blatt Mk. 1.40 frei ins Haus. le ir die Redaktion verantwortlich: Karl Molitor, Ladenburg Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltung D rr Mi ttwoch den 22 f f Allgemeiner Anzeiger für Jadenßurg und Amgegend. Anzeigen: die 1⸗ſpaltige Corpus⸗Zeile oder dere 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. Drucl und Perlag von ſcarl Molitor, Ladenburg. Naum Corpuszeile. Neclamen 20 Pfg. 1894. 9 Nr. 67. len ie Anarchiſten⸗Perhaftungen in man Werkin, Bislang galten immer die deutſcheu Anarchiſten als barmloſe Leute, als gutmüthige Theoretiker ge⸗ genüber den anarchiſtiſchen Fanatikern der That in 4 Nankreich, Italien, Belgien, Spanien u. ſ. w., bpbeache mit Dolch und Dynamit ihre Anſchauungen u bertreten pflegen. Aber dieſe Meinung bat durch 26! mann ge die kürzlich in Berlin erfolgten Maſſenverhaftungen bon Anarchiſten und die hierbei gemachten Entdek⸗ lungen plötzlich einen argen Stoß erlitten, denn es unn kaum mehr einem Zweifel unterliegen, daß duch die deutſchen Anarchiſten entſchloſſen find, nun⸗ mehr zur „Propaganda“ der That überzug⸗hen. Es ein, daß die Berliner Polizei ſchon längere Zeit den dem bedenklichen Treiben der inzwiſchen ver⸗ delleten anorchiſtiſchen Verſchwörer Wind bekommen bote und daß die bekannte Schießaffafre Schewe higlich den äußeren Anlaß zu dem polizeilichen Beigehen gegen die anarchiſſiſchen „Genoſſen“ bildete. Ju den vorgenommenen Verhaftungen ſeien nach⸗ hke. 7 . folgende Meldungen wiedergeg⸗ben, welche trotz man⸗ cher Widerſprüche erkennen laffen, welch“ wichtigen Fang die Polizei mit der erfolgten Verhaftung einer ibßeren Anzahl Berliner Ana chiſten offenbar ge⸗ Mocht hat. Bei dem verhafteten Schloſſer Schewe wurden, wieder „Berl. Localanz.“ mitthellt, zwei gefänte Bomben aufgefunden, ebenſo eine große An⸗ ahl anarchiſtiſcher Schriften und Schriſtftücke von kroßem Werth. Die Bomben wurden unter An⸗ wendung aller Vorfichtsmaßregeln nach dem Polizei⸗ prüftdium gebracht und dann nach dem Artilleridepot zur Unterüfuchung abgeliefert. Schewe verweigert jede Auskunft übr die Projectile, und ebenſowenig konnte Stenz. r k tenz. itt zerbti⸗ 3, Poe worden find. Auch ſollen bei einem Mechaniker Schriften entdeckt worden ſein, die darauf hindeuten, daß die hieſiegen Anarchiſten mit den ausländiſchen in engſter Verbindung ſtehen. In einem G bäude in der Nahe des Vithofes ſollen die Anarchiſten ihre Zuſammenlünfte gehabt haben. Der „Berl. Börf.e Cour.“ berichtet dagegen, daß in der Wohnung Sch wes zwei geſtällte und auch nicht abgeſchoſſen, geweſene Granaten gefunden wurden, welche die Polizei mit Beſchlag belegte, benſo wie das Ar⸗ ſenal von Einbruchswerkzeugen, das man bei Schewe fand. Feſt ſtehe, daß geheime Zuſammenkünfte der hiefigen Anarchiſten ſtattgefunden haben. Alle wei⸗ teren Nachrichten ſeien vorläufig mit R ſerve auf⸗ zunehmen. Obwohl alſo nach Miderſp.üche hinſichtlich der Auffindung der angeblichen Bomben vorhanden find, ſo unterliegt es doch mindeſtens keinem Zweſfel daß die Berliner Anarchiſten irgend einen Coup geplant hatten. Ob es ſich hierbeſ nur um eine bloße Demonſtrat on oder um ein gefährliches Vor⸗ haben, um irgend ein beabſichtiges Attentat gehandelt hat, das läßt ſich natürlich ſür den Fernerſtehenden noch nicht beurthellen, doch verlautet weiter, die endlich durch geeignete Maßnahmen zu begegnen? — defilirte im Trabe. Polizei ſel von dem muthmaßlichen Plane der Anarchiſten unterrichtet geweſen. Jedenfolls klingt die Meldung von einer entdeckten engen Verbindung der Berliner Anarchiſten mit ihren G finnungsge⸗ noſſen jenſeits der Vogeſen ſehr wahrſcheinlich nach⸗ her aber kann es als faßt gewiß betrachtet werden, daß die franzoͤftſchen Anarchiſten ihre „Brüder“ an der Spree im Sinne der „Propaganda der That“ er⸗ die Stadt zurück. folgreich bearbeitet haben. Ob man dann in den Berliener Regierungskreiſen auch noch fernerhin den berühmten „Muth der Kaltblütigkeit“ gegenüber dem Treiben der einheimiſchen Anarchiſten bewahren, ob 50 N. kemittelt werden, wo und durch wen dieſe angefertigt A1 ) Pf. 1 ) „ 1 ̃ „ uſtern ko. linden. Verſchlungene Bfade. Roman von A. Nicola. Dabei bemerkte ich den Ring, den ich ihr ge⸗ geben hatte, an ihrer linken Hand, aber an demſelben Inger glitzerte noch ein neuer Ring. Ich fragte, woher ſie denſelben habe. Sie lächelte und flüsterte halb verlegen: „Guido hat ihn mir geſchenkt.“ „Sagte er irgend Etwas über den Ring von 5 mir “ fragte ich. ut „Er fragte mich, wober ich ihn habe; und als 0 90 ich ihm erzählte, es fei ein Geſchenk von Dir, Du . 1 innere ſich deſſen.“ eng „Biſt Du mit ihm verlobt?“ frogte ich welter. oe 2 „Jo,“ antwortete ſie errölhend, „er trug mir heften ſeine Hand an.“ „Wußte er, daß .. . daß ich heute Abend hier würde ?“ ſagte ich unwillkürlich. f — ie „Gewiß,“ entgegnete fie verwundert, „wie fell ö mſt Du auf dieſe Frage?“ 1 1894. „Ah, da kommt er,“ ſagte ich, „ich will ihm Cqulpagt meinen Platz überlaſſen.“ Ich ſtand haſtig auf und ging mit unſicherem Schritt nach dem anderen Ende des Zimmers. Als it. ich den Kopf wieder hob, ſah ich, wie Gufdo ſich peiler. hͤtteſt ihn früher ſelbſt getragen, meinte er nur, er über Edith beugte, die an dem Flügel Plotz genommen grakulitte, biß e hatte und ihre ſchlanken Finger über die Taſten gleiten ließ. Itzt verſtand ich Alles; jetzt wußte ich, warum er nicht verſucht hatte, mir den Verlobungsring wieder on den Finger zu ſtecken. Meine Schönheit an jenem Ballabend batte ihn für kurze Zeit geblendet, aber am nächſten Tage hatte er mich geſehen, wie ich wirklich war — nicht mehr in derſelben At⸗ moſphäre Eleganz und Luxus, in welcher Edith bei ihrem Reichthum ſte s blieb. O, Guldo, Du haſt Deine Liebe für Gold verkauft! — Du haſt über das Lächeln eines neuen Gefichts, über den Reichthum der zukünftigen Erbin Deine Treue, Deine Ehre, Deine Aufrichtigkeit, Dein Gelübde verg ſſen! — Es ſel; ich werde nicht ver⸗ ſuchen, mir in einem ſo wankelmüthigen Herzen einen Platz zu bewahren. — Mi ſolchen Gedanken in meinem Innern zeigte ich der Geſellſchaft an jenem Abend ein kaltes ſtolzes Geſicht. Wenige Minuten ſpäter prach ich mit Guido ſo ruhig, als gelte er mir nicht mehr, als alle die übrigen Gäſte. Wie er ſich mir zuerſt zuwandte, vermochte er nicht, mich anzuſehen, als ich ober anfing, mich in kaltem, ſcheinbar gleichgültigem Tone mit ihm zu unterhalten, da ſchaute er mich mit ſo forſchendem Blicke an, daß ich Mühe hatte, demſelben mit ru⸗ higem Gleichmuth zu begegnen. Als ich ihm zu ſeiner Verlobung mit Edith — — ö ö man es auch fernerhin verſchmähen wird, der von dem Arnarchismus augenscheinlich drohenden Gefabr Nun, wir dächten, die oben gemeldeten Vorgänge ſeien eine hinlängliche Mahnung an die Regierung, doß es wahrhaftig Zeit iſt, das bequeme Sich gehen laſſen gegenüber der anarchiſtiſchen Wühlhubern ein⸗ mal aufzugeben und dafür bewußt und kräftig gegen ſte aufzutreten 55 Politiſches. Berlin, 18. Aug. Die Herbſtparade des Gardreorps verlief bei günſtigem Wetter glänzend. Die Tiuppen waren in zwei Treffen aufgeſtellt. Der Kaiſer führte das erſte Garderegiment zu Fuß, deſſen Chef er iſt, der Kaiſerin vor. Zwei Vor⸗ beimärſche fanden ſtatt. Das erſte Treffen kam zunächſt in Compagnie⸗ bezw. Schwadrons⸗ und Batteriefronten im Schritt vorüber; den zweiten Vorbeimarſch vollführten die Regimenter des erſten Treffens in Regimentscolonnen, das zweite Treff n Während die Kaiſerin und die Prinzeffinnen zur Stadt zurückkebrten, verſamm lte der Kaiſer die Generäle und Offiziere zur Kritik. Das Kaſſerpaar wurde überall ſehr warm begrüßt. Der Kalfer ritt an der Spitze der Jabnencompagne unter herzlichen Kundgebungen der Bebölkerung in Verſchiedenes. — Edingen, 18. Aug. Das Neckarufer zwiſchen Wieblingen und Edingen bietet gegenwärtig einen eigenthümlichen Anblick. Schon von ferne iſt man erſtaunt über die vielen Lichtſcheine; kommt man näher und forſcht nach der Urſache, ſo fleht man auf dem Boden ausgebreitet weiße Leinenkücher —— r ſich auf die Lippen und ſchwieg, ohne mir auch nur mit den üblichen Worten zu danken. Am nächſten Tage machte Lady Ponſonby auch dem Rektor Walter Mittheilung von dem Ereigniß. Dieſer kam erregt zu mir. „Was böre ich da, Madeleine?“ ſprach er mit angſterfülltem G ſicht. „Ich konn es nicht glauben. Guido von Beriy ist mit Edith verlobt! Ich wähnte ihn bereits ander⸗ wärts gebunden.“ ö „Aber nicht mit dem gordiſchen Knoten,“ ont⸗ wortete ich lächelnd. „Die Bande ſind nicht ſo ſtark, daß er ſie nicht löſen und ſich davon befreien könnte.“ „Ich glaubte, die Bande wären der Art, daß ein ehrenhafter Mann ſie nicht löſen würde,“ ert⸗ gegnete Walter ernſt. „Wäte es möglich, daß er 9 Ihter Zaſtmmung mit Edith verlobt hat 0 1 „Mit meiner vollen Zuftimmung,“ berſitzte ich; „ich habe ihm zu ſeiner Wahl gratulitt und wünſche nur, daß ſie glücklich miteinander werden mögen. „Madeleine, Sie ſind ein hochherziges Mäd⸗ chen,“ sprach er mit Wärme. „Bei Gon! Er wäre Ihrer nicht würdig geweſen.“ 5 „Still, ſtill,“ verſetzte ich; „ich werde noch eingebildet werden, wenn ſie ſo reden.“ 8 „Davor iſt mir nicht bange,“ ſagte er mit