Lei lan gerd. and i J Hani elne gehe 77 J Nun! Allgemeiner Anzeiger für Fadenburg und Amgegend⸗ Geſcheint jeden Dienstag und Freiteg Abend. diertelfährlich Mark 1.—, mit illuſtriertem Unterhaltungs⸗ Matt Mk. 1.40 frei ins Haus. * die Nedaktien derantwortlich: Karl Molitor, Ladenburg. Nr. 90. Anzeigen: die 1⸗ſpaltige Corpus⸗Zeile oder deren Naum 10 Pfg., Lokale Geſchäfts⸗ und Privatanzeigen 6 Pfg. Corpuszeile. Reelamen 20 Pfg. N 1 . Druck und Verlag von Karl Molitor, Ladenburg. Mittwoch den 9. November Eine Mahnung. Anläßlich der von der Mannheimer national⸗ betalen Partei dem Andenken Franz Thorbeckes gewidmeten Trauerfeier richtete Herr Karl Eckhard enſte Worte an die Jugend der „ſogenannten beſ⸗ eten Stände“, indem er ſie ermahnte, der politiſchen iwickelung der Tagesgeſchichte die regſte Aufmerk⸗ amkeit zuzuwenden und durch ftttliche Erfafſung her ihr zukommenden Pflichten den „ſogenannten lederen Ständen“ ein leuchtendes Vorbild in der Srfüllung der Mannestugenden zu geben. Dieſe in nem eruſſen Augenblicke geſprochenen Worte, unter deten mächtigem Eindruck die Trauerverſammlung de Heldbnis treueſten Ausbarrens in der Arbeit r das Vaterland erneuerte, find geeignet, überall im Lande der wohlverdienten Würdigung zu begeg⸗ nen und es ſollten alle Parteien dahin wirken, daß das deranwachſende Geſchlecht, welches berufen iſt, „ Männer, die heute an der Arbeit find, einſt zu ehen, ſich der Bedeutung der Mahnung in ihrer engen Sröße dewußt werden möchte. s kann leider nicht geleugnet werden, daß in hen Reiten der reiferen Jugend nicht immer jener Riliche Eruſt gepflegt wird, welcher die Grundlage Alpes, auf der allein die geſunde geiſtige und kör⸗ erlich Forientwickelung fich vollziehen kann. Nie⸗ Rand toſed der Ingend den Hang zu friſch⸗fröblichem Henleßen mißgönnen, und der wäre wahrlich ein Hlechter Lehrmeiſter, dem es in den Sinn käme, he die überſchäumende Freude zu verkümmern, doch gilt es auch, in frühen Jahren das Pflichtgefühl zu ien und den Sinn auf die Zukunft zu richten. damentlich in einer Zeit, in der die ſozialen Gegen⸗ Ae ſo ſtark nach einer Ausgleichung ringen, wo Jann neben der goldglänzenden Ueppigkeit der Ein ⸗ zelnen, die Geiſt und Korper ertötende Not großer Maſſen ihr kummervolles Haupt erhebt, iſt es eine der vornehmſten Pflichten der Geſellſchaft, der her⸗ anwachſenden Jugend jene Selbſtſucht und die fitt⸗ liche Erfaſſung der Aufgaben, vor die das Leben die einzelne Perſon, wie die Geſamtheit ſtellt, anzu⸗ erziehen, welche es ermoglichen, die Prüfungen, die eine zu nahe Zukunft uns allen auferlegt, zum Wohle des Vaterlandes zu beſtehen. Es iſt ein Verdienſt, das ſich die Mannheimer nationalliberale Partei und vor allem ihr zu früh dahingeſchiedener Führer Thorbecke erwarb, daß dort auf dem von Parteien arg unterwühlten Boden, der Berſuch unternommen wurde, die reifere Jugend heranzubilden für die Erkenntnis der großen ſchwer⸗ wiegenden Aufgaben und Pflichten, die ihrer harren, wenn ſie berufen ſein wird, thatkräftig in den Gang der Entwickelung unſerer heimatlichen Zuſtände einzugreifen. Nicht darum handelt es ſich. Erſatz⸗ truppen für die Vervollſtändigung der Lücken zu ſchoffen, welche der Tod in den Reihen einer Partei reißt; nicht darum kann es ſich handeln, die Jugend frühzeitig zu Anteilnahme an den mitunter gar ſo kleinlichen Zerwürfniſſen u. Meinungsberſchiedenheiten der Parteien zu erziehen, — das Ziel kann nur darauf gerichtet ſein, treue Söhne des Vaterlandes heranzubilden, die frühzeitig genug erkennen, daß auf ihren Schultern dereinſt die Geſellſchaft, der Staat ruht. In einer Zeit, in welcher der Geiſt des Unfriedens von ruheloſen Volksverführern ge⸗ nährt, die böſen Leidenſchaften in freventlich leicht⸗ fertiger Weiſe zum Zwecke des Umſturzes und der Untergrabung der Ordnung geweckt werdeg, ſtellt das Vaterland an Alle, die auf dem Boden der Geſetze ſtehen — gleichviel welcher Parteirichtung ſie ſonſt angehören mögen — hohe Pflichten, deren D —— 1892 getreue Erfüllung Wahrheit der Empfindung und Ehrlichkeit des Wollens zur unabweisbaren Voraus⸗ ſetzung haben. Dieſe beiden Grundpfeiler der Charak⸗ terbildung im Herzen der Jugend aufzuführen, iſt unſere vornehmſte Aufgabe, ſie ſind die Träger auf denen das reine Vaterlandsgefühl ruht. Deshalb ſollten die Worte, welche vor einigen Tagen in Mannheim geſprochen wurden, überall im Lande vernommen und beherzigt werden, und wahrſchein⸗ lich Alle, denen die Zukunft des heranwachſenden Geſchlechtes eine heilige Sache iſt, müßten ibre ganze Kraft einſetzen, auf daß die Worte ernſter Mahnung in die lebendige That umgeſetzt werden. Politiſches. — Karlsruhe, den 7. Nov.“ Im Oktober d. J. hat die Verſicherungsanſtalt Baden 107 Alters⸗ rentengeſuche behandelt. wovon 64 neu erhoben und 40 vom September übernommen worden find. Es wurden 62 Altersrenten bewilliat, 10 G⸗ſuche ab gelehnt und 35 nicht erledigt. Seit 1. Januar 1891 find, der „Bad. Kor.“ zufolge, 4098 Altersrenten geſuche eingereſcht worden. Die bewilligten Alters renten beziffern ſich auf 3267, die Ablebnungen auf 769, die ſonſtige erledigten Fälle auf 35 und auf den Monat November gehen, wie oben geſagt 35 Geſuche über. An Invalidenrentengeſuchen waren im Oktobe 139 zu behandeln, wovon 85 neu erhoben und 52 vom September übernommen find. Es wurden 60 Invalidenrenten bewilligt, 32 Geſuche abgelehnt, 1 Geſuch ſonſt erledigt und 46 nicht erledigt. Sei November 1891 find im Ganzen 900 Invaliden renten nachgeſucht worden. Es find 515 Invaliden renten bewilligt, 317 Geſuche abgelehnt, 27 ander weitig erledigt und 46 noch nicht erledigt. HSerzenskämpfe. 10 Roman von Theodor Schmidt. Die Erinnerung an die Worte der Gräfin lungen noch ſüß in ihre Bruſt zurück. Sie hätte lachen können über das traurige lagen des Windes draußen; das war der Trauer⸗ geſeng von Schmerz und Weh, Not und Tod; ee batte das mit ihr zu thun, die mit einem Mcheln auf den Dippen dieſen ſchwermütigen Tönen leuchte und dabei dachte, wie glücklich ſie ſei. Da lum Friedrich, ein alter Diener des Hauſes, auf 08 Boudoir zu; als er ſich ſeiner jungen He rriu Aberten, ſah er ſich flüchtig nach allen Seiten um, damit Niemand böre, was er ihr zu ſagen habe. „Frau Gräfin,“ ſprach er dann und zog ein zufammengefaltetes Blatt Papier hervor, ich ſoll nen dies geben, ohne daß Jemand davon bort oder ſieht,“ Haſſig öffnet Martha das Billet, es war faſt unleſerlich, als ob- die Hand, die es geſchrieben, haſtig gez ittert hätte. „Frou Gräfin,“ loutete es, „der Arzt ſagt Mix, ich müſſ⸗ ſterben; ſchon ſeit zwei Tagen ringe ich mit dem Tode, ich kann die Welt nicht verlaſſen, Is ich Sie geſehen habe. Wenn ich Se nicht noch einmal sehen und ſprechen kann, habe ich keine Ant⸗ wert auf die Fragen, die mir im Jenſeits vorge⸗ legt werden. Auf der Schwelle des Todes flehe ich Sie an — kommen Sie zu mir — zögern Sie nicht. Und wenn Ihnen die Liebe und das Glück Ihrer Umgebung werth iſt, ſo ſagen Sie Keinem ein Wort hiervon. Sie finden mich in dem kleinen, grauen Häuschen unten bei den Weiden.“ „Sonderbar!“ ſprach Martha, nachdem ſie ge⸗ leſen, Wer hat das gebracht, Friedrich?“ „Frau Seidel, die unten bei den Weiden wohnt.?“ Wollte ſie nicht auf Antwort warten?“ 0 Nein, ſie bat mich nur, der gnädigen Frau das zu geben, wenn Niemand dabei ſel.“ „Es muß eine Bitte um Geld ſein,“ dachte Martha, als ſie wieder allein war. „Ich wünſchte, daß, wer es auch geſchrieben haben mag, mir ein⸗ fach geſagt hätte, was er wollte.“ Aber die ſeltſam ſeierlichen Worte: „Auf der Schwelle des Todes flehe ich ſie an,“ wollten ihr 10 550 nicht aus dem Sinn und drangen immer durch die luſtigen Klänge der Ballmuftk hindurch. „Du ſcheinſt müde. Martha,“ ſagte Curt zu zu ſeiner jungen Frau. „Nein, ſch bin nicht mehr müde,“ verſetzte ſie ſchnell, „nur —“ Dann ſtockte ſie plötzlich, denn fie erinnerte ſich der Worte: Wenn Ihnen die Liebe und das ihrer Umgebung werth iſt, ſo ſagen Sie keinem ein Wort hiervon.“ „Nur?“ wiederholte Curt lächelnd, doch ſaß er verwundert, daß ſeine Gattin erröthete und d Worte ihr auf den Lippen erſtarben. Sie gab eine ausweichende Antwort un wandte ſich ab. Wie gern hätte ſie ihm das Bill gezeigt und ihn gefragt, was er davon halte, un doch hielt ſie eine ſeltſame Furcht davon zurück, fi wagte nicht, dem geheimnißvollen Befehl zuwider zu handeln. Sie war froh, als die Baronin Golzach ft verabſchiedete; bald folgten auch die anderen Gäſt ihrem Beiſpiel, und nachdem der letzte Gaſt da Haus verlaſſen, zog ſich auch die Familie, befriedi von dem herrlichen Abend zurück. Faſt zum erſten Male floh die junge Gräfin der Schlaf. Unruhig warf ſie den goldenen Kopf hin und her, und zum erſten Male horte ſie aus den Klängen des Windes den bitteren Schmerzens⸗ ruf von Not und Verzweiflung. „Dieſer Unruhe muß ich ein Ende machen,“ dachte ſie. „Vor zehn Uhr wird morgen Niemand beim Frühſtück ſein; ich werde mich um acht an⸗ kleiden und nach den Weiden gehen. Wenn Curt mich bemerkt, wird er glauben, ich mache eine Morgenpromenade.“ 5 Doch ſchon dieſes unſchuldige Geheimniß laſtete ſchwer auf ihr. Es war ein kalter, trüber Morgen, ohne eine einzigen Sonnenſtrah, als Martha ſich zum Au gehen zureecht, machte.