blatt Mk. 1.40 frei ins Haus. Nr. 55. 00 „ Aſlgemeiner Anze erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltungs⸗ Für die Redaktion verantwortlich: Karl Molitor, Ladenburg. L Anzeigen: die 1⸗ſpaltige Corpus⸗Zeile oder 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. Druck und Verlag von Karl Molitor, Ladenburg. eren Raum Corpuszeile. Reclamen 20 Pfg. —.— Mittwoch den 12. Juli Die Annahme der Militär-⸗Vorlage geſtchert. Erſte Beratungen haben nur eine vorbereitende Bedeutung; Abstimmungen finden dabei nicht ſtatt. Dennoch bat ſchon die am Samſtag abgeſchloſſene keſte Beratung der Militärvorlage das Ergebnis ge⸗ ren un igt, daß deren Annahme als gefichert gelten darf. Jabrii! Das war der Kern der geſtriegen Verhandlung, alles feld. Andere ar mehr oder minder wertvolles Beiwerk. — Daß das Zentrum nach wie vor beim Widerſtande gegen die Vorlage beharre, ſtand von vornherein feſt, dasſelbe galt von der freifinnigen Volkspartei, wäh⸗ zend andererſeits die zuſtimmende Haltung der Vafſonallſberalen keinem Zweifel unterlag. Die Reden der Abgeordneten Gröber, Bennigſen und Richter konnten daher, ſo manches intereſſante Mo⸗ Heut ſie auch darbſeten mochten, zur Klärung der Sachlage, zur Entſcheidung über das Schickſal der Vorſage nichts Weſentliches beitragen. Anders ſtand mit einigen kleinen Gruppen, deren Stellung bs zum letzten Augenblick zweifelhaft ſchien, und die bei der eigenthümlichen Zuſammenſetzung des neuen Reſchstags die Entſcheidung über Sieg oder Nieder ⸗ lage des Heeresreformplanes in der Hand halten. t Mir meinen die Antiſemiten, die Polen und die rrmant Parteigänger der freifinnigen Vereinigung, die ſämt⸗ —— lich om Samſtag ihre Stellung markierten, und war derorart, daß auf ihr zuſtimmendes Votum fen ſchon jetzt gerechnet werden kann. Die Antiſemiten hatten während des Wahl⸗ kampfes die Annahme der Vorlage von gew ſſen Mdingungen in Betreff der Deckungsfrage abhängig 18 7 gemacht, deren teilweiſe Erfüllung der Reichskanzler i ſchon im Beginn der Beratung am Freitag in Aus⸗ L. Sten, icht gestellt hal. Hierauf fußend, konnte der Wort⸗ — 1898 führer der Antiſemſten, der Abgeordnete Böckel, fich geſtern grundlätzlich für die Heeresreform aussprechen wobei er allerdings an die Regierung die Auffor⸗ derung richtete, noch beſtimmtere Zufſcherungen in dieſer Richtung zu geben. Er wünſchte Sicherheit darüber zu haben, daß keine weiteren Conſumſteuern geplant, daß die neuen Militärlaſten nur den Reichen nicht aber den ärmeren Volksklaſſen aufgelegt wer⸗ den ſollen, er ſchloß hieran allerlei Vorſchläge in dieſem Sinne. Der Reichskanzler gab, ohne ſich auf Einzelheiten und auf bindende Zuſagen einzulaſſen, eine ſehr entgegenkommende Erklärung ab, die den Zweck verfolgte und offenbar auch erreichte, Herrn Böckel und ſeine Freunde zu beruhigen. Der antiſe⸗ mitiſche Sprecher kam dann nicht mehr auf die Sach: zurück, ſchien alſo durch die Andeutungen des Grafen Caprivi befriedigt und das Haus ſtand unter dem Eindrucke, daß durch dieſen Meinungsaustauſch der Pact geſchloſſen, die Zustimmung der Antiſemiten zur Militärvorlage beſtegelt ſei. Das ausſchlaggebende Hervortreten der antiſemitiſchen Gruppe bildet wohl das bedeutſamſte Moment der geſtriegen Verhand⸗ lung, dieſe kleine Partei darf fich in der That rühmen, daß ſte jetzt das Zünglein an der Waage geworden iſt. Die neuerdings aufgetauchten Zweifel in Be⸗ treff der Stellungnahme der Polen beſeiligte der Abg. v. Jazdzwiski durch die kurze Erklärung, daß ſeine Partei auch diesmal, wie im alten Reichstage wieder geſchloſſen, Ja ſtimmen werde. Bedingungen knüpfte er hieran nicht, ſondern nur den Ausdruck der Erwartung, daß die Regierung auch ihbrerſeits berechtigten Wünſchen der Polen entgegenkommen würde — ein frommer Wunſch, der die Regierung zu nichts verpflichtet. Für die freifinnige Vereinigung endlich ſprach ſich Herr Rickert gleichfalls zu Gunſten der Vorlage aus. In Betreff der Feſtlegung der zweijährigen Dienſtzeit hatte er noch beſondere Wünſche, deren Erfüllung er dem Reichskanzler an's Herz legte. Dieſer Frage wird in der zweiten Leſung näher ge⸗ treten werden, da in derſelben der frühere Antrag wieder aufgenommen werden oll, nach welchem die zweijährige Dienſtzeit in Kraft bleibt, ſo lange die j'tzt zu bewilligende Friedenspräſenzſtärke nicht herab⸗ geſetzt wird. Eine Verſtändigung hierüber wird eher zu erreichen ſein, als die über eine dauernde geſetz⸗ liche Feſtlegung der 2jährigen Dienſtzeit, die der Reichskanzler mit aller Entſchiedenheit abgelehnt hat. In der Deckungsfrage äußerte Rickert, ähnlich wie Böckel, daß die militäriſchen Mehrausgaben nicht durch Belaſtung des Maſſenkonſums, der notwen⸗ digen Lebensmittel gedeckt werden dürfen. Da der Reichskanzler ſich mit dieſer wohl allgemein gebil⸗ ligten Forderung einverſtanden gezeigt hat ſo kann es nicht ſchwer halten, eine Erklärung in dieſem Sinne unter Zustimmung der Regierung zu ver⸗ einbaren. Zur Vorberatung hierüber kann die kleine Pauſe benutzt werden, die mit Rückſicht auf die bayeriſchen Landtagswahlen in der erſten Hälfte der nächſten Woche eintritt. Umſo raſcher wird dann die um Donnerſtag beginnende zweite Leſung gefördert werden können. Wie aber auch die Verhandlung noch im Einzelnen ſich geſtalten mag, als Ender⸗ gebnis ſteht ſchon jetzt die Annahme der Vorlage feſt. Die Regierung erwartet von dieſer Annahme nach den Erklärungen des Reichskanzlers nicht nur die Sicherung des Friedens nach außen, ſondern eine größere Beruhigung im Lande ſelbſt einen neuen Aufſchwung unſeres ſchwer darniederliegenden Erwerbslebens. Freunde und Gegner der Militär⸗ Die Tochter des Aeeres U Roman von A. Nicola. 1 ö . Kraut, 20 0 Seine Augen waren auf die Thüre gerichtet, 17 als ſich dieſelbe langſam und geräuſchlos öffnete. V Aber das war nicht Marian in ihrer ſtolzen perkauft Shoönbeit und der halb g⸗bieteriſchen Herablaſſung. L. Steh Me Eintretende war jünger und und größer, doch — 1 5 ebenſo ariſtokratiſch aus wie die Erbin von iddulph. heerſaf Mt einem gewiſſen weiblichen Stolz in Blick 4. len und Miene begegneten ſie feinem erſtauten Blick. ee, „Miß Cora,“ rief er heftig, „iſt es möglich?“ 8 „Ja,“ entgegnete ſie ruhig, wenn auch mit chen elner gewiſſen Haſt im Tone. „Lady Marian bat ſer iich geſchickt. Es iſt kein Augendick zu verlieren.“ 0 „Warum ?“ verſetzte er trübe. „Was iſt ge⸗ n 1 Welch' neue Trauerkunde bringen Sie, ora?“ . „Ihre Sicherheit iſt in Gefahr, Mylord. Bitte, 10 folgen Sie Lady Marian's Wünſchen ohne Frage 9 oder Vorzug.“ 90 „Nicht, bis Sie mir die Wahrheit geſagt 0 haben,“ antwortete er, „doch wenn ich ſie höre, hat das Leben vielleicht keinen Werth für mich. Iſt Lord Herman Faro todt ?“ ſetzte er in zitterndem bangem Plüſter⸗ tone hinzu. Cora konnte nicht ſprechen, aber fie fühlte, daß es ihr nichts nützen würde, zu zögern, und als Ant. wort neigte ſie ſtumm den Kopf. Bei der Beſtätigung ſeiner ſchlimſten Furcht lief ein Schauder durch ſeinen ganzen Körper. „Dann iſt mir nichts an meiner Rettnug ge⸗ legen. Ich werde hier bleiben um die Strafe meiner Schuld zu tragen, um, wenn möglich, für das Ver⸗ brechen zu büßen,“ ſagte er heftig. „Sie wollen Lady Marian den Schmerz be⸗ reiten, Sie vor ihren Augen aus dem Hauſe ge⸗ ſchleppt zu ſehen, und ſie als Vermitlerin Ihres Vetſtecks nennen zu hören!“ erwiderte Cora vor⸗ wurfsvoll. „So iſt der entſcheidene Augenblick nahe wollen Sie das nicht ſagen?“ verſetzte er raſch und ſah fie bei ſeinen Worlen forſchend an. g Die Antwort wurde ihr jetzt nicht ſo ſchwer. „Ja,“ ſagte ſie feſt; „ja es iſt eile nöthig, Sie müſſen ſich ſofort an dem Ort verbergen, den Lady Marian mir geſchrieben hat. Es iſt kein Au⸗ genblick zu verlieren. Schnell oder es iſt zu ſpät!“ Aber er zögerte noch immer und ſeine Augen waren auf ihr bitteres Geſicht gerichtet. „Cora, ſprechen Sie deutlich; find die Gerichts⸗ beamten im Haufe?“ „Ja, ja,“ rief ſie voll Ungeduld, „und Sie verſäumen die koſtbaren Minuten. Um Lady Ma⸗ — rian's Willen beſchwöre ich Sie, ſeien Sie nicht ſo thöricht, ſo unüberleg zu zögern.“ Er ſchüttelte traurig mit dem Kopfe. „Cora, glauben Sie, das Leben hat um einen ſolchen Preis Werth für mich ... ein belaſtetes Gewiſſen, vernichtete Hoffnungen, für immer ver⸗ lorene Freunde! Nein, nein; laſſen ſie mich ſterben und verg ſſen ſein,“ ſetzte er hinzu und ließ ſich wieder auf den Stuhl fallen, von dem er fich bei ihrem Eintreten erhoben hatte. „Gehen Sie; Sie müſſen, Sie werden gehen,“ rief ſie eregt aus; „Lord Belfort das iſt eine Schwäche. Ich beſchwöre Sie bei Allem, was gut und wahr iſt, folgen Sie Lady Mürian's Wunſch Sie iſt bereit, viel für Sie zu wagen. Dadurch, daß ſie Ihnen Schutz gewährt, hat ſie ihrem guten Namen vielleicht ſchon geſchadet. Wollen Sie ihr das aus Furcht vor Schmerz ohne Schande ſo lohnen? Das wäre ein feiges Verfahren !, Er blickte ſie bewundernd an. „Sie find eine edle Stele, Cora. Es giebt nur noch ein Wort, das Sie hinzufügen ſollten, mich zu beſtimmen. und dieſes Wort würde mich am erſten bewegen. Wollen Sie mir sagen, doß Ihnen ſelbſt an meiner Sich rheit gelegen it? Wollen Sie ſagen, thu' es mir zu Liebe, Ernſt ?“ Heiße Gluts ſtieg ihr in die Wangen. „Das hängt davon ab, wie Sie dieſe Worte auffaſſen Mylord. Es wäre mehr als anmaßend von