Hurrah und Hoch der Bevölkerung. * blatt Mk. 1.40 frei ins Haus. Nr. 73 erscheint jeden Dienstag und Freitag Abend. Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltungs⸗ un die Redaktion derantwortlich: Karl Molitor, Ladenburg, Wittwoch Anzeigen: die 1⸗ſpaltige Corpus⸗Zeile oder deren Naum 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. Druck und Verlag von Karl Molitor, Ladenburg. Corpuszeile. Rerlamen 20 Pfg. 189g Der Kaiſer in Karlsruhe. Karlsruhe, 10. Sept. Der Kaiſer traf heute nachm. 5 Uhr, von Metz kommend, hier ein. Auf dem mit Pflanzen, Guirlanden und Fahnen dekstierten Bahnhof hatten ſich zum Empfange ein⸗ gefunden, der Großherzog, der erſt heute Morgen von Metz hier eingetroffen war, der Erbgroßherzog Prinz Karl von Baden, Prinz Albrecht von Preußen, die Staatsminiſter und ſonſtige Würdenträger, die Generalität und das Offtzierkorps. Auf dem Perron war eine Ehrenkompagnie vom hiefigen Leibgrena⸗ Dierregiment geſtellt; vor dem Bahnhof hatte eine Eskadron Leibdragoner Aufſtellung genommen. Der Großherzog trug Ulanen⸗, der Kaiſer rote Hufaren⸗ Uniform. Die Fürſten umarmten und küßten ſich wiederholt. Nach dem Kaiſer verließ der Kronprinz don Italien in der Uniform ſeines preußiſchen Huſaren⸗Regiments den Salonwagen. Der Kaiſer begrüßte die zu ſeinem Empfang erſchienenen Pexrlönlichkeiten herzlich, ſchritt die Front der Ehrenkompagnle ab und ließ dann dieſe vorbei⸗ defilieren. Als die Fürſten vor dem Bahnhof erſchienen, wurden ſie enthuftaſtiſch begrüßt. Von hier bis zum Schloß füllte eine ungeheure Menſchenmenge die Straßen, die Vereine und die Schulen bildeten Spalier. Der Einzug des Kaiſers erfolgte unter dem Geläute fämtlicher Glocken, unter dem Ka⸗ nonendonner und dem anhaltenden enthufiaſtiſchen ö Im erſten Magen fuhren der Kaiſer und der Großherzog, im zweiten der Erbgroßherzog, Pri z Albrecht und der Kronprinz von Italien. Vor dem erſten Wagen ritt eine halbe Eskadron Dragoner, eine zweite Abteilung Dragoner folgte. Die Straßen find mit Flaggen⸗ maſten eingefaßt, der Marktplatz bietet ein Bild prächtiger Dekoratſon. Vor dem Rathaus hatten ſich die Vertreter der Stadt aufgeſtellt, Der Oberbürgermeiſter Schneczler richtete folgende Anſprache an den Kaiſer: „Allerunterthänigſter Kaiſer und König! Gnä⸗ digſter Fürſt und Herr! Wir dürfen heute Euer Majeſtät als oberſten Kriegsherren begrüßen und wir entbieten unſeren Gruß in dem ſtcheren Be⸗ wußtſein, daß das ſcharfe Schwert des Reiches in einer Hand ruht, die es niemals unbedacht der Scheide entreißen, aber mit Kraft und Geſchick zu führen wiſſen wird, wenn es noth thut für den Beſtand und die Ehre des Vaterlandes. Wir danken Euer Majeſtät für die unermüdliche Sorge um die Wehrhaftigkeit der Nation, in der wir die einzig zuverläßſge Bürgſchaft des Friedens erblicken, Und da wir den Frieden als ein koſt⸗ bares Gut, als eine weſentliche Grundlage allen Gedeihens und Glückes ſchätzen und lieben, ſo müſſen es auch für recht halten, daß die zu ſeiner Sicherung unentbehrlichen Opfer gefordert und gebracht werden. Die dem Vaterlande drohende Gefahren haben aber ihre Quellen nicht nur über den Grenzen des Reiches ſondern auch in ſeinem eigenen Innern. Eine wundeiſame Umgeſtaltung ſowohl in der Produltion und Verteilung der wirtſchaftlichen Güter, als in den Auffafſungen des Geiſtigen und Ewigen hat Gegenſätze im Voll hervorkeimen laſſen, die vielfach zu ſeiden⸗ ſchaftlichen Feindſeligkeiten aus gewachſen find und die, fich Überlaſſen, die friedliche Entwicklung unſerer geſellſchaftlichen und ſtaatlichen Verhält⸗ niſſe in Frage ſtellen könnten. Auch aus dieſen Gefahren richten wir unſere Blicke mit ruhiger Zuberficht auf den oberſten Lenker der Geſchicke des Reichs. Wir wiſſen, daß die ſich kürmenden Wogen der Parteikämpfe Eurer Majeſtät auch nicht die Fußſp tze benetzt haben, wir ſehen fle hocherhaben über dem wirren Getreibe mit klarem unbefangenem Blick für die Wirklichkeit der Dinge in feſter Sicherheit Ihres ſchweren Amtes walten, gerecht und gütig gegen Alle, aber auch ausgerüſtet mit dem Willen und der Kraft, Be⸗ ſtrebungen, welche die geſetzliche Ordnung des Staates durchbrechen möchten, ohne Zagen und Zaudern niederzuſchlagen. So verbindet ſich in uns mit der Ehrfurcht, die wir dem Kaifer um ſeiner Würde willen ſchulden, Vertrauen und Liebe zu ſeiner menſchlichen Persönlichkeit. Und dieſen Gefühlen geben wir mit beſonderer Freu⸗ digkeit in Gegenwart unſeres allverehrten Landes⸗ herrn Ausdruck, von dem wir wiſſen, daß er ſte ohne Vorbehalt mit uns theilt. Mögen Eure Majeſtät überzeugt ſein, daß in der Refidenzſtadt Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs Fried⸗ rich treuergedene Herzen für Sie ſchlagen! Mit dieſem Wunſche heiße ſch Eure Maßjeſtät im Namen der Bürgerſchaft ehrfurchtsvoll hier will kommen!“ Der Kaſſer antwortele hierauf! „Mein lieber Herr Oberbürgermeiſtet! danke Ihnen ſehr für Ihre Worte, vor allen Dingen für den feierlichen Empfang den Sie mir bereitet haben, den reichen Glanz der mein Auge blendet, und ich möchte Sie ſehr bitten, daß fie die Güte haben, der Bürgerſchaft meinen Dank hiefür zu ſagen. Als ich im Frühjahr hier⸗ herlam, und Sie in Ihrer Begrüßung die Lage ſtrelften, da ſah es im Reiche anders aus. Wir waren alle beſorgt, wie der Kampf enden würde, der damals geführt wurde um die Sicherung und Die Tochter des Meeres Noman von A. Nicola. 84. „Ja, Das heißt vorläufig für dieſe Nacht. Ihr längeres Bleiben wird von unſerem Ue⸗ bereinkommen abhängen. Kommen ſie hier herein,“ fügte ſie, auf eine Thür am Ende des Corridors deutend, hinzu. Cora trat ein und hatte, während Miß Min⸗ Hin die Hausthür ſchloß, volle Muße, ſich im Zim⸗ mer umzuſehen. Es war klein, aber außerordentlich ſchmuck und ſauber, allerdings auffallend verſchleden von den eleganten Räumen in Villa Faro und Schloß Biddulph. Aber Coro gedachte des Aufenthalts in dem Steinbruch und ihrer einſamen Lage, und fie war dankbar für den Zufluchtsort und bevor Miß Min⸗ chin eintrat, war ſie bereit, jede Frage derſelben mit lobenswerther Geduld und Beſcheidenheit zu be⸗ antworten. „Kennen Sie Herrn Dakins?“ hub dieſe ane „Nein, gar nicht,“ lautete die Antwort. „So waren ſie wohl ſeiner Obhut anvertraut?“ ſprach die Dame weiter, und ihr Blick fiel auf den eleganten Stoff und Schnitt von Cora's Kleid. „Nein „ et war auf der Fahrt ſehr gütig gegen mich und ſchickte mich dann hierher,“ war die offenherzige Antwort. „Und Sie haben keine Freunde . keine Verwandten in London? Weshalb find Sie hierher gekommen?“ fragte Miß Minchin. „Ich kenne hier Niemanden. Ich will hier eine Stellung ſuchen.“ „Welcher Art?“ „Gleichviel ich leiſten kann.“ „Können Sie in irgend etwas unterrichten 7, fragte die Dame zweifeld. „O doch! Ich bin erſt vor mehreren Monaten aus Deutſchland gekommen. Da ich eine gute Er⸗ ziehung genoſſen habe, kann ich in der deutſchen Sprache und Mufik unterrichten, erwiederte Cora ſchnell. Miß Minchin's Augen leuchteten auf, aber ſie behielt ihr föͤrmliches Weſen bei als ſie erwiderte: „Bei Ihrer Jugend wird ſich ſchwer irgend eine Beſchäftigung finden laſſen, beſonders ohne Em⸗ pfehlung. Sie machen doch jedenfalls keine großen Anſprüche ?“ i ich bin zu Allem bereit, was „Ich muß zufrieden ſein mit dem, was man mir giebi,“ erwieder Cora. ö 1 „Sle mögen recht haben,“ ſagte Cora. „Ich bverſtehe dergleichen Dinge nicht.“ Die Stirn der Schulvorſteherin erhellte fich. „Wenn ich ſelbſt Sie beſchäftigen wollte, wür⸗ den Sie mir danken?“ fragte ſie dann freundlich. „Ich würde Ihnen unendlich dankbar ſein!“ verſetzte Cora. „Und Sie würden mit Wohnung, Koſt und einem kleinen Gehalte zufrieden ſein?“ „Ich muß ſo viel haben, um mich kleiden zu können .. mehr berlangte ich für den Anfang nicht,“ ſagte Cora. „Gewiß! Das müſſen Sie erhalten!! Aber mehr als zwölf Pfund jährlich kann ich un⸗ moglich geben.“ „Und was habe ich dafür zu thun?“ fragte Eora ruhig. „Sie ſagen, daß Sie in der deutſchen Sprache unterrichten lönnen, aber das iſt natürlich nicht genug ... Sie werden in einer Claſſe auch den Unterricht im Engliſchen übernehmen und fich im Allgemeinen nützlich machen, zum Beiſpiel mit den Kindern ſp zieren gehen, was nöthig iſt und mir oft läſtig wird,“ ſetzte ſie raſch hinzu, als fühlte ſie, daß die Liſte ihrer Anforderungen etwas unge ⸗ „Ich glaube nicht, daß Ihnen für den An⸗ bührlich lang ſei. fang Jemand mehr als Wohnung und freie Koſt bieten wird ... mehr würde auch ich Ihnen nicht geben können.“ Doch Cora hatte ein ziemlich richtiges Urtheil über derartige Dinge im Leben, und ſie fühlte bei Miß Minchins Worten eine gewiſſe Verachtung, die