8 Matt Mk. 1.40 frei ins Haus. f Erſcheint jeden Dienstag und Freitag Abend. reis viertelfahrlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltungs- de Redaktion verantwortlich: Karl Molitor, Ladenburg. Anzeigen: die 1⸗ſpaltige Corpus⸗Zelle oder deren Naum 0 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. Druck und Verlag von Karl Molitor, Ladenburg. Corpuszeile. Reclamen 20 Pfg. Nr. 92. Politiſches. Berlin, 12. Nov. Die Nachricht des Pariſer Moti, daß der Prämilinarb'rtrag des rufſtſch⸗ eangsfiſchen Bündnſſſes vom Zaren unterzeichnet orden ſei, wird in der hieſtgen Preſſe bisber ſo gur wie garnicht beacht⸗t. Einzig die „Natlfonal⸗ Zeitung“ läßt ſich die Nachricht t⸗legraphteren, und Wütend ihr Pariſer Korreſpondent die Unwabr⸗ ſchelglichkeit der Matin⸗Meldung nachzuweiſen ſucht, cent das Blatt ſelbſt nicht abgeneigt, an einem poffttven Kern in dem Mitgeteilten zu glauben. Selbſtverſtändlich kann die wichtige Frage dieſes kuſſich Franzöfiſchen Bündnſſſes nicht mit Vermutun⸗ gen, mit Glauben oder nichtglauben entſchi⸗den wer⸗ den, ſondern man hat einfach abzuwarten, was die Weitere Erörterung der Angelegenheit erg⸗ben wird. Moß darum weil uns ein ſolcher Bündnisabſchluß untelllkommen ſein müßte, oder, weil ſo und ſo n b Reede ſachliche Gründe gegen die Nachricht in der Ferm des „Matin ſprechen, bloß aus Geſichtspunk⸗ een diefer Art läßt ſich die Sache nicht abthun. Eine Bestätigung der Matin⸗Meldung würde am Stande der europäischen Politik immerhin ſehr be⸗ deulendes ändern, auch wenn es noch ſo wahr iſt, daß daz ruſſich⸗franzöfiſche Verhältnis auch ohne wish geschriebenen Vertrag eng genug iſt. Unterschriften bon Stagtshäuptern haben immer ihre Wichtigkeit. fun Für uns Deutſche liegt der Gedanke nahe, daß eine ebentu⸗ U intimere Verſtändigung zwiſchen unſeren Nochbarſtaaten die unmittelbare Folge unſerer Mi⸗ Man dorlage ſein dürfte, und bereits im bloßen Auf⸗ kauchen der Nachricht vom Abſchluß eins Prälimi⸗ Hatverkrages ſt⸗ckt ein b⸗deutſamer Hinweis auf weittragende Folgen, mit denen die Militärvorlage den jüngſten Pariſer Meldungen können wir unſerer⸗ ſeits feſtſtellen, daß hier an hochb⸗achtenswert n Stellen dieſer Wirkung auf den ruſſi chen Herrſcher und ſeine Umgebung ſeit Wochen genau bekannt iſt und mit ihren möglichen weiteren Konsequenzen in die Rechnung mit einbezogen wird. Es iſt die Frage, ob nicht die neuerdings verſtärkten ruſſiſchen Rüſt⸗ ungen an unſerer Oſtgrenze im Zuſammenhang mit der Militärvorlage ſt'hen und eine Vorwegnahme ihrer beabfichtigten Wirkung darſt⸗ len. . — Wien, 12. Nov. Der Großfürſt⸗Thron⸗ folger iſt heute Abend 9 Uhr bier eingetroffen Er wurde am Bahnhof vom Kaiſer, den Erzherzögen Karl Ludwig, Franz Ferdinand und Wilhelm fämt⸗ lich in ruffiſcher Uniform und mit rufſ ſchen Orden angethan, ferner von den Erzherzögen Friedrich Rainer, Joſef Auguſtin und dem Prinzen von Schaumburg-Lippe empfangen. Außerdem wien der ruſſiſche Botſchafter, die Mitglieder der ruſſiſchen Bot⸗ ſchaft, Botſchafter Wolk⸗nſtein⸗Troſtburg, die zum Ehrendienſt befohlenen Offiziere, der Korpskomman⸗ dant und der Statthalter und der Polizeipräfident am Bahnhof anweſend. Auf dem Bahnſteig war eine Ehrenkompagnie aufgeſtellt. Der Kaiſer begrüßte den Großfürſten aufs Herzlichſte. Wien, 13. Nob. Das Fremdenblatt, welches den ruſſiſchen Thronfolger in wärmſter Weiſe be⸗ grüßt, hebt hervor, die Herrſcher Oeſterreich⸗Ungarns und Rußlands begegnen ſich in dem feſten Wunſch'⸗ ihren Völkern wie ganz Europa den Frieden zu erhalten. Das Fremdenblatt hofft, man verſchließ⸗ ſich in St. Petersburg nicht der Erkenntniß, daß dasselbe Ziel die einzige Aufgabe des Dreibundes ſei, der nur zu Verteidigungszwecken geſchaffen ſei, und Niemand bedrohe, daher ſeine Mitglieder durch Mittwoch den 16. November Spritz nmeiſters Bäuerle, dekorirt. auf die Stimmungen, vielleicht auch auf die Ent⸗ aße des Zaren gewirkt hat. Unabhänging von nichts gehindert ſeien, mit dem außenſtehenden 1 — 1892. Mächten aufrichtig gute Bezſehungen zu pflegen Der Ciar⸗witſch ſei der herzlichen Aufnahme am Wiener Hofe g'wiß; die geſamte B. völkerung be⸗ grüße deſſen Beſuch mit Gnugthuung. Paris 14. Nob. G'ſtern abend hielten die Anarch ſten ei ne Verſammlung ab. Die Reden feierten das neueſt? Dy namitattentat und beſprachen die Notwendigkeit, der j'tzigen Geſellſchaft mit Dyna⸗ mit ein Ende zu machen. Verſchiedenes. Ladenburg, 15. Nov. Die Wahl eines Bürgermeiſters für die biefige Stadt durch den Bärgerausſchuß findet, wie wir aus zuberlöſſiger Qdelle erfahren haben, am 26. dis. Mts ſtatt. — Schriesheim, 13. Nov. Die biefige fr⸗iwillige Feu⸗ wehr hielt g-ſtern im Gaffhaus zur Pfalz ihren alljährlichen Feſtball ab. Der prachtvolle Tanzſaal war recht finnig mit Feuerwehrrequifiten und Tanzparenten, nach Anordnung des Heren In der Pauſe hielt Herr Commandant Baunach eine kerigen An⸗ ſprache an die Kameraden. Die bewährte Kop lle Frank von Käferthal pielte in gewohnter trefflicher Weiſe die Tanzmelodien und fand das Fiſt durch Vortrag der Kaſſerbymne einen würdigen Abschluß. Herrn Wagners Küch uad Keller lieferte, wie immer, nur Ausgezeichnetes, die Bedienung war eine ſehr aufmerkſame und nahm ſo das Fit, wel⸗ ches gut beſucht war und bis Tagesanbruch währte, den ſchönſten Verlauf und es wird bei allen Be⸗ ſuchern ſtets in freundlicher Erinnerung bleiben. . — Karsrußbe, 14 Nov. Zum Zwecke der Gewinnung eines Verzeichaiſſ's der der Aufficht der Fabrikinſpektion, der Bergbehörde und der Ober direkti en des Waſſers⸗ und Straßenbaues unter ſtehenden Anlagen und behufs Feſtſtellung derſelben Herzenskkämpfe. 12 Roman von Theodor Schmidt. Wenn Du kannſt, vermeide ein Zuſammen⸗ kriffen mit ihm.“ 9 Die Kranke ſchwieg und eine tiefe, feierlſche Gille trat ein. Der Tod näherte ſich, ſein un⸗ Velmlicher Schatten warf eine geiſterbafte Bläſſe auf Kranke und trübte ihr Auge. Und wie dieſer 0 Scaatten ſich kiefer und dunkler herabſenkte, lag 5 0 Minidas goldener Kopf ſo nahe, daß der Mutter al. Hund das ſchöne Geſicht berühren konnte. Martha Lotte kein Scheu; all ihre Gedanken concentrirten n n J ſich in dem einen Bewußtsein, daß ſie endlich ihr Wirkliche Mutter gefunden hatte. 100 1 „Martha,“ hauchte die Sterbende, „wenn Du fi ihn ze sehen ſollteſt, ſage ihm, daß ich ihm verziehen, 80 ſch ihn bis zu meinem letzten Athemzuge geliebt 3 0 e.“ 0 Heiße Thränen entſtrömten Marthas Augen, als ſie die weißen Hände über der Bruſt kreuzte und das noch immer goldene Haar von der wachs bleichen Stirn ſrich. i „Adieu, Mutter,“ ſprach ſie und drückte ihre warmen Lippen auf das kalte, todte Geſicht. „Adieu; im Leben warſt Du mir verloren, u Tode habe ich Dich gefunden. Ruhe ſanft, bis Air uns wiedersehen!“ „Ich bin froh, daß ſie nach mir ſchickte,“ ſagte Martha zu Frau Seidel mit ſo kalter, ruhiger Stimme, daß ſie ſelbſt davor erſchreckte; „ſie hat mich in meiner Jugend gepflegt, ich war ihre einzige Freundin. — Sie find wohl ſo gütig und ſorgen für alles Richtige, für die Beſtattung ſorge ich.“ Wie einem Traum umfangen, kehrte ſie dann heim. War es denn möglich? Geſtern Abend, vor einigen Stunden noch, war ſie die Königin einer glänzenden G' ſellſchaft, geliebt, bewundert, glücklich, obne das kleinſte Wölkchen am Himmel; während ſie jetzt unter der Laſt ihres Kummers faſt zuſam⸗ menbrach. Was würde Curt ſagen, wenn er es wüßt⸗? Und wie ſollte ſie dieſes brennende Geheim⸗ niß bewahren? Vor ihm dem ſte bis j'tzt nicht einen Gedanken verborgen hatte? Was würde ſeine Mutter ſagen — ſie, die ſo ſtolz ouf ihren reinen, makelloſen Nomen und ihr edles Geſchlecht war? Wie würde dieſes kalte, ſtolz⸗ Geſicht erbleichen und erzitt rn, wenn ſie hörte, daß die Gattin ihres Sohnes die Tochter eines Sträflings war? „O, wie ſoll das enden,“ dachte Martha vol Verzweif⸗ lung; „wenn ſie erfübren, wer ich bin, würden ſie mich von ſich ſtoßen, und eine Andere würde meinen Platz einnehmen.“ Der goldene Kopf ſenkte ſich tief bekümmert. Sſe war ganz allein, von einem grauen, farbloſen Himmel und dichtem Nebel umgeben, kein Vogel ſang ſein munteres Lied. In dieſer Stunde bitterer Sorgen ſtand ihr keine lebende Seele bei, ſie tröſten, ſie mußte ihren Kummer allein tragen — und Martha lehnt: ſich gegen das eiſerne Gitte und weinte — weinte, wie ſie noch nie zuvor ihrem Leben geweint batte. Sie weinte über di todte Mutter, über ihr eigenes entſchwundes Glück, über ihre zerſtörte Liede und ibre Hoffnungen. Es war faſt zehn Uhr, als ſie das Haus er reichte, doch schien noch keiner der Gäſte ſei Zimmer verlaſſen zu haben, und unbemerkt erreicht Martha ihr eigenes Gemach. 5 —— 15. Capftel. „Martha,“ rief der junge Grof, ſobald er ſein Gattin erblickte, „was iſt Dir? Du ſiebſt aus, wi eine zerknickte Lilie! Das ſpäte Schlofeng⸗ben un Tanzen bekommen Dir nicht. Sieh, wie fr ſch un rofig Melanie ausfi⸗bt! Wie Nanſtte mir ante ba Du ſchon frühzeitig einen Spaz ergang gemacht, do hätteſt Du nicht thun ſollen. „Ich ging bauptſächlich aus, um eine arme Frau unten im grauen Häuschen bei den Weide zu beſuchen,“ erwiederte Martba, „dieſelbe war ſchea ſeit mehreren Tagen ſchwer krank und ſtarb heut früh, während ich bei ihr war.“ „Gute kleine Samariterin!“ ſprach Curt zärt⸗ lich. „Aber, liebes Kind, ſo ſehr ich mich freue da Du Dich ſo um die Armen ſorgſt, darſſt Du Dir