dlatt Mk. 1.40 frei ins Haus. für die Redaktion derantworklich: Karl Molitor, Ladenbur Nr. 40. Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abenb. Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhallungs⸗ Druck und Verlag von Rarl Molitor, Ladenburg. Samstag den 19. Mat Anzeigen: die 1⸗ſpaltige Corpus⸗Zelle oder deren Naum 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. Corpuszeile. Netlamen 20 Pfg. 5 1894. Die Abänderung des Einommen⸗ feuer⸗ und Kapitalrentenſteuergeſetzes. Im Reich, in den Einzelſtaaten und Gemeinden wochſen die im Aufgabenkreis dieſer öffentlichen Ge⸗ meinweſen liegenden Bedürfniſſe immer mehr und ſordert deren Befriedigung ſtets größere Mittel. Je döher aber die ouf den Steuerpflichtigen ruhenden öffentlichen Abgaben find, um ſo mehr wird das Bedürfniß nach einer gerechten Vertheilung dieſer Laſten empfunden, Gerecht iſt aber die Vertheilung der Steuern, wenn ſie der Leiſtungsfähigkeit der Pflich⸗ ligen entſpricht, wie ſolche in ſeinem Einkommen zum Ausdruck gelangt. Unſere Einkommenſteuer vom 20. Juni 1884 iſt eine Perſonalſteuer, indem ſie nicht beſtimmte Objekte ergreift, ſondern das Ein⸗ kommen des Steuerpflichtigen ohne Rückſicht auf die Quellen, aus denen die einzelnen Beſtandtheile des Einkommens fließen, als einheitliches Ganzes zuſam⸗ menfaßt; ſie geſtattet bei Konſtatierung des ſteuer⸗ baren Einkommens den Abzug der Schuldzinſen und ſichert die Erhaltung des Stammbermögens, ſie ſchont die weniger bemittelten Volksklaſſen, indem ſie ſtatt der ſteuerbaren Einkommen niedrige, mit dem Einkommen mäßig ſteigende Anſchläge der Be⸗ ſteuerung zu Grunde legt und hat es ermoglicht, durch Herabminderung der Ertragsſteuern eine wohl⸗ thätige Ausgleichung in der ſteuerlichen Belaſtung her⸗ beizuführen. Ein beſonderer Vorzug iſt ihre Beweg⸗ lichkeit, vermöge welcher ſie den Aenderungen im Stand des Einkommens leicht folgen kann, doch iſt ſchon ſeit Jahren kin der zweiten Kammer der Wunſch nach einer Aenderung derſelben ausgeſprochen worden und zwar in dem Sinne, daß ſie in eine progreſſive Beſteuerung der hoheren Einkommen aus⸗ geſtaltet werde. Bekanntlich hat die großh. Regierung nunmehr einen Geſetzentwurf ausgearbeſtet, der dieſen berech⸗ tigten Beſtrebungen entgegenkommt. Namens der Budgelkommiſſion der Zweiten Kammer weiſt der Abg. Hug in einem eingehenden Berichte nach, wie die Forderung der Progreſſivſteuer auf der Erwägung beruht, daß die Steuetfähigkeit nicht blos im ein⸗ fachen, ſondern im einem ſtärkeren Verhältniß zu dem ſteigenden Einkommen wächſt. Ein Steuer⸗ pflichtiger, der ein Jahreseinkommen von 20,000 M. bezieht, iſt nicht blos doppelt ſo ſteuerfähig, als der⸗ jenige, dem ein ſolches von 10,000 Mk. zufließt, ſondern die Steuerkraft übertrifft in einem erheblich ſtärkeren Verhältniß jene des Letzteren. Nimmt man nämlich an, daß zur Befriedigung der ſtandesge⸗ mäßen Leb'nsbedürfniſſe für j den der beiden Steuer⸗ pflichtigen und ſeiner Familie ein jährlicher Auf⸗ wand von z. B. 8000 Mk. erforderlich iſt, ſo ver⸗ bleiben dem einen 12,000 Mk. dem andern nur 2000 Mk als freies Einkommen, welches erſpart und zinstragend angelegt werden kann. Wenn nun auch die Steuerzahlung zu den nothwendigen Aus⸗ gaben auch des Minderbemittelten zu rechnen iſt, ſo erhellt doch aus dieſem Beiſpiel, daß Jemand mit 20,000 M. Einkommen erheblich mehr aus ſeinem Einkommen von 12,000 M. ſteuern kann, als der andere, der nur 2000 M. über den Lebensunterhalt hinaus verfügbar hat, wenn aber das höhere Ein⸗ kommen eine Steuerkraft darſtellt, die jene des ge⸗ ringeren Einkommens in einem das einfach arithme⸗ tiſche Verhältniß weit überſteigenden Maaß über⸗ trifft, ſo iſt es gerechtfertigt, die höheren Einkommen der Steuerkraft entſprechenden ſtäcleren Verhältniß zu beſteuern, mit anderen Worten, die progreſſive Einkommenſteuer einzuführen. Dies bezweckt der vor⸗ liegende Geſetzentwurf; er will, wie Abg. Hug in ſeinem Bericht ankennt, unſere Einkommenſteuer im Sinne einer progreſſiven Beſteuerung der höheren Einkommen ausgeſtalten und auf dieſem Wege eine nach der dermaligen Lage unſeres Staatshalts ge⸗ botene Vermehrung der Staatseinnahmen bewirken. Mit dieſem Zweck verbindet der Geſetzentwurf die Löſung einer weiteren Aufgabe und ſucht auch in dieſer Richtung einen Wunſch der Volksvertretung nachzukommen. Es ſollen nämlich die im Einkommen⸗ und Kapitalrentenſteuergeſetz vorgeſehenen Strafbe⸗ mimmungen, ſowie die Vorſchriften über die Nach⸗ holung der bei Lebzeiten eines Pflichtigen zu wenig entrichteten Einkommen- und Kepftaltentenſteuer, deren Hinterziehung erſt nach dem Tod des Betref⸗ fenden entdeckt wird, verſchärft werden. Die Noth⸗ wendigkeit dieſer Verſchärfung wird von der Großh. Regierung mit dem Hinweis auf die Wahrnehm⸗ ungen der Organe der St⸗uerberwaltung begründet, wovach die Steuerpflichtigen bel Aufſtellung der Steuererklärungen vielfach nicht ſo gewiſſenhaft ver⸗ fahren wie das Geſetz es vorſchreibt. Die Budgetkommiſſton der zweiten Kammer 1 ſteht den Vorſchlägen der Großh. Regierung ſympa⸗ tiſch gegenüber und iſt auch damit einverſtanden, daß die Strafbeſtimmungen und Porſchriften über die Nachzahlungspflicht der Erben im Einkommenſteuer⸗ und Kapitalrentenſteuergeſetz möglichſt in Uebereſn⸗ ſtimmung gebracht werden. Verſchiedenes. — Mannheim, 16. Mai. der hiefigen Strafkammer wegen Bankerotts zu ver⸗ antworten. Der Prozeß iſt gewiſſermaßen ein Vor⸗ ſpiel zu dem bevorſtehenden großen Prozeß gegen die Inhaber des falliten Bankhauſes Salomon Maas. Im Strome des Lebens. 7. Roman von Jenny Piorkowska. Wir mochten — ſchrieb er — doch noch einige Gäſte mitbringen, Vetter Hugo natürlich, vielleicht Haupt⸗ mann Röslin, und wen wir ſonſt noch gern hätten, damit es einmal heiter und munter in ſeinem düſteren alten Hauſe herginge und wir nicht zu bald Sehn⸗ ſucht hätten heimzukehren. Die Einladung wurde von Joſephine mit halb verlegener Freude, bon Martha mit lautem Jubel empfangen. Und ich? — „So alfo,“ dachte ich „entledigt er ſich ſeines mir gegebenen Versprechens, indem er auf dieſe Weiſe ſeinem eigenen Wunſche willfahrt!“ i Mit meiner Freude war es halb vorbei. Nun wurde eifrig hin und her berathen, wer zu dem Beſuch nach Rodegg eingeladen werden ſollte. „Fräulein Mornau würden wir mit der Ein⸗ ladung glücklich machen; aber Hauptmann Roͤslin? Der iſt ſo laut und wenig angenehm; nehmen wir ſtatt ſeiner lieber Blanchard mit,“ entſchied Josephine mit halb ſpöttichem, holb lächelndem Blick zu mir in; „und Vetter Hugo natütlich.“ 5 52 . * 3 1 5 Acht Tage ſpäter, an einem herrlichen klaren Juniabende langten wir in *oorf an, wo wir von Rodegg erwartet wurden. Blanchard mit meinem Handgepäck und ich waren die letzten, die aus dem Coupee ſtiegen, und mir wollte ſcheinen, daß bei Blauchards Anblick ein leichter Schatten über Rodeggs Stirn glitt; jedenfalls aber überwand er ſchnell wieder den kleinen Unmuth und hieß auch Blanchard herzlich willkommen. Drei Wagen ſtanden bereit, uns aufzunehmen. In dem erſten hatten Tante Aurelie und Fräulein Mornau ſchon Platz genommen, in den zweiten ſtiegen Vetter Hugo und J ſephine, während der dritte offene Wagen noch ſeiner In ſaſſen harrte. „Sie find wohl ſo gut und nehmen Ihre Nichte mit in den geſchloſſenen Wagen? Sie ſieht ſo an⸗ gegriffen aus, daß ihr die feuchte Abendluft ſicherlich nicht gut iſt.“ „Die Luft iſt heute Abend ja auch ſo mild und ſtill,“ bemerkte Blanchard, da von Rodeggs Selte kein weiterer Einwurf erfolgte, ſtieg ich ſchnell in den letzten Wagen. Martha folgte mir, dann ſprang Blanchard auf, nahm dem alten Thomas die Zügel aus der Hand, und fort rollten die Wagen, während Rodegg ſich in den Sattel ſchwang und uns ſchnell nachkam. Die ohnehin ſchon lange Fahrt vom Bahnhof bis zum Schloß wurde uns noch durch einen kleinen Unfall verlängert. Wir hatten höchſtens die Hälfte des Weges zurückgelegt, als Blanchard plötzlich be⸗ merlte, daß das eine Rad locker wor. Glücklicher⸗, 5 weife befanden wir uns in der Nähe einer Schmiede ⸗ als aber der Schmied erklärte, es werde eine kleine Weile dauern, bis der Schaden wieder hergeſteut fe, ſchlug Rodegg vor, daß Martha und ich in den andern Wagen einſteigen ſollten. Ich aber erklärte trotz Rodeggs wiederholter Aufforderung ich wolle lieber warten. So blieben wir zwei allein. Doch hatten ſich eine Anzahl Leute, die vom Felde herein⸗ gekommen waren, verſammelt und umſtanden den Wagen, der eilends reparirt wurde. Wenige Minuten ſpäter kam ein fremdes Fuhrwerk heran; ein Herr ſah aus dem Innern des Wagens und rief ſeinem Kutſcher zu: „Was iſt hier Friedrich? iſt ein Unglück geſchehen?“ „Schon wieder dieſer mir verhaßte Doctor!“ dachte ich beim Tone dieſer Stimme, indem ich ſeinen Gruß ſehr kühl und ſteif erwiderte. Aber ohne ſich dadurch abſchrecken zu laſſen, ſtieg er aus und kam auf uns zu. Kaum jedoch hatte er meinen Begleiter erblickt, als er in freudiger Ueberraſchung ausrief: 8 „Wie, Vector Blanchard? Wie in aller Welt kommen denn Sie hierher?“ „Es entging mir nicht, wie dieſer leicht zuſam⸗ menzuckte, und die Farbe wechſſ ind, aber ſchnell fich wieder faſſend entgegnete er: „Nicht minder verwundert Sie hier zu ſehen, möchte ich eine gleiche Frage an Sie richten.“ Aus dem Tone feiner Stimme klang deutlich hervor, Der Gtoß⸗ ſpekulant Richard Traumann hatte ſich heute vor