blatt Mk. 1.40 frei ins Haus. In die Redaktion verantwortlich: Karl Molitor, Ladenburg N Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend, Neis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltungs⸗ 10 Pfg., Miktwoch den Anzeigen: die 1⸗ſpaltige Corpus-Zelle oder deren Naum Druck und Verlag von Karl Molitor, Ladenburg. 5. Dezember. Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. Corpuszeile. Neclamen 20 Pfg. Politiſches. Berlin, 3. Dez. Am Mittwoch wird alſo ie neue S ſſion des Reichs parlamentes, die dritte zer gegenwärtigen Legislaturperiode, beginnen, die an Wichtigkeit und an Umfang ihrer Geſchäfte den poxausgegangenen Seſſionen nicht das Mindeſte nach⸗ Aügeben verspricht, ja, dieſelben eher noch übertreffen dürfte. Schon hieraus erklärt ſich das allgemeine Inereſſe, mit dem man in Deutſchland überall der anhebenden neuen Seſſion des Reichstages entgegen⸗ blickt. Dasſelbe erfährt aber dadurch noch eine Ghözung, daß dem Zuſammentritte des oberſten Porlamentes diesmal der Regierungswechſel voran⸗ gegangen iſt, welcher im Reiche wie in Preußen den Fatten Hohenlohe an die Spize der polltiſchen Ge⸗ ſchͤfte brachte. Iitzt werden ſich das neue Regime und der Reichstag zum erſten Male näher treten und es hat fich nunmehr bald zu zeigen, ob und ple Regierung und Volksvettretung mit einander auskommen werden. Jedenfalls find die Schwierig ⸗ lellen der neuen Lage nicht gering, namentlich, wenn won erwägt, daß gerade gegenüber den beiden wichtigen Vorlagen, dem sogenannten „Umſtu z⸗ geſez“ und dem „Tabakfabrikatſteuer⸗Geſctzentwurſe ine lebhafte Opposition ſeitens eines erheblichen Thelles des Reichstages zu erwarten ſteht. Es wrd offenbar von Seiten der neuen Regierung wie Parlamentes aufrichtigen Entgegenkommens und er gewiſſen Nachgiebigkeit bedürfen, ſollen beide moßgedenden Faktoren zu einer Verſtändigung mit einander in dieſen ebenſo ſchwierigen wie bedeutſamen agen gelangen, andernfalls müßte allerdings wohl lich mit einer abermaligen Reichstags⸗Auflöſung kachnet werden. — Im Us brigen harrt des Reichstages wiederum ein recht ſtattliches Arbeitsprogramm. Außer den beiden oben genannten wichtigſten Vorlagen wird es von anderen hervorragenderen Sachen noch umfaſſen den Etat und die mit litzterem ſtets zuſammenhängen⸗ den Geſetzentwürfe, ferner den Geſetzentwurf über die Beſtrafu g von Sclavenraub und Selavenbandel, die Börſenreform⸗Vorlage, welche ſoeben vom preußiſchen Staatsminiſterium gutgeheißen worden iſt, ſowie die Entwürfe, welche ſich auf die Bekämpfung des un⸗ lauteren Wettbewerbes und die Reform des Hauftr⸗ handels beziehen. Ob dem Reichstage ſpäter noch weiter wichtige Berathungsſtoffe, speziell der die hierzu ſchon bekannt gegebenen Ceremoniells vollziehen. Um 8 Uhr Abends folgt ein Banket im neuen Reichstagsgebäude. — Fürst Bismarck befindet ſich, nachdem er den erſten großen Schmerz über das Hinſcheiden ſeiner Gattin überwunden, verhältnißmäßig wohl, wie man aus Varzin meldet. Er wird bis auf Weiteres noch in Varzin verweilen und daſelbſt auch das Weihnachtsfeſt verleben. Zur Einweihung des neuen Reichstagsgebäudes, zu welcher Fürſt Bismarck auf ſp⸗ziellen Befehl des Kaiſers eingeladen worden war und bei welcher er einen Ehrenplatz erhalten Einbeziehung des Handwerks unter die ſtaatliche Unfallveificherung bezweckende Geſetzentwurf, zugehen werden, läßt ſich zur Zeit noch nicht beurtheilen. Dafür wird aber an verschiedenen Vorlagen auch dritten und vierten Ranges, an Initiativanträgen u. ſ. w. diesmal ebenfalls kein Mangel ſein, es gibt alſo für den Reichstag ein beſonders inbaltſchweres iſt der Entwurf des Tabakſteuergeſezes nunmehr und reichhaltiges Arbeitspogramm zu erledigen. Möge ihm die Bewältigung dieſes Arbeitspenſums gelingen, ohne daß es hierüber zu ſchweren und verhängnißvollen Conflecten zwiſchen Parlament und Regierung kommt! — An die feierliche Eröffnung des Reichstages, welche diesmal im Nitterſaale des Berliner Nefidenz⸗ ſchloſſes, anſtatt im hiſtoriſchen Weißen Saale, er⸗ folgt, wird ſich nach einer kurzen Pauſe die Schluß⸗ ſteinlegung des neuen Reichstagsgebäudes und hier⸗ mit deſſen feierliche Einweihung anreihen; der ſolenne Act findet unter Theilnahme des Kaiſerpaares, des deutſchen Kronprinzen, der Prinzen und Peinzeſſinnen des Königshauſes, die hoͤchſten Reichs⸗ und Staats⸗ würdenträger, der Generalität u. ſ. w. ſowie ſelbſt⸗ verſtändlich auch der Bundesrathsmitglieder und der Abgeordneten ſtatt und wird ſich im Rahmen des des Ablebens feiner Gemahlin übermittelten Theil⸗ ſollte, wird er nicht erſcheinen. Ganz außerordentlich groß iſt die Zahl der dem Altreichskanzler anläßlich nahmsbezeugungen, ebenſo diejenige der Spenden, welche für die Beiſezung der Fürftin eingegangen waren. — Berlin, 1. Dec. Wie die „Poſt“ hört, feſtgeſetzt; er geht dem Bundesrathe in dieſen Tagen zu. Wie verlautet, iſt für Cigarren und Cigaretten eine Steuer von 25, für Kau⸗ und Schnupftabal eine ſolche von 40 und für Rauchtabak von 50 Prozent in Ausſicht genommen. Die Steuer ſoll erhoben werden, ſowie die in beſtimmten Räumen hergeſtellten Waaren dieſe verlaſſen; zur Zahlung der Steuer ſoll jeder Fabrikant verpflichtet ſein. (In der vorjährigen Vorlage wurden bekanntlich verlangt von Cigarren und Cigaretten 33 / pCt., von Kau⸗ und Schnupftabak 50 pCt. und von Rauchtabak 66 pCt. des Fakturawerthes. — Berlin, 30. Nov. Als ein bemerkens⸗ werthes Ereigniß wird es in Spandau angeſehen daß ein ruffiſcher General kürzlich die königl. Ar⸗ tilleriewerkſtatt mit Genehmigung des Kriegs — uf der Irrfahrt des Lebens. 15 Da ſtand ſeine Frau om Fußende des Bettes, n Mantel noch über die Schultern, und Janſen b vor dem Bett über das Kind gebeugt, in der nen Hand die Uhr, die andere Hand am Pulſe es Knaben. Das Kind lag auf dem Rücken, ſein zartes icht war ducchfichtig welß, wie ſchon ſeit einiger eit, und ſeine Wangen und Lppen leicht geröthet. le Augen hatte er weit offen und ſah munter um „Papa!“ rief er, dem Eintretenden die Hand tgegenſtreckend. „Ich weiß nicht, warum die Märterin ſo be⸗ orgt geweſen iſt,“ ſagte Frau Pork zu ihrem Gemahl. Leo befindet fich nicht ſchlechter als gewöhnlich, wenn as Fieber kommt.“ o erſchreckt haben 2“ fragte Sir Pork in gereiztem one, als die Dienerin Finch das Z mmer betrat. „Haben Sie denn wirklich geſchickt?“ „Leo lag im heftigſten Fieber und phantafirte das beunruhigte mich und ich ſchickte nach Kaum war der Bote fort, ſo 3 em Herrn Doctor. oman nach dem Engliſchen von Jenay Plorkowska. „Was haben Sie dabei gedacht, daß ſie uns gef Leo ein und wachte erſt vor Kurzem auf. Jh habe nie ein Kind ſich ſo raſch verändern geſehen,“ entgegnete ſie. „Dieſe Art Fieber wechſelt ſehr,“ bemerkte Janſen. „Eine Stunde ſcheint der Kranke dem Tode nahe in der nächſten iſt er ſo gut wieder geſund. ſchlechter geht es ihm heute Abend allerdings, zu ſein, Etwas doch das wird vorübergehen.“ „Ich habe noch nie einen Menſchen geſehen, der ſich ſo verändert hätte wie unſer Herr, ſeit wir hierher kamen!“ bemerkte die Dienerin Finch am ſelben Abend g⸗gen die K nderwärterin Charlotte. „Früher war er ſo ruhig und gegen das ganze Haus freundlich, während er jetzt bel der geringſten Kleinigkeit gleich auffährt und ein Weſens darum macht.“ Der Arzt verabſchiedete ſich. Frau Vork blieb bei dem Knaben, bis ſie ſich zur gewohnten Stunde g Ihr Gatte folgte ihr, Schlüſſel in die Maria war verwundert; ſie ſchliefen nie in ihr Schlafzimmer begab. verſchloß die Thür und heckte den Taſche. bei verſchloſſener Thülie. „Warum thuſt Du das?“ fragte fie. „Weil es mir ſo beliebt. So kannſt Du das Zimmer nicht wieder mit Deiner laſſen, um mich nicht anzuhören. hat dieſen nächtlichen Spaziergung im Mondſchein ausgeſonnen? Wie weit iſt Euer Courmachen dabei gediehn 2 Sprich, ich will es wiſſen!“ Frau York warf einen B 1 5 9 1 Duldermiene ver⸗ Nun ſpeich, wer lic nach der Thür, denn ſie hatte ſich angewöhnt, ihren Gatten ſich ſelb zu überlaſſen, ſobald die düſtere, eiferfichtige Laun über ihn her kam, aber — ſie ſah fich gefangen. „Das ertrage ich nicht länger,“ ſagte fie in Thränen ausbrechend, „warum behandelſt Du mi ſo? Ich bin Dir ſtets eine aufrichtige treue Fra geweſen, das weißt Du. Was für eine Sucht ha Dich erfaßt, mich mit ſolchen Vorwürfen zu quälen ? „Nie habe ich an Deiner Treue gezweifelt und Du Deine Intimitä bis wir hierher kamen Deinem alten Liebhabe und Frundſchaft mit erneuerteſt.“ 5 „Nie war er mein Liebhaber,“ entgegnete ſie verächtlich. „Ward Ihr mir zu jener Zeit nich beide nahe, Du und er, und wählte ich nicht Dich Wen von Euch begünſtigte ich alſo am meiſten?“ „Janſen,“ antwortete Pork kalt. „Das iſt nicht wahr. Du ſprichſt gegen Tha ſachen Arthur; ich heirathete Dich.“ a „Und liebteſt ihn. Aber ich war reſch und er arm. Eeinnerſt Du Dich Deines letzten Abſchieds von ihm, an dem Abend, wo er von der wunder⸗ lichen Reiſe zurückkehrte, bei der ich hoffte, er werde ſeinen Tod finden?“ „Welcher Abschied?“ evtgegnete Maria. Aber ihre Wangen glühten und ihre Stimme zitterte. 6 „Welcher Abſchied! Soll ich ihn Dir wieder⸗ holen, obgleich Du jedes Wort beſſer weißt als ich? f er Thränen, Schluchzen und Klagen