſelbſt Demer Dienerſchaft der kleinſte Verdacht genommen werden — da war mir, als könnte ich nicht neben ihm ſteheu bleiben, und bald darauf verließ ich die Kirche und kehrte zu Dir * Lat mich Dir ſagen, was ich Dir zu ſagen abe. „ Frau Pork neigte nur den Kopf; zu ſprechen vermochte ſie nicht. g „Verſtehe mich recht, Maria,“ fuhr Fräulein Hardiſiy fort. „Ich ſetze keines Menſchen Schuld oder Unſchuld voraus; ich frage nicht, was Deinen lieber nicht wiſſen. Mann zu einer ſo unvorſicht gen Offenbarung ver⸗ anlaßte, woher er ſo flüde Kunde von dem Mocd und der Art des Wirbrech ens hatte; ich mochte es Aber wir müſſen ſuchen, dieſe Erklärung niederzuſchlagen.“ Maria, im Tone höͤchſter Verzweſflung. Kinder!“ 6 5 „Doch, es iſt moglich, Maria.“ „Aber wie?“ 5 „Ich und Henth müſſen falſches Zeugniß ab⸗ legen,“ fuhr Fräulein Hardiſih in langſamem, deutlichen Flüſterton fort. „Auch Dein Mann muß falſch ausſagen; für ihn wird das wohl wenig Gewicht haben. Als Heney in jener Nacht auf dem Wege zu uns durch das Dorf kam, ſah er eine dichte Menſchenmenge vor Doctor Janſens Hauſe; zu der Zelt war, wie wir später höcten, der Mord entdeckt. Er muß fich unter die Menschenmenge gemiſcht und von dieſer die Einzelheiten gehört haben; er war es, der uns die erſte Nochricht von dem Verbrechen brachte. Verſtehſt Du?“ „O, meine „Aber ſo war es ja nicht,“ ſagte Ftau Hork, die in ihrem momentanen G müthszuſtand wenlger raſch begtiff, als dies in einer ruhigeren Stunde der Fall geweſen wäre. „Allerdings, aber er muß ſagen, daß es ſo geweſen ſei und es nöthigenfolls beſchwören. Auch ich bin darauf vorbereitet, daſſelbe auszuſagen, das heißt, daß ich ihn die Geſchichte hier erzühlen horte, als er eben angekommen war. Ich weiß ſehr wohl, welcher Gefahr man ſich ausſetzt — der Sünde ganz zu geſchweigen — wenn man falſch ſchwört.“ ſügte Fräulein Hardiſty hinzu und ihre Stemme ward ſcharf und ihre Stirne zog düstere Falten, 1 1 „Das iſt unmöglich!“ klagte die unglückliche N „aber es rettet Herrn Vork von der größten Schande⸗ 6 Inn. 1 die einen Menſchen treffen kann, und mit Deinem nnn; Mann zugleich auch auf Dich und Deine Kinder eee fallen würde. Verſtehe wohl: wir hatten uns geirrt, W Herr Nork mußte Kahn's Worte und ſeines Schwa⸗ in An gers ſpäteren Bericht vermiſcht haben — dadurch iſt der Ierthum erklärt. Verſtehſt Du mich jetzt, Nl Maria?“ in fr „Ja — ja,“ entgegnete dieſe; „o, Olivia,“ fuhr ſie zuſammenſchauernd fort, „es iſt ein ent⸗ ſetzliches Unglück!“ ö „Sprich davon nicht zu mir,“ unterbrach Fräulein Hardiſiy ſie haſtig; „ich weiß, daß Du unſchuldig biſt und moͤchte lieber nichts weiter wiſſen. Ich hätte vielmehr gewünſcht, es Dir ganz erſparen zu können, ſtatt wie jetzt zu derſuchen, wenigſtens die Folgen des Unglücks von Dir abzuwenden.“ „Aber wle wird es mit Henty?“ ſagte Feuu Hork angſtvoll. „Das iſt Alles in Ordnung. Ja ihm ſtiegen früher Zweifel auf als in mir. Beobachteteſt Du . ihn am Freſtag, als Krahn und Herr Hipgrave g hier waren? Er kennt die Geſahr eiaes Meineids 0 Ape doch beſſer als ich; und dieſer unſer Plan iſt ebenſo Want hn gut der ſeine wie der meine, unſere Gedanken be⸗ gegneten ſich bei demſelben. Um Heniy brauchen wir uns keine Sorge zu machen, unter ſeinem leichten Weſen verbirgt fich tiefes Gefühl und klarer Verſtand. Theile Deinem Manne unſere Abſicht verlaß Dich auf uns. 175