Allgemeiner Anzeiger 5 15 erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. Anzeigen: die 1⸗ſpaltige Corpus⸗Zeile oder deren Naum 3 Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit iluſtriertem Unterhaltungs⸗ 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. 0 blatt Mk. 1.40 frei ins Haus. Corpuszeile. Neclamen 20 Pfg. 75 Für die Redaktion derantwortlich: Karl Molitur, Ladenburg. Druck und Verlag von Karl Molitor, Ladenburg. Jah Nr. 54. 8 Samstag den 8. Zuli 1893 n f Vokitiſches. improvifirte Worte an, in welchen er din göttlichen Freiherr v. Buol vom Centrum und Dr. Bürklin trhalb 15 Segen für die parlamentariſche Vertretung der Na- von deu Nationaliberalen gewählt, die beide die b des B erlin, 6. Juli. (Deutſches Reſch.) Als eine tion zum Zuſtandebringen des von ihr zu berathen⸗ beide die Wahl dankend annahmen. Das füddeutſche ledten in jeder Beziehung würdige und eindrucksvolle Kund⸗ den Werkes herabflehte, welche Improviſation fichtlich Element wird alſo diesmal beſonders ſtark im Prä⸗ gebung ell ſich die Thronrede dar, mit welcher eine tiefe Bewegung in der Verſammlung hervorrief. fidium vertreten ſein. 00 Ralſer Wilhelm die erſte Seſſon dis neuen Reichs⸗ An den feierlichen Eröffgungscct schloß ſch — (, rankreich.) Die franzöſiſche Hauptſtadt tages eröffnet hat. Sſe behandelt in der Haupt⸗ nach einer Zwiſchenzeit von anderthalb Stunden iſt ſeit Ausgang voriger Woche der Schauplatz ern⸗ dieſez ache nur das Thema der Militärvorlage, und erbte die erſte Blenarſitzung des Reichstages an. Sie ſter Straß nuntuhen, die ſich aus der gewaltſamen poli⸗ polge ert ſie hierbei nochmals in ebenſo klarer wie fachlicher wurde vom Alterspräſtdenten, dem 83 jährigen Cen- zeilichen Auflöſung einer ſtudentiſchen Verſammlung 3 Weiſe die Gründe, welche für die Nothwendigkeit trumsabgeordneten Dieden, geleitet, und trug einen entwickelten. Dus vielleicht etwas zu ſcharfe Vor⸗ g iner weiteren Verſtäckung der deutſchen Heeresmacht rein formellen Charakter. Die von den provſoriſchen gehen der Polſzei bildete dann die Grundlage der Be. bechen. Zugleich berührt die Tronrede auch die Schriftführern vorgenommene Auszählung des Hauſes weiteren Unruhen, die indeſſen durch die Einmiſchun Deckungsfrage und ſchlägt ſie in dieſer Beziehung ſe Deckung der Koſten der geplanten Heeresberſtär⸗ ung für das erſte Halbjahr vom 1. Oktober 1893 bis 31. März 1894 durch Matricularbeiträge vor, Die eigentlichen Deckungsvorlagen aber werden für U 4. die nächſte Winterſeſſion angekündigt. Mit bemerk⸗ 9. euswerther Entſchiedenheit ſpricht ſich der Kaiſer in ſeiner Kundgebung für die thunlichſt raſch: Erledigung der Heeresfrage aus, weshalb denn auch die ſoeben eröffnete Seſſion mit keinen anderen umfaſſenden zun. Vorlagen belaſtet werden ſoll. Vielſeitige Beachtung findet ferner die energiſche Erklärung des Monar⸗ chen, er werde, um den ihm verfaſſungsmäßig ob⸗ i liegenden Pfüchten genügen zu können, mit allen zu Gebote ſtebenden Mitteln auf die Herſtellung einer ausreichenden und wirkſamen Vertheidigung der vaterländiſchen Erde hinwirken. Im Weiteren ent⸗ Männern beſteht Unter dieſen fehlten freilich heute ergab die Anweſenheit von 291 Abgeordneten, Das Haus iſt alſo beſchlußfähig. Eing⸗gangen find die Milttätvorlage und ein Verzeichniß der Grundbeſitze des deutſchen Reiches. 5 d — Der Reichstag nahm heute bei ſtark be⸗ ſetztem Hauſe die Wahl des Präfldiums vor. Der Wahlakt nahm über drei Stunden in An pruch, da er für jeden der drei zu wählenden Präfidenten durch Namensaufruf und Stimmabgabe erfolgte. Man ſah dabei viele unbekannte Geſtalten zur Urne ſchrei⸗ ten, da faſt die Hälfte des Reichstages aus neuen des unterſten Pöb ls und ſonſtigen Grlichters ſe raſch den Chargker einer anarchiſtiſchen Straßen⸗ meute annahmen. Die Polizei war zut Unterdrück⸗ ung derſelben zu ſchwach und mußte die Unterſtützung der tepublikaniſchen Garde erbitten, krotzden blieb die Situation ſo kritiſch, daß die in den Pariſer Vor⸗ orten garniſonirenden Cwallerie⸗Regimenter Befeh erhalten haben, ſich zum Eingreifen fertig zu mache Wiederholt kam es zu förmlichen Gefechten zwiſche Polizei und Garde einerſeits und den Straßenrevo lutionären anderſeits, ſo auch am Dienſtag Abend allein bei den Straßentumulten vom Dienſtag ſolle über 100 Perſonen verwundet worden ſein. Auch mehrere Todte find zu verzeichnen, unter ihnen der Handlungscommis Nuger, deſſen der Polizei zuge⸗ ſchriebener Tod von den eigentlichen Leitern der noch einige der intereſſanteren, ſo Keupp⸗Eſſen und Dr. Sigl. Zum Präſidenten wurde mit ſehr großer Stimmenmehrheit, mit 310 von 319 Stimmen, Herr v. Levetzow gewählt. Er führte ſich mit einer Am nun zwar knapp, fein und liebenswürdig gefaßten An⸗ Emeute zum Anlaß genommen worden iſt, die — hält die Thronrede noch einen knoppen Hinweis auf ſprache ein, in denen dieſer altbewährte Rrichstags⸗ Volksmaſſen g'gen die Polizei aufzuhetzen. die europäiſche Lage, welche nach den Verficherungen präſident Meiſter iſt. Er bat um die wohlwollende Mittwoch fand ein Miniſterrath zur Beſchlußfaſſung 8 der Rede in durchaus günſtigem Lichte erſcheint. Unterfiötzung und Nachficht des Hauſes, auf die er lber etwa zu ergreifende außerordentliche Maßnah 5 Die kaiſerliche Kundgebung klingt in einem warmen bon allen Seiten rechnen müſſe, und verſprach, als men ſtatt. Jedenfalls hat das Miniſterjum bis jetz i Appel an die patriotiſche Einficht der neuen Volks⸗ aufrichtiger, ehrlicher und unabhängiger Mann auch nicht die nöthige Energie entfaltet, welcher e ner ſo e vertreter aus. An die Verleſung der eigentlichen ferner ſeines Amtes zu walten. Zum erſten und gefährl chen Bewegung gegenüber von Anfang a Thronrede knüpfte der Kaiſer noch einige offendar zweiten Vic prͤfidenten wurden zwei Süiddeutſche, am Plotze geweſen wäre. Viele Blätter bezeichne 5 7 J fahren, und wenn moglich Jemand zu ſehen. ..“ „Sie brauchen es auch durchaus für keine Ehr . D te Dochter des Meeres. Netta ſah ihn ſcharf an. zu halten,“ verſetzte Netta haſtig.“ Sie können ſich a Roman von A. Nicola „So wollten Sie Jemand hier beſuchen?“ nicht vorſtellen was für Unglück das Mädchen in . 1 fragte ſie. „Gewiß hat fich die Nachricht von meines unſer Haus gebracht hat. Sie entzog uns die Lieb inen 1 0 armen Vaters Tode raſch in der ganzen Nachbar- meines armen Vaters, und ich glaube, fie war auch per⸗ »Ich bin eine Thörin,“ ſprach ſie, als ſie den ſchaft verbreitet. Es iſt zu ſchrecklich,“ fuhr ſie fort. die Urſache des unglücklichen Streites, der ſeinen Be⸗ ſbeben gehabten Schrecken überwunden hatte. „Ich „Manchmal iſt es mir, als ſollte mich der Gedanke Tod und Lord Belforts Gefahr herbeigeführt hat.“ eben glaube ch wäre wuklich ohnmächtig geworden, wenn an meines Vaters Tod um den Verſtand bringen, Helle Thränen glänzten in ihren Augen, und f Sie mir nicht im rechten Augenblicke beigeſtanden und Lord Belforts Antheil daran verdoppelt meine flammende Röthe brannte auf ihren Wangen. bel: hatten. Es hätte ſicher niemand im Hauſe ſeine Sorge. Kannten Sie meinen armen Vater?“ ſetzte „Sie halten mich doch nicht für doöſe und 1 Stimme gehört.“ ſie nach kurzer Pauſe hinzu, während welcher Beide grauſam, daß ich ſo ſpreche?“ fragte ſie, als ihr 5 . „Dann ahne ich recht, Sie find Miß Faro,“ einander ſtumm betrachtet hatten. des Fremden Stillſchweigen auffiel. „Ich weiß wohl, dler ſogte der Fremde. n ö „Nein,“ antwortete er, „das heißt, Lord Faro ich ſollte nachfichtig ſein und ihr verzeihen, aber das 1 Sein Blk glitt ein Moment über ihre Geſtall, und ich find nie direkt miteinander in Berührung iſt ſehr ſchwer; und ſie war ſo eitel und kokett, ge ols ob er ihr ſchwarzes Kleid mit einem Trauerfall gekommen, obwohl ich ihn oft geſehen habe. Ich daß ich ſie nicht ſo lieben konnte, wie ich wohl ge⸗ 3 in ihrer Familie in Verbindung bringen wolle. kann nur deshalb nach England, um eine Unter⸗ wünſcht hätte.“ Sie legte ſich dieſen Blick aus tiefe Röthe ſtieg ihr in die Wangen. „Es hat mich für einige Minuten in's Freie getrieben,“ ſagte ſie, ſich entſchuldigend. „Es hat Uns ein ſo ſchrecklicher Schlag getroffen ich war wirklich ganz krank und dachte nicht, daß ich hier in dieſem abgelegenen Theil des Parkes Jeman⸗ den behegnen würde.“ Nun wurde der Fremde ſeinerſeits Verlegen. „Ich muß Sie für mein Eindringen hier um Verzeihung bitten, Miß Faro,“ ſagte er ernſt, „aber ich fühlte ein ſo unwiedeiſtehliches Verlangen dar⸗ noch, die Wahrhelt über Lord Faros Tod zu er ⸗ redung mit ihm und Miß Cora zu erlangen.“ ö Netta ſchrack ſchmerzlich zuſammen. „Mit Cora?“ fragte ſie und trat unwilllürlich einige Schritte von dem Fremden zurück. „Sind Sie ein Freunt oder ein Verwandter von ihr? Sie hat uns vermuthlich für immer verlaſſen.“ Der Fremde ſah halb bittend in das erhitzte G ficht des reizenden Mädchens und ſagt': ö „Miß Cora iſt nicht mit mir verwandt. Sie werden jedenfalls wiſſen, daß fie überhaupt keine wirklichen Verwandten hat, und was die Freund⸗ ſchaft anbelangt, ſo weis ich kaum ob ſie mich wirk⸗ lich als einen Freund anerkennen moͤchte.“ Des Fremden Stirn zog ſich in düſtere Falten, als ſein Auge auf dem ſchönen jungen Geſicht mit ſanften Ausdruck und auf dem Trauerkleid ruhte, das ſo rührend von dem Kummer ſpiach, den Cota's verderbliche Reize verurſacht hatten. „Ich Sie tadeln, Miß?“ ſprach er mit Wärme. „Gott weiß, daß ich nur zu viel Grund habe, Ihren Gefühlen gegen das unglückliche Mädchen bei⸗ zuſtimmen, das nur dazu geboren ſcheint, Kummer und Gefahr zu bringen wohin ſie geht. Doch war fte mir einſt theuer,“ ſitzte er traurig hinzu, „und auch ſitzt würde ich ſie, wenn ich könnte, gern vor dem Schickſal retten, das fie ſelbſt auf ſich gelad