Erscheint jeden Dienstag . blatt Mk. 1.40 frei ins Haus. Für die Redaktion verantwortlich: Karl Molitor, Nr. 101. a und Freitag Abend. eas vierteljährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltungs⸗ Ladenburg. Dru Anzeigen: 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. die 1⸗ſpaltige Corpus⸗Zelle oder deren Corpuszeile. Neelamen 20 Pfg. und Verlag von Karl Molitor, Ladenburg. Samſtag —̃ — 1892 Politiſches. Herlin, 15. Dez. Der Reichstag ſetzte am eußag die infolge der Interpellationen Buhl und Mibach auf einen Tag unterbrochene Generaldebatte er die Militärvorlage fort. Die Dienſtagsfitzung Wurde durch die Erklärung des ſächfiſchen Kriegs⸗ Wigers v. J. Planitz eingeleitet, daß die ſächfiſche Mpierung voll auf dem Boden der Vorlage ſtehe, worauf ſeitens der Freikonſervativen Abg. v. Stumm ide tückhaltloſe Zuſtimmung zur Regierungsvorlage Aſprach. Alsdann kam der nationalliberale Partei⸗ rer, Herr v. Bennigſen, zum Wort. Er erkannte l doß die Vorlage große Vorzüge befitze und alten Maaſchen der Oberalen entgegenkomme, aber nach; entwickelte Herr v Bennigſen auch eine Reihe Noichtiger Bedenken ſeiner Partei gegen die Vor⸗ lage, Er bezeichnete dieſelbe als unannehmbar in er Fgigen Form und redete er dann einer Ver⸗ Mndigung zwiſchen Regierung und Reichstag das Mort, wobei er erſterer zu bedenken gab, daß ein Awalger neuer Reichstag nicht nur die jetzige Mili⸗ Arvorlage, ſondern auch noch vieles Andere ablehnen Würde. In feiner Erw ederung verteitigte der Reichs ⸗ kanzler die Militärvorlage nochmals in allen ihren weſent⸗ chen Punkten, hierbei betonend, daß die Regierung die Bewilligung der erhöhten Etats und der vierten Matalllone als unerläßliche Compenſationen für ihr Zugeständnis der zweijährigen Dienſtzeit betrachte. Ven erheblichen Conc⸗ſſonen an die Wünſche des Wichstages und des Landes in der Militärfrage laß ſich auch in dieſer jüngsten Rede des Kanzlers hichts entdecken. Aus dem Haufe ſprach n hierauf noch Bebel (Sz), welcher als einziges Mittel zur vollen Ausnutzung der deutſchen Wehrkraft die Durchführung der Grunbſätze des Volksheeres und der militäriſchen Jugenderziehung empfahl, ſowie der daheriſche Centrumsmann Graf Prayfing, der be⸗ zweifelte, daß ſeine Partei auf Grundlage der jetzigen Reglerungsvorſchläge einer Verſtändigung in der Mi⸗ litärfrage geneigt ſein werde. Die Weihnachtsferien des Reichstags ſollten am Freſtag beginnen. Die erſten Leſungen der neuen Reichsſteuervorlagen wür⸗ den demnach erſt nach Neujahr ſtattfinden. N Berlin, 17. Dez. In Frankreich droht der Panama⸗Scandal nachgerade einen Rattenkönig von Criſen zu veranlaſſen. Kaum hat ſich das neue Cabinet Ribot mit Ach und Krach gebildet, ſo iſt aus demſelben ſchon der Finanzminiſter Rouvier wieder ausgeſchieden. Rouvier wird von verſchiedenen Seiten beſchuldigt, in die Beſtechungsaffaire des Barons Reinach verwickelt zu ſein, was Rouvier bewog, ſein Miniſt⸗ramt niederzulegen, um ſich als — — bloßer Deputirter beſſer gegen dieſe Anſchuldigungen verteidigen zu können. An Stelle Roupier's wurde Tierard zum Finanzminiſter ernannt. Der uner⸗ wartete Zwiſchenfall mit Rouvier hat die Erregung in den politiſchen Pariſer Kreiſen noch geſteigett, man ſpricht ſchon von einer Präfidentſchaftskriſis. Um den Wirrwarr vollſtändig zu machen, tauchen Gerüchte auf, wonach ſogar in der Panama⸗Com⸗ miſſion ein beſtochenes Mitglied ſitzen ſoll — die Sache wird ja immer netter! Paris, 15. Dez. Nach Meldungen aus Lagos bot Behanzin die Abtretung Whyddahs Eng⸗ land durch aus Lagos eingetroffene Abgeſande an. Behanzin ſteht mit 20 000 Kriegern in Aero de Peru und bereitet den Guerillkrieg gegen die Fran⸗ zoſen sor. 5 — — —AA— —— — Verſchiedenes. Weinheim, 15, Dez. Einem vorgeſtern Abend in dem benachbarten Sulzbach ausgebrochenen ſonderen Schwarzwaldinduſtrie liegende Notwendigkeit Brande flelen nicht weniger als ſechs Scheunen zum Opfer, auß dem wurden mehrere Wohnhäuſer ſtark beſchädigt. Vier Schweine fanden in den Flammen ihren Tod. Das Feuer konnte erſt Abends gegen 10 Uhr bewältigt werden, nachdem die Hemsbacher und Weinheimer Löſchmannſchaften zur Hilfeleiſtung auf dem Brandplatze erſchienen waren. — Mannheim, 13 Dezember. In dem badiſchen Ort. Dietlingen wurde die Ehefrau des Landwirts Weiſenbacher in möͤrderiſcher Abſicht von Unbekannten gepackt und in einem tiefen Brunnen gewarfen. Die Rettung konnte noch rechtzeitig er⸗ folgen. — Karlsruhe, 15. Dez. Der Haufir⸗ handel iſt in einer der litzten Sitzungen des Reichs⸗ tags zum Gegenſtand lebhafter Erörterungen gemacht worden, die auch in unserm Lande interelſiren dürf⸗ ten. Bekanntlich find während der jünſt'n Tagung der badiſchen Zweiten Kammer anläßlich der Be⸗ ratung des Etats für Handel und Gewerbe auch die von den Kleingewerbetreibenden über den zun⸗hmen⸗ den Hauftrhandel geäußerten Klagen zur Sprache gekommen und es iſt damals ſowohl von den Ab⸗ geordneten wie von der Regierung anerkannt worden, daß, unbeſchadet der Bekämpfung gewiſſir Aus wüchſe und Misbräuche des Hauſirhandels, dieſer für ein⸗ zelne Landesteile und namentlich für die Schwarz⸗ waldgegenden ſich als eine im Interreſſe der be⸗ erwieſen habe. Man wird nicht bebaupten können, das die vor wenigen Tagen im Reichstage ſtatt⸗ gefundene Erörterung dieſer für den ſtändigen Ge⸗ werbebetrieb außerordentlich wichtigen Frage etwas zur Klärung der einander entgegenſtehenden Anſichten beigetragen hat, denn ſo unzweckmäßig und bis zu einem gewiſſen Grade geradezu ſchädlich die von Herzenskämpfe. Roman von Theodor Schmidt. „Ich muß fort nach Gernsheim!“ ſtieß Curt Fabor, und nach kaum zehn Minuten jagte er in bollem Ritt die Allee hinab. 5 5 f 24. Capitel. „Wo bleibt Ihr ſo lange ?“ fragte Gra als er vor der „Glodenen Krone“ von ſeinem Über und über mit Schaum bedeckten Perde ſtieg, Friede dich, den alten kteubewührten Kutſcher, der im Dlenſte der Grafen von Roddeck grau geworden war. „Ich warte auf die Frau Gräfin,“ gab dieſer zur Antwort. „Jr lönnt heimfahten,“ ſprach Curt, Gurt Herin wird heute Abend nicht zurückkehren.“ „Friedrich,“ fuhr er fort, nachdem der bei ſeinem Nahen eilends herbeigeeilte Wirth ſich wieder entfernt hatte, „Friedrich,“ und vertraulich“ legte er feine Hand auf des alten Dieners Arm, „ſagt wo⸗ hin iſt Eure Herrin gegangen? Wann, ſagte fie, wollte ſie zurückkommen?“ „da hünunter nach dem Weißen Kreutze zu iſt lle gegangen; das iſt wohl auch der Weg nach der Vahaſtation 7 Einen großen Mantel und eienen dunkeln Hut trug file.“ „Friedrich,“ ſagte er, nach dem der Alte ihm Alles mitgeteilt hatte, was derſelbe wußte, „Fried⸗ rich, jetzt fahr heim, und nicht wahr, wir ſchweigen und erzählen nichts der anderen Dienerſchaft? Und hier, dieſes Briefchen gebt meiner Mutter von mir.“ Dann eilte er nach der Bahnſtation, wo er aber auf ſeine vorſichtigen Fragen nur ſehr un⸗ genügende Auskunft erhielt. Nur der Portier, der die Gräfin genau kannte, wollte mit Beſtimmtheit wiſſen, daß ſie ein Billet nach der Refidenz gelöst babe. Der Zug ging in einer halben Stunde nach dort ab, und Curt beſchloß nach der Refidenz zu fahren und dort weiter nach Martha zu forſchen. In der Refidenz angelangt, wollte allerdings ein oder der andere Schaffner die ihm genau Beſchriebene bei Ankunft eines früheren Zuges auf dem Perron geſehen haben, damit hörte aber auch jede Spur, die der Graf erlan en konnte, auf. f Gleich am folgenden Morgen hatte er eine lange Unterredung mit der Geheimpolizei, die übrige Zeit des Tages brachte er mit Schreiben hin; nach allen Himmels richtungen, an alle nur denkbaren Zeitungen ließ er einer Aufruf an ſeine „gelie bt Glockenblume“ — wie er iſt oft ſcherzweiſe nannte — ergeben. Curt wartete vergebens auf eine Antwort, Tag an Tag und Woche auf Woche verging — er horte nicht von ſeiner Frau. Puzlich gestehen mochte, eilte er nach der Refidenz zurück, blaft kam ihm ein neuer Gedanke — wie, Anlaß zu dem ganzen Unglück gegeben hatte. F. f. a wenn ſie nach Bergsdorf gegangen war? — Und kaum hatte er die Idee gefaßt, ſo folgt ihr auch die Ausführung, und er begab ſich ohne Säumen nach Bergsdorf. Aber ach! Auch da war keine Spur von ihr, Niemand hatte dort von ihr gehört oder ſie geſehen. Enttäuſcht und unglücklicher, als er fich ſelbſt Hier harrte ſeiner eine ſelt ſame Nachricht. Drrelng, Marthas früherer Vormund und Rudwalt, ſchrieb ihm, die junge Gräfin von Roddeck habe ihn brief ⸗ lich Mit⸗llungen gemacht, daß ſte fernerhin auf alle Rechte an die Bergsdorfer Beſitzung. ſowie auf das ganze übrige Erbteil der Gräfin Scherwiz ber⸗ zichte leiſte. Graf Curt von Roddeck ſchrieb ſie, werde wiſſen, was ſie zu dieſer Handlungsweiſe ver⸗ anlaſſe, und ihm ſtellte ſie es anheim, zu beſtimmen, was fernerhrn mit dem von ihr verzichteten Erbe geſchehen moge. Das machte Curt die ganze Sache rätbfelhaf⸗ ter denn je. Der Brief trug den Poſtſtempel der Reſidenz und doch hielt Graf Curt es für tböricht, daraus zu ſchließen, daß ſie in der Reſidenz ſein müſſe, Eines Morgens, als er den Hauptplotz paſfirte, begegnete ihm Lamdrecht. Schon als er ihn aus der Ferne erkannte, ballten ſich ſeine Hände krampf⸗ War es doch dieſer Mann, der den erſten