erte ten m 3. Sin 0 ten blatt Mk. 1.40 frei ins Haus. Erſcheint jeden Dienztag und Freitag Abend. Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhallungs⸗ Für die Redaktion derantwortlich: Karl Molitar, Ladenburg. 4 Anzeigen: 266 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. Druck und Verlag von Karl Molitor, Ladenburg. die 1⸗ſpaltige Corpus⸗Zelle oder deren Naum Corpuszeile. Neelamen 20 Pfg. Mittwoch den 1. rz 1893 Volitiſches. l Berlin, 28. Febr. In Frankreich hat der unberechenbare Strom der Tagesereigniſſe plötzlich einen Mann a f die politiſche Bühne zurückg⸗führt, der von derſelben lange Zeit ſo gut wie verſchwun⸗ den war, Jules Ferry, den vielleicht bedeutendſten franzöſtſchen Staatsmann der Gegenwart. Den zußeren Anlaß zu dieſem erneuten hervortreten Ferry's bildete die Neuwahl des Präfidenten des Senats. Der bisherige Inhaber dieſes Poſtens, Le Royer, iſt aus noch nicht ganz aufgeklärten Urſachen, die in⸗ deſſen mit den Nachwirkungen des Panamaſkandals in einem gewiſſen Zuſammenhange zu ſtehen ſcheinen, aus dem Amte geſchieden. Da nun der Vorfitz im Senat den höoͤchſten politiſchen Ehrenpoſten in Fraak⸗ reich nüchſt der Präftdentſchaft der Republick ſelbſt darſtellt, ſo war man allgemein geſpannt, wem wohl die Nachſolgerſchaft Le Royer's zufallen würde. Schon der Umſtand, daß bei der von den vier republikaniſchen Gruppen des Senats vorgenommenen Probeabſtimmung, Ferry die meiſten Stimmen als Can⸗ didat für den erledigten Präfidentenſtuhl erhielt, deutete darauf hin, daß dieſer Politiker wahrſcheinlich be⸗ ſtimmt ſein werde, künftig die Leitung der Senats⸗ geſchäfte zu übernehmen. In der That hat denn auch der Senat bei der am Freitag ſtattgefundenen Wahl ſeines neuen Vorfitzenden Herrn Ferry mit 149 von 241 zum erſten Präfidenten gewählt, ein Ereignis, welches bei der Bedeukung des genannten Staatsmannes und in Hinblick auf die gegenwärtigen inneren poltiſchen Zuflände Frankreichs bei allen franzöſiſchen Parteien die findet. Denn zweimal ſchon ruhte die Leſlung der Ge⸗ ſchicke der Republick in den Händen Jules Ferrh's lebhafteſte Beabachtung im Falle der und während ſeiner wlederholten Miniſterpräfident⸗ ſchaft gelang es ihm, die Republick nach innen zu b'feſttgen, nach außen aber ihr Anſehen zu erböhen. Namentlich find die Anbahnung eines ſreundlicheren Berhältniſſes Frankreichs zu Deutſchland und die Gewinnung Tonkins als hervorragende Merkmale der Thätiakeit der zweimaligen Miniſterien unter Ferry zu betrachten, gerade aber die deutſchfreund⸗ liche Politik Ferry's und dann die Tonkinfrage ber⸗ anlaßten ſchließlich den Sturz Ferry's im März 1885. Denn ſeine Bemühungen, ein günſtigeres Verhältnis zu Deutſchland berzuſtellen, zogen ihm den bitterſten Haß der franzöfiſchen Chaup niſten zu, welche infolgedeſſen den damaligen leitenden Staats⸗ mann grimmig befehdeten und als nun im Früh⸗ 1885 die Franzoſen die bekannte große Niederlage in Tonkin gegenüber der Chineſen erlitten, da war das Schickſal Ferrys beſtegell, der „Pruſſien“ und „Tonkineſe“ mußte unter dem Drucke der aufwall⸗n⸗ den nationalen Entrüſtung im Lande am 30. März 1885 die Miniſterpräfidenſſchaft zum zweiten Male niederlegen. Nochmals trat dann Ferry in den Vor⸗ dergrund des politiſchen Intereſſes, bei der Neuwahl des franzöſiſchen Staatsoberbauptes anläßlich der Greva⸗Criſis vom Jahre 1887, wo ihn die oppor⸗ tuniſten als Candidaten für die Präfidentſchaft der Republick aufgeſtellt hatten, aber die Radikalen, welche Ferry wegen ſeiner Energie auf's heftigſte befehdeten, drohlen mit einer förmlichen Revolution Wabl Ferry's, und ſo mußte ſeine Candidatur ſchließlich wieder zurückgezogen werden. Seitdem hat Jules Ferry politiſch das Daſein eines einfachen Senators geführt und ſelten genug machte er ſich in dieſer Zeit in der Oeffentlich be⸗ merklich. Nunmehr iſt er durch ſeine Wahl zum Senatspräfidenten abermals in den Kreis der maß⸗ gebenden Perſönlichkeiten des heutigen Frankreichs getreten und ſchon j⸗tzt wird ibm die Abficht zug⸗⸗ ſchoben, von dieſem Poſten aus ſeine Candidatur für die Präfidentſchaft der R⸗publick zu betreiben. Bei den hervorragenden ſtaatsmänniſchen Eigen⸗ ſchaften Ferry's, ſeiner glänzenden geiſtigen Befähi⸗ gung wie bei ſeiner Energie und Charakterffärke erſcheint es begreiflich, wenn bereits jetzt alle ſtaats⸗ erhaltenden und beſonnenen El⸗mente Frankreſchs in Jules Ferry nunmebr den „kommenden Mann“ er⸗ blicken, der die Republick aus ihren gegenwärtigen Wirrniſſen wieder in geordnetere politiſche Zuffände hinüberſühren werde. Aber ebenſo begreiflich iſt es, wenn alle die unruhigen Elemente des Landes, welche in der j⸗tzigen Criſis gern im Trüben fiſchen möchten, die Radikalen, die Sozialiſten, die Bou⸗ langiſten, die extremen Conſervativen, in Ferry ein Hindernis für ihre Beſtrebungen erblicken und ihm darum ſchon jetzt einen Kampf bis zum Aeußerſten anſagen. Jedenfalls haben die Dinge in Frankreich mit der Wahl Jules Ferry's zum Senatspräftdenten eine neue intereſſante Wendung genommen und darf man deshalb der weiteren Entwickelung der Er⸗ eigniſſe in dieſem Lande mit berechtigter Spannung entgegenſehen. Verſchiedenes. — Ladenburg. 28. Febr. Der Vorſchuß⸗ Verein Ladenburg e. G. m. u. H. hält am 12. März l. J., nachmittags halb 3 Uhr im Gaſthaus zum Hirſch ſeine ordentliche Generalverſammlung ab. Der Geſchäftsbericht iſt ein ſehr erfreulicher und enthält u. A. folgende Zahlen: Mitgliederzabl 790 gegen 765 des Vorjabres, Stammanteile M. 154,365 Reſervefond M. 60.831, Spareinlagen M. 614,285 Diaunſiele Mächte. Nobelle von H. von Limpurg. ö 12. — „Herr, mein Gott, nun will ich ſübnen den Meineid, welchen ich am Altar geſchworen, will meinen Gatten treu pflegen. — und ſei es bis zum letzten Athemzug!“ Schwere, unendlich ſchwere Tage und Wochen folgten, in denen Fürſt Sereco mit dem Tode rang und dennoch, Dank ſeiner kräftigen Natur immer von neuem die Oberhand übe den Tod / behielt. Er war ein unleidlich, jöhzorniger und raſloſer Kranker, doch die Geduld der ſtillen, ſchönen Frau, die wie ein Schutzengel nicht von ſeinem Lazer wich, blieb ſtets dieſelbe. Mild und fürſorglich reichte fie ihm den Trank und die Arzenei, ordnet“ die Kiſſen und erneute die Eisblaſe auf dem Haußte; und wenn er ſte noch ſo oft mürriſch zurückſtieß oder rauh anfuhr, ſte ward nie unluſtig, ſie hatte dis köſtliche Corin⸗ tberwort ſich ins tiefſte Herz geſ rieben: Die Liebe iſt langmüthig! Und ſie erlebte auch eine Stunde der Genug⸗ thuung. Als Sergei eines Tages, nach einem Aus⸗ bruch wildeſten Fiebers, eingeſchlunmert war, ſaß ſie an ſeinem Lager und die phyſiſche übermannte ihr den zarten Körper derart, daß ſie Schwäche die heiße Stirne in die Hand ſtützte und Thräne um Thräne über die blaſſe, magere Wange rann. Wie hatte ſich dies ſüße, liebliche Geſichtchen ver ndert! Es war um Jahre gealtert beſonders jetzt unter dem Zucken des Schmerzes. Do, ehe Thereſe es dachte, öffnete der Kranke die Augen und blickte auf ſie, die ganz in ſich ver⸗ ſunken, ihn gar nicht beachtet hatte. Eine Weile kämpften gut und ſchlechte Empfindungen in ſeinem Innern, dann aber ſtreckte er plotzlich ihr ſeine Hand entgegen. „Thereſe,“ begann er leiſe und ſo mild wie ſte ihn noch nie gehört, „biſt Du krank — oder weinſt Du über mich?“ Sie raffte ſich erſchrocken auf, trocknete die Thränen und wollte mit einigen ablenkenden Worten das Zimmer verlaſſen; doch er hielt ſie feſt, beinah voll Angſt. „Geh nicht fort,“ bat er dringend, „ſprich zu mir und — und — laß Dir danken, daß Du mich ſo treulich pflegſt. Ich — verdiene es nicht, denn“ „Rege Dich nicht auf, beſter Sergei,“ beruhigte ihn die junge Frau, „es iſt ja alles ganz natür⸗ lich und ich thue nur meine Pflicht für Dich.“ „O, Therſe, ich habe nie für Dich Pflichten erfüllt; ich habe Dich mit meiner Leidenſchaft un⸗ glücklich gemacht — kannſt Du mir verzeihen?“ „Gewiß, Sergei, ich hege keinen Groll gegen Dich, aber nun ſchlafe rege Dich nicht auf!, „Bleibe bei mir, Therſe, laß mich Deine Hand hatten — ich denke, dann werde ſch ein beſſerer Menſch, wenn Du, gute, heilige mir veraibſt.“ „Sprich nicht ſo, Sergei,“ und wieder floſſen Thränen aus den Augen Thereſens, „ich bin keine Heilige, ſondern — ein ſehr ſchwaches, ſündiges Geſchöpf wie wir Menſchen alle.“ Die Krankheit des Fürſten wurde ſchlimmer, der Arzt gab die Hoffnung faſt ganz auf, und ver⸗ ſuchte als letztes Mittel eine Luftv⸗ränderung vor⸗ zuſchlagen. Man ſollte den Kranken nach Schloß Weilern bringen! Thereſe widerſprach nicht, ſie traf mit liebe⸗ voller Umſicht und den treuem Pflichteifer die nötigen Vorbereitungen und an einem ſchönen September⸗ tage ward die Reiſe angetreten. An der letzten Bahnſtattion empfing Graf Weilern die Tochter und den Schwi gerſohn und ſelbſt ſein oberflächliches Gemüt erſchrack beim An⸗ blick beider. War das ſein Kind? Kaum zwanzig Jahre alt zogen ſich bereits einzelne weiße Fäden durch das dunkelblonde Haar und die ſchönen Augen lagen tief in den dunkelumränderten Hohlen. Und das war ſeine Schuld ganz allein! Langſam fuhr der Wagen durch die ſich herbſt⸗ lich färbende Landſchaft Vor einem Jahre hätte dort im Wald Thereſe zum letzten Maleihn getroffen. Der Gedanke ſtieg heiß auf in ihre Seele, doch ſie ſchüttelte ihn ab, nur ſelbſt Seele