blatt Ml. 1.40 frei ins Haus. Fr die Redaktion verantwortlich: Karl Moliter, Ladenburg. 8 Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. eis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltungs⸗ 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. Druck und Verlag von Karl Molitor, Ladenburg. Corpuszeile. Neclamen 20 Pfg. Nr. 14 Samſtag den 18. Februar. 1899 Tokitiſches. Unterſtützungswohnfitzgefetzes zum entſchiedenen J Antrag als die geeignetſte Brücke zu einer Verſtän⸗ Laden burg, 15. Febr. Wohl noch niemals dat ſich im Reichs tage die Beratung einer einzelnen Etatspofftion ſo lange bingezogen, als dies in der laufenden Seſſion bei dem Titel: „Gehalt des Staatsſektetärs“ im Etat des Reichsamtes des In⸗ neren der Fall iſt. Schon ſeit Wochen debattirt das Reichsparlament über dieſe Pofition und noch immer läßt ſich kein Abſchluß der betreffenden Verhandlungen erſehen. Es ſcheint beinahe, als ob die Beratung des genannten Etatstitels von den Reichstags parteien als eine günſtige Gelegenheit betrachtet wurde, mit einander in Hinblick auf die Möglichkeit baldiger all⸗ gemeiner Neuwahlen abzurechnen, ſonſt könnten ſich an eine politiſche belangloſe Forderung, wie fie der Gehalt des Staatsſekretärs im Reichsamte des Junern darſtellt, kaum ſo ausgedehnte und ſo be⸗ deutungsvolle Verhandlungen anknüpfen. Waren bis⸗ her der Notſtand im Lande, die Soziald mokratie und die Sonntagsruhe hierbei vorwiegend die The⸗ mata dieſer parlamentariſchen Erörterungen, ſo kam am Dienſtag ein neues Kapitel an die Reihe, die deulſche Handelsvertragspolitik in Verbindung mit der Nothlage der Landwirtſchaft. Die ſchwebenden Handelsvertragesunterhandlungen mit Rußland gaben den Vertreten des Agrarferthums Anlaß, aufs Neue gegen die abgeſchloſſenen Handelsverträge los⸗ zuziehen, da dieſelben die Intereſſen der deutſchen Londwirtſchaft angeblich tief ſchädigten, und im Weiteren wurde von diefer Seite auch gegen den mit Rußland abzuſchließenden Handelsvertrag Front gemacht. In dem angedeuteten Sinne waren die Reden der Herren v. Manteuffel (konf.), Graf Kanitz (lonſ.), v. Pfetten (Centrum) und v. Hammerſtein (konſ.) gehalten, außerdem kam in dieſen Kundgeb⸗ ungen auch der Wunſch nach einer Reviſton des Ausdruck. In letzterer Beziehung wies Staatsſekretär b. Böfticher darauf hin, daß zur Zeit die dem Bundesrate ſchon im vo igen März zug gangene Novelle zu genanntem Geſetz der Vorberatung un⸗ terliege. Der Staatsſekretär des Auswärtigen, Frei⸗ herr v. Marſchall, unternahm es dagegen, die gegen die Handelsvertragspolitik der Regierung gerichteten Angriffe nachdrücklich zurückzuweiſen und kam Herr v. Marfchall hierbei zu dem Schluß, daß der Ab⸗ ſchluß der Hand [sverträge für Deutſchland nützlich und wohlthätig geweſen ſei. An der Dienſtags debatte beteiligten ſich außerdem noch die freifinnigen Ab⸗ geordneten Rickert und Barth, welche beide ſich ſcharf gegen die agrariſche Politik der Conſervativen wandten J— Die Militärkommiſſion des Reichstages eröffnete ihre Sitzung vom Dienſtag mit einer faſt einſtündigen Geſchäftsordnungsdebatte. Dieſelbe wurde durch den Antrag Richtet veranlaßt, es ſollten die Ergebniſſe der finanzpolitſchen Erörterungen der Commiſſion feſtgeſtellt werden, ſchließlich vertagte die Commiſſion die weitere Verhandlung über dieſen Punkt. Alsdann begann bei 8 11 Feſtſtellung der Friedenspräſenzſtärke des deutſchen Heeres fü die Zeit vom 1. Oktober 1894 bis 31. März 1899 auf 492,868 Mann (ohne die Unteroffiziere) im Jahres durchſchnitt) die eigentliche Spezialberatung der Militärvorlage. Hierzu liegen drei Anträge vor: ein Antrag Bennigſen will die geſetzliche Feſtlegung der 2jährigen Dienſtzeit für ſo lange, als die jetzt zu vereinbarende Friedenspräſenzſtärke nicht herab⸗ geſetzt wird, ein Antrag Rickert verlangt die geſetz⸗ liche Feſtlegung der zweijährigen Dienſtzeit ohne weitere Einſchränkungen und ein Antrag Bebel die Ausdehnung dieſer Beſtimmung auf all Trup⸗ pengattungen. Abg. v. Bennigſen verteidigte ſeinen digung zwiſchen Regierung und Reichstag, dagegen bezeichneten denſelben die Abgeordneten Rickert und Richter als unannehmbar für die Freifinnigen. Reichskanzler Graf Caprivi erklärte, der Antrag Bennigſen gehe weiter als die Vorlage, deshalb ver⸗ möge er (Caprivi) noch nicht zu ſagen, wie ſich die verbündeten Regierungen zu demſelben ſtellen wür⸗ den. — Der Kanzler will offenbar ſeine Karten noch immer nicht aufdecken. General v. Loe, der Spezialgeſandte des deutſchen Kaiſers an den Papff anläßlich des Biſchofsjubiläums deſſelben, iſt am Montag Abend in Rom eingetroffen. Der General ſtattete am fol⸗ genden Tage in Begleitung des Majors v. Haus⸗ mann dem Cardinal Staatsſekretät Nompolla einen Beſuch ab. Ueber den Tag des Empfanges Herrn v. Loe's beim Papſte iſt noch nichts Näheres be⸗ kannt. — Die Verlobung des Fürſten Ferdinand von Bulgarien mit der Prinzeſſin Marie Laiſe von Par⸗ ma iſt nunmehr durch eine Proklamation des bul⸗ gariſchen Miniſterpräfidenten Stambuloff amtlich be⸗ kannt gegeben worden. Die Braut des Bulgarenfürſten ſteht im 21. Lebensjahre, während ihr hober Ver⸗ lobter am 26. d. M. 32 Jahre alt wird. Sie ent⸗ 15 ſtammt der Ehe des im Jahte 1859 durch den Ausgang des italienischen Krieges ſeines Landes beraubten Herzogs Robert von Parma mit der in⸗ zwiſchen verſtorbenen Marie Pia von Bourbon ⸗Si⸗ zilien. In ganz Bulgarien hat man die Kunde von der Verlobung des Landesfürſten mit hoher Freude aufgenommen. Berlin, 15. Februar. Am Sonntag haben ſich Vertreter aller Miniſterien und Reichsbehörden über die an Rußland zu ſtellenden Forderungen des Dunſtele Mächte Nobelle von H. von Limpurg. 0. Die Gräfin brachte dann auch die Fürſtin nach auſe. 8 Thereſens Erwachen in ihrem eleganten Schlaf⸗ mmer war qualvoll. Nun wußte ſie, weshalb fie damals den räthſelhaften Entſchluß gefaßt, es war der Wille des ehemaligen Geliebten gew'ſen, daß fie den Fürſten Sereco heiraten mußte. Wie mußte Arthur gelitten haben, ehe er den grauenhaften Plan gefoßt. Eine Thräne rann ihr über die bleiche Wange, ſie ſtreifte das ſchimmernde Seidengewand ab, lößte die Roſen aus dem Haar und — glitt daun wie gebrochen vor dem Lager zu Boden, um ſich einem rückhaltloſen Schmerzens ausbruch zu über⸗ laſſen. g Aber auch nicht einen Moment wankte das muthige junge Weib, denn die Ehre galt ihr über Alles. Sie hatte am Altare geſchworen, treu zu ſein, es gab kein Zurück, obwohl ſie nun wußte, daß ſie nicht aus freiem Willen, ſondern unter dunkler Gewalt gehandelt hatte. Sie hatte ſchwere Stunden an des Fürſten Seite durchlebt, aber — ſie war vor Gott und den Menſchen ſeine Gattin und blieb an ſeiner Seite nach wie vor! Taumelnd und lallend erſchien der Fürſt gegen war vorbei. Morgen. Ohne Thereſe zu beachten wankte er zum Lager und verſank ſofort in den lautrochelnden Schlaf der Trunkenheit, indes die arme Frau, in ein Morgengewand gehüllt, zitternd auf dem Sopha fitzend bis das helle Tageslicht anbrach. * 1. ** Wie ein Schlafwandender kehrte Arthur Fels in ſeine Wohnung zurück. Er hatte nicht mehr ge⸗ wagt, den beſtellten Wagen zu begleiten und die be⸗ finnungsloſe Fürſtin hineinzubetten, denn er fürchtete bei dem leidenſchaftlichen Charakter des Fürſten dar⸗ aus üble Folgen für Thereſe. Auch war der Doktor ſelbſt gonz erregt. Er mußte fort, allein mit fich und den kauſenderlei Gedanken ſein, die auf ihn einſtürmten. Ruhelos eilte er in dem Gemach um⸗ her; immer wieder meinte er den feuchten weh⸗ müthigen Blick der unglücklichen Fürſtin zu ſehen und ihre bebende Stimme zu vernehmen — aber es Eine Geiſterſtimme ſchien ihm zuzu⸗ rufen: Du ſahſt ſte zum letzten Male! Ach und es war vielleicht beſſer ſo und erſparten ihnen beiden erneute ſeeliſche Qualen! ö Als der Tag anbrach, als die goldige Sonne eines wundervollſten Maimorgens auch bis zu dem verſtörten jungen Manne drang, der ſich mit zittern⸗ den Händen das Haar durchwühlte, da lachte er bitter, ſchneſdend auf und ein grauenhaftes Etwas Luchtete aus ſeinen heißen, trockenen Augen. Dann murmelte er: „Ah, nun muß ich in die Praxis 1 1 gehen und von ſo und ſo vielen nervöſen Damen, denen nichts fehlt als Arbeit und Bewegung, mir: vorklagen laſſen: Herr Doktor, ich habe eine ſo ſchlechte Nacht gehabt! Herr Doktor, mein Puls geht wie im Fieber! Wie möchte ich ihnen allen er⸗ zählen von der Nacht, die ich durchgemacht, von den Furien die meine Seele peitſchen! Nein, nein, fort, das halte ich nicht mehr aus: ich will in die Heimat, ich bin ſelbſt krank — vielleicht kann mein Vater helfen, mehr als meine ganz: Wiſſenſchaft.“ Er raffte ſich anf, kleidete ſich an, nahm ſeine Baarſchaft zu ſich und begab ſich, nachdem er den Wirtsleuten mitgeleilt, daß er für einige Tage ver⸗ 0 den Schnellzug zu reiſen müſſe, zur Bahn, um f benützen. Unterwegs begrüßten ihn einige Bekannte, ſchüttelte ihm die Hände und frugen nach ſeinem Ergehen, aber er fertigte Alle kurz ab. 8 „Sehr ſchlecht, ſehr ſchlecht. Ich bin ſo krank wie Keiner von all meinen Patienten!“ ſagte er auf ihre Fragen, Und dann eilte er weiter. Erſt als er eine Fahrkarte gelöſt und im Coupe ſaß, athmete er etwas freſer, der Alp auf der Bruſt ließ ein wenig nach. Freilich als der Zug ſich in Bewegung ſetzte, wurde es wieder ſchlimmer, eine nicht zu bewälti gende Raſtlofigkeit bemächtigte fich des unglücklichen Mannes, daß er unaufhörlich von einem Fenſter 7 andern ſchritt und mit den Händen um ſich griff. (8. flg.)