blatt Ml. 1.40 frei ins Haus. LErſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. Mreis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltungs⸗ Fin die Redaktion verantwortlich: Karl Molitar, Ladenburg. 5 Anzeigen: die 1⸗ſpaltige Corpus⸗Zelle ober de 1 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. 5 Druck und Verlag von Karl Molitor, Ladenburg. Corpuszeile. Neelamen 20 Pfg. d noch deulend gc un 15 1 N 200 1 gler 10. PPT Abonnementseinladung. Mit dem 1. April beginnt das 2. Quartal dieſes Blattes und laden zu Beſtellungen hiermit freundlichſt ein Die Expedition. VCC Politiſches. — Berlin, 22. März. Die Verhandlungen des Reichstages haben noch unmittelbar vor dem Beginn der parlamentariſchen Oſterferien eine hoch⸗ ſenſationelle Färbung angenommen, durch die auf⸗ regenden Zwiſchenfälle bei der dritten Etats⸗ leſung. Schon die Montagsſitzung, in welcher di⸗ dritte Etatsleſung begann, zeitigte bewegte Scenen. hervorgerufen durch das Auftreten des Abg. Ahl⸗ wardt, welcher ſeine bekannten Behauptungen in Sachen der Ahlwardt'ſchen „Judenflinten“ wiederum aufſtellte. In ſehr entſchiedener Weiſe wurden dieſe Behauptungen dom Reichskanzler, vom preußlſchen Kriegsminiſter und vom ſächfiſchen Militärbevoll⸗ müchtigten v. Schlieben, als Vertreter des ſächfiſchen Kriegsminiſters, nochmals als völlig unbegründet zurückgewieſen, auch die meiſten aus dem Hauſe ſprachen gegen Ahlwardt. Eine förmliche dramatiſche Wendung nahm aber die Fortſetzung der Etatsde⸗ batte in der Dienflagsfitzung. Hierbei kam es zunächſt zu einem ungemein ſcharfen redneriſchen Zuſammen⸗ ſtoß zwiſchen dem Krigsminiſter v. Kaltenborn⸗ Stachau und dem Abg. Bebel (ſoz.⸗dem.) Herr v. Kaltenborn brachte verſchiedene Fälle von Saldaten⸗ mißhandlungen, welche teils von dem Abg. Richter, tells von Bebel im Reichstage erwähnt worden waren, nochmals zur Sprache und bemühte er ſich dieſe Vorgänge weſentlich abgeſchwächt darzu⸗ ſtellen. Dann ging er auf den bekannten Streit ein der fich zwiſchen dem Lieutenant v. Saliſch und dem Famfiag 85 25. 25. März Kommis Weimann auf der Coplenzer Schiffbrücke ent⸗ ſponnen und welcher den Tod Weymanns infolge eines Degenſtiches, den letzterer bei der Affaire er⸗ halten, nach ſich gezogen hatte. Die über den Vor⸗ fall gleichfalls vom Abg. Bebel im Reichstage ge⸗ machten Mitteilungen bezeichnete der Miniſter als ungenau, unrichtig und bedeutend übertrieben. Nach der Auslegung des Kriegsminiſters ſollte der Abg. Bebel die Handlungsweiſe des Lieutenants v. Saliſch ſogar als gemeinen Meuchelmord charakteriſirt haben was der Miniſter als eine dem genannten Offtzier gen der Etat bis auf einen kleinen Reſt zur Erle⸗ digung und Annahme. zugefüg e Verleumdung erklärte, und dieſe ſchwere Anſchuldigung wiederholte der Miniſter gegenübre⸗ dem Abgeordneten Bebel auch anläßlich der Beſprech⸗ ung des Zwiſchenfalles mit dem Hauptmann Frei. Präfident v. Levetzow legte gegen den Ausdruck „Verläumdung“ im Intereſſe des Hauſes Verwahr⸗ ung ein, und Abg. Bebel ſelbſt proteſtirte in erregter Weiſe gegen den ihm gemachten Vorwurf. Dann erörterte Bebel nochmals die Affaire Saliſch unter Ausfällen auf das geſamte Offizierskorps, was eine ſcharfe Erwiderung des Kriegsminiſters zur Folge hatte. Auch die weitere Diskufſion über das Copitel der Ausſchreitungen beim Heer, mit welcher ſich eine Erörterung des Militärflrafverfahrens und des könig⸗ lichen Begnadigungsrechtes verband, verlief ſehr ſlürmiſch und mußte der Präftdent wiederholt den Ordnungsruf erteilen. Dann aber kam es in dem letzten Teile der Sitzung wiederum zu einer ſtür⸗ miſchen Scen'. Abg. Ahlwardt ſtellte in der De⸗ batte über den Etat des Reichsinvalidenfonds die ungeheuerliche Behauptung auf, daß ſeit Feſtlegung Am Abgrunde. Nopelle von Walter Hogarth. N Paul hatte thätſächlich das junge Mädchen in ſein Herz geſchloſſen und ſeine Liebe zu ihr war jetzt ſo weit gediehen, daß er Luiſen zu ſeiner Gemahlin wählen wollte, falls ſie ſeine Neigung erwiderte. Er wollte ſich dann zunächſt heimlich mit ihr verloben, und darauf ein Jahr auf Reiſen gehen. Nach ſeiner Rückkehr ſollte dann die Verlobung veröffentlicht und ein weiteres Jahr ſpäter die Hochzeit ſein. Ueberſtürzen wollte Paul die Sache nicht, weil er noch ſehr jung war und wegen ſeiner bisherigen bei den Damen für eine Perſon gemachten Erfahrungen auch oft den böſen Gedanken hatte, daß in Folge ſeines lahmen Fußes vielleicht gar kein junges Mäd⸗ chen eine wirkliche tiefe Neigung zu ihm faſſen könnte. Dieſe Gedanken brachten bei Paul einen ge⸗ wiſſen Argwohn oder vielmehr eine ſeltſame Angſt, den Gegenſtand feiner Liebe wieder zu verlie ren, her⸗ vor, und er hatte deshalb beſchloſſen, Luiſe zu prüſen, falls ſie überhaupt ſeine Werbung annehmen würde. Ueber die Haupifrage, ob Luiſe ſeine Neigung erwiderte, wollte ſich Paul heute Gewißheit ver⸗ ſchaff en. Zu dieſem Zwecke hatte er heute morgen dem jungen Mädchen ein Briefchen in die Hand gleiten laſſen, als er fie im Garten erblickt hatte, und in dieſem Brieſchen hatte er Luiſen für den Nachmittag drei Uhr an den Waldteich, der ungefähr eine Viertel- ſtunde von Schloß Windeck entfernt im tiefem Walde lag, gebeten. Paul wußte, daß um dieſe Zeit Luiſe ſich am leichtſten unbemerkt zu dem Stelldichein einfinden konnte, und er ſelbſt glaubt auch um dieſe Zeit dort von Niemand beobachtet zu werden, denn die Dienſtleute des Barons Windeck hatten dort keine Arbeit zu verrichten, und der Schloßherr ſelbſt wie deſſen Gemahlin und Kinder pflegten ſehr ſelten nach dem Waldteich zu kommen. Zudem war um vier Uhr Dinerzeit auf Schloß Windeck, alſo gar nicht anzunehmen, daß ſich in der Stunde vorher irgend Jemand aus dem Schloſſe nach dem einſamen Waldteiche verirren würde. Paul wollte wie alle Liebenden vor der Ent⸗ ſcheidung durchaus keine Mitwiſſer ſeines Geheim⸗ niſſes haben, und hatte ſich deshalb auch am Tage über gar nichts davon merken laſſen, daß er einen entſcheidungsvollen Schritt für ſein ganzes künftiges Leben thun wollte. Wie gewöhnlich war er in den Wald geritten. um unter Führung des Förſters die Anlagen neuer Anpflanzungen in Augenſchein zu nehmen und ſeine Kenntniſſe in der Foriſtwirtſchaft zu bereichern. Dann war Paul gach dem Vorwerk geritten, wo er — 1893 des Invalidenfonds finanzielle Machenſchaften hinter den Couliſſen ſtattgefunden hätten, bei denen das deutche Volk um viele Millionen betrogen worden ſei Er befitze 11 Aktenſtücke, darunter eines mit der Unterſchrift des j⸗ tigen preußiſchen Finanzminiſter, welche dieſe Durchſtechereien a la Panama beſtätigten und die nicht nur die Regierung, ſondern auch ver⸗ ſchiedene Abgeordnete kompromittirten. Natürlich riefen dieſe abenteuerlichen Behauptungen Ahlwardts die größte Erregung im Hauſe hervor, welches ſchließlich den Antrag Rickert, das Haus möoͤge ſich bis Mittwoch Mittag vertagen, damit Ahlwardt in⸗ zwiſchen die von ihm angeführten Aktenſtücke zur Stelle ſchaffen könne, einſtimmig annahm. — Im Uebrigen gelangte in den erwähnten beiden Sitzun⸗ Paris, 22. März. Die Leichenfeier für Ferry geſtaltete ſich bei günſtigen Wetter großartig. Im großen Hofe des Palais Luxenbourg war der Sarg auf einem Katafalk aufgebahrt. Reden hielten Vice⸗ preſident Bardoux im Namen des Senats; Caſimir Perier für die Deputiertenkammer; Miniſterpräfident Ribot im Auftrage der Regierung; Unterrichtsminiſter Duruy als Vertreter der Univerſität; der Deputierte Melini als Vorfitzender des Generalrats der Vogeſen. Nach Schluß der Feier wurde der Sarg in feierlichem f Zuge nach dem Güterbahnhof verbracht. 1 — Paris, 22. März. Panama⸗Beſtechung⸗ Prozeß. Das Urteil beſagt, daß für Leſſeps und i Blondin mildernde Umſtände angenommen werden. Der Gerichtshof verurteilte Leſſeps zu 1 Jahr, Blon⸗ din zu 2 Jahren, Baihaut zu 5 Jahren Gefäng⸗ nis, Verluſt der Ehrenrechte und 750 000 Francs Geldſtrafe. Außerdem wurden Baihaut, Blondin und s 21 Antrag der Zi vilpartei zu einem vom den Verwalter traf und ſich von dieſem die dort eingeſtellten engliſchen Schafe, weſche der Baron vor Kurzem gekauft hatte, zeigen ließ. Auf dem Vor⸗ werk hielt Paul Raſt und trank ein Glas Milch Dann kam langſam die Zeit herangeſchlichen, wo er ſich mit Luiſen unter den alten Buchen des Wald⸗ teiches treffen wollte, und Paul gerieth in eine leichte Ertegung. Zerſtreut blätterte er noch eine Weile in dem dicken Wirtſchaftsbuche herum, welches er ſich hatte von dem Verwalter vorlegen laſſen, und als ſeine Uhr halb drei anzeigte, da litt es ihn nicht mehr länger auf dem Vorwerke. Er ließ ſich ſein Pferd vorführen, ſaß auf und trabte von innerer Unruhe gequält dem Walde zu. Es dauerte keine Viertelſtunde und der junge Reiter hielt unter den alten Buchen des Waldteiches. Sein Herz klopfte heftig, faſt ſcheu ſpähten ſeine großen e Augen umher, aber von dem Gegenſtand ſeiner heißen Liebe war auch nicht eine Spur zu bemerken. Die Enttäuſchung malte ſich in grellen Farben 3 in Pauls Antlitz, und er ſaß auf dem Pferde wie ein Feldherr, der unrettbar die Schlacht verloren hat. Aber dann zog er kaltblütig ſeine Uhr und lächelte, denn es war ja erſt ein Viertel vor Uhr und Luiſe konnte noch kommen. Paul ſchalte fich innerlich einen Thoren und flieg vom Pferde, denn er fand es auch hoͤchſt un⸗ ſchicklich, auf hohen Roß fißend, die Geliebte empfangen vier