Stern, 9100 Zubehlt!“ i Winlel Anlog 4 Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illußriertem Unterhaltungs⸗ blatt Mk. 1.40 frei ins Haus. Für die Redaktion verantwortlich: Karl Molitor, Ladenburg. Anzeigen: die 1. pollige Corpus⸗Zeile oder deren 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. Corpuszeile. Reclamen 20 Pfg. Druck und Perlag von Karl Molitor, Ladenburg. Samsfag den 22. Rpril 1893 niſſe, in zweiter Leſung zu erledigen. ratung des grundlegenden § 1 gaben die Redner der Freifinnigen, der Nation oalliberalen und der So⸗ Failoldemokraten den ſchwer n B/ denken ihrer Fraktionen gegen die weitgehenden ſcharfen Beſtimmungen der Vorlage Ausdruck, wobei der ſozialdemokratiſche Ab⸗ Volitiſches. Berlin, 20. April. Drei Mal hintereinander ſelt ſeinem Wiederzufommentr tte nach Oſtern bat ſich der Reichstag für beſchlußunfähig erklären müfſen. — Da erſcheint es in der That an der Zeit zu ſein, daß ein ſolches fumiges Parlament nach Hauſe geſchickt wird. Denn ſowobl im Verlaufe der vorlagen Freitagsſitzung, wie auch in denjenigen der nächſtfolgenden Sitzung vom Montag batte die Beſchlußunfäbiakeft des Hauſes feſtgeſtellt werden müſſen, und ſchon am Dienſtag wiederholte ſich dieſes klägliche Schauſpiel abermals. Glücklicherweiſe gelong es wenigſtens in letzterer Sitzung, vor Ein⸗ tritt dieſes fatalen Moments noch den wichtigen Geſiczentwurf, betr. den Verrat militäriſcher Geheim⸗ Bei der Be⸗ geordnete Stadthagen zugleich einen Vorſtoß gegen den Milſtarismus unternahm. Bei der Abſtimmung über den 8 1 nahm der Reichstag zunächſt die mildernden Amendemends der Abgeordneten Dr. v. Marquardsen (nat.⸗Uib.) und Dr. Gräber an, lehnte ie'doch den Antrag des freifinnigen Abgeordneten v. Bar, es möge in dem Geſetz ein Unterſchied zwiſchen Beamten und Nichtbeamten gemacht werden, ab. Bei der alsdann folgenden und namentlich vorge⸗ nommenen Abſtimmung über den ſo veränderten 8 1 wurde derſelbe mit 153 gegen 57 Stimmen ge⸗ nehmigt. Cbarakteriſtiſcher Meiſe begrüßte das Haus dieſen Beweis ſeiner vorläufigen Beſchlußfähigkeit mit Beifall, die Herren ſchienen ſo etwas gar nicht erwartet zu haßen. Die weiteren Paragraphen des G ſetzes fanden unverändert Annahme, in der De⸗ batte mußte Präſident v. Levetzow den Sozialdemo⸗ kraten Stadthagen wegen feines leidenſchaftlichen Auftretens zur Ordnung rufen. Schließlich ſollte noch über § 302e der Wuchergeſetznov' lle abgeſtimmt werden, die Abstimmung ergab indeſſen die Anweſen⸗ die Beſchlußunfähigleit des Hauſes. — Für das Bulgarenvolt hat ſich ſoeben auf ltalteniſchem Boden ein bedeutfames Ereignis voll⸗ zogen, die am Donnerſtag in Pianova bei Viarezzio ſtattgefundene Vermählung des Fürſten Ferdinand mit der Prinz'ſſin Luiſe von Parma, biermit hat auch der Coburger thatſächlich ſeine Dynaſtie in Bulgarien begründet und man kann nur aufrichtig wünſch en, daß die frohen Hoffnungen, welche die bulgariſchen Patrioten auf die Vermählung des Fürſten Ferdinand ſetzen, in Erfüllung geben mögen. Berlin, 19. April. Der „Reichsanzeiger“ ſchreibt anläßlich der Reiſe des Kaiſerpaares: Die innigen Freundſchafts beziehungen, welche zwiſchen den be den Monarchen und den Häuſern Savoyen und Hohenzollern beſt⸗hen und eine kräftige Stütze für die gemeinſamen politiſchen Intereſſen der beiden verbündeten Staaten bilden, kommen, wie ſchon ſo oft und noch zuletzt im vorigen Jahre anläßlich des Potsdamer Beſuchs der italieniſchen Majeſtäten, auch jetzt in der Teilnahme am Familienjubilfeſte des Königspaares zu überz'ugendem Ausdruck. Auch das deutſche Volk, nimmt herzlichen Anteil an dem italieniſchen Familienfeſt, es fieht in dem Kaiſer den erhabenen Dolmetſcher für die Gefühle der Verehr⸗ ung, die es für den Freund Deutſchlands, König Humbert und ſeine Gemahlin empfindet und die es in dem Wunſche zuſammenfaßt: Das hohe Paar heit von nur 167 Mitgliedern und hiermit erneut möge ſich noch lange des Glückes erfreuen, das ihm bisher beſchieden war, König Humbert moge noch lange zum Segen ſeines Volkes an der Seite ſeiner Gemahlin das ſchöne Land regieren, die Vorſehung möge die hoben Ziele der Verwirklichung entgegen⸗ führen, die Humbert für das Glück des Volkes und die Erhaltung des Friedens ſich geſteckt. Das deutſche Volk begleltet das Kaiſerpaar auf der Fahrt nach Rom mit um ſo dankbareren Gefühlen, als es darin einen erneuten Beweis für die Feſtigkeit des Bandes erblickt, das die beiden Staaten untereinander und zugleich mit Oeſterreich⸗Ungarn verbindet. Berlin, 19. April. Das Kaiſerpaar iſt geſt rn abend um 10 Uhr 50 Min. mit Gefolge vom An⸗ halter Bahnhof über München, Junsbruck u. ſ. w. nach Rom abgereiſt. Eine zablreiche Menge brachte dem Herrſcherpaar die herzlichſſen Huldigungen dar. Rom, 20. April. Die Zeitungen begrüßen in herzlichſter Weiſe das deutſche Kaiſerpaar. Popolo Romano bemerkt, Kaiſer Wlhelm habe Italiens Sympothien für den verſtorbenen Kaiſer Friedrich eerbt. N 0 Rom, 20. April. In den Straßen, welche der Kaiſer Wilhelm und die Kaiſerin Auguſte Ve⸗ toria beim Einzuge paſſiren werden, iſt der Verkehr nahezu unmöglich, geworden. Alle zum Quirinal führenden Straßen fowie die Zugänge zum Babn⸗ hof find von Kopf an Kopf gedrängten Menſchen⸗ maſſen angefüllt. Der Wagenberkehr iſt gänzlich un⸗ terſagt. Die Spannung, mit der man des Einzugs der Mojeſtäten harrt, ſteigert ſich mit jeder Minute. Rom, 20. April. Das deutſche Kaiſerpaar iſt wohlbehalten in Rom eingetroffen. Daſſ elbe wurde auf dem Bahnbofe von dem ftalieniſchen Königs⸗ paar, ſowie den Prinzen empfangen und von der Bevölkerung jubelnd begrüßt. Die Tochter des Meeres. Romon von A. Nicola. f Eine der Eingeborenen nahm das Kind z und zog es wie ihr eigenes auf, aber fie ſtarb bald, und ihr Mann hatte kein Jatereſſe für das f emde Kind. Und als mein Sohn auf ſeiner Seereise Cora zum erſten Male ſah, war es ein kleines Ding, von vier bis fünf Jahren. Und Rupert, dem es tief in der Seele ſchmerzte, das arme europälſche Kind bei halb wilden, perlen und Kleidungsſtücke und etwas Tabak deren Pflegevater ab. Er kaufte auch die das Kind bei dem Schiffbruch getragen hatte; für dieſe gab mein Sohn gerade ſo viel wie für das Kind ſelbſt. Mein Gott! Ich war als ich es zu⸗ erſt ſah, nicht wenig beſtürzt, aber als mein Sohn wieder zur See ging, gewann ich Eora ſehr bald die nur abgeſchloſſene Thür vernahm, beſtätigte die eb in meiner Einſamkeit.“ „Damals war alſo die junge Dame — Sie nannten ſie wohl Adele? — noch nicht be Ihnen?“ fragte Faro. „Nein, nein! Sie iſt meine Nichte, das heißt, ſie iſt die Tochter meiner Schweſter, welche auch einen Deutſchen heiratete. Sie liebt Rupert ſehr, und iſt — glaube ich — etwas eiferſichtig auf die rohen Menſchen aufwachſen zu ſehen, kaufte Cora für einige Glas⸗ Kleider, die arme Cora. Das macht ſie wohl auch ſo ärgerlich auf das Kind. Sehen Sie, Adele hat eine ganz hübſche Ausſtattung, und es wäre jammerſchade, wenn Cota der Verbindung Adelens mit meinem Sohne in den Weg käme. Ich bin überzeugt, daß mein Rupert Adele recht bald lieb gewinnen würde, aber es hat fich ein Mal die Idee in ihm feſtge⸗ ſetzt, Cora ſei für ihn beſtmmt. Ich denke oft daran, wie ich ſie auf eine gute Art los werden könnte. Ich wüede mich von ihr trennen, obgleich ich mich dann vielleicht bald ſehr nach ihr ſehnen wü de. Doch verbittert einem die ewige Zankerei das Leben, und von meiner Nichte kann ich mich nicht trennen, denn ich verſprach ihrer Mutter auf dem Sterbebett, daß ich mich ihrer annehmen wollte,“ ſtattung der jungen Eebin das Verſprechen heiliger machte als es wohl ſonſt geweſen wäre. Aber der Gedanke, den die Erzählung in ihm erweckte, war ſehr verſchieden von dem der geſchwätzigen Erzählerin, und ein leidenſchaftliches Schluchzen, das er durch traurige Vermuthung, die ihn ihm aufſtieg. „Und wie denken Sie über die Gefühle Ihres Sohnes?“ fragte er leichthin. „Ja, mein Gott, er iſt ganz entzückt von Cora, obgleich dieſe nicht halb ſo gut iſt wie Adele. Sie lieſt nur und vertrödelt die Zeit, außer wenn ſie etwas für mich oder ihn thun kann, aber ich muß Vielleicht wunderte ſich Faro, warum die Aus⸗ ihr auch Gerechtigkeit widerfahren laſſen: für uns Beide ginge ſi durch's Feuer! Als ich an der Gicht krank lag, bat ſie ſich acht Nächte binterein⸗ ander nicht zu Bett gelegt, und doch wollte ſte nicht eine halbe Stunde tuhig fitzen beiben, um zu klöppeln oder ihre eigenen Kleider auszußb⸗ſſern. Nein, Adele iſt die rechte Frau für meinen Rupert. Aus dieſem Grundezſchickte ich Cora gern aus dem Hauſe. Sie iſt ja auch erſt grade halb ſo alt wie Rupert und Adele wird nüchſten Montt zwanzig Jahre.“ Faro ſtand noch immer finnend da, ohne die alte Dame zu unterbrechen. Er überlegte und er⸗ wog einen ſeltſamen Plan, der — wenn überhaupt — mit all' ſeinen ernſten Folgen ſchleunigſt aus⸗ geführt werden müßte. Es lag für ihn etwas unwiderſtehlich Anziehen⸗ des in dem Bild dieſes ſchönen räthſelhaften, eigen⸗ finnigen Kindes und in der vereinſamten Lage, in welche ein unglückliches Geſchick es verſetzt halte, und mit dem ihm angebornen Ungeſtüm beſchleunigte er die Entſcheidung. „Frau Falkner,“ begann er, „ich bin Ihnen allerdings ein völlig Fremder, doch haben Sie viel⸗ leicht von den Grafen von Treville gehört oder ge⸗ leſen, deren Namen nicht ſelten von franzöfiſchen und engliſchen Zeitungen gebracht werden.“ „Ja, ich erinnere mich des Namens,“ ant⸗ wortete ſie haftig, „und zwar um ſo leichter als ich in meinen jungen Jahren in einer Familie