„ perkaufl ruweiltt / Allgemeiner Anzeiger 15 und Amgegend. Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. Preis viertelfährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltungs⸗ blatt Mk. 1.40 frei ins Haus. für die Redaktten betantwortlich: Karl Molitor, Ladenburg Corpuszeile. Neelamen 20 Pfg. 5 Druck und Verlag von Karl Moliter, Ladenburg. erlin, 7. März. Der Reichstag beendigte am Dienstag die Spezialberothung des Militäretats, zu diſſen Erledigung im Ganzen bier Sttzungen nöthig waren. Abg. Bb (ioz) kritiſtrte beim Kopitel „Gldperpfl⸗gung der Truppen“ abfällig die Tbätigkeit der Oiftziers⸗ und Militärbeamten vereine, ebenſo die „Cantinenwirthſchaft“, und rügte weiter die Verwendung von Mannſchaften bei Treibjagden, welchen Darlegungen des Sozialiſtenführers theils Kriegsminiſter v. Bronſart, theils Abg. v. Kardorff (freſconſ.) und Namens des ſächfiſchen Kriegs⸗ miniſteriums Major Vißthum v. Eckſtädt entgegen⸗ traten. Eine etwas längere Debatte entſpann ſich im weiteren Verlaufe der Sitzung noch beim Titel „Naturalverpflgung“, well hierbeſ die Kommifflon einen Abſtrich von der für Magazingebäude geforderten Summe gemacht hatte. Es verblieb j doch ſchließlich bei dem Kommifflonsbeſchluſſe im Uebrigen wurden jedoch die meiſten reſtirenden Pofttionen des Militär- etats unverkürzt bewilligt. Eine Reſolutlon der Budgetkommiſſion, welche möͤglichſte Einschränkung der Reiſedjäten in Armeeangelegenhelten und über⸗ haupt reichsgeſetzliche Regelung der Reiſekoſten ver⸗ langt, fand einſtimmig Annahme, ebenſo eine weit⸗ re Reſolution, betr. die Unterftützung der Hinterbliebenen von Militärs, die infolge bei Friedensübungen er⸗ littenen Schadens geſtorben find. Am Mittwoch berieih der Reichstag in erſter Leſung die Vorlage über die Aufhebung des Identitätsnachweiſes. Die Reichstagskommiſſion für den deutſch⸗ tuff ſchen Handelsvertrag hat ihre Arbeiten rascher gefördert, als urſprünglich zu erwarten ſtand, für ſpäteſtens Donnerstag wurde der Abſchluß ihrer Verhandlungen erwartet. Bel allen Abſtinmungen über die einzelnen Artikel des Vertrages zeigte ſich in der Kommiſſion eine Mehrheit zu Gunſten der⸗ ſelben; u. A, wurde am Dienstag der wichtige Artikel 20, der die Dauer des Vertrages bis 31. Dezember 1903 ausſpricht und außerdem die Moda⸗ litäten der Kündigung enthält, mit 14 gegen 10 Stimmen angenommen, nachdem vorher der Antrag der Conſervativen auf einjährige Feſtſetzung des Vertrages gegen 6 Stimmen abgelehnt worden war. Mit einer Mehrheit von vier bis fünf Stimmen dürfte inzwiſchen auch die Genehmigung des Ge⸗ ſammtvertrages ſeitens der Kommiſſion erfolgt ſein, ſo daß nun die Entſch⸗idung im Plenum dor der Thür ſteht. In parlamentariſchen Kreiſen rechnet man j zt mit Beſtemmtheit auf die Annahme des Vertrages und veranſchlagt die muthmaßliche Mehr⸗ heit zu Gunſten desſelben auf etwa 50 Stimmen. Die ausländiſchen Dynamitbolde machen auch Ja Bochum fanden jizt in Deutſchland Schule. in einer der jüngſten Nächte an mehreren Punkten der Stadt Dynamitenepplofionen ſtatt, glücklicher Weiſe richteten ſie keinen weſentlichen Schaden an; an anderen Stellen wurden verſchiedene noch nicht explodirte Dynamitpatronen aufgefunden. Als Ur⸗ hebet dieſes geſammten gefährlich n Unfuges wurde der Berger Pfeiffer ermittelt und verhaftet; er ge⸗ ſtand, das neue Landrathsamt in die Luft haben ſprengen zu wollen. Für die bevotſtehenden Abſtimmungen dürfte es nicht ohne Intereſſ ſein, an der Hand der ſo⸗ eben ausgegebenen neuen Auflage der Fraktionsliſte des Reichstages den gegenwärtigen Beſtand der ein⸗ zelnen Parteien zuſammenzuſtellen. Es zählen da⸗ nach die Konservativen 48 Mitglieder und 6 Hoſpi⸗ tanten, die Freiconſervatſven (Reichspartei) 23 Mit⸗ glieder und 4 Hoſpftanten, die Zentrumsfraktion 46 Mitglieder und 4 Hoſpitanten, die Nationalliberalen 96 Mitglieder und 7 Hoſpitanten, die Sozialdemo⸗ kraten 44 Mitglieder, die freifiunge Volkspartei 22 Mitglieder und einen Hoſpftanten, die ſüddeutſche Volkspartei 11 Mitglieder, die freifinnige Vereinigung 13 Mitglieder, die Reformpartei 11 Mitglieder und einen Hoſpitanten, die Polen 19 Mitglieder. Dazu kommen 9 Elſaß⸗Lothringer und 21 „Wilde darunter Graf Herbert Bismarck, Herr v. Lev tzow, Prinz HohenlohSchillingsfürt, Dr. Sigl und Ablwordt. Verſchiedenes. 8 — Mannheim, 6. März, Bei völlig aus⸗ verkauftem Hauſe und unter jubelndem Beifall ging geſtern abend die neueſte Oper unſeres zweiten Kapellmeiſters, Herrn Ferdinand Langer. „Der Pfeifer von Hardt“ zum erſtenmale über unſere Hofbühne. Der Komponist hat mit dieſer Volks open Auf dringendes einen glänzenden Erfolg errungen. Verlangen mußte der beſcheidene Tonkünſtler un⸗ zähligemal auf der Bühne ſich zeigen. 5 Textdichter, Herr Dr. Herrmann Haas, ſowie die Darſteller würden oft begeiſtert vor die Rampen gerufen. — Karlsruhe, 7. März. An Entſchädig⸗ ungen für auf polizeiliche Anordnung getödtete und an Milzbrand gefallene Thiere find im Jahre 1893 aus der großh. Staatskaſſe (zuzüglich der Hebege⸗ bühren und Abgänge von Umlagen) ausbezahlt worden: für Pferde 2254 Mk. 99 Pfg., für Rind⸗ vieh 33,470 Mk. 58 Pfg. Zur Deckung des Auf⸗ wands für die getödteten Pferde wird im laufenden Jahre von den Pferdebeſitzern eine Umlage nicht erhoben werden, vielmehr bleibt zu Gunſten der letzteren von dem Betrage der im letzten Jahre er⸗ hobenen Umlage nach Deckung dieſes und des aus — — In den Feſſeln der Schuld. Criminalnovelle von C. Sturm. 12. Auch iſt Dein Vater doch ein ſehr kluger und energiſcher Mann, der ſich gegen Ränke, die etwa Hilleſſen ſchmieden ſollte, zu ſchützen wiſſen wird. Auch hat Dein Vater als erſter Beamter der Bank gegen Hilleſſen doch gar keine Rückfichten zu nehmen und kann deſſen Rücktritt von dem Direktorpoſten r, wenn dies als wünſchenswerth erſcheinen ollte.“ „Dieſe Umſtände gewähren mir aber noch lange eine Beruhigung vor dieſem Manne, denn ſchon die Thatſache, daß er der Mitarbeiter meines Vaters geworden iß, beweiſt, daß er einen enormen Einfluß auszuüben vermag und daß mein Vater wahrſchein⸗ ich ſchon zum Theil im Banne dieſes Einguſſes ſteht.“ „Darüber wage ich kein Urtheil auszu prechen,“ cklärte Gal n, „aber die Befücchtungen hege ich lange icht in dem Maße wie Du. Beruhige Dich alſo nd im Uebrigen wollen wir ſchon auf der Hut vor Hilleſſen ſein.“ Darauf verabſchiedeten fich die beiden Freunde, nd Ptofeſſor Galen ſtieg in eine Droſchke, um nach einer Wohnung zu fahren. Es war ſeltſam, die Begegnung mit Hilleſſen hatte auch Galens heitere Gemüthsrube geſtört, denn wenn er auch viel ruhiger als Ernſt Pohlmann über den neuen Bankdirektor urtheilte, ſo kam ihm derſelbe doch auch ſo unheim⸗ lich und räthſelhaft in ſeinem ganzen W'ſen vor, daß er im Stillen dem Freunde Recht gab und be⸗ ſchloß, demſelben moglich beizuſtehen, um von Hil⸗ leſſen etwa dem Hauſe Pohlmann drohendes Unheil abwenden zu helfen. n 5 75 Am andern Tage quälte die leidenſchaftliche Lebe zu Carola den Bankdirektor Hilleſſen derartig, daß er Nachmittags, als er mit Pohlmann allein in diſſen Peivatcontor in der Bank war, noch einen Verſuch machte, um Carolas Vater günſtig für ſeine Werbung zu flimmen. Aber mit dieſem neuen Ver⸗ ſuche machte Hill ſſen eine fehr böſe Erfahrung denn Pohlmann wies ihn jitzt ganz ſchroff ab und be⸗ merkte noch dazu, daß es eine Anmaßung ſei um eine junge Dame zu werben, die bereits verlobt ſei und nicht daran denke, ihr Verlöbniß zu löſen. Und als Hälleſſen in ſeiner zähen Art immer noch ſeine Werbung zu beſchönigen ſuchte, ſo rief ihm Pohlmann ſchließlich zornig zu: „Denken Sie doch gefälligſt auch daran, daß Sie mir als Schwieger⸗ ſohn durch den Schein, den Sie dem Commerzien⸗ rath Pohlenz ausſtellen mußten, ſehr ſchlecht em⸗ pfohlen wurden, und daß ich ſchon aus dieſem Grunde auf die Ehre verzichten müßte, Ihre Wer⸗ nicht bereits im Stillen verlobt wäre. Wie vom Schlage getroffen wich Hilleſſen dor dieſer Eiklärung zurück und er erbleichte, aber fich dann plotzlich aufraffend ſagte er in ziſchelndem Tone: „Aber als Mitarbeiter, als College in der Leitung der Bank da erſchien ich Ihnen brauchbar und vertrauenswürdig genug! Wie ſtimmt das zu⸗ ſammen, verehrter Herr Direktor? Erfordert nicht der Poſten, den Sie mir anvertrauten im Grun de genommen viel mehr vertrauen, als man ſonſt im Leben einem Schwiegerſohne zu gewähren braucht? Oder wollen Sie mich behandeln, wie es dem be⸗ rühmten Mohr ergangen iſt, der, wenn er feine Schuldigkeit gethan hat, nun gehen ſoll? Hüten Sie ſich, mich ausnutzen und dann aus der Stellung drängen zu wollen! Wie ſtehen itzt gemeinſam auf einem durch gefährliche Woge fahrenden Schiffe und Sie werden entweder mit mir glücklich in den Hafen gelangen oder ohne mich ſchweren Schiffbruch leiden.“ „Ihrer Erregung verzeihe ich dieſe ſeltſamen Worte,“ bemerkte Pohlmann mit großer Selbſtbe⸗ herrſchung. „Bedenken Sie doch, daß die Angelegen⸗ heit, um welche wir hier ſtreiten, gar nicht zu den Geſchäften der Bank, die allein uns zuſammen⸗ führten, gehören! Hier bei unſern Berufsarbeiten verſtehen wir uns vollkommen, und ich war ſchon nahe dabei, Ihnen mein vollſtes Vertrauen trotz der Auch der bung annehmen zu können, auch wenn meine Tochten