1 * 2 * EN Preis vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltungs⸗ Matt Mk. 1.40 frei ins Haus. Für die Redaktſen verantwortlich: Karl Molitor, Ladenburg. Anzeigen: die 1⸗ſpaltige Corpus⸗Zelle ober deren Politiſches. Ladenburg, 10. Januar. Die dies jährig n Winterfeſtlichkeiten am Berliner Hofe haben mit dem am Sonntag unter dem üblichen glänzenden Cremoniell abgehaltenen Ordensfeſt ihre Einleitung erfahren. Ihren Höh punkt werden ſie mit der am 25. d. M. erſolg nden Vermäblung der Prinz / ſſin Margarethe von Preußen mit dem Prinzen Fried⸗ rich Carl von H ſſen erreichen, aus w'lch m Anlaoſſe eine ganze außergewöhnlich große Zahl von Fütrſt⸗ lichkeiten am Berliner Hofe verſammelt ſein wird. Von ihnen treffen die Könige von Sachſen und von Dänemark bereits am 22. Januar in Berlin ein; die Teilnahme des Großfürſten⸗Thronfolgers von Rußland an den Vermählungsfeſtlichkeiten gilt j tzt ebenfalls als feſtſt⸗hend. Der Kaiſer, welcher am Freitag Vormittag 11 Ubr aus Süddeutſchland wieder in Berlin ein⸗ getroffen war, fuhr unmittelbar nach der Ankunft in das Rö ichs kanzler⸗Palais, wo der Monarch eine längere Conferenz mit dem Grof en Caprivi abhielt. Vielleicht wird man in der Annahme nicht irren, daß dieſe U t⸗rredung mit der Milttärfrage, ſpeziell mit der Eröffnungsrede des Reichskanzlers in der Militärkomm ſſion in Zuſammenhang geſtanden hat. Drei volle Stzungen bindurch hat die Nolſtands⸗Interp⸗llation der Sozialdemokraten den Reichstag in Anspruch genommen, ſo daß die am 10. Januar begonn nen großen ſteuer pol tiſchen De⸗ batten eine unerwart⸗t lang“ Unterbrechung erfahren bab en. Die Diskuſſ on über die ſozialdemoktatiſche Inter pellotion geſtaltete ſich aber auch zu einer um⸗ faſſ enden ſoz al⸗ und wirtſchaftspol tiſchen Auseinan⸗ derſetzung, die ibren Höh punkt in der Freitagsde⸗ batte erreichte. Dieſelbe wurde vom freifinnigen Dr. Mittwoch den 18. Januar. Barth eröffnet, welcher auf den Bergmannsſtreik im Saarrevier zurückkam und die vom Abg. v. Stumm Tags vorher getadelten Haltung der Bergb hörden vollkommen richtig fand. Dann ging der Redner zum Notſtandskop tel über und vertiefte ſich bierbei in lang ausg⸗ſponnene Betrachtungen über Schutz ⸗ zoll, Sozia politik u. ſ. w. Der nun folgend⸗ kon⸗ ſervative Redner Graf Kanitz ſprach ebenfalls über den Bergmannsſtreik und forderte er ein energiſcher⸗s Auftſeten der Reg erung gegen die Streikenden. Als Mittel zur Beſeitigung der vorhandenen Arbeits⸗ loftakeit empfahl Graf Kanitz die möͤglichſte Ver⸗ binderung des Zuzuges der Bevölkerung des platten Landes nach den Großſtädten, auf dem Lande ſei noch Arbe itsg⸗legenheit genug. Im U brigen er⸗ kannte der konſervattve Redner k inerlei Verpflchtung der Reichsregierung oder der Bund'sſtaaten an, Maßregeln zur Beſeftigung der zu Notſtänden fübrenden Ursachen zu ergreifen. N. tionalliberaler⸗ ſeits beſprach Abg Pfähler gleichfalls den Streik im Saargebiet, denſelben als böchſt frivol und leicht⸗ finnig charakteriſtrend. Hierauf ergr ff der Sozial⸗ demokrat Auer das Wort. um in längerer R de das Vorhandenſein eines ungewöhnlichen Notſtandes in Deutſchland nachzuweiſen ſich hierbei auf die Arbeitslo enffatiſtik und auf Berf te von Handels⸗ kammern und Fabrikin p ktoren ſſütz nd. Weiter be⸗ haupte der ſozialiſche Redner, ſeine Partei habe mit dem gegenwärtigen Beramanns⸗Stre k nicht das Min⸗ deſte zu thun und verbreitete er ſich dann des We i⸗ teren über den Ausſtand. Handelsminiſter v. Berſepſch und Sgatsſ kretär v. Bötticher, welch bed ſich gegen v'eſchied ene Aeu⸗ ßerungen des Abgeordneten Auer energiſch verwahrten. Am Sonnabend wurde die Notſtandsdebatte zu Ende geführt. Zuletzt ſprachen noch 10 Pfg., Lolale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. 1 Corpuszeile. Neelamen 20 Pfg. Drus und Verlag von Karl Molitor, Ladenbn „ Mehr noch als die Plenarverhandlu gen des Reichstages ford rn die Verhandlungen feiner Mill⸗ tärkomm ſſion das allg⸗meine Intereſſe beraus Schon die Eröͤff nunasſitzung der genannten wichtigen Comm ſſion war ſebr bemerkenswert, durch die große Ride des Grafen Caprivi, in welcher ber leitende Staatsmann namentlich die politſſchen Ge⸗ fichtspunkte darleat, welche zu der beabſichtigten Vermehrung des deutſchen Heeres drängten. Auch die nächſt, am Freitag Abend abg⸗ haltene Sitzung geſtaltete ſich recht inter⸗ſſant. Gegen die Milliße⸗ vorlage wandten ſich der Freifinnige Richter uns der Sozialdemokrat Beß⸗l, während der Freikonſe vativ: v. Stumm zu Gunſten der Vorlage brach. Der Reichskanzler bielt wiederum eine größere R= de, in welcher er erklärte, die pol kiſchen Verbältnſſe Euopas ſeien zur Zit thatſächlich nicht ungünfliger als im Jabre 1890, trotzdem ei die Regierung in jeder B-ziebung von der Notwendiakeit der Vorlage üüberztugt. Graf Capridi widerleate die Möglichle l der von Bebel befürwort⸗ten Bildung einer alls meinen Volkswehr und b⸗tonte dann, das V'rdy'ſch Projekt der Heeresform ſei ſchon durch die Aufga der dre jäßrſaen Dienflzeit vollßändig begraben Schli⸗Flich erklärte der Kanzler, ſein vielbeſproch en Wort in der Rede vom 11. d. M., der ruſſiſ Wg nach Konſtantinopel führ⸗ durch das Brond⸗ barger Thor, ſei lediglich ein Citat aus einem pa fklaviſtiſchen Blaft. — Das neue franzöſiſche Cabinet iſt nunme endgiltig konſt'tuirt und erweiſt es ſich folgender maßen zuſammengeſetzt: Ribot, Präftdium un Inneres, Dev elle Aeußeres, Beurdedis Juſtiz; Tier ard Finanzen, Loſzillon Krieg, Dupuy Unterrich Viger Ack rbau, S egfried Handel, Viette öffentliche Bauten und Admiral Reinieur Marine und Cols⸗ 9 Dun von 1 Thereſe blockt, ernſt unmutig zu ihm auf, dann wich dies Gefühl einer gewiſen Angſt! ihr Herz pochte heftig, ihr Athem flog und wie der Vogel unter dem Schlangenblick kam es mehr und mehr mit läbm⸗nder, unheimlicher Gwalt über ſi⸗ — bis die Gräfin und der Arzt zu il⸗ich auf prangen und leßteter energiich aus i,: „Her muß ich denn doch aber Ein puch erheben vom ärztlichen Sta dpunkt⸗ Die Gräfin darf nicht bypnotifi⸗ rt werden aus einer Laune; ihr zarter Körper neigt zur Hypnoſe — ich verbiete ſolch' ein Experiment.“ ö Schon wollte der Fücſt, dunkelrot vor Wuth, emporfahren, als auch die Gräfin ſehr ernſt und entſchieden fagt⸗: „Der Herr Doltor hat Recht, Durch⸗ laucht, ich wünſche gleichfalls nicht, mein Kind zum Spielball eines Erp'rim nt gemacht zu ſehen.“ „O, gnädigſte Gräfin, wie können Sie ſo et⸗ was nur denken,“ rief Fürſt Sereco, wieder böllig golanter Weltmann, „es war nur ein Scherz, durch⸗ aus kein experimentaler Verſuch. See werden mir doch nicht zürnen, Comuß? Als Zeichen Ihrer Vergebung, gnädig ⸗s Fräulein, erflehe ich ein Lied den Ihnen zu bören; ich weiß, zwelch' zauberiſche Stimme Sie befttzen,“ Und er bot, eden Miderſyruch gbſchneidend dem ſchönen Mädchen den Arm, fübrte ſie zum Flügel und übernahm, nachdem ein Lied gewählt, die Begleitung. Thereſe hatte ſich, um irgend welche Scene zu vermeiden, mit vollſter Energie gefaßt und begann das ſchwermütig ſchön⸗ Lied aus dem Tompeter: „Es iſt im Leben häßlich eingerichtet, Daß bei den Roſen gleich die Dornen ſtehn.“ Voll und weich brauſte ihre wundervolle Alt⸗ ſtimm⸗ durch den Salon; Arthur Fels lehnte mit berſchränkten Armen am Finſterpfeiler und ſchaute ſtarr vor ſich hin. Er wußte, daß ihm allein die ſüß n Liebesworte galten nnd denoch legte der todes⸗ trübe Refrain ſich wie ein Alp auf ſeine Bruſt: „Behül, Dich Gott, es wär“ ſo geweſen, Behüt Dich Gott, es bat nicht ſollen ſein!“ Herr Docktor,“ ſagte plätzlich halblaut eine tiefe Stimme neben ihm „ich muß Ibnen einige Worte ſagen, die mich ſchwer bedrücken.“ Die Gräfin ſtand vor ihm und ibre ſchönen, ernſten Augen blickten den jungen Mann eigentüm⸗ lich an. „Frau Gräſin,“ ſagte Arthur bewegt, „Sie zürnen mi. —“ f „Nein, das thue ich nicht, ich b⸗dauere Sie ebenſo wie mein armes Kind! Ihnen Beiden iſt der erſte Gliccksſch'immer aus dem Leben mit rauher Hand fortgewiſcht; gebe Gott, daß die Wunde nicht allzu tief ſſt. Arthur — Sie mien entſager rode weil Sie Tbereſe ſo wahr d tren Lieh⸗ „Frau Gräfin!“ — a Wie ein dumpfer Wehlout rang es ſich de den bärtigen Manneslippen, doch die Dame blies feſt. . f „Seien Sie mutig. Arfbur, Gott mag Ihnen belfen; Sie machen Thereſe unglücklich, wenn Sie nicht von ihr loſſen! Mein Mann giebt niemals die Verbindung mit Ihnen zu, eher derflößt et ſei einziges Kind.“ „Aber, Frau Gräfin, wollen ſie denn zugeben daß Thereſe an der Seite jenes Mannes, dem de Lebemann auf der Stirn geſchrieben ſteht unglüc lich wird 2“ „Wir Frauen müſſen uns fügen, mein Freund, ſeufzte die bleiche Frau, „glauben Sie denn, de ich mein s Herzens Neigung folat⸗, als ich m Grat Weilern vor den Altar trat? Ich dabe ge⸗ litten und gerungen, wie ſo manch⸗s Weib vor mie und — ich babe überwunden! Deß mein ormes Kind daſſelbe Weh erleben muß wie ihre Muktet ſchneidet mir wie ein Schwert in die Seele, aber fi wird es ebenfalls durchkämpfen, ſte hat eine ſtarke Seele.“ a „Ich kann nicht ſo obne Weit tes entſagen Frau Gräfin, geben Sie mir Friſt.“ 8 „Bis morgen, Herr Doktor, es gibt leinen — Sie müſſen entſagen —“ 25 VN — en