blatt Mk. 1.40 frei ins Haus. Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. Freis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltungs⸗ ar die Redaktion derantwortlich: Karl Molitor, Ladenburg 5 0 1 5 — Allgemeiner Anzeiger für Hadenburg und Amgegend. Anzeigen: die 1⸗ſpaltige Corpus⸗Zelle oder deren Naum 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. Torpuszeile. Neclamen 20 Pfg. . die Selbſtbewunderung Yrankreichs. Es hieße eine geſchichtliche Thatſach⸗ abläugnen, genn man nicht anerkennen wollte, daß Frankreich 1 Bezug auf ſeine polltiſche, wirthſchoftliche und litäriſche Wiedergeburt ſeil dem arauenhaft⸗n uſammenbruche des Kafſerreichs im Jahre 1870 Großes geleiſtet hat. Die Bezohlung von fünf Milliarden Krieasſchulden wenige Jabre nach den Leiden eines großen Krieges, das raſch⸗ Wiederauf⸗ a läben der Geſchäfte, der Künſte und Wiſſenſchaften 5 Frankreich und die vollſtändige Neuſchöpfung des eeres und der Kriegaflotte laſſen die nationalen Kiäfte Frankreichs bewundernswerth erſcheinen und Milliarde hätte Frankreich allein an Rußland ge⸗ borgt, 2½ Mllliarde an Italien, 2 Milliarden an Spanien, eine halbe Milliarde an Portugal und viele Millionen noch an Schweden, Dänemark, Serbien, die Türkef, Ecypten u. ſ. w. In der That bat Herr Etſenne über die großen Geldmittel Frankreichs keine Unwahrbeit geſagt, aber er bat nur dabei ber⸗ ſchwiegen daß die Franzoſen nicht nur viel Geld, ſondern guch enorm viel Staatsschulden haben, deren Obligationen nicht nur in Frankreich, ſondern auch ſehr zahlreich in England, Holland, Belgien, Amerſka und ſelbſt in Deutſchland untergebracht find. Die Staatsſchuden Frankreichs baben bereits den enormen Betrag von 30 Milliarden überſchritten und da man annehmen darf, daß wahrſch⸗inlich der dritte Theil davon von England, Holland, Belgien, Nordamerika, Deutſchland u. ſ. w. den Franzoſen geborgt wurde, ſo werden die Franzoſen ziemlich ſo viele Schulden an das Ausland beſitzen, als ſie dort Kapital ange⸗ legt haben. Aber wenn die Franzoſen auch wirklich darüber hinaus noch ein Guthaben von mehreren Milliarden an das Ausland haben, ſo iſt dies bei England und bei Deutſchland auch der Fall, und Frankreich hat nicht allein den Ruhm der Banquier Europas zu ſein, ſondern England und Deutſchland Herr Etienne iſt aber nicht nur ent⸗ zückt über die Thatſache, daß Frankreich der „Bar quier Europas ist“, ſondern er dat ouch ausgerufen, daß das Herz jedes Franzoſen in berechtigter Erregtheit eib bt habe, als 120,000 franzöſiſche Soldaten letzten Herbßt zum Staunen Europas im glänzenden Manöver in der Champagne vereinigt waren. Daß die Franzoſen Gelegenheit hatten, bei den großen Kaifer⸗ manövern in Deutſchland elwas fehr Aehnliches zu erwähnt Herr Elienne nicht. Nur ſſt es Deutſchlands Troſt, daß es neben Frankreich immer L 11 man muß auch den Franzoſen den Ruhm gönnen, hen⸗ Und g, daß ſie fich auch in Friedenszeiten als eine große Poanearl. Nation gezeigt hoben. Indeſſen ſcheint leider in erben, Folge des grandioſen Wohlſtandes Frankreichs und des Beſitzes eines außerordentlich zahlreichen und ihne m wohl ausgerüſteten Heeres vielen franzöſiſchen Politikern der Stolz bereits derartig in den Kopf geſtiegen zu ſein, daß ſie ſich in einer eiteln und leidenſchaftlichen Selbſtbewunderung ihres Vaterlandes gefallen, und „ Mach, dies iſt bei einer ſo leicht erregbaren und nach Revanche Hafer. dürſtenden Nation doch ſehr gefährlich, weil dadurch vor den Augen der Franzoſen ein verlockendes Zu- find es auch. kunftsbild erſcheint, welches ſie als die allein große Ni. 1, % Nation hinſtellt und die Neigung erweckt, dem am meiſten gehaſſten Nachbarvolke bei guter Gelegenheit werden?“ ihre Uebermacht fühlen zu laſſen. So hat vor wenigen Tagen der Ve ſpräfident der franzöfiſchen Deputirtenkammer, Herr Etienne, eine große Rede fiel. auf die franzöfiſche R⸗publik gehalten, welche von „ Selbſtbewunderung förmlich ſtrotzt. Vor allem feierte 2 Herr Etienne Frankreich als den „Ban quier, als den ſehen, Iel Geldgeber und Gläubiger Europas,“ denn 4½ 1 . ab e, In den FJeſſeln der Schuld. Jab Criminalnovelle von C. Sturm. ret Gun 14. nit fle aten un „Schon gut, ſchon gut“, entgegnete dieſer be⸗ wan ſchmunzelnd und fr undlich lächelnd und zu⸗ erlſtäll orkommend begleſtete Hill ſſen den Dir ktor Pohl⸗ mann noch ein gutes Stück auf deſſen Wege nach Hause. Die beiden Männer ſchi⸗den von einnarder er Gun 1 bie die beſten Freunde, und Niemand außer ihnen u elbſt hatte eine Ahnung, daß fie nur durch Schuld nenlage ind Leidenſchaft, und durch den materiellen Vortheil, ber nicht durch wahre gefeſſelt waren. reundſchaft, an einander 3, 13% 15 — . * 05 Im traulichen Geflüſter ſaßen am Abend di ſes Tages Pof'ſſor Leonhard Galen und deſſen Braut Carola im Povillon des Pohlman ſchen Gartens. Die jebenden freuten ſich ihres Glücks und plauderten don der Hochzeit und der Hochzeitsreiſe, die ungeſähr Mitte September ſtattfinden ſollte. „Wir reiſen zuerſt nach dem ſchönen Wien und dann nach Venedig, Florenz und Rom, Geliebte,“ agte Galen mit ſeiner ſonoren Stimme, „und es wird mir eine große Freude ſein, dann Dir, meiner ungen Frau all die Schönheiten und Kunſtſchätze en Städte, wo ich vor Jahren ei 3 —— — . — großen Theil meiner Studien machte, zu zeigen.“ „Das iſt ein herrlicher Gedanke von Dir, Leonhard,“ jubelte das junge Mädchen, und ſtrich dem Geliebten liebkoſend mit der zarten, feinen Hand über das lockige braune Haupthaar. Wie werde ich an der Seite eines ſo kundigen Führers, wie Du es biſt, dieſe ſchönen Städte und deren Kunſt⸗ ſchätz⸗ erſt kennen und bewundern lernen! Bei un⸗ ſer'm borjährigen Aufenthalte in Italien habe ich wirklich von den Kunſtſchätzen nicht viel geſehen, denn Popa hatte große Eile, um nach Neapel zu kommen und den feuerſpeienden Veſuv zu ſeben.“ „Und ols wir kaum zwei Tage in Neopel waren,“ fiel jetzt die in einer Ecke des Pavillons zende Frau ein, „da erhielt mein Mann von ſeinem damaligen Mitarbeiter dem Direktor Ruſtan, eine wichtige geſchäftliche Depeſche, die ihn raſch nach Hauſe rief, und wir fuhren nun nach Deutſch⸗ land zurück, ohne Rom und Florenz noch einmal geſehen zu haben.“ 8 ö „Da hat ja über dieſer italieniſchen Reiſe, von welcher mir bereits Ernſt ſelſſame Dinge er⸗ zäblte, eine Art Unſtern gewaltet,“ bemerkte j'tzt Profeſſor Galen lächelnd,“ „und es iſt daher ent⸗ ſchieden das Beſte, daß wir unſere Hochzeitsreiſe nach Itolien machen.“ „Ich rathe auch dazu,“ erklärte Frau Direktor Pohlmann, „denn im Herbſt iſt es in Italien noch chönſten in ganz Europa, und das — — — —ę-—ẽ—]— noch ein gutes Plätzchen in Europa, aber ohne jede Prahlerei, einnimmt. . Verſchiedenes. — Mannheim, 14. März. Die Glück⸗ wunſchadreſſe von Damen Badens, H ſſens und der Pfalz an Bismarck enthält ca. 100.000 Unterſchriften. — Mannheim, 15. Mürz. In dem be⸗ nochbarten Ludwigshafen wurden im Rheine zwei aneinandergebundene Leichen gefunden. Es wurde in denselben der 24 Jabre alte Gärtner Karl Voß aus Kiel und die 21 Jabre alte Kellnerin Marie Fiſcher aus Würzburg ermittelt. Die Leichen dürften ungefähr 2 Wochen im Waſſer gelegen haben. — In Ludwigshafen wurde ferner der Matroſe, Peter Geiersmann aus Niederfelden bei St. Goar, 55 N er aufgefunden, wahrſcheinlich liegt Mord vor. Verſtorben⸗ hat einen Meſſerſtich in den Kopf. — Karlsrube, 13. März. Vor zwei Jahren kaufte der Großherzog die ſog. Gimbel'ſche Sammlung auf Antrag des Kultusminiſteriums für 200,000 Mark an, um ſie dem Lande zu erhalten. Es wurde der Regierung überlaſſen, die geeignete Auswahl für die Staatsſammlungen zu treffen. Das iſt geschehen. In der Budgetkommiſfion brachte jetzt das Zentrum den Antrag ein, die für die Er⸗ 3 1894. werbung der Sammlung erforderlichen Mittel nichet zu bewilligen und die Sammlung dem Großherzog 1 zu überlafſfen. Mit Stimmengleichheit wurde die Dieſe Abſtimmung Heute früh i betreffende Poſition abgelehnt. fällt allgemein auf. Biberach, 13. März. brannte die Gypsmühle des J. Glocker (sogenannte Wolfenthalmühl⸗), die ungefähr 2 km von der 9 Mitte der Stadt entfernt iſt, zum Theil nieder. Die Futtervorräthe und 7 Stück ſchönes Vieh find derbrannt⸗ Land der Eitronen, der Kunſt und Poefte ſ ja ſo recht ein Reiſeziel für junge Eheleute.“ „Mama, Du ſprichſt mir aus dem Herzen,“ entgegnete Carola, „denn mögen die Schweiz, Nor⸗ ö wegen und Schweden landſchaftlich auch noch ſo ſchön ſein, ſo üben ſie doch nicht den Zauber auf Herz und Gemüth aus wie Italien und ich könnte mich ſo leicht nicht dazu entſchließen, meine Hoch⸗ zeitsreiſe nach dem Norden zu machen.“ „Nun ſo find wir ja über den Plan der Hochzeitsreiſe vollſtändig einig,“ erklärte der Pro⸗ feſſor Galen, „und wenn Carola und ich recht ſchön biken, ſo ehen viellicht Vater und Mutter Pohl. mann auch bald den Tag der Hochzeit feſt.“ „Sehr gern wird es geſehen und auch bald, 8 lieber Prof for,“ gab die Dame verbindlich zurück, „ich will noch heute oder morgen mit meinem Manne Rückprache nehmen, an welchem Tage die Hochzeit ſtattfinden ſoll.“ „Wir bitten aber auch nunmehr offlcielle Anzeige unſerer Verlobung meinte nun beinahe drei Monate kodt, und Papa treibt die Rückſicht in dieſem Punkte wohl etwas zu weit, daß er die off cielle Bekanntmachung unſerer Ver⸗ lobung wegen des Todes des Freundes ſo weit hinausgeſchdben haben will. Es kommt mir dieſe Verzögerung faſt wie eine Schrulle Papas vor, denn eine Verlobung ict doch ſchlie ine fi ch nur eine ſtill um die 11 Carola leiſe ſchmollend, „denn Direktor Ruſtan iſt