„ . rieshein, Krſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltungs⸗ blatt Mk. 1.40 frei ins Haus. Pär die Redaktion verantwortlich: Karl Molitor, Ladenburg. Der rheiniſch⸗weſtfäliſche Hoßlkenring. Am 1. März iſt das rheiniſch⸗weſtfäliſche Koh⸗ lenſyndikat in Thätigkeit getreten, welches ſich nach langen und ſchwierigen Vorverbandlungen zwiſchen den beteiligten Zechen von Rheinland bis Wefffalen gebildet hat, um eine Regulirung und Beſſerung der Kohlenpreiſe herbeizuführen. Die Bildung ſolcher „Ringe“ von Produzenten⸗Gruppen behufs möglichſt kräftiger Förderung der don denſelben vertretenen Intereſſen iſt in dem wirtſchaftlichen Leben der Neuzeit längſt nichts Neues mehr. In Nordamerika zeigte ſich dieſe Erſcheinung zuerſt, es ſchloſſen ſich die großen Fabrikanten in den wichtigſten gewerb⸗ lichen Zweigen zu Vereinigungen, ſogenannten „Truſt's“ oder Ringen, zuſammen, um für die von ihnen hergeſtellten Artikel möglichſt hohe Marktpreiſe zu erzielen und heute iſt die Bildung von „Truſt's“ im größeren oder kleineren Kreiſen jenſeits des At⸗ lantiſchen Oceans ſozuſagen an der Tagesordnung. Sehr raſch ahmte man in den Induftrieländern Europas das von den Ponkers gegebene Beispiel nach, und gegenwärtig giebt es wohl kaum einen hervorragenderen Erwerbszweig mehr, in welchem die Großproduz'nten nicht wenigſtens den Verſuch ge⸗ macht hätten, ſich zu einem „Ringe“ zufammenzu⸗ ſchließen. Bei uns in Deutſchland nun wird der jüngſte Vorgang dieſer Art durch die erfolgte Bildung des Syndikats der privaten Kohlenzechen des Rheinlands und Weſtfalens repräſentirt. Es bedarf wohl keiner beſonderen Verſicherung, welche weittragende Bedeu⸗ tung dem Vorgehen der weſtdeutſchen Kohlenindu⸗ ſtriellen inne wohnt, wenn man die Wichtigkeit der Koblenproduktion für die verſchiedenſten Gebiete der AInduſtrie und ſchließlich auch für das große Pub⸗ likum erwägt. Denn es handelt ſich hierbei doch im Grunde um nichts mehr und nichts weniger, als um einen Verſuch der vereinigten Zechen, den Con⸗ ſumenten die Preiſe nach Belieben zu diktiren und dergeſtalt den Kohlenmarkt ganz in die Gewalt der Verkäufer zu bringen, ein Unternehmen, bei dem die Konſumenten felbſtverſtändlich Gefahr laufen, ſich zu Gunſten der Produzenten empfindlich ge⸗ ſchädigt zu ſehen. ö Nun erklären allerdings die Schöpfer des Koh⸗ lenſyndikats, es ſei bei ihrem Unternehmen ke nes⸗ wegs auf eine verwerfliche Preistreiberei abgeſehen, vielmehr bezwecke daſſelbe lediglich, die Produktion in der Kohlenbranche dem Verbrauch anzupaſſen und einen für die Zechen wie für die Konſumenten gleich annehmbaren Mittelpreis herzuſtellen. Auch wird von Seiten der Syndykatsteilnehmer darauf hinge⸗ wieſen, daß die weſtdeutſche Kohleninduſtrie in den letzten Jahren infolge des Zuſammenwirkens ver⸗ ſchiedener ungünſtiger Umſtände nur mit ſehr ge⸗ ringem Nutzen, teilweiſe ſogar mit Verluſt, gearbeitet habe, ſo daß das Streben der Zechen nach Herbei⸗ führung beſſerer Preiſe gerechtfertigt erſcheine. Es läßt ſich nicht leugnen, daß die Kohleninduſtrie bis⸗ her mit ziemlich ungünſtigen Verhältniſſen kämpfen mußte und von ihrem Standpunkte aus erſcheint daber der Verſuch, durch das Mittel des Syndikats beſſere Preiſe zu erlangen, ganz erklärlich und un⸗ ſchuldbar. Aber es fragt ſich nur, ob nicht die Syndikalsunternehmung ſchließlich zu einer miß⸗ bräuchlichen Ausbeutung der Kohlenkonſumenten und zu einer Verteuerung eines ſo wichtigen allgemeinen Bedürfniſſes, wie die Steinkohle, führt, woraus ſich dann eine Reihe weiterer bedenklicher Uebelſtände wirtſchaftlicher wie auch ſozialpolitiſcher Natur er⸗ geben müßte. Mittwoch den 8. März Anzeigen: die 1⸗ſpaltige Corpus⸗Zelle oder deren Raum 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. Corpuszeile. Neclamen 20 Pfg. Druck und Verlag von Karl Molitor, Ladenburg. — 1893 Letzteren Beſorgniſſen haben denn auch in der Freitagsfitzung des preußiſchen Abgeordnetenhauſes,. in welcher bei der Beratung des Bergetats die Bil⸗ dung des rheiniſch⸗weſtfäliſchen Kohlenringes eing⸗ hend zur Sprache kam, die Abg⸗ordneten Im Walle (Centr.) und Brönel (freiſ.) Ausdruck verliehen, im Gegenſatz in dem Auftreten der Abgeordneten Schmieding, Kunitz, v. Cynern und Dr. Hammacher welche die Bildung des Preisringes der rheiniſch⸗ weſtfäliſchen Kohlenzechen verteidigten. Angeſichts dieſes Wiederſtreites der Anſchauungen in einer ſo hervorragend wichtigen volkswirtſchaftl. Frage iſt die vom preußiſchen Handel sminiſter v. Berlepſch be⸗ kundete Stellungnahme zu den rheiniſch⸗weßßfäliſchen Kohlenſyndikat doppelt bemerkenswert. Herr v. Ber⸗ lepſch verhehlte ſich nicht die bedenklichen Folgen, welche die Beſtrebungen des Syndikats zeitigen könnten anderſeits erkannte er aber auch an, daß die Grim⸗ dung deſſelben eine gewiſſe Berechtigung auſweiſe. Im Großen und Ganzen äußerte der Miniſter die Erwarkung, daß die Vereinigung der weſtdeutſchen Kohlenzechen nicht die einſeitige Förderung ihrer Intereſſen auf Koſten derjenigen der Geſammtheit anſtreben werde, wobei er aber durchblicken ließ, daß die preußiſche Regierung gegebenen Falles nicht vor einem Einſchreiten gegen die Syndikatsbeſtr⸗b⸗ ungen zurückſchrecken würde. Hoffentlich werden ſich auch die letzteren in derarligen Grenzen halten, daß ein ſtaakliches Vorgehen zum Schutze der Koh⸗ lenkonſumenten nicht nötig ſein wird. Politiſches. Waſhington, 4. März. In der Botſchaſt bei der Uebernahme der Präſidentſchaft hob Eleveland die hervorragende Wichtigkeit einer guten und ſta⸗ bilen Münzeirculation hervor. Die Vereinigten Am Abgrunde. Novelle von Walter Hogarth. Nachdruck vrrboten. An einem trüben Herbfftage ſaß in dem hohen Erkerzimmer des Schloſſes Windeck eine bleiche, ab⸗ gehärmte Dame von noch ziemlich jugendlichem Alter. Wiederholt verfiel ſie in ein leiſes, krampfarkiges Schluchzen und rang dabei Hände. . Baron allerdings auch jedes Jahr ſchon eine hübſche Summe Schulden, aber ſein ſparſamer und tüchtiger Gutsadminiſtrator. der alte Riemann, ſorgte immer dafür, daß von der Guts verwaltung zu Neujahr ſo viel übrig war, um die Schulden, die ſein Herr in der Reſidenz gemacht hatte, zu bezahlen, und der Lieutenant Baron Windeck, welcher von der Land⸗ wirtſchaft und von der Geldangelegenheit nicht viel verſtand, vertraute ſich auch damals dem biederen ganz verzweifelt die Die Dame war die Gemahlin des Schloß⸗ herrn, des Barons Windeck, und der Grund ihres tiefen Kummers war die ihr zur vollſtändigen Ge⸗ wißheit gewordene, erſt heute gemachte Entdeckung, daß die Exiſtenz ihres Gemahles und ſomit auch die ihrige und diejenige ihrer beiden Kinder von ſchweren Kataſtrophe bedroht ſei. a Baron Harry von Windeck war immer leicht⸗ einer ganz nutzlos waren und doch viel lebig und unberechenbar in ſeinen koſtſpieligen Paſ⸗ ſionen geweſen, und dieſer Charakterzug hatte ſich bei ihm auch nicht geändert, als er ſeinen Abschied vom Offiziersdienſt genommen und ſich der Bewirt⸗ ſchaftung ſeines großen Stammgutes Windeck ge⸗ widmet hatte. Schlimmere Dinge waren außerdem in den fteben Jahren, ſeit welchen nun der Baron mit ſeiner Familie auf Schloß Windeck weilte, hin⸗ zugekommen. Als Lieutenant bei den Ulanen machte der und vergendete damit große Summen. Er 1 1 1 ö Adminiſtrator Riemann noch an und horte auf deſſen gute Rathſchläge. aber, als der Baron ſelbſt die Oberverwaltung ſeines jungen Frau auf Schloß Winde ck ſeinen ſtändigen Wohn⸗ Ganz anders wurde dies Gates in die Hand nahm und mit feiner tz nahm. Flüchtig beſchäftigte ſich der Gutsherr mit allerlei landwirtſchaftlichen Neuerungen, die meiſt Geld koſteten. Des ſtillen Landlebens ungewohnt, ſuchte der Baron dann auch bald im Spiel und Sport Zerſtreuung mußte immer die ſchönſten Reit⸗ und Wagenpferde beſißen und wechſelte außerdem mit ſeinen Pferden ſehe oft. Viel Geld koſteten ihm auch ſeine Jagden und Fiſchexeien, womit er allen erdenklichen Sport ver⸗ band, aber das meiſte Geld verſchlang natürlich der Spieltiſch. So war der begüterte Baron allmälich in große Schulden geraten, und ſeinen Leichtfinn hatte Summe nach der anderen geliehen und bei außerdem noch ein Gutsnachbar, der Herr von Thümen, weidlich ausgenutzt, indem er den oft in Geldverlegenheiten ſteckenden Baron bereitwilligſt eine dem letzten Darlehn die Eintragung einer Hypothek von 150,000 Mark auf Schloß und Rittergut Windeck bei dem Baron durchgeſetzt hatte. Herr von Thümen bezweckte offenbar damit nichts Geringeres, als mit Hülfe dieſer Hypothek und einiger dem Baron noch zu gewährenden Darlehen demſelben demnächſt die ſchöne Beſitzung Windeck abzunehmen, und dann ſaß der Baron mit ſeiner Familie auf der Landſtraße. Die Angelegenheit mit der Hypothek hatte die Baronin von Windeck heute Vormittag erfahren, und ſie war natürlich in große Aufregung darüber gerathen. Kannte ſie doch ihren Gatten zu genau, um zu befürchten, daß er aus eigener Kraft ſchwer⸗ lich der ihm geſtellten Schlinge entrinnen würde, und ſie ſelbſt füßlte ſich auch nicht befähigt genug dazu, ihren Gatten von dem drohenden Abgrunde fern zu halten, denn ſie war als Dame in geſchäft⸗ lichen Dingen nicht erfahren genug und beſaß auch bon Hauſe aus zu wenig Vermögen, um rettend eingreifen zu können. „Es bleibt mir kein anderer Ausweg, als daß ich meine Sorge dem alten, treuen Admfniſtrator anvertraute,“ flüſterte die Baronin, „dieſer kluge Mann weiß vielleicht zu rathen und zu helfen.“